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Buchinhalt Zwei Kantige Kerle in einem Doppel-Roman Mit Klaus Dombrowski. Einem professionellen Haushüter, der feststellt, dass er im Trophäenkeller nicht alleine ist und der nachfolgend aufbricht in das Land seiner Träume, nach Namibia. Sie möchten sorglos in den Urlaub fahren? Kein Problem! Ich bin für Sie da! Der Rasen wird gemäht und der Kühlschrank wird aufgefüllt. Sie kommen nach Hause und Ihr Urlaub ist noch nicht zu Ende. Haushüter Klaus macht es möglich. Holen Sie sich Klaus ins Haus! Und Mit Dietrich von Ohm. Einem avancierten Männer-Modeschöpfer im schönen Schein der Modewelt, der breit grinsend neben seinem Adoptivsohn Reimundo in die Zukunft schaut. Männer-Modeschöpfer Dietrich von Ohm möchte sich nach seinem 50. Geburtstag mit seiner letzten Collection Rind zur Ruhe setzen. Es kommt aber anders als gedacht! Sein junger Lover wie Sekretär Sasha wechselt während eines Interviews in München mit Cloe die Seiten. Deren gemeinsamer Sohn Reimundo nennt Dietrich anfangs Onkel Rind und später Dieta, nachdem Dietrich von Ohm sein Vormund wurde.
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Seitenzahl: 231
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KLAUS IM HAUS
DAS BREITE GRINSEN DES DIETRICH VON OHM
JO ZIEGLER KURZVITA MIT BIBLIOGRAFIE UND AUTORENFOTO
JO ZIEGLER
Roman
Die Wahrheit in unserem Leben ist die Erinnerung, die wir in uns tragen, die Träume, die uns begleiten, die Sehnsüchte, die uns treiben. (Erich Kästner 1899 – 1974)
SIE MÖCHTEN SORGLOS
IN DEN URLAUB FAHREN?
KEIN PROBLEM!
ICH BIN FÜR SIE DA!
DER RASEN WIRD GEMÄHT UND
DER KÜHLSCHRANK WIRD AUFGEFÜLLT.
SIE KOMMEN NACH HAUSE
UND IHR URLAUB IST NOCH NICHT ZU ENDE.
HAUSHÜTER KLAUS MACHT’S MÖGLICH.
HOLEN SIE SICH KLAUS INS HAUS!
Also:
„Ich bin der Klaus.
Guten Tag!
Ab morgen hüte ich Ihr Haus.“
Dieser angedachte, ermunternde wie zukunftsweisende Satz fiel mir just an dem Tag ein, als mir mein Tacho nur Nullen anzeigte. Keine manipulierte Nullen, nein, nur Supernullen nach einer Vielzahl abgespulter Kilometer, deren Anzahl nur ich kenne und sehr wohl für mich behalten werde. Abgeleistet in zehnjähriger Tätigkeit als Taxifahrer und, damals nahtlos angegangen nach meiner vorzeitigen Entlassung im sozialverträglichen Rahmen beim Zechensterben im Ruhrgebiet.
Entlassen als Maschinensteiger mit dreiundfünfzig Jahren auf Zeche Hannibal − immerhin rechtzeitig genug, wie mir der Amtsarzt anhand einer Röntgenaufnahme erklärte, just in time, wie er dynamisch formulierte, also ohne Befund einer möglicherweise erworbenen Staublunge unter Tage.
Hier ist zu bemerken, dass speziell auf meinen Wunsch hin sowie mittels eigener privater Zuzahlung diese Röntgenaufnahme mit Hilfe der Computertomografie (CT) erstellt wurde, hatte ich doch per Zufall in einer Sonderbeilage meines abonnierten Technikmagazins gelesen, dass bei der Abklärung von Staublungenkrankheiten sich die CT zur Darstellung von Veränderungen in den Lungenblättern wie z. B. Plaques, besonders bewährt hat.
Besonders bewährt hat sich ebenfalls mein Taxi, mein vornehmlich urban geschundener Bock, den ich gestern im Essener Hafen definitiv abstellte, um sodann in meinen
Bello-Boots im schmatzenden Dreck des Gewerbegrundes zum aufgebockten Container-Büro zu stiefeln.
Ich erhielt 150 Euro als Differenz zu 500 Euro von meinem erzielten Verkaufspreis, also abzüglich anfallender Verschiffungskosten nach Afrika. Die Geldscheine steckte ich schief grinsend ein, nachdem ich dem Ali, wie der Name dieses radebrechenden Typs mit filigranem Körperbau lautete und verschwindend klein einher kam in seinem Booster-Blaumann mit angeklammerten Konterfei nebst einem doppelten Namenszug in Plastikhülle. Sein Name Ali stand dort in lateinischer wie arabischer Schrift – also, diesem Doppel-Ali händigte ich abschließend meine Autoschlüssel im Doppel aus.
Die Quittung steckte ich in meine Hosentasche und wünschte gleichzeitig meinem Benz mit Destination Afrika eine neue atemberaubende Zukunft, in der seine seit 1971 für deutsche Taxis gesetzlich vorgeschriebene Farbe in Hellelfenbein nach RAL 1015 noch einmal zehn weitere Jahre leuchten möge, um dabei deutsche Wertbeständigkeit zu zementieren – oder auch nicht, denn die Wahrscheinlichkeit meines Wunsches war womöglich wildes Wunschdenken wegen der hohen Laufleistung des Motors mit stetig steigendem Durst nach frischem Motoröl 10W-40, nach frischem Ölfilter, Filtereinsatz, Entstörstecker, Führungsstück, Kabelhülse, Schutzhaube, Verteilerdeckel mit Verteilerstück, Zündleitung und Zündkerzen und…und… und danke sehr, es bediente Sie soeben KFZ-Meister Solimann! Das Leistungsdatum entspricht dem Rechnungsdatum, wir wünschen allzeit eine angenehme und sichere Fahrt und ab nächsten Monat kann die Rechnung direkt an unserem Counter mit Scheck-Karte beglichen werden.
Wie dem auch sei, jetzt lasse ich mich fahren. Lasse mich stadteinwärts im Linienbus von einem Fahrer mit einem extrem ruppigen Fahrstil fahren und frage mich dabei, wie der wohl seine Personenbeförderungserlaubnis erlangt hat. Vielleicht hat er gerade Stress mit seiner Perle und, da auf mich keine Perle mehr zu Hause wartet, nehme ich den direkten Weg in Richtung unserer Taxenstammkneipe in unmittelbarer Bahnhofsnähe.
„Hallo!
Klaus, nun gib’ schon einen aus!
Mann, wann kommt es schon vor, dass einer so glatt aus dem Rennen geht wie du.
Mann, noch knapp zwei Jahre weiter bis zur sicheren Rente.
Mann, und die Kohle für dein Wohnmobil hast du schon zur Hälfte angespart.
Hallo!
Klaus, nun gib’ noch einen aus!“
In unserer Taxenstammkneipe, nunmehr zu fortgeschrittenen Stunde, macht Siegfried den Hexer an der Bar, schon mühsam mit schwerer Zunge und feuchter Aussprache einherkommend, der alte Siegfried, kurz Siggi genannt.
Genauer Siggi-Südwest, wie wir ihn rufen, diesen ausgemergelten kleinen ledernen Wicht, der oftmals wild über Afrika und Rommel schwadroniert wie dieser vor dem Befehlsfahrzeug “Greif“ ihm angeblich die Hand schüttelte bei gleichzeitiger Überreichung eines NSKK-Ehrendolches mit dazugehörigem Gehänge. Der besondere Anlass war sein umsichtig geführter Lastwagenkonvoi.
Den überreichten Dolch vergrub er bei seinem einzigen Heimaturlaub dicht am Lattenzaun des elterlichen Gartens in einer Essener Kolonie, und seinen prekären Schatz konnte er weit nach Kriegsende nur mühsam heben, da an entsprechender Stelle im Garten ein Holzhäuschen für Gartengeräte, Pflanzkübel, Tisch und Stühle für die sommerliche Gartennutzung seinen Platz gefunden hatte.
Was war zu tun?
Sollte er mit dem Holzhaus im Garten umziehen, um sodann bei überbordender nachbarschaftlicher Neugierde bei seiner Ausgrabung beobachtet zu werden? Nein, Siggi-Südwest wählte seinen direkten Weg gemäß der bekannten Fußballregel “Kurze Wege – Mittelfeld“, wobei er direkt durch die hölzerne Bodenplatte bohrte und sodann diskret im Gartenhäuschen den Erdaushub tätigte.
Hier angekommen in seinem heroischen Erzählstrang, lässt er den alten Rommel hochleben, koppelt sich nahtlos, da schwer schwankend, mit seinem zweiten Leibriemen an der Theke an und schmettert die erste Strophe vom “Südwester-Lied“ in Worten von Heinz Anton Klein-Werner, geschrieben 1912, und noch heutigentags als eine inoffizielle Landeshymne der damaligen Siedler und Südwester-Deutschen hoch geschätzt. Buren und Engländer sehen das “Südwester-Lied“ oft auch als einen Teil ihrer gemeinsamen (weißen) namibischen Identität. Gesungen wird in der Melodie vom Luiska-Lied aus dem 19. Jahrhundert:
„Wohl über den Klippen des Meeres dahin, da bricht sich die Welle, da bricht sich der Sinn / Da lenket vergebens der Schiffer seinen Kahn, ja, seinen Kahn. Kann’s Ufer nicht finden, kann sich nicht nahn.“
Kenner martialischer Sangeskunst wissen, dass die Melodie auch auf den anfänglich unverfänglich einherkommenden Titel des Liedes:
„Ob’s stürmt oder schneit, Ob die Sonne uns lacht, Der Tag glühend heiß, Oder eiskalt die Nacht.“ anzuwenden ist, und dass sich dahinter das sogenannte Panzerlied verbirgt, gedichtet von Oberleutnant Kurt Wiehle im Jahre 1933 auf der Fahrt nach Königsbrück, und welches noch heute bei der Bundeswehr und im Österreichischen Bundesheer gesungen wird.
Somit schmettert Siggi-Südwest die erste Strophe vom “Südwester-Lied“:
Hart wie Kameldorn ist unser Land
Und trocken sind seine Riviere.
Die Klippen, sie sind von der Sonne verbrannt
und scheu sind im Busche die Tiere.
Und sollte man uns fragen:
Was hält euch denn hier fest?
Wir können nur sagen:
Wir lieben Südwest!
„Klaus, nun gib’ noch einen aus!“
„Mache ich doch glatt!“
Mit meinen 150 Euro in der Tasche werde ich schon über die Runden kommen, denke ich, während Siggi-Südwest seine Erinnerungen an Biltong, Boerewors, Braais, Caprivi-Zipfel, Fort Namutoni, Heinitzburg und das Kudu-Kack-Viertel in Windhoek weiter abspult, um nahtlos zu seinen Höhepunkten während des deutschen Afrikafeldzuges zu kommen, der mit seinen militärischen Operationen gegen die Alliierten in Tunesien, Libyen und Ägypten im Zeitraum vom 13. September 1940 bis zum 13. Mai 1943 dauerte und das Ziel hatte, die Vorherrschaft in Nordafrika zu gewinnen.
Siggi-Südwest spart keineswegs an entwaffnenden Details, die uns, fast nach sechzig Jahren deutscher wiedergutmachender Geschichtsschreibung nach dem zweiten Weltkrieg immer noch anspringen.
Siggi-Südwest, inzwischen hyperventilierend, lässt seine Ansage im alkoholisierten Level von zweikommazwei Promille wie folgt vom Stapel:
„Ah, also, Afrika war damals für die Briten von fundamentaler Wi-Wichtigkeit. Denn nach dem Fall Frankreichs war nahezu ganz Europa besetzt, bebeziehungsweise neutral. Folglich mu-mussten die wenigen noch vorhanden britischen Verbündeten maßgeblich unterstützt werden, denn nach Italiens Angriff auf Griechenland, wo man die Liebe beim Kriechen erfand, wurde ein solcher Verbündeter gefunden. Wawawumm! Griechenland als Versorgungsbasis für Nordafrika wi-wirkte geradezu geeignet, denn anderenfalls hätten Konvois über das Kap der Guten Hoffnung fa-fahren müssen, was weitaus gefährlicher gewesen wäre und natürlich auch lä-länger gedauert hätte.“
„Siggi-Südwest, sag mal, warum bist du denn nicht in Südafrika geblieben, der WWII hätte auch ohne dich stattgefunden?“
„Schon mal was gehört vom Aufruf “Heim ins Reich“? Damals, da war das so: Als ich 1933 als Sprengmeister in die ehemalige Kolonie des Deutschen Reiches, nach Deutsch-Südwestafrika ging, wurde das Saargebiet durch Französische Kolonialtruppen besetzt und die Saarländer bestärkte dabei der Wunsch, ins Deutsche Reich zurückzukehren. Die “Heim ins Reich“- Politik war damit begründet. Bei einer Volksabstimmung aller wichtigen Saarländischen Parteien mit einem überwältigenden Mehrheitsergebnis von 90 Prozent für den Anschluss an das inzwischen nationalsozialistische Deutschland kehrte Anfang 1935 die Saar heim.
Die Parole wurde zum geflügelten Wort. Sie beschränkte sich nicht nur auf die Bestrebungen, das Sudetenland und Österreich dem Deutschen Reich einzugliedern, wie es 1938 mit dem Münchener Abkommen und dem sogenannten “Anschluss“ Österreichs auch geschah.
Tja!
Im nationalsozialistischen Taumel erreichte die Parole auch Deutsche Siedler, Aussiedler und die im Ausland lebenden Deutschen, die die Vorsehung dazu bestimmt hat, im Bündel nationalsozialistischer Richtziele “Alle Deutschen heim ins Reich“ zu führen. Deutschland, wie die anderen Völker, behauptete das Recht, sich in einem einzigen Staat zusammenzuschließen, wobei als deutsch- und deutschstämmig jedweder galt, der deutscher Muttersprache mächtig war.
Als Sprengmeister und heimkehrender Süd-Wester war ich also Anfang 1940 besonders willkommen geheißen und im gleichen Jahr, im Herbst 1940, war ich schon wieder in Afrika, in Nordafrika – war dort im Deutschen Afrikakorps (DAK) unter dem kommandierenden General Erwin Rommel offiziell als LKW-Fahrer eingesetzt – mit dem Passus Sprengmeister für besondere Aufgaben, den nur der Kommandierende kannte. Als erfahrener Afrikakenner wechselte ich in Einsätzen zwischen der B.15.Panzer-Division als Divisions-Nachschubführer 33 (mot) und der C.90. leichten Afrika-Division im Oasen-Bataillon 300 zbV hin und her.“
Siggi-Südwest orderte die nächste Runde “Vater mit Sohn“, also ein Pils mit einem klaren Schnaps und legte gleich nach:
„Klaus!
Mit deinem Wohnmobil durchqueren wir beide Afrika. Dabei nimmst du einen Recorder mit. Den fülle ich unterwegs mit meinen Afrikageschichten aus Süd-West Afrika und aus Kenia. Mit dem Mau-Mau-Terror der Kikuju-Neger und ihren geheimen Aufnahmeriten wie sieben Schluck Blut und sieben Bissen ins rohe Schafsherz, dem Aufspüren der Big Five und der Ova Himbas, die ihre Körper mit Butterfett und Ockerfarbe bestreichen, und dann mit Afrikageschichten aus Lybien und Ägypten, wo Sandstürme den Lack der Fahrzeuge bis aufs blanke Blech abschmirgeln, wo es tückische Sandlöcher gibt, die Menschen und Material verschlingen, dazu Mandara-Seen mit oberflächlich kaltem, weiter drinnen mit heißem Wasser und die dabei siebenfach salziger als Meerwasser sind, von Palmenschnaps und riesigen Kamelherden, von Wadis, die sich schlagartig in reißende Flüsse verwandeln aus sintflutartig schüttenden Regenwolken.
Letztendlich von vielen Stationen meiner Kriegsgefangenschaft mit Überstellung in die USA auf einem Liberty-Frachter, als POW im Camp von Maine auf einer Farm, wo ich Destillate der besonderen Art kennen lernte, gebraut aus Früchten wie Grapefruit, Rosinen und Datteln, dann meine Aktionen bei Motorpool, wo ich den amerikanischen Armee-Führerschein machte, mit einem LKW Fahrbefehle ausführte und damit schon wieder auf Achse war, um mir im Amerika der fünfziger Jahre auf frech herausgenommenen Extra-Touren das Land anzusehen, den Spirit der Bevölkerung einzusaugen und dann, und dann hast du den vollen Stoff als Steilvorlage für ein Abenteuerbuch mit dem Titel: Siggi-Südwest.
Klaus, nun gib’ noch einen aus!“
Afrika!
Da war ich noch nie in meinem Leben gewesen, kenne nur einen diesbezüglichen Spruch namens “Hoch die Tassen, in Afrika ist Muttertag“, eine scherzhafte Rechtfertigung für Alkoholkonsum ohne bestimmten Anlass. Oder “Mau-Mau“, als ein flottes Kartenspiel für Jung und Alt. Und dann, na ja, da gab es die Mau-Mau-Siedlungen, soziale Elendssiedlungen in Teilgebieten der Bundesrepublik Deutschland, wo die Slumbewohner von den mittelständigen Nachbarn abwertend als Mau-Mau bezeichnet wurden, und wo hier im Ruhrgebiet und auch im Rheinland, wie ich erinnere, der Begriff Mau-Mau für Asoziale stand und bis weit in die 70ger Jahre hin Verwendung fand.
Aber, wie war das damals in Afrika?
Die Mau-Mau-Bewegung war eine Unabhängigkeits-Bewegung in Kenia, die sich gegen die britische Kolonialherrschaft richtete und zuvorderst von Kikuju-Stämmen in der Zentralregion Kenias getragen wurde, ursprünglich basierend auf dem Protest einheimischer Bauern wegen Benachteiligung bei der Landvergabe gegenüber weißen Siedlern im zentralen Hochland Kenias. Die sehr zögerlich eingeleitete Niederschlagung der Mau-Mau-Revolte durch die Briten in den Jahren 1952 bis 1957 wurde von beiden Seiten mit großer Härte geführt, sehr zum Schaden der zivilen Bevölkerung und nach inoffiziellen Angaben mit mindestens 8.000 Toten. Der durch die Briten verhängte Ausnahmezustand wurde erst 1962 aufgehoben und für Kenia war letztendlich der Mau-Mau-Aufstand der Beginn einer Entwicklung, an deren Ende 1963 die Unabhängigkeit ganz im Sinne des Dekolonisierungsprozesses des Britischen Empires stand.
Afrika!
Na gut, Zeit habe ich jetzt in Hülle und Fülle, um mich über Afrika ausgiebig zu informieren und es eventuell unter Führung von Siggi-Südwest zu erleben, denn das wäre ein ultimatives Abenteuer von zwei Silver-Agern der besonderen Sorte.
Als nächster Programmpunkt steht jedoch ein Behördengang auf der Tagesordnung, denn die Haushüter-Agentur, die mir meine Jobs vermitteln wird, besteht auf einem polizeilichen Führungszeugnis sowie auf Nachweisen meiner beruflichen Tätigkeiten − somit meinen Personenbeförderungsschein und mein Abschlusszeugnis der Bergfachschule betreffend.
Deswegen muss ich die Katakomben meiner Hausbank aufsuchen, wo in einem Schließfach diverse familiäre wie persönliche Papiere lagern. Ein Bankangestellter geht vor, öffnet eine Stahlgittertür und schließt mein Fach vor. Mit meinem zweiten Schlüssel öffne ich die Klappe, ziehe die Stahlkassette hervor, verschwinde hinter einem Paravent und dann, dann öffnet sich vor mir mein dokumentiertes bisheriges Leben, einschließlich Ilses Leben, beendet vor acht Jahren, wie die im Familienstammbuch gefaltet eingelegte Sterbeurkunde belegt.
Wieder im Schalterraum angekommen, blinzele ich nach Passieren der Drehtür im hellen frühsommerlichen Vormittagslicht, atme tief durch, überquere an der nächsten Ampel die Hauptstraße, kaufe am Kiosk die Tageszeitung sowie ein gängiges Magazin mit Stern. Bin ganz in Gedanken versunken, denn durch einen Stern auf der Motorhaube habe ich immer gezielt auf die Straße geschaut und bin gut aus dem Rennen gegangen.
So, wie Siggi-Südwest es gestern spät in der Nacht treffend formulierte, denn in der Tat, ich war in den vergangenen Jahren kein einziges Mal in einen Unfall verwickelt worden oder von der Straße abgekommen. Als einziges Malheur erinnere ich einen rasant abgefahrenen Außenspiegel beim rückwärtigen Hervorstoßen aus der Garageneinfahrt. Dazu später das dämliche Grinsen des Meisters bei der Reparaturannahme mit seinem Hinweis auf die Statistik von Reparaturen an Außenspiegeln, wobei diese Bemerkung ein Summen im Schädel und einen leichten Druck hinter den Schläfen auslöste, so ähnlich, wie ich es im Augenblick ansatzweise fühle. Jetzt aber ist der Auslöser den vielen konsumierten Pilstulpen in der letzten Nacht zuschreiben und, wäre es daher nicht angesagt, dagegen mit einem kleinen Frühstück und einem Kännchen Kaffee an einem Tischchen direkt vor der Bäckerei Dahlmeier am Straßeneck anzugehen?
Dieses schöne Leben wird baldigst bei meinem ersten Einsatz vorbei sein, denn die Besonderheit meiner Serviceleistung liegt in dem ununterbrochenem Bewohnen des Anwesens, wobei das mir anvertraute Objekt in der Zeit von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr während drei Stunden sowie in der Zeit von 20.00 Uhr bis 8.00 Uhr nur während einer Stunde verlassen werden darf, wie ich im Vertragsentwurf der Haushüter-Agentur bereits in Erfahrung brachte. Dementsprechend verbliebe am Abend nur ein kurzes Stündchen für einen Kneipenbesuch mit Thekenplausch übrig.
Mein kleines Frühstück wird bereits angedaut, umbraust vom Kaffe der Marke Spülwasser, während um mich herum das pralle Leben pulst und pulst und pulst, begleitet vom Basiston diffusen urbanen Rauschens und Summens bis hin zum Quietschen abgebremster Pneus mit nachfolgendem Bums nebst schepperndem Metall gleich einem Trio von Dissonanzen, das mein Mini-Nickerchen abrupt beendet sowie das definitive Herabfallen meiner auf die Nasenspitze herabgerutschten Sonnenbrille verhindert.
„Alles Penner!“
„Die haben ihren Führerschein wohl auf dem Acker gemacht.“
„Oder die haben überhaupt keinen Führerschein“, weht es herüber und, da bin ich mir sicher, diese schrillen Stimmen gehören Ines Senkblei, Jenny Eimer und Lilly Laupendahl, diesem Trio von dummen Nüssen, welches vor etlichen Jahren unseren gemischten Kegelklub belebte, nein, eher nervte.
Ines Senkblei, die ihren Führerschein erst im dritten Anlauf schaffte, nachdem sie während ihrer ersten Prüfung die Doppel-Ampel bei rot passierte und wütend das Fahrzeug verließ, nachdem sie äußerst knapp mit Abstand zum Nachbarfahrzeug in zweiter Reihe parkierte, den Zündschlüssel zog, um diesen dem eingeklemmten Prüfer zwischen die Beine zu werfen. Und beim zweiten Anlauf, als sie auf dem Standstreifen der Autobahn fuhr, lange bevor die Abfahrt in Sicht war und vorgab, aus Sicherheitsgründen derart zu handeln, derweil Lilly Laupendahl bei ihrer ärztlichen Augenuntersuchung von einem Sehdefekt erfuhr, den sie als Knick in der Optik bezeichnete − und überhaupt, mit einer Brille auf der Nase, das verschandelt ja die Schönheit, ich bin doch keine Brillenschlange, nein, das kommt absolut nicht in Frage! Damit war’s aus und vorbei mit ihrem Führerschein − und überhaupt, es ist doch viel angenehmer, bei Jenny Eimer im Auto mitgenommen zu werden, nämlich im PIAGGIO APE Kastenwagen mit grellen 25 Km/h-Schildern auf Türen und Kofferraumklappe, und fahrbar mit einer Mofaprüfbescheinigung.
Dumme Nüsse!
„Zahlen bitte!“
Ich drücke mich sodann diskret am angewachsenen Menschenpulk vorbei, um nicht von ihnen ausgemacht zu werden. Gehe meinen vormals eingeschlagenen Weg zurück, überquere die Hauptstraße an der Ampel, laufe unentdeckt auf der anderen Straßenseite bis in Höhe der Unfallstelle, setze mich auf die Wartebank im Glashäuschen der Bushaltestelle, lasse einen Bus nach dem anderen passieren, denn jetzt bestimme ich den Zeitpunkt meines Aufsuchens der Haushüter-Agentur. Verfolge stattdessen ausführlich das Tohuwabohu auf der anderen Straßenseite aus sicherer Distanz, schon jetzt erkennend, dass kein Personen- sondern nur Blechschaden vorliegt. Dafür vom Feinsten, denn dem verursachenden PKW fehlt die Fahrertür, die gerade im Zeitlupentempo von zwei Polizisten geborgen und neben dem dazu gehörenden Fiat Panda abgelegt wird, vor dem die am Unfall beteiligten beiden Frauen an Gehstöcken kurz vor einem Schlagabtausch stehen.
„Wissen Sie, da fehlte der Blick über die Schulter.
Sigurd, sitz!
Braver Hund!“
„Genau, immer diese jungen Leute!
Wünsche noch einen schönen Tag!“, stecke die Tageszeitung in den Papierkorb und lasse dabei einen verdutzt drein blickenden älteren Herrn mit Mops zurück.
Steuere die nächste fußläufige Bushaltestelle an, denn bei diesem angenehmen Wetter ist ein kurzer Fußmarsch angesagt, den ich jedoch baldigst im Trödelgang fortsetze, dabei Großstadtverhältnisse und den plagenden Geräuschpegel mit angrenzenden Vorgängen ringsherum am liebsten in Isolierwatte verpacken möchte, und deswegen in eine Seitenstraße abbiege, auf einer Bank der öffentlichen Anlage einraste, um endlich einen ungestörten Blick ins Magazin mit Stern zu werfen.
Humor kommt zuvor!
Immer an erster Stelle, immer in gleicher Reihenfolge mit: Haderer, Greser&Lenz, Til Mette und Tetsche. Die dazu gehörenden Seitenzahlen werden addiert, dividiert und durcheinandergewirbelt, und zwar so lange, bis ich sechs Super-Zahlen für das Ausfüllen eines Lottoscheins kreiert habe, die ich in den sechs Spitzen des Logoprints auf dem Magazincover notiere, welches mir alsbald als Unterlage beim Ausfüllen des Wettscheines dient, wobei gleichzeitig zwei identische Zahlenreihen angekreuzt werden, um somit voll und ganz den Tatbestand vom Bekloppten-Lotto zu erfüllen.
Unter der Rubrik Reisen finde ich einen Artikel über Marrakesch, einer ausgelobten Synthese von Tradition und Moderne, von Afrika und Europa. Wie immer das funktionieren mag, na ja, vielleicht werde ich es schon in naher Zukunft persönlich erfahren, möglicherweise mit Siggi-Südwest an meiner Seite.
Zwölf Uhr mittags ist gerade überschritten und irgendeine innere Unruhe drängt mich nun definitiv in Richtung der Haushüter-Agentur aufzubrechen. Natürlich erst nach Ausfüllen und Einreichen meines Lottoscheins im nächst gelegenen Tabakwarenladen.
Und dann, nach vier Stationen im Bus der Linie 147 steige ich am Nabel der Welt aus, bin mitten im urbanen Dschungel der City, wo ich vom Leiter der Haushüter-Agentur sofort voll vereinnahmt werde:
„Wirklich, welch ein Glückstag für Sie!
Den Vertragsentwurf mit unserem Serviceunternehmen gedenken Sie zu unterzeichnen? Gut so! Mit Ihren bisherigen beruflichen Tätigkeiten sind Sie geradezu prädestiniert, die Anwesen unserer gehobenen Kunden zu betreuen, und selbstverständlich werden wir Ihnen wunschgemäß nur tierfreie Objekte vermitteln, wo kein Affe, kein Hase, kein Hund, kein Reptil, kein Vogel und kein Zwerghuhn herumwuselt.“
„Und warum ist heute mein Glückstag?“
„Weil uns seit heute Vormittag ein Auftrag vorliegt, demnach ab Anfang der kommenden Woche ein Haus mit einem kleinen Garten für die Dauer von vierzehn Tagen im Norden von Bottrop zu betreuen ist. Wenn Sie wünschen, telefoniere ich sofort mit den Besitzern und, falls zeitlich angenehm, würde ich mit Ihnen dort hinfahren, um Sie vorzustellen.“
„Also, auf nach Bottrop!“
„Als ehemaliger Taxifahrer ist Ihnen die Gegend sicherlich nicht fremd.“
„Keinesfalls!
Ich schätze die Fahrtzeit auf ungefähr dreißig Minuten. Übrigens, in Bottrop wohnt ein alter Kumpel von mir.
Ich bin dort des Öfteren zu Besuch und weiß einiges aus dem Nähkästchen zu berichten.“
„Na, dann mal los!
Wird wohl unterhaltsamer werden als das gerade laufende Mittagsmagazin.“
„Tja!
Mein Kumpel würde kurz und knapp antworten: Darauf kannze einen lassen! Kommsse nach Bottrop, krisse ein aum Kopp drop.
Und dann gehen unsere Wortklaubereien weiter.
Er:
Kommse nach Gladbeck, klaunse dirs Rad weg.
Ich:
Kommsse nach Oberhausen, krisse Ohrensausen.“
„Tja, so isset!
Da steige ich mal kurz und bündig ins Alphabet bei B wie Bottrop ein, wo es nach Industrie riecht, wo Bottrop stinkt wie‘n Furz inne Badewanne und wo Bottrop wahrlich kein Paradies ist, doch man lebt dort, jeder für sich und doch irgendwie zusammen, und was soll’s, ein Dorf am Hügel, wie der Name der Stadt sich aus dem mittelalterlichen Namen Borthorpe ableitet, war, ist und bleibt bunt einschließlich seiner Umgebung. War vormals eher ein Flecken mit einigen hundert Einwohnern, denn erst im 19. Jahrhundert setzte mit der Industrialisierung ein starkes Bevölkerungswachstum ein, wobei dort ab 1856 mit Abteufung der Zeche Prosper I der Beginn des Steinkohlenbergbaus startete.
Wissen Sie, vor allem seit 1880 zogen Werber durch die preußischen Ostprovinzen, um Arbeitskräfte an Ruhr und Emscher zu locken, weil dort die Zechen wie Pilze aus dem Boden schossen, einhergehend mit der Eisen- und Stahlverarbeitenden Industrie. Eine der größten Völkerwanderungen der neuen Geschichte fand statt. Um 1840 lebten in der Ruhr-Region etwa 250 000 Menschen – und heute ist das Ruhrgebiet eines der größten Ballungsgebiete Europas mit seinen 5,3 Millionen Einwohnern.
Auch Bottrop schwoll an, wurde Großstadt mit heutigentags mindestens 118.000 Einwohnern, dabei zusammengewürfelt aus aller Herren Länder.
Ein kurzer Blick nahe der Post in der Innenstadt führt zur Leuchtreklame Schlesischer Wurst, daneben werden fast alle Polnischen Waren, die einen Wert im Westen haben, angeboten, wobei man glaubt, gleich mit Zloty bezahlen zu können. Ein paar Läden weiter gibt es Pferdefleisch vom alteingesessenen Pferdemetzger, es gibt nicht nur Pferdefleisch sondern auch Pferdefleischwurst, eine seltene Spezialität.
Beim Einkauf in Bottrop bei Mirek Czeranskis Hinterhof-Schlachterei trifft man auf weitere Urbanskis, die heute Urban heißen und wo aus der Polnischen Sowa die Deutsche Eule wurde. Mit Sicherheit kommt dann die Frage:
Darf’s etwas mehr sein?
Die spezielle Fleischwurst wird nur im abgebundenen kompletten Kringel von ca. 650 Gramm verkauft, wobei der Fleischwurstkranz später in drei oder vier Teile geteilt und, je nach Hunger, im Familienhaushalt nochmals längs über die Mitte aufgeschnitten wird.
Bitte sehr, bei solchen Befindlichkeiten ist dann zu vernehmen: Hier fühl ich mich wohl! Hier bin ich groß geworden! Hier hänge ich weiter ab!
Osteuropa hin, Orient her. Ihre Namen finden sich auf Taxis, an Dönerstuben, an Frisiersalons und Kiosken. Man lebt querbeet, da sind Türkische Viertel, in deren Herzen Kurden leben, man redet miteinander, man ist im Fußballverein bei Rhenania oder Barispor, und am Wochenende werden Fahnen von Schalke gehisst – schön!
Doch es bleibt dabei: Bottrop ist kein Paradies und die Prosperstraße führt weiter runter Richtung Kloake Emscher. Kurz davor fackelt eine einzelne übriggebliebene Kokerei periodisch ihr Gas ab. Dort leuchtet es noch einsam in der Nacht, anders als im Lied der “Tausend Feuer“ − und es stinkt dabei nach Industrie. Einen Steinwurf weiter steht der Tetraeder als Landmarke auf einer Halde und es sieht beinahe so aus, als wolle er über der Vergangenheit abheben und hinwegwegschweben.“
„Noch ein kurzes Wegstück, dann nähern wir uns der Siedlung am Wald – und hier sind wir angekommen am freistehenden Haus am Bohnenkamp achtundvierzig.“
„Guten Tag, die Herren!
Sie sind ja schneller, als die Polizei erlaubt. Wir wollten gerade mit dem Mittagessen beginnen, kommen Sie, wir legen noch zwei weitere Essgarnituren auf, da ist genug für uns alle da!“
„Danke sehr, doch ich muss zügig zurück in die Agentur. Ich lasse Ihnen Ihren zukünftigen Haushüter hier, besprechen Sie sich in aller Ruhe. Wir telefonieren später, alles Gute und auf Wiedersehen, äh, und auf Wiederhören!“
„Tschüss!“
„Dann kommen Sie mal rein inne gute Stube.
Erna!
Unser Haushüter stellt sich vor. Wir essen dann gemeinsam.“
„Guten Tag!“
„Guten Tag!
Folgen Sie mir doch.
Gleich um die Ecke ist unsere Wohnküche.
Ich hole noch einen weiteren Teller und lege Besteck dazu.“
„Das riecht aber gut, das riecht nach einem Braten!“
„Tja!
Das ist ein Braten vom Wildschwein.
Schussfrisch, denn nach der Verordnung über Jagdzeiten startete die Jagd auf Schwarzwild gerade vormals am 16. Juni.“
„Aha!
Sie sind Jäger.“
„So ist es!
Und das ist auch der Grund, weswegen wir ab Beginn der kommenden Woche weit weg, nämlich in Namibia, auf einer Jagdfarm Urlaub machen wollen und, wie schon gehandhabt in vergangenen Zeiten, möchten wir auch diesmal unbeschwert und sorgenfrei unsere Jagd-Safari genießen.“
„Urlaub auf einer Jagdfarm?“
„Ja!
Das ist etwas ganz Besonderes. Der Besitzer der Farm bewirtschaftet diese nicht selber. Ein Verwalter kümmert sich darum, wobei häufig das nutzbare Land z. B. einer
Nachbarfarm zum Beweiden der Rinder gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt wird. Auf allen Farmgebieten bewegt sich in freier Wildbahn jagdbares Wild, wobei vorzugsweise das Wild nach seiner Trophäe und natürlich auch nach seinem verwertbaren Fleisch gejagt wird. Kudu, Springbock, Schwarzgesicht-Impala, Oryx und Warzenschwein stehen ganz weit oben auf der Abschussliste.“
„Das bedeutet, es gibt jeden Tag ein anderes Fleischgericht.“
„Nein!
So dürfen Sie sich das nicht vorstellen, denn die Tiere sind sehr scheu und schwierig zu bejagen. Aber das macht ja gerade die Jagd in einem so wilden weiten Land zu einem besonderen Abenteuer. Im vergangenen Jahr wurde während der ersten Woche nur ein einziger Kudu erlegt. Nach drei Tagen war das Fleisch größtenteils verzehrt, denn ein gewisser Teil wird immer zur Herstellung von Biltong, also für luftgetrocknetes in Streifen geschnittenes Fleisch, verwendet.“
„Und das schmeckt?“
„Sicher doch!
In Namibia ist es üblich, für die Herstellung von Biltong auch Fleisch vom Strauß, Kudu, Springbock, Eland und anderen Wildtieren zu nutzen. Das Fleisch wird in Streifen geschnitten, mit einer Würzmischung aus braunem Zucker, Salz, Koriander und Pfeffer eingerieben, mit Essig beträufelt und danach zugedeckt und einen Tag lang kalt gestellt. Hängend wird das Fleisch danach mindestens eine Woche lang luftgetrocknet, bis es ungefähr die Hälfte seines ursprünglichen Gewichtes verloren hat.
Danach wird es in Alu-Folie eingewickelt und kühl gelagert. Auf diese Basisnahrung mit frischen Gemüsebeilagen kann also jederzeit zurückgegriffen werden. Alternativ schießt man Perlhühner für Hühnerklein und knackt ein Straußenei mit dem Inhalt von ungefähr 25 Hühnereiern − oder es werden ganz einfach Fertiggerichte aus der Kühltruhe zubereitet.
Übrigens, im islamischen Volksglauben Nordafrikas hat sich der magische Aspekt des Straußenvogels mancherorts noch erhalten. So bekrönen fünf beschützende Straußeneierschalen das Minarett von Chinguetti in Mauretanien.
Sie werden viel Zeit haben, diesbezügliche Studien zu betreiben, denn in meinem Trophäenzimmer im Keller dieses Hauses, das ich Ihnen mit Stolz nach dem Mittagessen zeigen werde, finden Sie im Doppelregal meiner Fachbibliothek dazu ein passendes Kompendium, in dem
Wolfgang Creyaufmüller die Nomadenkultur in der Westsahara, handwerkliche Techniken sowie ornamentale Grund-strukturen beschreibt.“
„Übrigens, mein Plan ist, Afrika im nächsten Jahr im Wohnmobil zu bereisen.“
„Dann mal viel Glück!
Für Nordafrika mag das ja womöglich ein überschaubares Abenteuer sein, allerdings gelten für Südafrika ganz andere Bedingungen sowie urige Umstände. Dort würde ich niemals im eigenen Fahrzeug unterwegs sein wollen, sondern nur im Leihwagen. Dazu noch mit einem speziellen Fahrer, der auch Afrikaans spricht.“
„Holla, ich höre!“
„Also, vor einigen Jahren passierten wir in einem noch neuen VW-Bus den Caprivi-Zipfel. Der Mini-Bus gehörte zur Jagdfarm und der Fahrer war der Sohn der Nachbarfarm mit holländischen und italienischen Wurzeln. Sein Rufname war Durr.
Baldigst bekamen wir mit, dass er den Schwarzen keinesfalls bei Gegenwind gegenüber tritt und in seinem Bakkie, dem klimatisierten Pick-up, dieselben nur auf der Ladefläche mit dem Ersatzreifen, seinen Rottweiler dagegen auf dem Beifahrersitz transportiert – übrigens ein ganz alltägliches Gebinde in Namibia darstellend, derweil der Zündschlüssel beim Verlassen des Gefährts stecken bleibt, bewacht von dem auf Schwarze abgerichteten Bello.