Robert Blum im Jenseits - Jakob Lorber - E-Book

Robert Blum im Jenseits E-Book

Jakob Lorber

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Beschreibung

Es sind die Erfahrungen und Erlebnisse des 1848 erschossenen Revolutionärs Robert Blum im Jenseits – auf dem Weg zum Gotteskind, die Inhalt dieses fantastische Roman, der zugleich ein Entwicklungsroman ist, sind mit den vielschichtigen Persönlichkeitsänderungen des Protagonisten. Zum unbestrittenen Kanon der Weltliteratur gehört dieses Meisterwerk eines Ausnahmekünstlers mit anhaltendem und vielfältigem Einfluss auf den lesenden Menschen und die Literaturgeschichte – bis heute. Spannend und unterhaltend, vielschichtig und tiefgründig, informativ und faszinierend sind die E-Books großer Schriftsteller, Philosophen und Autoren der einzigartigen Reihe "Weltliteratur erleben!".

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Jakob Lorber

Robert Blum im Jenseits

Inhaltsverzeichnis
Robert Blum im Jenseits
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Kapitel 91
Kapitel 92
Kapitel 93
Kapitel 94
Kapitel 95
Kapitel 96
Kapitel 97
Kapitel 98
Kapitel 99
Kapitel 100
Kapitel 101
Kapitel 102
Kapitel 103
Kapitel 104
Kapitel 105
Kapitel 106
Kapitel 107
Kapitel 108
Kapitel 109
Kapitel 110
Kapitel 111
Kapitel 112
Kapitel 113
Kapitel 114
Kapitel 115
Kapitel 116
Kapitel 117
Kapitel 118
Kapitel 119
Kapitel 120
Kapitel 121
Kapitel 122
Kapitel 123
Kapitel 124
Kapitel 125
Kapitel 126
Kapitel 127
Kapitel 128
Kapitel 129
Kapitel 130
Kapitel 131
Kapitel 132
Kapitel 133
Kapitel 134
Kapitel 135
Kapitel 136
Kapitel 137
Kapitel 138
Kapitel 139
Kapitel 140
Kapitel 141
Kapitel 142
Kapitel 143
Kapitel 144
Kapitel 145
Kapitel 146
Kapitel 147
Kapitel 148
Kapitel 149
Kapitel 150
Kapitel 151
Kapitel 152
Kapitel 153
Kapitel 154
Kapitel 155
Kapitel 156
Kapitel 157
Kapitel 158
Kapitel 159
Kapitel 160
Kapitel 161
Kapitel 162
Kapitel 163
Kapitel 164
Kapitel 165
Kapitel 166
Kapitel 167
Kapitel 168
Kapitel 169
Kapitel 170
Kapitel 171
Kapitel 172
Kapitel 173
Kapitel 174
Kapitel 175
Kapitel 176
Kapitel 177
Kapitel 178
Kapitel 179
Kapitel 180
Kapitel 181
Kapitel 182
Kapitel 183
Kapitel 184
Kapitel 185
Kapitel 186
Kapitel 187
Kapitel 188
Kapitel 189
Kapitel 190
Kapitel 191
Kapitel 192
Kapitel 193
Kapitel 194
Kapitel 195
Kapitel 196
Kapitel 197
Kapitel 198
Kapitel 199
Kapitel 200
Kapitel 201
Kapitel 202
Kapitel 203
Kapitel 204
Kapitel 205
Kapitel 206
Kapitel 207
Kapitel 208
Kapitel 209
Kapitel 210
Kapitel 211
Kapitel 212
Kapitel 213
Kapitel 214
Kapitel 215
Kapitel 216
Kapitel 217
Kapitel 218
Kapitel 219
Kapitel 220
Kapitel 221
Kapitel 222
Kapitel 223
Kapitel 224
Kapitel 225
Kapitel 226
Kapitel 227
Kapitel 228
Kapitel 229
Kapitel 230
Kapitel 231
Kapitel 232
Kapitel 233
Kapitel 234
Kapitel 235
Kapitel 236
Kapitel 237
Kapitel 238
Kapitel 239
Kapitel 240
Kapitel 241
Kapitel 242
Kapitel 243
Kapitel 244
Kapitel 245
Kapitel 246
Kapitel 247
Kapitel 248
Kapitel 249
Kapitel 250
Kapitel 251
Kapitel 252
Kapitel 253
Kapitel 254
Kapitel 255
Kapitel 256
Kapitel 257
Kapitel 258
Kapitel 259
Kapitel 260
Kapitel 261
Kapitel 262
Kapitel 263
Kapitel 264
Kapitel 265
Kapitel 266
Kapitel 267
Kapitel 268
Kapitel 269
Kapitel 270
Kapitel 271
Kapitel 272
Kapitel 273
Kapitel 274
Kapitel 275
Kapitel 276
Kapitel 277
Kapitel 278
Kapitel 279
Kapitel 280
Kapitel 281
Kapitel 282
Kapitel 283
Kapitel 284
Kapitel 285
Kapitel 286
Kapitel 287
Kapitel 288
Kapitel 289
Kapitel 290
Kapitel 291
Kapitel 292
Kapitel 293
Kapitel 294
Kapitel 295
Kapitel 296
Kapitel 297
Kapitel 298
Kapitel 299
Kapitel 300
Kapitel 301
Kapitel 302
Kapitel 303

Eine Geister-Szenerie

Gewaltsamer Hintritt des Robert Blum Seine Erfahrungen und Führungen im Jenseits von Nacht - zum Licht, vom Tode - zum wahren ewigen Leben bis zur Vollendung; desgleichen seiner Freunde und vieler anderer. Weiteste Eröffnung des Vorhanges hinterm Grabe vom Herrn des Lebens zum Heile vieler - der Menschheit kundgegeben - durch Jakob Lorber, auf Veranlassung von Freunden zum Druck bereitet, in Kapiteln gebracht, und nach Bestädigung von oben herausgegeben.

Kapitel 1

Als Einleitung: Kurzer Bericht über Robert Blums Erdenleben, vom göttlich-geistigen Standpunkt aus beleuchtet, sein Streben, sein Ziel und sein gewaltsames irdisches Ende

Am 27. November 1848

1 Dieser Mensch der deutschen Zunge kam unter den dürftigsten Umständen auf diese Erde, und hatte bis auf einige seiner letzten Jahre stets mit der natürlichen, irdischen Lebenserhaltungsnot zu kämpfen, was ihm aber aus (der Welt freilich gänzlich unbekanntem) gutem Grunde zuteil ward, weil seine Seele und sein Geist von jenem Planeten herstammte, von dem ihr aus der Enthüllung der natürlichen Sonne wisset, daß seine Einwohner mit ihrer hartnäckigsten Beharrlichkeit ganze Berge versetzen, und was sie leiblich nicht vollbringen, das setzen sie sogar nach und nach als Geister ins Werk. (Planet Uranus)

2 Dieser durch seine Tollkühnheit gefangen genommene, und für diese Welt hingerichtete Mann zeigte schon von seiner Kindheit her, welch' beharrlichen Geistes er war, und obschon Ich Selbst ihm, wo er sich nur immer erheben wollte, stets die tauglichsten Hindernisse in den Weg legte, wegen seines Seelenheiles, so half das aber am Ende - besonders für diese Welt - doch wenig; denn seines Geistes zu rastlos beharrliches Streben brach sich endlich aus all' seiner gestellten Unbedeutendheit doch eine Bahn, auf der er zu einem größeren Wirken gelangte.

3 Auf diesem Wirkungsstandpunkte machte er sogleich tausend große Pläne, setzte sie auch nach Möglichkeit in's Werk. Vor allem lag ihm ein gewisses Völkerwohl am Herzen, welches zu bewerkstelligen er kein Opfer scheute! - Fürwahr, so er alle Schätze der Erde besessen hätte, so hätte er sie auch alle, samt seinem Leben, für die Realisierung dieser seiner für ihn höchsten Idee in die Schanze geschlagen!

4 Diese Völkerwohlidee hatte er aber freilich hauptsächlich der bloßen Weltreligionsschule des Ronge und dessen Genossen zu verdanken, welche Religion aber eigentlich gar keine Religion und keine Kirche ist, und auch nie sein wird, weil sie Mich, den Herrn leugnet und macht Mich zu einem ganz gemeinen und gewöhnlichen Menschen und Volkslehrer der Vorzeit! Diese Lehre lautet kurz zusammengefaßt, wie das Programm an ihrem Friedhofe zu Berlin: „Macht hier das Leben gut und schön, kein Jenseits gibt's, kein Wiedersehen?!?“ Diese sein wollende reine Kirche verwirft sonach aber auch den Grundstein, auf dem sie ihr Gebäude aufführen will, baut somit auf Sand, und ihr Haus wird daher einen schlechten Bestand haben!

5 Wie aber Ronge seine Kirche baute, so auch baute unser Mann seine Völkerwohlideen - auf Sand. Ihm war alles was die Welt darbietet, nur äußerst klein und ohnmächtig; bloß in seiner Rednergabe sah er jene Machtgröße, der es gelingen müsse, in Kürze (über) allen Machthabern den Stab zu brechen!

6 Seine Überzeugung war darin so stark, daß er darüber nahe keines Bedenkens fähig war. Mahnte Ich ihn auch innerlich bei zu toll gewagten Unternehmungen, so vermochte ihn aber das dennoch nicht abzuhalten von dem, was er sich einmal zu verwirklichen vorgenommen hatte, -denn es war das bei ihm eine Art Wahlspruch, dem zufolge ein rechter Deutschmann eher alles opfern solle, als von einer einmal gefaßten und durchdachten Idee abzugehen! Er meinte also: Ein Deutscher höre dadurch auf ein Deutscher zu sein, so er mit Ideen zu tauschen anfinge!

7 Zur Festhaltung seiner einmal gefaßten und zur Ausführung bestimmten Ideen bestärkte ihn auch das mehrmalige glänzende Gelingen derselben; und so wagte er sich nun auch über ein Himalajagebirge, weil ihm die Abtragung einiger politischer Hügel gelang, durch welche Arbeit er sich auch allgemein bemerkbar gemacht hatte, und gewann dabei das Vertrauen eines ganzen Landes; welches Vertrauen ihm aber dann auch den Weg zu seinem unvermeidlichen irdischen Untergange bahnte.

8 Er erprobte in der Deutschen Versammlung (Nationalversammlung in Frankfurt/ Main im Jahre 1848) die Macht seiner Zunge zu öfteren Malen, und hatte heimlich eine große Freude über seine gefeierten Zungensiege, woran freilich sein starker Geist den größten Anteil hatte. Auf diese Siege gestützt und allerfestest vertrauend, eilte er vom Orte seiner Bestimmung in eine große ostdeutsche Stadt (Wien), wo das Volk auch die unverkennbarsten Symptome seiner Ideen tatsächlich ans Tageslicht zu fördern begann; da wollte er sozusagen mit einem Schlage etliche dreißig sogenannte Fürstenfliegen totschlagen, ohne zu bedenken, daß hinter diesen Fliegen auch Ich, Der Ich freilich für ihn nichts war, etwa doch auch ein paar Wörtchen eher zu reden hätte, bevor sie eine Beute seines Fliegenprackers werden sollten!

9 Unser Mann ging hauptsächlich von dieser Idee aus, die er wohl aus Meinem Worte borgte, daß man „vollkommen“ sein sollte gleich dem Vater im Himmel, und daß da nur einer der Herr ist, und alle anderen aber Brüder, ohne Unterschied des Standes und des Geschlechtes; aber er glaubte für's erste an den nicht, dem die Menschen in der Vollkommenheit gleichen sollen; für den Herrn aber hielt er nur so ganz eigentlich sich, durch die Macht der Rede; vergaß aber dabei ganz, daß die Fürsten auch Menschen sind, freilich im Besitze der Macht - aus Mir; und vergaß auch jenes Schrifttextes, wo es heißt: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“ - Wie auch: „Seid jeder Obrigkeit untertan, ob sie gut oder böse ist; denn sie hätte keine Macht, so sie ihr nicht von Oben gegeben wäre!“ - Gegen diese Macht hilft nur das Gebet, und ein rechter Lebenswandel nach meinem Worte, aber kein sogenannter politischer Fliegenpatscher.

10 Dieser Mann wurde in der früher erwähnten Stadt, wo er seine völkerbeglückende Idee durch die Gewalt der Waffen, wie durch seine Reden realisieren wollte, als ein dem Staate gefährliches Individuum gefangen genommen, und nach einem kurzen Prozesse aus dieser in die andere Welt befördert, und somit ward auch sein diesweltlicher völkerbeglücken-sollender Wirkungskreis (durch ein standrechtliches Erschießen) am 9. November 1848 abgeschlossen.

Kapitel 2

Drei Fragen von Bedeutung. Allgemeiner Zustand der Hingerichteten im Jenseits. Böswillige kommen zur Hölle und dann etwa in das Geisterreich. Politische Verbrecher kommen dort zunächst in ihre Finsternis. Seelenzustände unseres Mannes drüben. Sein Wahn, infolge der Annahme des Nichttotseins

1 Nun fragt sich's: Wie kam seine Seele und sein Geist in der ewigen Geisterwelt an? - Wie befindet er sich dort? Und was tut er?

2 Es muß hier bemerkt werden, daß die Meisten derer, ihr irdisches Leben durch ein Strafgericht gewaltsam einbüßenden, in der Geisterwelt mit dem größten Zorne und Rachegefühle gegen ihre Richter wie Flüchtlinge ankommen, und eine Zeitlang wie völlig Rasende herumtaumeln, was von ihrem großen Zorne und übermäßigen Rachedurste herrührt. Aus solchem Grunde werden solche Überkömmlinge, so sie wirkliche Verbrecher wider Gottes Gebote sind, also im Grunde Böse, alsogleich zur Hölle getrieben, die ihr eigentliches Element ist, um dort ihre Rache zu kühlen, aus der sie aber, so ihre Rache in etwas abgekühlet ist, wieder in die eigentliche Geisterwelt zurückkehren, und da von neuem ihre Freiheitsprobe freilich auf notwendig sehr beschränkten Wegen durchzumachen beginnen.

3 Geister aber, wie der unseres Mannes, die bloß als politische, also rein weltliche Verbrecher gegen weltliche Gesetze, die freilich auch mit den Gottesgesetzen im Verbande stehen, weltlich gerichtet drüben ankommen, werden anfangs bloß in einen lichtlosen Zustand versetzt, in dem sie wie Blinde sich befinden, und somit auch keines Wesens ansichtig werden, an dem sie sich vergreifen würden, und kühlen ihre blinde und große Rache; denn großer Zorn und große Rache bewirken schon bei Menschen auf der Welt, daß sie förmlich blind werden, vor Zorn und glühendster Rachewut; umsomehr bewirken diese argen Leidenschaften bei Seele und Geist, in denen sie hauptsächlich auftauchen und zu Hause sind, den Zustand der gänzlichen Blindheit. In diesem Zustande werden solche Geister so lange belassen, bis sich mit der Weile ihre Rache in das Gefühl der Ohnmacht umgewandelt hat, und die so tief gekränkte und beleidigte Seele im stets mehr auftauchenden Gefühle ihrer Ohnmacht zu weinen beginnt; welches Weinen zwar wohl auch dem Zorne entstammt, aber denselben nach und nach auch ableitet und schwächt.

4 Hier diesseits konnte unser Mann nichts mehr tun, als bloß nur, da er für diese Welt alles als rein verloren ansehen mußte, so viel als möglich seine männliche Ehre retten, aus welchem Grunde er sich auch bei seiner Hinrichtung so entschlossen und den Tod verachtend zeigte; was aber durchaus nicht der Fall war, da er in sich wohl gar überaus stark die Schrecken des Todes fühlte, und das um so mehr, da er, als ein fester Neukatholik, an ein Leben der Seele nach dem Abfalle des Leibes durchaus nicht glaubte.

5 Aber in ungefähr 7 Stunden nach seiner Hinrichtung, da seine Seele sich gewisserart wieder zusammenklaubte, überzeugte er sich schnell von der Grundlosigkeit seines irdischen Glaubens, und gewahrte gar bald nur zu unwidersprechlich, daß er fortlebe; aber da verwandelte sich seine individuelle Überzeugung von dem Fortleben nach des Leibes Tode in einen andern Unglauben, und zwar also: - er meinte und behauptete nun bei sich, daß er wohl auf den Richtplatz hinausgeführt wurde, und blind erschossen wurde, um die vollkommene Todesangst auszustehen; aber da auf ihn nur blind geschossen wurde, weshalb ihm auch der Offizier die Augen verbinden habe lassen, auf daß er nicht das leere in die Luft schießen merken solle, so sei er bloß vor Angst betäubt zusammen gesunken, und wurde von da in einem ganz bewußtlosen Zustande in einen finsteren Kerker gebracht, von wo ihn eine starke Reklamationen von Deutschlands Bürgern sicher bald in die erwünschte Freiheit setzen würde?!

6 Ihn genierte nun bloß die starke Finsternis, also ein sehr finsteres Loch, das ihm aber jedoch nicht feucht und übelriechend vorkommt. Er befühlt sich auch die Füße und die Hände, und findet, daß ihm nirgends Fesseln angelegt sind; da er sich aber fessellos fühlt, so versucht er die Weite seines Kerkers zu untersuchen, und wie etwa der Boden beschaffen ist? Ob sich in seiner Nähe etwa nicht so ein heimliches Gericht vorfindet?!

7 Aber er staunt nicht wenig, als er für's erste gar keines Bodens gewahr wird, und eben so wenig irgend eine Kerkerwand, und für's zweite aber auch nicht irgend von einer Hängematte etwas finden kann, in der er sich etwa in einem freien Katakombenraume hängend befände?! -

Kapitel 3

Weitere Forschungen unseres Ungläubigen in seinem finsteren Jenseits. Befreiungsgedanken. Etwas über einer vermeintlichen Narkose

1 Diese Sache kommt ihm sehr bedenklich sonderbar vor; er prüft auch sein Gefühl, ob dieses nicht etwa an den Extremitäten so gewisserart noch halbtot sei? - Aber er überzeugt sich durch ein tüchtiges Kneipen und Reiben über alle seine Seelenbestandteile, daß sein Gefühl durchaus nicht tot ist, im Gegenteile nur gar zu sehr lebendig.

2 Als er sich nun genau prüfend von allen Seiten überzeugt, daß er vollends lebendig ist, und sich von keiner Seite her irgendwie eingeschlossen befindet, außer von einer vollkommensten Nacht und Finsternis, da fragt sich Robert Blum endlich ganz verzweifelt aufgeregt:

3 „Wo in drei Teufels Namen bin ich denn?! - Was haben denn die durstigen Bluthunde aus mir gemacht? - Erschossen haben sie mich nicht, sonst lebete ich nicht; eingesperrt haben sie mich auch nicht; denn da finde ich weder Wand noch Boden, und keine Fesseln an meinen Gliedern; - mein vollkommenes Gefühl habe ich auch; die Augen habe ich auch; sie sind mir nicht ausgestochen, und doch sehe ich nichts! - Was haben sie denn mit mir gemacht? - Wahrhaftig, das ist schaudervoll merkwürdig! - Dieser Menschenfeind, der mich proforma hat erschießen lassen, muß durch irgend einen Chemiker mich vielleicht auf eine ganz eigene Art, etwa durch ein aller sonstigen gelehrten Welt unbekanntes Narkotikum haben narkotisieren lassen, welcher Operation zufolge ich nun mich in diesem Zustande befinde!? - Aber warte du Wüterich, du Völkerrechte-Mörder, wenn ich aus dieser Narkose komme, wenn ich wieder nach Frankfurt komme, dann freue dich! - Ich werde dir eine Suppe kochen, eine ganz verdammt heiße Suppe!

4 Dieser Zustand wird nicht ewig dauern; man wird mich in Frankfurt und in ganz Sachsen requirieren (anfordern), und ich werde, ja ich muß dahin kommen! - Und bin ich dort, dann tausendfaches Wehe dir! - Du sollst dann kennen lernen, was für ein Frevel es ist - an einem ersten Reichstagsdeputierten sich also schonungslos und aller völkerrechtswidrigst zu vergreifen! - Mein ganzes Wesen, ganz Deutschland, ja ganz Frankreich darf nicht eher ruhen, als bis diese allerschmählichste, mir, einem Reichstagsdeputierten angetane Unbill in aller Fülle gesühnet sein wird! - Und das auf eine Art gesühnt, von der die Erde, und die ganze Weltgeschichte noch kein Beispiel aufzuweisen hat!! - -

5 Wenn ich aber nur schon bald aus dieser sonderbaren Narkose geweckt würde! - Ich brenne vor gerechtester Rache, und dieser lästigste Zustand dauert noch immer fort! - Das ist doch eine echt teuflisch verfluchte Erfindung! Aber nur Geduld; es wird, es muß bald besser werden!! - -

Kapitel 4

Robert Blum richtet einen Notschrei zu Gott. Berufung auf Jesus. Philosophische Phantasierereien. Die Sehnsucht Roberts nach dem Nichtsein

Am 1.Dezember 1848

1 Nach diesen Worten verhält er sich eine ziemlich lange Weile ganz ruhig und still, und reibt sich bloß manchmal die Augen, um einer allfälligen narkotischen Trübung los zu werden; aber da es trotz aller seiner vorgefaßten Geduld und trotz allem Augenreiben denn doch nicht heller werden will, so fängt er an der Wiedergewinnung des Augenlichtes ganz vollkommen zu zweifeln an, und wird darum auch erboster von Augenblick zu Augenblick. Als aber auch trotz seines stets größeren Erbostwerdens das Licht sich bei ihm nicht einstellen will, so ruft Robert Blum gar stark:

2 „Was ist denn mit mir geschehen?! - Was ist das für ein verfluchter Zustand?! - Gibt es denn keinen Gott mehr? -Einen Gott, der mächtig wäre - und gerechter als die von Seiner Gnaden Machthaber der Erde und ihre blauen und goldbortierten Helfers Helfer?!

3 Gott! - so Du irgend einer bist, recke aus deinen Arm, und sühne mich, der ich die gute Sache deiner Menschen, deiner Kinder zu jenem erhabenen Ziele führen wollte, das einst schon der erhabene unverstandene Völkerlehrer Jesus erreichen wollte; aber von gemeinen Häschern aufgegriffen, und aus Dank für seine großen Mühen und Opfer zum Besten der gesamten Menschheit - an den Pfahl der damaligen größten Schmach der Menschheit gehängt wurde!

4 Wie er, bin auch ich ein Sohn von Dir und aus Dir, so Du einer bist?! - Bist Du aber nicht und nirgends, außer im Bewußtsein der Menschen selbst, ist Deine Kraft nur jene, deren sich der Mensch bewußt ist, - dann freilich rede ich nur leere und fruchtlose Worte, und bin um mein ganzes Wesen für ewig betrogen, und das auf das Schändlichste! Warum aber mußte ich ein lebendes, meiner selbst bewußtes Wesen werden? Warum mußte irgend eine im endlosen Raume sich selbst ergriffene plumpe Idee in mir zum klarsten Ausdrucke des sich erfassenden Seins werden? - Ward ich denn eine Realität voll des hellsten Sichselbstbewußtseins etwa darum, um von einer andern füsiliert (standrechtlich erschießen von Soldaten) zu werden? - Verfluchter Zufall, der mich je in ein so elendstes Dasein versetzete! - Wenn es Teufel gäbe, arg und böse über jede menschliche Vorstellungskraft, so sollen sie doch jede wie immer Namen habende Kraft, die mich werden machte, für ewig zerstören! - -

5 O Menschen! o Menschen! - ihr betrogenen, armen Menschen, höret auf - euch fortzupflanzen! - Setzet nicht mehr lebende Wesen an eure Stelle zur Qual in die verfluchte Welt! - - Menschen, die ihr nun noch lebet, ermordet eure Kinder und euch, auf daß die verfluchte Erde leer werde von Menschen! - - O - erwürget ihr Machthaber alle, alle Menschen, und teilet dann die verfluchte Erde unter euch, auf daß ihr dann an ihr allein zur Genüge haben sollet! - -Aber umsonst, - umsonst ist mein Eifer; ein ewiger Sklave! - -Was kann ein Tropfen gegen des wogenden Meeres Allgewalt?! - Darum verstumme du eitle Sprache meiner Zunge; nur ihr Hände versuchet diesem elendsten Dasein ein Ende zu machen!“ -

6 Nach diesen Worten macht er an sich Erdroßelungsversuche. - Er macht einige recht tüchtige Eingriffe in seine Kehle, aber natürlich ohne alle Wirkung; denn er greift sich gewisserart alle Male durch und durch, ohne nur eine auch nur allerleiseste Spur von irgend einer Erstickung zu verspüren! - Das macht unseren Mann stutzen, und er wird über diesen seinen Zustand stets begriffsverwirrter. Da es aber mit dem Erdroßeln gar nicht geht, da beschließt er anzufangen sich schnurgerade vorwärts zu bewegen; - denn, spricht er bei sich ganz erbost: -„finsterer und grundloser, als es hier ist, kann es wohl im ganzen endlosen Raume nirgends mehr sein; daher habe ich auch keinen Abgrund, und noch weniger irgend ein geheimes Gericht mehr zu befürchten; darum also nur vorwärts! -Vielleicht komme ich doch irgendwo zu einem Lichtschimmer oder zu einem erwünschten vollkommenen Tode?! -

7 O wie glücklich muß der Zustand eines vollkommenen Todes sein? - Wie glücklich muß ich gewesen sein, als ich nicht war, als ich kein Dasein fühlte, und kein freies Bewußtsein mein Wesen trügte?! - O, wenn ich doch nur wieder vollends vernichtet werden könnte! - Aber sei es nun, wie es werden will; so mir nur ein künftig möglich werdendes Nichtsein ein Gewinn ist, der vollkommene Tod ein Labsal, so gibt es auch nichts mehr, wovor ich mich fürchten solle, darum also nur vorwärts!“

Kapitel 5

Gymnastische Übungen im finstern Raum um sich möglicherweise fortzubewegen. Selbstgespräche über das Nichts und vom Fortleben, Robert Blum schimpft und hadert über seinen derzeitigen Zustand und über die Welt, zum Schluß der Wunsch nicht mehr sein zu wollen

1 Hier macht unser Mann mit seinen Füßen gewöhnliche Gehbewegungen; aber da er unter seinen Füßen keinen Boden wahrnimmt, so scheinen sie ihm bloß gegenseitige effektlose Pendelbewegungen zu machen, die ein Weiterkommen eben so wenig bezwecken, als so jemand auf einer Bank säße und schlenkerte mit den Füßen in der Luft leer hin und her. Robert Blum denkt daher wieder bei sich auf eine andere Art der Weiterbewegung, sprechend nämlich:

2 „Ich muß mit Händen und Füßen durch diese lichtlose Luft auf eine eigene Art zu schwimmen anfangen; das wird besser sein, als das Gehen mit den Beinen! - Denn - um mit den Beinen weiter zu kommen, muß man eine feste Unterlage haben, auf der ein Bein so lange ruht, bis das andere eine freie Bewegung vorwärts macht, aber wenn die Unterlage fehlt, da ist diese Art zu gehen fruchtlos; da heißt es entweder schwimmen, - oder fliegen; - zum Fliegen aber gehören Flügel; - diese haben wir nackten Zweibeinler nicht; aber schwimmen können wir, und so will ich mich an's Schwimmen machen! - Ach du guter Himmel, das wird freilich ein erbärmliches Schwimmen sein?! - Aber was läßt sich da anderes tun, als die noch innewohnenden Kräfte so lange möglichst zweckmäßig zu gebrauchen, als wie lange sie sich nur immer gebrauchen lassen! - Also - es werde geschwommen!“ -

3 Hier fängt er an förmliche Schwimmbewegungen mit Händen und Füßen zu machen, verspüret freilich wohl keinen Fortgang durch irgend einen Luftzug; aber das beirrt ihn nicht; er setzt seine Schwimmbewegungen fort. Je mehr er arbeitet, desto mehr auch verspürt er, daß all' sein Mühen ein vergebliches ist; denn er merkt es, daß ihn diese schwarze Luft nicht den allergeringsten Widerstand irgend verspüren läßt! - Robert Blum stellt daher seine schwimmerischen Bewegungen wieder ein, und spricht:

4 „Ich bin ein Esel und dümmster Narr! - Was mühe ich mich denn vergeblich ab?! - Wo nichts ist, da ist nichts; ich bin nun im barsten Nichts; was will ich das Nichts weiter verfolgen?! - Im Nichts ist sicher die größte Ruhe, und nimmer eine Tätigkeit zu Hause?! - Daher will auch ich in die Ruhe des Nichts eingehen, um in ihr auch zu nichts zu werden! - Ja, ja, das ist schon der Weg zur völligen Vernichtung! - Hm, hm; wäre freilich recht, wenn ich nur wüßte, daß ich wirklich sei erschossen worden?! - Krachen, -kommt es mir wohl vor, als ob ich es noch gehört hätte; aber freilich müßte ich da ja natürlich vollkommen tot sein, was bei mir doch nicht der Fall ist? - Auch verspüre ich nichts von irgend einer Zerrüttung!

5 Oder sollte es nach dem Tode wirklich ein Fortleben der Seele geben?! - Ich aber bin ja noch mit Haut und Haaren, und sogar mit meiner Kleidung, die ich wohl verspüre, noch da! -Hat denn die Seele auch Beine, Haut, Haar und Kleidung? -Wenn so, da muß also auch der Rock eine Seele haben?! - -Nein! so was anzunehmen, müßte einen Mann, wie ich, doch die ganze Unendlichkeit hell und laut auszulachen anfangen!? - Hahahaha! Die Unsterblichkeit eines Rockes wäre noch bei weitem ärger als die Wunderkraft des Leibrockes Christi zu Trier, vom Bischof Arnoldi ausgestellt! - ?! - und doch, und doch, doch, doch! - Wenn ich Seele bin, ist der Rock mit mir hierher gewandert! - ? -

6 Nein, nein, und tausend Male nein; - ich bin keine Seele! - ich bin Robert Blum! - Ich bin der Reichstagsdeputierte in Frankfurt, zur Konstituierung eines einigen Deutschen Reiches! - Welchem Reiche sich Österreich nicht unterwerfen will. - Ich habe es nun hier in der Residenz (Wien) kennen gelernt, was Österreich will; ich weiß es, daß alles Trachten dieses Staates lediglich dahin gerichtet ist, um das eiserne Kleid des alten Absolutismus wieder von neuem anzuziehen! Ich kämpfte wie ein Riese dagegen; aber da die Kanonen des Gegners stärker waren als mein guter Wille, so mußte ich samt meiner gerechtesten Sache dennoch abziehen, ja - nicht nur abziehen, sondern mich auf dem Wege meines Abziehens und Zurückziehens sogar gefangen nehmen, und am Ende sogar wirklich oder doch wenigstens scheinbar totschießen lassen! - Ein schöner Lohn für ein dem wahren Vaterlande treu ergebenes Herz! - - O du verfluchtes Leben, und verflucht, der es mir gegeben! -

7 So es irgend einen Gott gibt? - Welche Freude kann es Ihm denn wohl sein, solch einem mächtigen Wesen, so sich Menschen, die sich unter jeder Zone als wahre Brüder liebevollst verträglich, und voll Geduld gegen einander erweisen sollen, wegen eines Thrones und Zepters, und nun sogar wegen Meinungsverschiedenheiten grausamst erwürgen und totschlagen!? - Daher aber, weil - nun wie gar allezeit so Arges geschieht auf der Erde, und solches doch von einem Gott, der logisch und physisch nichts sein kann als die reinste Liebe nur, nicht ausgehen kann, so gibt es entweder gar keinen Gott, oder - wenn es einen Gott gibt, so ist Er nur ein Erzböser, also nur ein fluchwürdiges Fatum, das die Wesen als ein Spielzeug seiner Launen betrachtet! - Darum noch einmal Fluch jedem Wesen, das Menschen schafft für's leidigste Verderben! -

8 Aber nun nur Ruhe, nicht mehr räsonieren, denn so ich in diesem Nichts auch die über alles erwünschte gänzliche Vernichtung finden will, und so ich stets mit mir selbst rede, so erwecke ich mich dadurch aus der Vernichtung, werde wieder lebend durch die neu erregten Lebenskräfte, und mein Wunsch kann dadurch nicht erfüllt werden! - Daher also nur Ruhe, strenge Ruhe, damit Vernichtung kommt.“ -

Kapitel 6

Bei äußerer Ruhe innere Unruhe, weiterer Monolog über das Leben und das Nichttotsein nach dem Tode, Verzweiflung in der Finsternis, vom Glück des Glaubens. Vom Weib und Kind, und vom Beten

1 Nach diesen Worten wird unser Mann ganz stumm und ruhig mit dem Munde, aber desto rühriger in seinem Herzen, was ihn schon wieder ärgert, da er in dieser Rührigkeit nur desto mehr Leben und ein desto umfassenderes Bewußtsein in sich wahrnimmt. Je ruhiger er wird, desto größer wird auch die innere Regsamkeit; und je mehr er dieselbe unterdrücken will, desto kräftiger tritt sie auf! -

2 Das treibt ihn schon wieder in eine neue Art von Verzweifelung und Zornwut; denn es wird ihm immer einleuchtender, daß er auch auf diese Weise des ihm schon über alles lästigen Lebens nicht los werden kann; daher fängt Robert Blum wieder zu reden an, und spricht:

3 „Nun möchte ich aber in allen Teufels Namen denn doch wissen, was denn in sich das mehr als schweinsdumme Leben ist, daß man seiner nicht loswerden kann!? - Ich habe ja doch Tausende sterben gesehen, - und sie wurden tot, und es blieb auch nicht das leiseste Lebenszeichen mehr übrig, die Verwesung war das vollkommenste Ende ihres Seines!? -Diese können doch unmöglich irgend ein Bewußtsein mehr haben, und sind sonach vollkommen dahin! Oder sollen sie etwa auch gleich mir außer dem Leibe noch ein Leben haben, und zwar gleich diesem meinen?! -

4 Ich kann einmal nicht tot werden? - Wer erhält mir denn dieses lästige Leben?! - - O du, - der du mich hast erschießen lassen, deine Henker müssen mit dem Totmachungshandwerke noch sehr schlecht vertraut sein! -Denn du hast mich nicht totschießen, sondern nur lebendigschießen lassen! - Wenn deine Helfer an allen deinen Feinden solche Effekte, wie an mir bewirken werden, dann erspare dir die Mühe; denn ich sage es dir aus dieser meiner stygischen Nacht: Du wirst deine Feinde erst recht lebendig machen durch dein Pulver und Blei! - Harter Mann, du hast an mir ein großes Unrecht geübt; denn du wolltest mir nehmen, was du mir nicht gegeben und ewig nicht wieder geben kannst; aber wie sehr lache ich dich nun aus; denn ich, den du totmachen wolltest, lebe; du aber, der du zu leben wähnest, bist nur um zehnmal toter als ich, dein erstes Opfer!

5 Es wäre im Grunde alles recht, wenn ich so ein kleinstes Schimmerchen von einem Lichte hätte!? - Aber diese totale Finsternis! - Die solle der Teufel holen! Wenn es irgend auch einen gibt! - ? - - Ich setze den Fall: Wenn ich so in dieser Lage etwa ewig verharren solle?! - O verflucht! - - -

6 Wenn ich etwa doch schon so ein Geist bin? - das wäre wohl eine ganz verteufelte Bescherung! - Nein, das glaube ich aber nicht; ein ewiges Leben kann es ja nicht geben!? - Und doch, - doch kommt es mir schon so hübsch lange vor, seit ich in dieser Finsternis zubringe! - es müssen doch schon so einige Jährchen verflossen sein?! - Nur Licht, Licht! Dann ist alles recht!

7 Ich muß es mir nun offen gestehen, daß es mir nun lieber wäre, so ein recht dummer Kerl zu sein, der an den Gottessohn, an den Himmel, nebenbei freilich auch an den ewigen Tod, an den Teufel und an eine Hölle glaubt, und in solchem Wahnglauben mit - für seine freilich beschränktesten Tugendbegriffe - ruhigen Gewisses stirbt, als daß ich hier mit meiner geläutertsten Vernunft mich in der totalsten Lichtlosigkeit befinde! - Aber was kann ich dafür! - Ich suchte stets die Wahrheit, und glaube, sie auch gefunden zu haben; aber was nützt sie, wenn es in ihr kein Licht gibt!? - Es ist nun einmal also, und so sei und bleibe es auch! -

8 Das Beste bei mir ist und bleibt meine männliche Standhaftigkeit und gänzliche Furchtlosigkeit; denn wäre ich wie so viele tausend andere ein ängstliches und furchtsames Wesen, so müßte ich in diesem Zustande notwendig in die allertiefste Verzweiflung geraten! - aber so ist mir nun schon alles eins! -

9 Mein Weib und meine Kinder fangen in meinem Herzen freilich sich nun auch ein wenig zu rühren an; - die Armen werden wohl Traurigkeit um mich haben, und einen großen Kummer! - ? - Aber - was kann ich in dieser Lage für sie tun?! -Nichts, gar nichts! - Beten, das könnte ich freilich, und hätte Zeit genug dazu! - Aber zu wem, und um was, und zu welchem Nutzen?! - Der beste Wunsch ist für sie alle ohnehin tiefst in meinem Herzen ein wahres und bestes Gebet, das ihnen sicher nicht schadet, so es ihnen auch nichts helfen kann; ein anderes Gebet aber kenne ich nicht, außer die wohlbekannten römischen „Vater unser“ und „Ave Maria's“, und wie noch eine Menge anderer Mund- und Zungenwetzereien heißen! - für diese aber würde sich meine gute und gebildete Familie sicher sehr erstaunt bedanken, so sie inne werden könnte, daß ich so was für ihr Heil, gleich einem Tollhäusler täte! - Doch, sie kann es ja unmöglich je erfahren, was ich hier tue?!“ -

Kapitel 7

Fortsetzung des Selbstgespräches über das Gebet: Vaterunser, bringt einen warmen Zug zu Jesus. Ein Blitz gibt ihm nun zu denken und zu philosophieren, als er wieder an Jesus denkt, neues Blitzen

1 Robert Blum spricht weiter: „Das sogenannte Vaterunser ist unter allen Gebetsformeln wohl die beste! Denn also hat der weise Lehrer Jesus seine Schüler beten gelehret; leider ist dies Gebet noch nie ganz verstanden worden, da man es meistens blind für alle Fälle und Bedürfnisse vorbrachte, während es doch nur eine rein weltliche (?) engst zusammengefaßte Aufzählung der Hauptbedürfnisse jedes Menschen ist, die sich der Mensch oft vorsagen solle, um über sich und seine Bedürfnisse stets im Klaren zu sein; aber die Römischen legen in diese Gebetsformel statt der Wahrheit nur eine gewisse läppische agathodämonisch (Familien-Göttersegen) magische Kraft, und gebrauchen sie als eine geistig-sympathetische Universalmedizin (geheime Gefühlswirkung) gegen alle Übel, auch wider die Krankheiten der Tiere! - und das erscheint mir denn doch unmöglich! Das Vaterunser ist an und für sich sicher ein sehr würdevolles Gebet; aber freilich nur im rechten Sinne - und nur als das, was es ist; aber in der Art, als es die Römlinge und auch Protestanten gebrauchen, der barste Unsinn! - Ja, ja, der barste Unsinn!

2 O du guter Lehrer und Meister Jesus! Wenn Dein Los etwa auch dem meinen gleicht, so wirst Du in solch einem Bestande nach Deiner schnödesten Hinrichtung wohl auch schon sicher hübsch oft bereuet haben, den argen Menschen so viel Gutes getan zu haben?! - Beinahe 2.000 Jahre in solcher Nacht? - O Edelster! - das muß sehr hart sein?!“ -

3 Als unser Mann den Namen Jesus so recht teilnehmend und sehr ehrend ausspricht, da fährt ein starker Blitz vom Aufgange bis zum Niedergange, worüber unser Freiheitsapostel sehr erschrickt, zugleich aber doch auch eine große Freude empfindet, da er dadurch die Überzeugung überkommen hat, daß er nicht blind ist.

4 Zugleich aber fängt er an auch nachzudenken, was denn etwa doch die Ursache dieses sehr hellen Blitzes war? Er denkt nun hin und her, und auf und ab; er geht alle ihm bekannten Gründe zur Erweckung der Elektrizität durch; aber er findet hier nichts zur genügenden Erklärung dieser ersten Lichterscheinung in diesem seinen für ihn noch immer unbegreiflichen Zustande; denn, denkt er bei sich, zur Erweckung der Elektrizität müssen die notwendigen natürlichen Bedingung vorhanden sein, als da sind - die mit Sauerstoff gefüllte athmosphärische Luft, und in ihr - negativ elektrische Körper, entweder flüssig oder auch hart; hier im Reiche des reinsten und absolutesten Nichts aber kann doch sowohl vom einen wie vom anderen nicht die Rede sein; denn wo nichts ist, da ist vollkommen Nichts, da der Begriff Nichts logisch richtig jedes wesentliche Sein gänzlich ausschließt! Freilich befinde ich mich, als ein sich selbst nur zu klar bewußtes Wesen, in der Mitte dieses Nichtses, und bin somit ein bestimmtes Etwas in diesem Nichts; aber das hebt das mich umfassende Nichts nicht auf, Nichts zu sein; denn Nichts und Etwas können sehr gut nebeneinander gedacht werden, und somit auch bestehen!?

5 Aber - jetzt geht mir ein neues Gedankenlicht auf! - - Ja, ja, so ist es! - - - O du herrliche echtdeutsche Philosophie, du unversiegbarer Born der wahren Weisheit; du bringst jedem das rechte Licht, der dich, wie ich, mit aller Glut und Liebe ergreift, und dich in allen noch so sonderbaren Lebenszuständen als einzigen und verläßlichsten Ratgeber und Wegweiser benützest! - Schau, wie geschwind habe ich nun mit deiner Hilfe diesen gordischen Knoten gelöset!? -

6 Wo im Reiche des Nichts ein individuelles Sein sich vorfindet, da können ja im selben Nichtse sich irgend noch eine Menge anderer, entweder homogene oder anders geartete Seins vorfinden!? und so können außer diesem meinem Sein sich noch eine Menge allerartiger Wesenheiten befinden, die zur Erweckung der Elektrizität tauglich sind, ohne das eigentlich uns alle umfassende Nichts nur im geringsten zu beeinträchtigen. Bravo, so ist's gut, - und ich weiß es nun, daß es außer mir in dieser Nacht des Nichts doch noch wie immer geartete und gestaltete wesenhafte Nachbarn gibt. Ich bin somit durchaus nicht gar so ganz allein hier, als wie ich's mir schon jetzt eine leider sehr geraume Zeit vorgestellet habe!? - O das ist gut; das ist sehr gut! -

7 O, wenn ich nur schon früher mich so recht ernstlich der deutschen Philosophie in die Arme geworfen hätte, da stände ich sicher schon auf einem ganz anderen Boden, als wie ich nun stehe; aber ich Dummkopf verlor mich am Ende in eine kleinlich läppische Gebetskritik und in ein leeres und nutzloses Bedauern des großen, weisen und edelsten Völkerlehrers Jesus, und ver . . . !“ - -

8 Hier blitzt es wieder, und diesmal noch stärker als zuvor. - Unser Mann ist nahe außer sich vor Schreck und Verwunderung, und kann sich gar nicht fassen über dieses für ihn unbegreiflich intensivste, aber freilich nur kurz andauernde Licht! Es kam ihm dabei auch vor, als so er in einer weiten Entfernung bestimmte Umrisse von allerlei ihm bekannten Gegenständen gesehen hätte; aber ihre Beleuchtung dauerte zu kurz, als daß er sie bestimmt ausnehmen und näher bestimmen hätte können!? -

9 Nach einer langen stummen Ruhe konnte er erst wieder seine Gedanken wahrnehmen, und selbe auch nach und nach tiefer zu fassen anfangen. Sein erster wieder etwas geordneter Gedanke war folgender: „Aha, aha, nun weiß ich's erst, woran ich bin; dieses Blitzen deutet auf ein starkes Gewitter, das sich nun in der Nacht über Wien hermachen wird; ich erwache nun nach und nach aus meiner durch die Todesangst erregten großen Betäubung, kehre nun wieder ganz sachte in's Leben zurück; wahrscheinlich hilft diese vom elekrischen Fluidum sehr schwangere Luft mir dazu, und ich werde unter Blitz, Donner und Hagel wieder in's Leben zurückkehren! Donnern höre ich es zwar noch nicht; aber das Wetter kann auch noch sehr weit von hier stehen; es hat wohl sehr stark geblitzt, und der Donner könnte jetzt wohl schon, wenn auch sehr dumpf, da sein!

10 Aber kann es denn nicht sein, daß ich auch taub bin?! -Meine Gedanken vernehme ich freilich wie Worte; aber das ist noch kein Beweis, daß ich darum im Vollgebrauche meiner Gehörsorgane bin! Vielleicht komme ich bei dieser Gelegenheit auch zu meinem Gehöre wieder?! - Freilich, das sonderbare Gefühl des mich umgebenden Nichts kann ich mir auf dem natürlichen Wege noch durchaus nicht erklären; aber was liegt da daran; ich bin einmal da, und habe es nun zweimal blitzen gesehen, Beweis, daß ich nicht blind bin; wer weiß, ob das nicht alles die Wirkung des drohenden schwersten Gewitters ist; daher lasse ich das Wetter einmal loskrachen und vorüberziehen, da wird es sich dann schon zeigen, ob ich noch so verbleiben werde, als wie ich jetzt bestellet bin!

11 Freilich dauert schon dieser Stand hübsch lange; nach meinem Gefühle könnten es auch schon bei 100 Jahre sein; aber das wird eine bloße Gefühlstäuschung sein? - ! - Ja, ja, bloß eine Gefühlstäuschung! Denn, wenn man in einer gewissen Betäubung - besonders in solch' einer wesenlosen -dahin schmachtet, da muß ja aus einer Minute ein Jahr werden! - Ja, ja, so wird es sein; ja, so ist es auch! - Wenn es nur bald wieder blitzete, und nachher aber auch ein wenig donnerte! - Aber die Blitze lassen sich Zeit!?“ - -

Kapitel 8

Fortsetzung des sonderbaren Selbstgespräches. Robert Blum sehnt sich nach dem Tod. Bewußtsein des Lebens, neue Racheregungen, Lob des Deutschtums, etwas vom Vergeben, und damit Erleichterung, seine Gedanken wenden sich zu Jesus und dabei blitzt es erneut

Am 10. Dezember 1848

1 Robert Blum: „Oder, - sonderbarer Einfall, - sage noch einmal oder, oder, oder, und noch einmal oder - - sollen -etwa - diese - zwei Blitze - bloß in meiner Phantasie vorgekommen sein, und zeigen sie vielleicht an, daß es mit mir in diesem Nichts nun bald völlig zu Ende sein werde?! - Ja, ja, es kann auch so was sein; denn da ich nun dies armselige Leben so ein wenig hab' lieb zu gewinnen anfangen, da wird es sicher bald gar sein mit ihm!? Das ist ja schon eine gar uralte Weisheitsregel, daß derjenige sein Leben am leichtesten, am ehesten verliert, der es liebt; - man rufe nur den Tod, und wünsche ihn sehnlichst, da kommt er sicher nicht; fürchtet man sich aber vor ihm, und wünschet es von ganzem Herzen, daß er noch sehr lange ausbleiben möchte, da kommt er aber auch sicher am ehesten! - Daher muß ich schon wieder nach dem völligen Tode zu seufzen und meine baldigste und vollste Vernichtung aus allen meinen noch vorhandenen Kräften zu wünschen und zu begehren anfangen, so darf ich vollends sicher sein, daß mich der wahre Tod noch nicht gar zu bald beim Kragen haben wird!

2 Wahrlich, das ist ein recht guter alter Spruch! - „Wer das Leben liebt, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verachtet, der wird es erhalten!“ - Bei mir ist das nun schon einmal der Fall; denn nur aus der allermännlichsten Lebensverachtung habe ich, aus Liebe zu allen meinen deutschen Brüdern, mich in die größten Gefahren begeben; wurde da von blinden Häschern aufgegriffen und höchst wahrscheinlich am Ende denn doch durch Pulver und Blei hierher befördert!? - Windischgrätz meinte sicher, daß er mich hingerichtet hat!? - Aber - ich lebe; ich Robertus Blum lebe, lebe dir zum Gerichte, dir und deiner Dynastie zum Untergange! -

3 Freilich bin ich jetzt noch ohnmächtig; aber es sagt mir ein inneres Gefühl: Robert, du wirst bald stark und mächtig werden, zu sühnen dein ehrlich und deutsches Blut an diesen gemeinsten Mördern und Henkern! - Ja, ja, ja, Robert, du wirst wieder stark, sehr stark wirst du! Als du lebtest auf der Erde tückischem Boden, da warst du nur einfach in dir selbst zu Hause; nun aber lebest du in Millionen Herzen deiner Brüder, und lebest in dir selbst auch noch in der Wirklichkeit! Daher zage nicht, Robert! du wirst noch sehr stark und mächtig werden! -

4 Freilich wäre es besser, wenn ich schon jetzt stark wäre, wo noch mein Zorndurst und Rachedurst in der vollsten Glut sich befindet; denn jetzt könnte ich wohl mit der größten Kälte für jedes Härchen meines Hauptes 10.000 Jahre meine Mörder auf das allerfurchtbarst Schrecklichste martern sehen; aber so sich etwa nach und nach in dieser Nacht mein Zorn und meine Rache legen sollen, und ich darauf erst erstarken solle, da bleibe ich schon lieber in meiner gegenwärtigen Schwäche stecken und will an meiner Statt das Fatum walten lassen. - -

5 Es ist überhaupt merkwürdig, daß ich nun meinen doch allergerechtesten Zorn und mein Rachegefühl nicht halten kann! - Es umwandelt sich machmal ganz in eine Art von großmütiger Vergebung, was mich sehr ärgert, da mein Gefühl einen solchen Charakter annimmt. Aber im Grunde, wenn ich so die Sache recht fasse, ist das denn doch eigentlich wieder deutsch, ja echt deutsch ist das; denn nur dem Deutschen ist es eigen, ja dem großen Deutschen nur! -Nur der Deutsche kann vergeben! - und das ist auch eine große und herrliche Tugend, die den edelsten Seelen nur eigen ist; und das sind deutsche Seelen, große deutsche Seelen!

6 Wer kann zu seinem Mörder sagen: „Freud! du hast Übles an mir getan; aber ich vergebe es dir vom Grunde meines Lebens!“ - Das kann nur ein Deutscher; das kann Robert! - Ja, Robert kann es nicht nur, - er tut es auch! -Bruder Alfred, der du mich hast schändlich ermorden lassen, ich vergebe es dir, und will an dir ewig keine Rache nehmen, und könnte ich sie auch tausendfach! Ja, höre es ganz Deutschland! Der Robert, euer einziger Robert, hat seinem, und also auch deinem Feinde Alfred die Untat vergeben! -

7 Ach, nun ist's mir auf einmal leichter! - Hm, ja, ich bewundere nun selbst meine Größe, und das ist ein großes Labsal für mich; zwar sagt die Mythe das wohl von dem großen Völkerlehrer, der auch am Kreuze seinen Feinden alle ihre Untat vergab; aber es war in ihm sicher auch eine echt deutsche Seele zu Hause, sonst wäre er solcher Charaktergröße wohl kaum fähig gewesen; denn den Orientalen ist so eine Großmut wohl nie eigen gewesen! Ja, ja, der große Lehrer Jesus - war auch ein Deutscher!“ -

8 Bei Nennung des Namens Jesus fährt wieder ein mächtigster Blitz vom Aufgange bis zum Niedergange und läßt nach dem Untergange einen leuchtenden, bleibenden Schimmer eines eigens graulichen Leuchtens zurück, was unseren Robert sehr befremdet, und er nun schon wieder mit seiner früheren Gewittererwartung sozusagen ganz breit geschlagen ist.

Kapitel 9

Weiteres Selbstgespräch über seine Atmosphäre. Es dämmert außerhalb und in ihm, daß er gestorben; beginnt die Hohlheit der Philosophie zu erkennen. Lob des Blindglaubens. Von seiner Todesangst und vom Wert des Glaubens

Am 13. Dezember 1848

1 Gar sorglichst aufmerksam betrachtet Robert Blum den nachhaltigen Schimmer und weiß nicht, was er daraus machen solle; - nach einer Weile kommt er aus seiner Überraschung gewisserart wieder zu sich, und fängt wieder nüchterner über diese Erscheinung zu denken an, und sagt bei sich selbst:

2 „Es ist am Ende doch noch ein Wetter, dessen Gewölke sich nun nach dem dritten Blitze auf einer Seite ein wenig zu lichten anfängt; nur eines geht mir dabei nicht so ganz ein, und das ist, daß ich erst jetzt, da ich meine Umgebung etwas besser ausnehme, recht klar gewahr werde, daß ich mich ganz vollkommen gleich einem Vogel in freier Luft oder im freiesten Äther ohne aller Unterlage befinde; es hätte solch' ein Zustand in der frühern derbsten Nacht wohl noch als ein Gefühlstrug können angenommen werden; aber nun ist es kein Trug mehr, sondern volle Wahrheit.

3 Jetzt wenigstens wird es mir wohl klar, daß ich dem Leibe nach wirklich gestorben bin, da man doch unmöglich annehmen kann, daß sich ein schwerer Leib so lange im Luftraume oder Ätherraume frei schwebend halten könnte; -ich sehe aber auch außer mir nichts; weder unter mir, noch ober mir ist irgend etwas Gegenständliches wahrzunehmen; ich muß mich sonach sehr ferne von irgend einem Weltkörper befinden!? - hm, sonderbar, sonderbar! -

4 O Hegel, o Strauß, o Ronge! - eure Weisheit scheint hier sehr stark Schiffbruch zu leiden! - Wo ist eure allgemeine Weltseele, in die nach des Leibes Auflösung der Mensch übergehen solle?! - Wo ist der im Menschen auftauchende Gott, und wo sein sich seiner selbst bewußt werden im Menschen? - Ich bin gestorben, bin nun hier so ganz in der allerohnmächtigsten Alleinheit, wie nur irgend eine vollkommenste Alleinheit sich denken und vorstellen läßt; da ist keine Spur von irgend einer auftauchenden Gottheit, und eben so wenig irgend ein Übergang meines Wesens in das allgemeine Weltseelentum wahrzunehmen!

5 O ihr eingebildeten menschenfreundlichen Weltweisen, eure Sehe hat sehr trüb gesehen, und wird noch trüber sehen; denn von solch' einem Befinden nach des Leibes Tode habt ihr wohl noch nie die allerleiseste Ahnung gehabt, kurz und gut, ihr habt mich betrogen und werdet noch viele betrügen; aber es sei euch alles vergeben, da ihr ja auch Deutsche seid; wüßtet ihr etwas besseres und der Wahrheit gemäßeres, so würdet ihr, als echte Deutsche, es euren Jüngern auch sicher nicht vorenthalten haben!? - Aber da ihr dessen nicht fähig seid, so gebet ihr, was ihr habt, und das ist wenigstens redlich gehandelt!

6 Freilich wohl nützt dem Menschen hier eure Redlichkeit eben nicht gar besonders oder auch gar nicht; aber das macht auch eben nichts, da es im Grunde genug getan ist, die Menschheit bloß irdisch, materiellerseits in einer gewissen Ordnung zu erhalten. Was aber dieses oft bezweifelte Leben nach des Leibes Tode betrifft, - vorausgesetzt, daß höchst wahrscheinlich sich jedwedes Menschenleben dem meinen gleich gestaltet, - so braucht es da sicher keine Gesetze mehr; denn welche Verpflichtungen könnten mir nun noch mehr obliegen? - Sicher keine andere als die eines Wölkchens in der Luft, das die Winde treiben, wohin sie gehen! Hätte ich nun die Weisheit Salomons und die Stärke Goliaths, wozu wohl könnten sie mir dienen?! -

7 Darum wäre es wahrlich besser, in dem finstersten Aberglauben Roms zu leben und zu sterben, da man wenigstens im blinden Glauben seinen Leib ablegte, nach dessen Abfalle entweder gut oder schlecht der Seele nach fort zu leben des Glaubens wäre, und sonach auch dem Tode leichter in's Angesicht schauen könnte, als daß man als ein Rongeanischer Puritaner mit des Leibes Tode alles Leben für ewig zu verlieren wähnt, und sich somit vor dem Tode auch ganz gräßlich entsetzlich fürchten muß, wie es bei mir seligen Angedenkens der schaudervollste Fall war! O Himmel! - lieber ewig in dieser wesenlosen Leere schmachten, als noch einmal solch' eine Todesangst auszustehen! - -

8 Darum Lehrer, ihr Lehrer! lehret euren Jüngern glauben, und sie werden glücklicher sterben, als wie ich mit aller meiner Vernunftstärke gestorben bin! Nun wird es mir auch klar, warum der große Meisterlehrer seinen Jüngern stets nur den Glauben an's Herz legte!“

Kapitel 10

Seine Gedanken kreisen um das Leben und Wirken von Jesus sowie von der Ähnlichkeit seines Schicksal mit Schicksal von Jesus. Phanthasien über den Bildungsgang von Jesus. Ein Blitz gibt ihm neuen Mut; er sieht heller. Er beginnt an Gott zu glauben. Der Zug zu Jesus wächst

1 Robert Blum: „Dieser weiseste Lehrer der Völker ward gleich mir aus dem Schoße dürftiger Eltern zur Welt geboren, und mußte sich höchst wahrscheinlich nur sehr mühsam und unter allen möglichen Entbehrungen auf den Standpunkt der höchsten moralischen Weisheitshöhe gehoben haben, wonebst er auch noch neben der überverschrobenen jüdischen Pristerschaft gar manche Verfolgungen durch sein ganzes Leben sich hat müssen gefallen lassen! O - es mußte für ihn ganz enorm schwer gewesen sein, sich unter den hartnäckigsten Mosaiten und Aroniten, in deren Kopfe und Herzen eine überstygische Nacht zu Hause sein mußte, zu solcher Weisheit emporzuschwingen!?

2 Wahrscheilich ist er einmal als ein armer Teufel entweder mit seinen ebenso armen Eltern, die im Vaterlande kein Eigentum und sicher auch wenig Arbeit und Verdienst hatten oder mit einer anderen Karawane nach Ägypten gekommen, und hat dort durch seine großen angeborenen Talente die Aufmerksamkeit irgend eines großen Weisen auf sich gezogen, der ihn dann in seine Schule nahm, und ihn in alle Geheimnisse der tiefsten Weisheit einweihte? Aus deren Besitze und aus deren weiser Anwendung er dann bei seinen allerdümmsten Landsleuten die größte Sensation erregen mußte; oder er kam in die Schule der Essäer? Die damals die Quintessenz aller Weisheit besaßen, die nur irgendwo auf der damals bekannten Erde zu Hause war! - Wodurch er dann aber natürlich auch vor den blinden Juden nahe als ein Gott dastehen mußte, der armen Menschheit zum größten Troste, wenn schon der überreichen und hochmütigsten Pristerschaft zum größten Ärger! -

3 O! es lacht mir noch jetzt das Herz, wenn ich daran denke, wie er bei den verschiedensten Anlässen die gesamte hohe - Pristerschaft doch manchmal auf eine Art hingestellt hat, daß sie darob nicht selten vor Ärger hätte zerbersten mögen! Leider ward er am Ende ein Opfer seines zu großen Mutes, und der zu tückischen Niederträchtigkeit der mit Silber, Gold und Edelsteinen verbrämten Tempelbestien.

4 Aber - erging es mir etwa besser?! - o nein! - auch ich bin ein Märtyrer für meine edelsten Bestrebungen geworden; ich wollte die Menschheit von den alten Sklavenketten befreien, und mein Lohn dafür war - der schnödeste Tod in der schönen - Brigittenau! Es ist wahrlich rein des Teufels um die gesamte Menschheit; ihre größten Freunde tötet sie, und ihren niedrigsten abgefeimtesten Feinden bringt sie Vivats und Triumphzüge unter Musiklobgesang und Fackelglanz!

5 Aber es sei nun, wie es ist, ich bin nun von allem erlöset, und zwar mit dem aus aller Weltgeschichte überzeugenden Bewußtsein, daß es allen großen Völkerwohltätern nicht um ein Haar besser gegangen ist, als mir, der ich trotz meines guten Willens doch noch lange kein Jesus bin!“

6 Bei der Nennung dieses Namens fährt schon wieder ein mächtigster Blitz, und zwar diesmal sehr nahe am Robert vorüber, und hinterläßt diesmal schon eine Art Abenddämmerung, so daß unser Mann nun seine ganze Form recht gut ausnehmen kann, wie auch gegen Abend hin etwas von einer dunstigen Gegend, ohne dabei seinen freiesten Zustand in der Luft als freischwebend zu verlassen.

7 Obschon ihn aber der Blitz auch diesmal sehr überrascht, so erschreckt Robert Blum sich davor aber nicht mehr, sondern fängt sogleich mit bedeutender Ruhe darüber nachzudenken an, und spricht sogleich bei sich selbst: „Wahrlich, im höchsten Grade merkwürdig! - Nun fuhr der Blitz mir ja sozusagen durch den Leib, und ich empfand dabei nichts als zum ersten Male ein ganz überaus wohltuendes Lüfterl, und fühle mich nun darauf ganz außergewöhnlich gestärkt; und da dieser Blitz einen noch stärkeren Lichtschimmer zurückließ als der frühere, so tut das meinem Herzen und meinen Augen um so mehr wohl, wie auch, daß ich darf, sicher gegen Abend, wie es mir vorkommt, eine Art sehr dunstiger Gegend erschauen, was mich um so mehr überzeugt, daß ich vollernstlich in der freiesten Luft schwebe! Auch kann ich nun meine Füße, Hände, und siehe da, auch meine Kleidung, wie ich sie am Richtplatze anhatte, vollkommen gut ausnehmen!

8 O - wer auf der Erde würde nicht über Hals und Kopf zu lachen anfangen, so man ihm sagte, daß nach dem Abfalle des Leibes nicht nur die Seele unter der früheren irdischen Menschengestalt, sondern auch im vollsten Ernste des Leibes Kleidung unsterblich ist!?

9 Der große Shakespeare hatte wahrlich recht, da er sagte: Zwischen dem Monde und der Sonne geschehen Dinge, von denen sich die menschliche Weisheit noch nie hatte etwas träumen lassen, - und o Shakespeare, zu diesen Dingen gehört die Unsterblichkeit irdischer Leibesbekleidungen! -Und - da scheint eine ganz sonderbare Fügung dabei obzuwalten; - gerade mein Siegeskleid, das Kleid der höchsten Schande in den Augen meiner Feinde, ist mit mir erhöhet zur höchsten Freiheit! - Ja - das kann nur ein liebevollster und gerechtester Gott also fügen! - Nun glaube ich aber auch, zur Beschämung Hegels und Straußs, daß es einen wahrhaftigen Gott gibt, der es ewig nicht nötig hat, erst bei Hegel und Strauß anzufragen, ob Er da sein darf und kann, auch ohne Hegel und Strauß!?

10 Etwas sonderbar aber kommt es mir doch vor, daß es, so oft ich den Namen des großen Morgenländers nannte, (es) auch eben so oft geblitzet hat! - Sollte etwa auch an seiner mehr als menschlischen Gottessohnschaft doch im Ernste etwas daran sein?

11 Wenn Röcke sogar unsterblich sind! da kann es mit Jesus - aha, aha, hat richtig wieder geblitzt, und das stärker nun als die früheren Male; sonderbar! Sonderbar!“ - -

Kapitel 11

Er denkt zu seinem Heil mit Wärme und Sehnsucht an Jesus und die Erlösung kommt näher

1 Robert Blum: „Sollte auch er etwa mir gleich irgendwo in dieser Freie sich befinden, und korrespondiert nun mit mir, als einem Manne ungefähr seinesgleichen, auf diese ganz unschädliche elektrische Art und Weise, die ihm für diese Welt noch eigen geblieben ist? - Ja, ja! denn er solle besonders im Fache der ägyptischen natürlichen Magie, und das hauptsächlich durch die Kenntnis der innersten Naturkräfte einer der erfahrensten Männer gewesen sein, daraus auch seine durch die Zeit freilich schon sehr entstellten sogenannten Wundertaten sehr wohl zu erklären sein dürften, besonders so die über alles Vieh dümmsten Osmanen die große Bibliothek zu Alexandria nicht verbrannt hätten!?

2 Ja, ja, wie mir meine Hegelsche und Rongeanische Weisheit unbeschadet geblieben ist, so ist auch ihm sein großer Weisheitsschatz geblieben, aus dem heraus, und mit dessen unschätzbarer Hilfe er mir nun durch Blitze kund tut, daß er sich irgend in meiner Nähe befindet, und vielleicht ebenso den Wunsch hat, in dieser Leere irgend ein Wesen zu treffen, dem er sich mitteilen könnte!? Es muß kein Spaß sein, mit dem gewecktesten Geiste von der Welt 1800 und dazu noch etliche 40 Jahre sich bloß mit seiner höchst eigenen Gesellschaft begnügen zu müssen, und das als einer der größten Menschenfreunde! O edelster, bester und größter Menschenfreund! wohl bin ich deiner Größe gegenüber nicht wert, dir die Schuhriemen aufzulösen; aber was nützt hier alle irdische Größe! Da verschwindet wahrlich aller irdischer Glanz und alle irdische Berühmheit! -

3 Dein Name, wie für die Folge irdischer Zeiten auch der meinige, werden wohl noch lange auf der Erde fortklingen, und werden gelobt und gerühmt und bewundert werden; aber was haben wir beide davon?! Wir können uns hier in der endlosen Wesenleere bloß durch eine eigene Art elektrischer Blitztelgraphen andeuten, daß wir beide uns hier, vielleicht nicht gar zu ferne abstehend von einander befinden.

4 O wenn es doch möglich wäre, daß wir uns einander nahen könnten, wahrlich unsere Gesellschaft genügte uns für ewig! - Zwei große sich in allem höchst verwandt fühlende Seelen würden wohl für ewig nie des herrlichsten Besprechungsstoffes ermangeln und sich dadurch auf die herrlichste und alleranziehendste Weise die Zeit oder auch die Ewigkeit sehr verkürzen und köstlichst würzen!? - - Aber was nützt da auch der beste Wunsch?! - Wer soll, wer kann ihn realisieren?!

5 So wie wir beide, schweben auch vielleicht noch zahllose andere Wesen? Die Weltkörper sind vielleicht ursprünglich auch das gewesen, was wir nun sind?! - Nach Trillionen von Erdjahren haben sich zahllose Atome um sie angesammelt, und so sind aus ihnen am Ende ganze Weltkörper entstanden, in deren Mitte noch dieselben Geister und Seelen wohnen, um die sich durch die Ansammlung der Ätheratome ganze Welten gestaltet haben! Vielleicht bist Du, mein großer Freund, auch seit nahe 2.000 Jahren schon so ein kleines Kometchen geworden, und kannst aus deiner eigenen Dunstsphäre schon Blitze erwecken?! Es wird bei mir noch sicher sehr viel Geduld brauchen, bis ich nur einmal einige Meter Dunstatmosphäre um mich angesammelt haben werde?

6 Vielleicht bist du gar dort, wo ich nun gegen Abend hin wie eine Art sehr dunstiger Gegend ausnehme?! Vielleicht werde ich einmal, wenn Du schon ein reifer Planet sein wirst, ein Trabant von Dir sein? Oder so du etwa gar zu einer Sonne wirst, freilich erst nach endlos vielen Dezillionen Erdjahren, da kann ich vielleicht auch dein allernächster Planet wie Merkur werden!? -

7 Das sind wohl freilich sehr weit hinausgeschobene Hoffnungen; aber was kann man dagegen tun? Nichts, als alles in der Geduld abwarten. Auf der Erde mußten einen zeitliche Hoffnungen aufrichten, so es jemandem zu schlecht ging; hier im Reiche der Ewigkeit muß man sich dagegen denn auch mit ewigen Hoffnungen trösten, so man vor der entsetzlichsten Langeweile nicht in die barste Verzweiflung übergehen will! - -

8 Aber da sieh, da sieh, mein Auge! Jene dunstige, tief unter mir ersichtliche sonderbare Gegend wird nun etwas heller, und es scheint auch, als so sie mir näher käme!? O das wäre sehr charmant! - Das ist schon so, wie ich es mir früher gedacht habe!

9 Mein großer Freund Jesus - aha, aha - hat schon wieder geblitzt; allein das macht nichts; was habe ich denn früher sagen wollen? Ja, ja, jetzt habe ich es schon wieder; mein großer Freund, der nun schon wahrscheinlich so zu einer kleinen Kometenwelt angewachsen ist, hat meinen sehnlichsten Wunsch vernommen und bietet nun alles auf, um zu mir zu kommen; und so er zu mir kommen kann, da wird er mich sicher zu sich in seine junge Weltmitte ziehen, wird auf diese Art die Anziehungskraft der äußeren Ätheratome verstärken und somit desto eher und leichter zu einer Vollwelt anwachsen!? Ja, vielleicht hat er auch schon eine größere Menge ihm verwandter Wesen bei und um sich?! Das kann sehr leicht sein; denn Wesen, wie ich, hat es schon manche gegeben!

10 Kann Er mich nun anziehen, so hat Er auch alle seine Nachfolger, die vor mir den wahren Kreuzweg durchgemacht haben, auf eine gleiche Weise angezogen! und so könnte ich nun auch schon eine ganz große Gesellschaft um ihn antreffen?! Und so das der Fall wäre, o welch ein Vergnügen wäre das für mich! -

11 Und siehe, siehe, aus dieser Sache scheint einmal endlich doch ernstlich etwas werden zu wollen!? Die sonderbare Gegend kommt mir richtig stets näher und näher und wird dabei auch stets um etwas heller, und wie es mir vorkommt, auch etwas deutlicher!? Ich nehme nun schon wirklich etwas aus, das so ungefähr einem kleinen Berge gleich sieht, umgeben mit mehreren kleinen Hügelchen! -Gott Lob, Gott Lob! auf diese Art komme ich vielleicht doch mit der Weile und mit der rechten Geduld endlich einmal auf irgend einen festeren Grund!?“ -