1,99 €
Die vier Daglow-Brüder haben außer ihrem Namen nur eines gemeinsam: ihre Gemeinheit. Vor einem Jahr haben sie einen Goldtransport überfallen und zwei Kisten des gelben Metalls erbeutet. Auf der Flucht vergruben sie das Gold im Bluegrass Valley. Jetzt sind die vier Desperados zurückgekehrt, um sich ihre fette Beute zu holen.
Inzwischen aber hat sich dort viel verändert. John Morgan hat mit einigen tapferen Männern in dem schönen Blaugrastal die Skull-Ranch aufgebaut. Für die Satansbrüder gibt es nur einen Weg zum Gold. - Heißes Blei für viele Nuggets!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 141
Cover
Impressum
Satans- brüder
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Faba / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9732-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Satans-brüder
von Hal Warner
Die vier Daglow-Brüder haben außer ihrem Namen nur eines gemeinsam: ihre Gemeinheit. Vor einem Jahr haben sie einen Goldtransport überfallen und zwei Kisten des gelben Metalls erbeutet. Auf der Flucht vergruben sie das Gold im Bluegrass Valley. Jetzt sind die vier Desperados zurückgekehrt, um sich ihre fette Beute zu holen.
Inzwischen aber hat sich dort viel verändert. John Morgan hat mit einigen tapferen Männern in dem schönen Blaugrastal die Skull-Ranch aufgebaut. Für die Satansbrüder gibt es nur einen Weg zum Gold. – Heißes Blei für viele Nuggets!
Die fünf Reiter, die von Süden her aus den Cochetopa Hills kommen, führen zwei Packpferde mit sich. Und man merkt ihnen an, dass sie einen weiten Weg hinter sich haben.
Besonders die junge rotblonde Frau sieht ein wenig mitgenommen aus. Die Haut in ihrem hübschen Gesicht hat sich durch die Sonneneinwirkung geschält, und sie sitzt im Sattel, als hätte sie glühende Kohlen unter sich.
»Verdammt, Bruce«, beschwert sie sich jetzt bei dem ältesten der vier Daglow-Brüder, »hattest du mir nicht versprochen, dass wir heute etwas langsamer reiten würden? Meine Kehrseite hält das nicht durch! Sie sieht bestimmt schon aus wie ein rohes Steak.«
Bruce Daglow entblößt grinsend sein schneeweißes Raubtiergebiss.
»Nur noch eine halbe Meile, Dolly. Dann kommen wir zu der Stelle, von der aus wir das Bluegrass Valley sehen können. Dort rasten wir dann eine Weile. Und am Nachmittag holen wir uns das Gold.«
Er spuckt über den Hals seines Pintos und trifft zielsicher eine Eidechse, die sich auf einem flachen Stein sonnt.
Bruce Daglow ist schlank und sehnig. Und er sieht blendend aus. Blauschwarze Haare fallen ihm fast bis auf die Schultern. Einige Strähnen hängen ihm ins gutgeschnittene Gesicht, das jedoch einen brutalen Zug besitzt. Er trägt verstaubte Kleidung. Tief an seiner rechten Hüfte hängt ein langläufiger Colt, dessen Kolben sehr abgegriffen wirkt.
»Yeah, heute Abend sind wir bereits reiche Leute«, fährt er zufrieden fort. »Zwei Kisten Gold! Und es gehört alles uns! Dafür würde jedes andere Girl tausend Meilen nackt durch die Wüste reiten.«
Dolly Baxter findet das gar nicht zum Lachen. Sie verzieht nur das Gesicht.
Sie ist fünfundzwanzig und ein wenig mollig. Aber das tut ihrer Figur keinen Abbruch. Ein paar Pfunde zu viel stehen ihr sogar recht gut.
Bis vor einigen Monaten hat sie als Saloongirl gearbeitet. Jetzt ist sie Bruce Daglows Freundin.
Bruce sagt nichts mehr, sondern treibt sein Pferd wieder an.
Und während sich das Hufgetrappel an den Felswänden bricht und der aufgewirbelte Staub in dichten Schwaden seitwärts zieht, muss er daran denken, wie das vor einem Jahr gewesen ist.
Er hat damals mit seinem jüngsten Bruder Rick und drei anderen Kerlen in der Nähe von Denver einen Goldtransport überfallen. Kaltblütig haben sie die Wachmannschaft niedergemacht.
Und genauso kaltblütig haben sich die beiden Daglows später ihrer Kumpane entledigt.
Die Goldkisten waren den Pferden zu schwer geworden auf der Flucht, die Tiere waren nahe am Zusammenbrechen. Aus diesem Grund hat die Bande ihre Beute im Bluegrass Valley versteckt.
Danach war sie noch einen ganzen Tag zusammen geritten. Am nächtlichen Lagerfeuer jedoch haben Bruce und Rick ihre Komplizen rücksichtslos niedergeschossen, um das geraubte Gold nicht mit ihnen teilen zu müssen.
So rasch aber haben sie die Beute dann nicht holen können. Ein Aufgebot war hinter ihnen her und jagte sie bis Kansas, wo es ihnen endlich gelang, unterzutauchen.
Jetzt sind sie in die Berge von Colorado zurückgekehrt, und haben ihre Brüder Hoss und Cal mitgebracht.
Endlich erreichen sie eine jener breiten Felsterrassen, die Einblick gewähren in das Bluegrass Valley.
»Hier ist das Tal!«, verkündet Bruce grinsend.
Er zügelt seinen Pinto und legt seine schlanken Hände lässig auf das Sattelhorn.
Neben ihm halten Dolly und seine Brüder an.
Das Tal zu ihren Füßen ist so groß, dass sie es gar nicht richtig überschauen können. Gewaltige Gebirgsketten säumen es ein, und auf seinem Grund schimmern in satter Bläue fünf oder sechs kleine Seen.
Außerdem wird dieses prächtige Blaugrastal von mehreren Flussläufen durchzogen.
Plötzlich bekommt der drahtige Rick schmale Augen.
»He, Bruce, was ist das?«, ruft er und deutet mit der Hand ins Tal hinunter.
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Die quadratischen Flecken in der Nähe des einen Sees meine ich. Die sehen doch wie Häuser aus! Und dann diese braunen, beweglichen Punkte. Ich will ein Maultier sein, wenn das keine Rinder sind!«
Bruce kann nun ebenfalls sehen, was sein Bruder entdeckt hat. Doch er hat noch Zweifel, hält die braunen Punkte eher für eine Herde Antilopen.
Wortlos öffnet er seine Satteltasche, angelt sich ein ausziehbares Fernrohr und hält es ans rechte Auge.
Sekunden später wechselt er die Farbe. Denn was ihm da vor die Linsen kommt, sind tatsächlich Häuser. Sind die Gebäude einer Ranch, die erst vor kurzem entstanden sein muss.
Und mit den Rindern hatte Rick ebenfalls recht.
»O verdammt!«, entfährt es Bruce bitter. »Verdammt und zugenäht!«
»Lass mich auch sehen!«, ruft Rick.
Bruce gibt ihm das Fernglas und hört ihn wenig später vorwurfsvoll sagen: »Das hast du nun davon! Hättest du bloß auf mich gehört. Wenn wir schon früher losgeritten wären, hätten wir hier bestimmt niemand angetroffen.«
»Ich hab doch nicht wissen können, dass sich hier jemand einnisten würde«, faucht Bruce gereizt.
»Trotzdem hättest du auf mich hören sollen. Jetzt ist auf einmal alles schwierig.«
»Aber warum denn?«, fragt Dolly. »Das Tal ist doch so groß. Euer Schatz wird doch nicht ausgerechnet in der Nähe dieser Ranch versteckt sein?«
»Leider ist es so«, brummt Bruce. »Die beiden Kisten liegen zufällig in dem See, der der Ranch am nächsten ist.«
Der bärtige Hoss, der mit seiner massigen Gestalt und seinen struppigen Haaren an einen Grizzlybären erinnert, flucht mit grollender Stimme, als er das hört.
Cal grinst nur dämlich. Er ist ein hässlicher Bursche und hat nicht viel im Kopf. Aber er hat etwas Tückisches an sich.
Die vier Brüder sehen sich kaum ähnlich. Jeder hat eine andere Mutter, weil ihr Vater, ein meist betrunkener Farmer aus Missouri, viermal verheiratet war.
»Was jetzt?«, fragt nun Rick.
»Was schon?«, knurrt Bruce. »Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf die neue Situation einzustellen. Vor einem Jahr war dieses Tal noch völlig unberührt. Inzwischen leben hier Menschen. Das erschwert natürlich die Sache. Aber«, er klopft mit der flachen Hand wölfisch grinsend auf seinen Colt, »wozu haben wir unsere Kanonen?«
»Du willst also hinunterreiten und sie fertigmachen?« Rick scheint dieser Gedanke sofort zu gefallen.
»Nein, noch nicht. Erst wollen wir mal sehen, mit wem wir es zu tun haben und wie viele es sind.« Bruce Daglow wirft einen forschenden Blick nach der Sonne. »Jetzt ist es ungefähr zehn. In längstens drei Stunden kann ich unten bei der Ranch sein.«
»Willst du denn allein reiten, Bruce?«
»Ich nehme Dolly mit und Cal. Du und Hoss, ihr bleibt mit den Packpferden hier und wartet, bis ihr eine Nachricht bekommt.«
Bruce Daglow hat sich schnell einen Plan zurechtgelegt. Er erklärt ihn seinen Brüdern und wendet sich dann an Dolly.
»Worauf wartest du noch, Baby? Ich brauche ein Stück von deinem Unterrock!«
John Morgan, der Boss der Skull-Ranch, sitzt gerade beim Mittagessen.
Außer ihm sind noch seine Tochter Mary-Lou und Chet Quade am Tisch.
Doc Smoky rennt mit einer blauen Schürze geschäftig umher und ist bemüht, dem hübschen Girl die besten Stücke zukommen zu lassen.
Außer ihnen ist zurzeit niemand auf der Ranch, denn Brazos und Shorty sind schon am frühen Morgen nach Hotdog City aufgebrochen, um dort eine Fuhre Rindfleisch abzuliefern und neue Vorräte zu besorgen.
Und Leroy Spade, der wettergegerbte Raubwildjäger, treibt sich wieder mal irgendwo in den Bergen herum.
General Carrington ist zu Besuch bei einem alten Kriegskameraden.
»So, und jetzt lasst es euch schmecken!«, sagt nun der Ranchkoch, dessen zerfurchtes Gesicht einer Landkarte gleicht. »Und denkt daran, dass dieses vorzügliche Gericht aus Mexiko stammt. Genau gesagt, aus dem Coahuila-Distrikt. Ich hoffe, ihr wisst es zu schätzen, dass ich euch nur Delikatessen vorsetze.«
Mary-Lou hebt ihr rassig-apartes Gesicht.
»Und wie nennt sich das Zeug?«, fragt sie lächelnd.
»Es heißt... es heißt... na, wie denn gleich?« Doc Smoky quetscht mit Daumen und Zeigefinger sein narbiges Kinn. »Verflixt, jetzt hab' ich's vergessen. Na, ist ja egal. Es stammt jedenfalls aus Coahuila. Übrigens hatte ich dort mal eine Freundin. Sie war die Tochter des Alkalden von Nueva Rosita. Augen wie zwei Mandeln hatte sie, und ihr Name war...«
»Esmeralda!« Es ist der sehnige Chet Quade, der dem alten Ranchkoch ins Wort fällt.
»Eh, warum weißt du das?«, wundert sich dieser.
»Weil du uns die Geschichte schon mal erzählt hast, Smoky. Damals war die Kleine allerdings die Erbin einer riesigen Hazienda.«
»So? Well, dann muss ich was verwechselt haben. Wenn man so viele Mädchen gekannt hat wie ich, bringt man die Namen leicht durcheinander. Die mit der Hazienda hieß Dolores und war eine absolute Schönheit. Wollt ihr hören, warum ich sie nicht geheiratet habe?«
»Sag mir lieber, was das hier sein soll.« Chet Quade deutet auf ein verschrumpftes Gebilde auf seinem Teller. »Ist das ein Würstchen oder ein gebratener Regenwurm?«
»Weder, noch«, antwortet Smoky. »Es ist eine junge Klapperschlange. Ich hab' sie extra für dich gefangen, Chet. Und weißt du, wie? Ich hab...«
»Jetzt aber Schluss!«, ruft Mary-Lou. »Oder wollt ihr mir den Appetit verderben?«
»Natürlich nicht. Entschuldige, Mary-Lou.« Doc Smoky grinst und blickt erwartungsvoll in die Runde. »Na, wie findet ihr das Essen?«
»Scharf ist es«, sagt Chet Quade. »Verteufelt scharf.«
»Soll das heißen, dass es dir nicht schmeckt?«
»Ach, es geht. Ich hab' mir schon mit schlimmeren Sachen den Magen verdorben.«
Der Oldtimer wirft dem jungen Mann einen galligen Blick zu. Wütend reißt er sich die Schürze vom Bauch, schleudert sie in eine Ecke und stampft hinaus, wobei er die Tür hinter sich zuknallt.
»Jetzt ist er beleidigt«, sagt John Morgan mit leichtem Vorwurf. »Müsst ihr ihn denn immer ärgern? Smoky gibt sich doch alle Mühe als Koch. Was wäre, wenn wir ihn nicht hätten?«
»Dann würde ich einspringen, Dad«, ruft Mary-Lou, in deren tiefblauen Augen der Schalk blitzt. Sie hat pechschwarze Haare, die rückwärts hochgesteckt sind.
»Du?«, fragt Chet Quade trocken. »Um Himmels willen, dann will ich ab heute nichts mehr gegen Smoky sagen.«
Die Tochter des Ranchers funkelt ihn an. »Zweifelst du etwa an meinen Kochkünsten, Chet?«
»Keineswegs, Mary-Lou.« Der ehemalige Revolvermann mit dem kühn geschnittenen Gesicht lächelt entwaffnend, wobei er zwei Reihen blendend weißer Zähne zeigt. »Aber du weißt doch, dass ich mir nicht viel aus Pudding und Mehlspeisen mache. Süße Sachen, wie du sie bevorzugst, sind eben nichts für mich.«
»Gut, dass ich es weiß! Du wirst nie wieder einen Plumpudding kriegen, Chet!«
Mary-Lou will noch etwas sagen, doch in diesem Moment kommt Doc Smoky von draußen zurück.
»Drei Reiter kommen, Boss!«, meldet er.
Der dunkelhaarige Rancher blickt vom Teller hoch.
»Fremde?«
»Ja, John.«
Da erhebt sich John Morgan. Er ist ziemlich groß. Seine Gestalt ist hager und sehnig, und sein sonnengebräuntes Gesicht strahlt Entschlossenheit aus. Er schiebt seinen Revolvergurt, den er auch auf der Ranch meist trägt, um die Mitte zurecht und tritt vor das Haus.
Die angekündigten Reiter sind nicht mehr weit entfernt. Schon treiben sie ihre staubbedeckten Pferde durch den hohen Doppelgalgen, an dem ein mächtiger Stierschädel hängt – das Wahrzeichen der Bull-Skull-Ranch.
John Morgans rauchgraue Augen nehmen einen überraschten Ausdruck an. Denn er sieht, dass es sich bei einem der Reiter um eine junge Frau handelt.
Einer der beiden Männer hängt schief im Sattel und trägt einen verband um den rechten Arm.
Wenig später halten die Fremden auf dem Hof ihre Pferde an.
Bruce Daglow tippt grüßend an den Rand seines Stetsons.
»Hallo!«, sagt er, während er sich unauffällig umblickt. »Ich nehme an, Sie sind hier der Boss. Welche Ranch ist das?«
»Die Skull. Ja, und ich bin der Besitzer.« John Morgan antwortet mit gelassener Freundlichkeit, verhält sich jedoch wachsam.
Hinter ihm sind Doc Smoky und Chet Quade auf die offene Veranda getreten, um den Fremden zu zeigen, dass ihr Boss nicht allein ist. Denn sie trauen hier in der Wildnis keinem Menschen, den sie nicht kennen.
»Und ihr?«, fragt nun Morgan, nachdem er dem rotblonden Mädchen grüßend zugenickt hat.
»Mein Name ist Daglow. Bruce Daglow. Wir sind auf dem Weg nach Gushole«, erklärt Bruce Daglow. »Dummerweise haben wir in Stagebreak Ärger bekommen. Ein paar Kerle haben meine Freundin belästigt, und es ist dadurch zu einer Schießerei gekommen, bei der mein Bruder was abgekriegt hat.«
John Morgan wirft einen kurzen Blick auf Cal, der ihn verzerrt angrinst.
»Es geht ihm wohl nicht gut?«
»Nein, nicht besonders.« Bruce schüttelt leicht den Kopf. »Er hat Fieber, denke ich. Und ich weiß nicht, ob er bis Gushole durchhalten kann, ohne zusammenzuklappen. Wir wären Ihnen daher dankbar, wenn wir ein oder zwei Tage hierbleiben dürften.«
»Wir sind nicht anspruchsvoll und machen auch bestimmt keine Umstände«, fügt Dolly Baxter mit gekonntem Augenaufschlag hinzu. »Selbstverständlich bezahlen wir auch.«
John Morgan sieht keinen Grund, an Bruce Daglows Angaben zu zweifeln. Außerdem wird Gastfreundschaft bei ihm großgeschrieben.
Er sagt daher, ohne lange zu überlegen: »Okay, das geht in Ordnung. Ihr könnt es euch in der Scheune gemütlich machen. Bezahlen braucht ihr nichts.«
Und nach ein paar Sekunden setzt er, an das Mädchen gewandt, noch hinzu: »Sie können auch im Haus schlafen, Miss.«
»Sehr freundlich von Ihnen, Mr. Morgan.« Dolly lächelt zuckersüß. »Aber ich werde ebenfalls mit der Scheune vorlieb nehmen.«
»Wie Sie wollen, Ma'am. Steigt also ab und bedient euch am Brunnen. Eure Pferde werden durstig sein. Der Korral ist gleich da drüben.«
John Morgan kann in diesem Moment noch nicht ahnen, dass er seine Hilfsbereitschaft noch sehr bereuen wird.
»Sie schaffen jetzt die Gäule in den Korral«, ruft Rick Daglow über die Schulter. »Das bedeutet, dass sie der Rancher nicht abgewiesen hat.«
Ein zufriedenes Grinsen huscht über sein Rattengesicht. Er setzt das Fernglas ab, das ihm Bruce dagelassen hat, um die Ranch beobachten zu können.
Dann schiebt er sich vom Rand des Felsenplateaus zurück und begibt sich zu seinem Bruder in den Schatten eines gewaltigen Baumriesen, der hier schon seit Urzeiten zu stehen scheint.
»Na, was sagst du jetzt?«
Hoss sitzt gegen den Stamm gelehnt, die klobigen Hände über dem Bauch gefaltet. Er blinzelt mit einem Auge.
»Dass alles richtig läuft. Yeah, Bruce weiß schon, was er tut. Er wird nun auf eine günstige Gelegenheit warten, um die Leute da unten zu überrumpeln. Danach holen wir uns das Gold, Bruderherz.«
»Ja, Hoss, genauso wird es gemacht. Ob morgen oder übermorgen, spielt keine Rolle. Wir haben jetzt ein ganzes Jahr auf diesen Augenblick gewartet, deshalb kommt es auf einen Tag mehr oder weniger wirklich nicht an.«
»Du sagst es.« Hoss angelt sich die neben ihm stehende Whiskyflasche, entkorkt sie mit den Zähnen und genehmigt sich einen langen Schluck.
Danach zieht er seinen speckigen Hut noch tiefer in die Stirn und faltet seine Hände wieder auf dem Bauch.
Rick setzt sich an seine Seite und legt sein Gewehr neben sich hin.
Die Pferde stehen abgesattelt in der Nähe. Verdrossen scharren sie mit den Hufen auf den Steinen, zwischen denen sie kaum was zu fressen finden können.
Es ist mächtig heiß, und sie können trotz der meilenweiten Entfernung das Wasser wittern.
Und vielleicht ahnen sie auch, dass es da unten in dem Tal herrliches Blaugras gibt.
Auf beides müssen sie hier oben verzichten. Das macht sie sichtlich unzufrieden.
Plötzlich stößt eines von ihnen ein scharfes Schnauben aus.
Einen Moment später kollert irgendwo Geröll, springt ein Stein klirrend in die Tiefe.
Rick Daglow fährt hoch wie eine zustoßende Viper. Instinktiv packt er sein Gewehr. Wieselflink huschen seine Augen in die Richtung, in der die Aufschläge erklangen.
Kurz darauf flucht er heiser.
Denn er hat etwas entdeckt, was ihm gar nicht gefällt.
Es sind drei Indianer.
Standbildern gleich verharren sie auf ihren gescheckten Mustangs, die sie auf einem zweihundert Yards entfernten Felsenkamm gezügelt haben.
Ihre dunkelbraunen Oberkörper glänzen ölig in der Sonne. Ihre schwarzen Haare flattern im Wind. Auch die Mähnen der Pferde flattern. Speerspitzen funkeln.
»Kiowa!«, ruft Hoss. »Verdammt, sie haben uns schon entdeckt!«
Rick gibt ihm keine Antwort, sondern reißt sein Gewehr hoch und zielt auf die nackte Brust des mittleren Reiters.
Ein Schuss peitscht auf.
Getroffen zuckt der Indianer zusammen und droht rücklings vom Pferd zu stürzen. Im letzten Moment krallt er sich an die Mähne fest.
Rick Daglow lacht kalt. In seinen hellen Augen glitzert die Mordlust. Blitzschnell repetiert er das Gewehr.
»Schieß doch, du Narr!«, schreit er Hoss zu, während er die Waffe erneut in Anschlag bringt. »Wir müssen sie alle drei erwischen!«
Da schnappt sich auch Hoss sein Gewehr. Der massige Mann ist nicht so reaktionsschnell wie sein drahtiger Bruder, der bereits nervös wird, wenn er eine Mücke summen hört.