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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Ist das schön! Einfach wunderschön! Schau nur, Thomas! Das Dorf mit seinen schmucken Häusern, die sich um die Kirche mit dem Zwiebelturm gruppieren! Wie eine Herde, die sich um ihren Hirten schart! Und die Berge! Vor allem die beiden Gipfel, die aussehen, als wären sie Zwillinge! Phantastisch … Thomas, warum sagst du denn nichts? Das muss dir doch auch gefallen!« Saskia Wenger tippte ihrem Partner auf die Schulter, doch Thomas ließ ein unwilliges Brummen vernehmen. »Lass mich! Ich muss mich auf den Verkehr konzentrieren! Oder willst du, dass ich einen Auffahrunfall verursache!« Saskia versank unwillkürlich ein Stück tiefer im Beifahrersitz. »Natürlich nicht. Aber … aber du könntest seitlich ranfahren, Thomas. Dann hast du Zeit, dich ein wenig umzuschauen«, schlug sie beinahe schüchtern vor. »Es lohnt sich! Es ist wirklich schön hier!« »Schön, schön, schön«, äffte Thomas Wolff sie nach. »Als ob ich mir nichts, dir nichts aus der Autokolonne ausscheren könnte! Wie soll ich mich dann wieder in die Blechlawine einreihen? Wir müssen nach Wien. Und zwar so schnell wie möglich. Schon vergessen? Ich habe keine Zeit, eine Ewigkeit zu warten, bis irgendjemand mich aus Gnad und Barmherzigkeit einfädeln lässt. « Saskia sagte nichts mehr. Verträumt ließ sie ihre Blicke wieder durch die Gegend schweifen. ›St. Johann‹, las sie auf dem Ortsschild, an dem sie soeben im Schritttempo vorbeifuhren. Allein schon der Name gefiel ihr. Er hatte etwas Heimeliges, Vertrautes. Irgendwie klang er nach Tradition, nach Geborgenheit und nach einem Stück heiler Welt. Der Ort selbst verstärkte, aus der Nähe besehen, Saskias Eindruck noch: Die Häuser
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Seitenzahl: 117
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»Ist das schön! Einfach wunderschön! Schau nur, Thomas! Das Dorf mit seinen schmucken Häusern, die sich um die Kirche mit dem Zwiebelturm gruppieren! Wie eine Herde, die sich um ihren Hirten schart! Und die Berge! Vor allem die beiden Gipfel, die aussehen, als wären sie Zwillinge! Phantastisch … Thomas, warum sagst du denn nichts? Das muss dir doch auch gefallen!«
Saskia Wenger tippte ihrem Partner auf die Schulter, doch Thomas ließ ein unwilliges Brummen vernehmen. »Lass mich! Ich muss mich auf den Verkehr konzentrieren! Oder willst du, dass ich einen Auffahrunfall verursache!«
Saskia versank unwillkürlich ein Stück tiefer im Beifahrersitz. »Natürlich nicht. Aber … aber du könntest seitlich ranfahren, Thomas. Dann hast du Zeit, dich ein wenig umzuschauen«, schlug sie beinahe schüchtern vor. »Es lohnt sich! Es ist wirklich schön hier!«
»Schön, schön, schön«, äffte Thomas Wolff sie nach. »Als ob ich mir nichts, dir nichts aus der Autokolonne ausscheren könnte! Wie soll ich mich dann wieder in die Blechlawine einreihen? Wir müssen nach Wien. Und zwar so schnell wie möglich. Schon vergessen? Ich habe keine Zeit, eine Ewigkeit zu warten, bis irgendjemand mich aus Gnad und Barmherzigkeit einfädeln lässt. «
Saskia sagte nichts mehr. Verträumt ließ sie ihre Blicke wieder durch die Gegend schweifen.
›St. Johann‹, las sie auf dem Ortsschild, an dem sie soeben im Schritttempo vorbeifuhren. Allein schon der Name gefiel ihr. Er hatte etwas Heimeliges, Vertrautes. Irgendwie klang er nach Tradition, nach Geborgenheit und nach einem Stück heiler Welt.
Der Ort selbst verstärkte, aus der Nähe besehen, Saskias Eindruck noch: Die Häuser waren mit Lüftlmalereien verziert, und an ihren Balkonen hingen Blumenkästen mit üppig blühenden Geranien. Auf den Gehwegen flanierten neben Touristen mit Fotoapparaten Einheimische, die Dirndl und Trachtenanzug trugen. Der Platz vor der Kirche war sauber und gepflegt, die Gardinen am Pfarrhaus blendend weiß …
»Schau, Thomas, der Biergarten da drüben! Ein richtiger bayerischer Biergarten unter wunderschönen Kastanienbäumen! Wir könnten da zu Mittag essen! Bestimmt gibt es Spezialitäten aus der Gegend! Und wenn nicht, dann zumindest einen echten bayerischen Schweinebraten mit Bierkruste! Und dazu Sauerkraut und Semmelknödel! Und Rettichsalat!«
»Was? Zu Mittag essen? Und eine Stunde oder länger zuerst auf das Essen und dann auf die Rechnung warten? Du siehst doch, was für ein Massenandrang in diesem Biergarten herrscht!«
Saskia seufzte. »Ja, schon. Aber vielleicht hat sich der Stau, in dem wir stehen, aufgelöst, bis wir mit dem Essen fertig sind. Dann bleibt sich der Zeitaufwand gleich!«
»Vielleicht, vielleicht. Und wenn nicht?«
Saskia unterdrückte einen weiteren Seufzer. »Ich habe Hunger, Thomas.« Sie wandte sich um zum Rücksitz, wo in der Hitze des engen Autos ein schwarz-weiß gefleckter Border-Collie-Mix vor sich hin hechelte. »Und der arme Tim! Er hat bestimmt Durst. Und ihm ist heiß. Wenigstens für ein Weilchen sollte er an ein schattiges Plätzchen im Freien dürfen.«
Thomas Wolffs Miene wurde noch verkniffener. »Ich habe dir davon abgeraten, Tim mitzunehmen. Erstens kann meine Mutter Hunde nicht ausstehen und zweitens …« Thomas trommelte nervös auf dem Lenkrad herum. » … wäre der Hund für die paar Tage, die wir in Wien bleiben, im Tierheim sowieso entschieden besser untergebracht gewesen. Dort hätte er jedenfalls weder schwitzen noch Durst leiden müssen.«
Saskia kraulte Tims Ohren. »Aber er hätte uns vermisst. Nicht wahr, Tim? Und er hätte geglaubt, wir hätten ihn wieder dorthin zurückgebracht, von wo wir ihn zu uns geholt haben. Er hätte sich im Stich gelassen gefühlt, er hätte gedacht, dass wir …«
»Dass du«, kam es barsch von Thomas.
Saskia runzelte die Stirn. »Ich? Wieso? Wie meinst du das?«
»Du … du hast Tim zu uns geholt. Du ganz allein. Nicht wir. Ich war an dieser Aktion nicht beteiligt«, präzisierte Thomas.
Mit einer resignierten Handbewegung strich Saskia sich ihren verschwitzten Pony aus der Stirn. In so einer miesen Laune hatte sie Thomas in den drei Jahren, die sie mit ihm zusammen war, noch nie erlebt. Wenn das bis Wien so weiterging … Sie warf einen traurigen Blick in den Rückspiegel, wo der Biergarten, in dem sie so gern eingekehrt wäre, aus ihrem Blickfeld verschwand …
»Wir müssen tanken, Saskia. Ich bin mir nicht sicher, ob der Sprit noch bis Salzburg reicht, wo wir, so Gott will, wieder auf die Autobahn fahren können. Dieser verdammte Umweg über Garmisch und all die Kleinstädte und Dörfer! Verflucht sei der Idiot, der den Unfall verursacht hat, dessentwegen die Autobahn hinter München gesperrt werden musste!«
»Thomas! Sei lieber dankbar, dass wir nicht in den Unfall verwickelt waren!«
»Das hätte uns gerade noch gefehlt«, knurrte Thomas. »Wenn ich mir vorstelle, dass wir …« Er brach ab und trat so abrupt auf die Bremse, dass Saskia unsanft in den Sicherheitsgurt geschleudert wurde und Tim mit einem erschrockenen Aufjaulen zwischen Rückbank und Vordersitze plumpstete.
»Was ist denn …«
»Endlich! Eine Tankstelle! In diesem Kaff gibt es doch tatsächlich eine Tankstelle!«, rief Thomas, Saskias vorwurfsvollen Blick und das Hupen hinter ihm geflissentlich ignorierend. Er manövrierte den Wagen neben eine der Zapfsäulen, während Tim wieder auf den Rücksitz krabbelte.
»Armer Hundeschatz! Hast du dir weh getan?«, fragte Saskia teilnahmsvoll.
»Unsinn! Er ist doch nur ein Hund!«, antwortete Thomas stellvertretend für das Tier. »Im Übrigen könntest du, während ich volltanke und bezahle, im Laden der Tankstelle ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Trinken besorgen, Saskia. Allmählich fängt nämlich auch mein Magen an zu knurren. Wenn wir wieder auf der Autobahn sind, halten wir kurz an einem Rastplatz und picknicken.«
Saskia zuckte resigniert die Schultern. Mit der einen Hand griff sie nach ihrer Handtasche, mit der anderen öffnete sie die Autotür. »Soll ich Tim mitnehmen? Dann kann er im Laden vielleicht einen Schluck Wasser bekommen«, wandte sie sich noch einmal zu Thomas zurück.
»Tim kann genauso gut am Rastplatz trinken. Wenn du den Hund mitschleifst, dauert das viel zu lange.«
Saskia warf einen unschlüssigen Blick auf den Rücksitz, wo Tim lag und döste. Sie zuckte die Schultern. »Bin gleich wieder da, mein Hundeschatz«, sagte sie und klopfte leicht gegen die Scheibe, worauf Tim die Augen öffnete und sie mit seinem treuherzigen Hundeblick anschaute.
Saskia wurde ganz warm ums Herz. Wenigstens einer, der ihr ein bisschen Zuneigung entgegenbrachte! Mit eiligen Schritten trippelte sie davon.
Zu ihrer Erleichterung waren nur wenige Kunden im Laden, sodass sie kaum warten musste.
Trotzdem saß Thomas bereits wieder hinter dem Steuer, als sie, bepackt mit einer Tüte voller Wurst- und Käsesandwiches, Getränkedosen sowie ein paar Müsliriegeln, zurückkam.
»Eeendlich! Schmeiß die Sachen in den Kofferraum und steig ein«, rief er Saskia durch das heruntergekurbelte Seitenfenster zu. »Ich habe schon befürchtet, du kämst gar nicht mehr wieder! Wie lange brauchst du eigentlich, um ein paar Kleinigkeiten zum Essen zu kaufen! «
Saskia verdrehte verärgert die Augen, sparte sich aber jeden Kommentar. Sie wollte keinen Streit vom Zaun brechen. Angesichts des warmen Wetters, verstaute sie ihre Einkäufe sorgsam in der Kühltasche.
»Saskia! Wird’s bald?«
»Ich komm ja schon! Ich kann doch nicht hexen!«
»Natürlich nicht. Aber Hexerei ist die eine Sache und stehend Schlafen die andere.«
Schon wieder diese üble Laune. Langsam, aber sicher lagen ihre Nerven blank. Mühsam die Tränen unterdrückend, ließ sie sich auf den Beifahrersitz fallen. »Schau, Thomas, der Stau löst sich auf«, sagte sie und wies in Richtung Landstraße. »Jedenfalls kommt die Kolonne schon zügiger voran.«
»Ja, sehr zügig. Schildkrötenzuckeltrab, statt Schneckentempo.«
»Und die Fahrerin des dunkelblauen Mercedes hat dir mit der Lichthupe ein Zeichen gegeben. Sie lässt dich rein, Thomas.«
»Hab’s gesehen. Hab schließlich keine Tomaten auf den Augen.« Ohne sich zu bedanken, quetschte Thomas sich in die Lücke.
*
Der Eistee in der Tasse neben Pfarrer Trenkers Computer wurde in der sommerlichen Hitze, die auch vor dem Arbeitszimmer des Bergpfarrers nicht Halt machte, allmählich warm. Sebastian merkte es nicht. Voll auf den Text konzentriert flogen seine Finger über die Computertastatur, fast in einem Zug hatte er die ganze Sonntagspredigt heruntergeschrieben. Jetzt noch der Schlusssatz, und dann …
Jäh riss der Heulton einer Alarmanlage den Bergpfarrer aus seiner Konzentration. Erschrocken hielt er den Atem an. Der Alarm … kam aus der Kirche. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Die Madonnenstatue! Diebe! Und das am helllichten Tag! Das durfte doch nicht wahr sein! Das …
Er kam nicht dazu, seinen Gedanken zu Ende zu führen, denn im selben Moment klingelte das Telefon.
Als Sebastian den Namen seines Bruders auf dem Display sah, rief er sofort in den Hörer: »Max, die Alarmanlage in der Kirche. Die Madonna!«
»Ich weiß«, kam es vom anderen Ende der Leitung. »Wir sind gleich da. Ich wollte dir nur sagen, dass du nichts auf eigene Faust unternehmen sollst. Hörst du? Nichts! Warte, bis unser Einsatzkommando da ist! Versprich es mir!«
»Aber ich kann doch nicht …« Sebastian verstummte, als ein Knacken in der Leitung ihm anzeigte, dass Max aufgelegt hatte. Einen Augenblick lang stand der Bergpfarrer unschlüssig da, dann wandte er sich zur Tür.
Er würde nicht warten, bis Max und seine Kollegen da waren. Er würde keine Zeit verlieren und sofort …
»Um Himmels Willen, Herr Pfarrer! Wo wollen S’ denn hin? Sie können doch net in die Kirche hinüber!« Im Türrahmen stand Sophie Tappert.
»Natürlich kann ich, Frau Tappert«, rief Sebastian, während er versuchte, sich an seiner Haushälterin vorbei zu drängen.
Sophie Tapperts Augen waren vor Angst und Sorge riesengroß. »Herr Pfarrer, bleiben S’ da! Ich fleh Sie an! Die Madonna ist zwar wunderschön und wertvoll, aber sie wiegt doch kein Menschenleben auf! Net auszudenken, wenn die Diebe Ihnen etwas antun würden!«
»Mir? Und was ist mit den Touristen, die drüben in der Kirche sind? Ich bin dafür verantwortlich, dass in meiner Kirche niemand zu Schaden kommt. Also nehmen S’ doch bitte Vernunft an Frau Tappert und …«
Mit einem resignierten Seufzer wich die Pfarrersköchin zur Seite und ließ Sebastian passieren.
Er stürmte aus dem Pfarrhaus und eilte den gekiesten Weg entlang zum Kirchenportal. Er hatte es fast erreicht, als es von innen aufgestoßen wurde und jemand herausstürmte. Der Zusammenstoß kam für den guten Hirten von St. Johann so überraschend und unvermittelt, dass er zu Boden ging und dabei mit dem Kopf unsanft gegen die steinerne Stufe am Kircheneingang prallte.
Sebastian spürte einen stechenden Schmerz an der Stirn, dann wurde ihm für ein paar Sekunden schwarz vor Augen.
Das Heulen des Martinshorns riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Er wollte sich gerade aufrappeln, als auch schon sein Bruder Max neben ihm stand und ihm aufhalf.
»Um Gottes Willen, Sebastian! Was ist geschehen? Du bist verletzt! Du blutest! Du hast eine Platzwunde an der Stirn!«
Der Bergpfarrer betastete seine Stirn und fühlte tatsächlich Blut zwischen seinen Fingern, schenkte der Wunde aber keine Beachtung. »Ich bin umgerannt worden. Jemand ist wie ein Verrückter aus der Kirche gerast und davongelaufen«, berichtete er seinem Bruder.
Wenn ihm auch ein wenig schummrig war, folgte er doch Max, der, eskortiert von einem Kollegen, mit entsicherter Pistole voranging, in den Kirchenraum.
Von Kirchendieben war nichts zu sehen.
Nur ein paar Touristen schauten verwundert auf die Polizisten, die ihre Dienstwaffen wieder wegsteckten, als sie feststellten, dass sich die Madonna unversehrt an ihrem angestammten Platz befand.
»Sollen wir die Verfolgung der Person aufnehmen, die deinen Bruder umgerannt hat?«, fragte Max’ Kollege.
Noch ehe Max Trenker hätte antworten können, wandte sich eine ältere Dame, den Rosenkranz zwischen den Fingern, an die Polizisten.
Sie hatte die an Max gerichtete Frage mitgehört und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Ich sitz hier schon länger und bete«, sagte sie. »Und dabei hab ich beobachtet, wie ein kleiner Bub einen selber gepflückten Blumenstrauß neben die Madonna gelegt hat. Als der Alarm losgegangen ist, hat sich der Kleine furchtbar erschrocken. Alle haben ihn angeschaut. Da hat er es mit der Angst bekommen und ist davongelaufen.«
Pfarrer Trenker musste lachen, ob er wollte oder nicht. »Dann muss es wohl dieser Bub gewesen sein, der mich umgerannt hat«, mutmaßte er, an seinen Bruder gewandt.
Max und sein Kollege schauten ein wenig ratlos drein, während Pfarrer Trenker sich schließlich bei der älteren Dame bedankte und zur Madonnenstatue ging, um den Strauß an sich zu nehmen.
Es war ein wild zusammen gewürfelter Feldblumenstrauß mit Löwenzahn, Margeriten, Hahnenfuß und Springkraut, zusammengehalten von einer alten, mehrfach geknoteten Schnur.
Gerührt hielt der Bergpfarrer die Blumen in der Hand. Ob der Bub, der sie gepflückt hatte, aus St. Johann war? Und was hatte den Kleinen wohl zu seiner Dankesgabe bewogen?
»Viel Lärm um nichts«, meinte Max Trenker, der dazugetreten war, schulterzuckend. Er wandte sich an seinen Kollegen. »Ich denke, das war’s dann. Du kannst jetzt den Helmut draußen im Streifenwagen von seinem Wachposten erlösen und zusammen mit ihm ins Revier zurückfahren.« Mit einem strengen Blick auf Sebastian setzte er hinzu: »Und dich, Bruderherz, fahre ich zu Toni Wiesinger in die Praxis. Damit er sich deine Platzwunde anschauen und sie, falls notwendig, nähen kann.«
Sebastian gab keine Antwort, denn er hatte Max überhaupt nicht zugehört. Stattdessen zog er ein zusammengerolltes Blatt Papier aus der Mitte des Feldblumenstraußes und glättete es. Es war unverkennbar aus einem Schulheft gerissen.
›Liebe Mudder Gottes‹, stand in ungelenker, krakeliger Kinderhandschrift darauf, ›dancke, das du mich erhört hast. Dancke für den Hunt. Ich will ab jetzt immer braf sein. Dein Hansi.‹
Sebastian Trenker schluckte, und auch Max, der seinem Bruder über die Schulter geschaut hatte, wirkte bewegt.
»Hast du eine Ahnung, wer dieser Hansi sein könnte?«, fragte Max.
Der gute Hirte von St. Johann nickte. »Ja. Es kann sich eigentlich nur um den Hansi vom Berger-Hof handeln.«
»Um den Buben vom Berger-Gustl, dem Biobauern?«
»Ja, genau. Der Kleine wünscht sich schon lange einen Hund. Der Gustl hat ihm immer wieder versprochen, mit ihm ins Tierheim zu fahren, damit er sich einen aussuchen kann. Aber wie es halt manchmal so ist - immer wieder ist etwas dazwischengekommen. Und der Bub war jedes Mal furchtbar enttäuscht. Jetzt freue ich mich für den Hansi, dass es endlich geklappt hat.«
»Das heißt, ich soll den Polizeieinsatz net in Rechnung stellen?«, fragte Max, mit hochgezogenen Augenbrauen. »Hab ich dich da richtig verstanden?«