Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 2 - Hal Warner - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 2 E-Book

Hal Warner

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Beschreibung

Es ist Abend in Mesilla. Fünf Männer kommen auf völlig erschöpften Pferden. Banditen auf der Flucht. Sie verschwinden im Haus des Sargmachers. Einer von ihnen ist verwundet. Er kann mit seinen Kumpanen die Flucht nicht fortsetzen. Sie müssen ihn zurücklassen. Mary Morley, die Tochter des Sargmachers, ist die Geliebte des Verwundeten. Sie versteckt ihn in ihrem Zimmer. Trotzdem verlassen eine halbe Stunde später fünf Reiter wieder die Stadt. Keinem Menschen fällt in der Dunkelheit auf, dass einer der Reiter ein Toter ist. Die Reiter haben sich einen makabren Plan einfallen lassen ...


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Seitenzahl: 154

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Inhalt

Cover

Das Geheimnis des Banditengrabes

Vorschau

Impressum

Das Geheimnis des Banditengrabes

Von Hal Warner

30.000 Dollar in Gold! Phil Hatcher und seine Männer hatten beim Überfall auf die Wells Fargo-Kutsche den großen Coup gelandet. Mochte Hatcher auch ein eiskalter Killer sein, ein Dummkopf war er gewiss nicht. Da man damals dem Aufgebot des Sheriffs mit der schweren Beute kaum entkommen wäre, hatten die Gangster in Mesilla die Leiche eines gerade Verstorbenen gegen das Gold ausgetauscht und dieses buchstäblich würdevoll beerdigen lassen.

Monate später, als längst Gras über die Sache gewachsen ist, sind die Männer nun zurück und zwingen Old Jed Hawkins, den Totengräber dazu, den Sarg mit dem Gold wieder auszubuddeln. Dass der alte Mann ihnen Ärger machen könnte, halten sie für unmöglich. Diese Fehleinschätzung ist der erste kapitale Fehler von Hatcher. Einer, dem schon bald ein zweiter folgen soll. Die Apachen ...

Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, hielten sie an und entfernten das Stangengerüst, das sie geschickt im Rücken des Toten angebracht hatten, sodass er aufrecht im Sattel saß.

Jetzt legten sie ihn bäuchlings über den Sattel und banden ihn mit einem Lasso fest, damit er nicht herunterfallen konnte.

»Wie viele Meilen willst du ihn noch mitschleppen, Phil?«, fragte Curly Whymer den Anführer der Halunken. »Jetzt brauchen wir ihn doch eigentlich nicht mehr.«

»Wir nehmen ihn mit bis über die Grenze!«, entschied Phil Hatcher. »In El Coyote lassen wir ihn begraben. Wir werden den Leuten dort erzählen, er wäre unser Freund gewesen. Bis nach Mexiko wird uns das Aufgebot nicht folgen. Und wenn man es trotzdem tun sollte, wird man annehmen, in dem Grab läge mein Bruder Tom!«

»Der jetzt von der schönen Mary Morley gesundgepflegt wird«, lachte der bärtige Jug Dobbins. »War schon eine prächtige Idee von dem Mädchen, dass wir den Toten aus dem Sarg im Bretterschuppen nehmen sollten. Wenn das Aufgebot in Mesilla ankommt, wird man den Männern erzählen, wir wären alle fünf gemeinsam weitergeritten. Kein Mensch wird auf die Idee kommen, dass sich Tom noch in Mesilla aufhält.«

Die Männer brachen in schallendes Gelächter aus.

»Aber die beste Idee hat Phil gehabt«, ließ sich Cass Lorey, der vierte im Bunde, vernehmen. »Im Sarg dieses Fred Williams«, er deutete auf den Toten, »liegt jetzt das Gold, das wir erbeutet haben! Morgen früh werden sie in Mesilla einen Sarg ohne Toten in der Erde versenken. Das ist das tollste Ding, das wir jemals gedreht haben.«

»Und wenn Gras über die Geschichte gewachsen ist, holen wir uns das Gold ab«, brummte Phil Hatcher. »Das ist jetzt unser Grab, Amigos! Ein Grab, dessen Geheimnis nur wir kennen. Wir können jetzt nur hoffen, dass nicht im letzten Augenblick noch jemand was merkt.«

Sie ritten weiter in die Nacht hinein, und sie waren zufrieden mit dem, was sie geleistet hatten.

Phil Hatchers verwundeter Bruder Tom befand sich bei Mary Morley in Sicherheit. Und das von einem Wells-Fargo-Transport erbeutete Gold lag in einem Sarg, den man morgen unter die Erde bringen würde.

Eigentlich konnte der makabre, aber dafür umso cleverere Schwindel nur noch durch einen Zufall auffliegen.

Das Aufgebot kam um Mitternacht in Mesilla an, die Banditen hatten da schon etliche Stunden Vorsprung.

Die Männer unter der Führung von Sheriff Dan Mortimer waren scharf geritten, und ihre Pferde waren völlig erschöpft.

Vor dem Mietstall hielten sie an.

»Verteilt euch auf die beiden Saloons!«, entschied der Sheriff. »Wenn die Halunken hier durchgekommen sind, müssen die Leute was gesehen haben. Und sicherlich haben sich die fünf auch frische Pferde besorgen müssen. Ihnen wird es nicht anders ergangen sein als uns jetzt.«

Die Männer schritten davon. Sheriff Mortimer pochte an die Tür des Anbau neben dem Mietstall, und kurz darauf schwang die Tür knarrend auf. Der alte Stallmann Greg Mallory kam mürrisch und verschlafen heraus.

Der Sheriff stellte ein paar knappe Fragen. Nach wenigen Minuten wusste er Bescheid.

Fünf Männer hatten sich hier also mit frischen Pferden versorgt und waren dann weiter nach Süden geritten.

»War einer von ihnen verwundet?«, wollte der Sheriff wissen.

Der alte Stallmann nickte.

»Ja, einer konnte sich kaum noch im Sattel halten, Sheriff«, antwortete er. »Trotzdem holen Sie die Typen vor der Mexiko-Grenze nicht mehr ein!«

Der Sheriff fluchte erbittert. Er wusste, dass eine weitere Verfolgung in dieser Nacht keinen Sinn mehr hatte ...

Am nächsten Morgen fand die Beerdigung statt, die keine war.

Männer mit ernsten Gesichtern und weinende Frauen folgten dem Sarg. Der Reverend hielt am offenen Grab eine Ansprache.

Eine knappe Stunde später war nur noch ein einziger Lebender auf dem Friedhof von Mesilla. Es war Old Jed Hawkins, der Totengräber. Heute ließ er sich besonders viel Zeit beim Zuschaufeln des Grabes. Es war für ihn das letzte Mal, dass er seinen traurigen Job versah. Er hatte dem Drängen seiner Tochter Paquita und seines Schwiegersohns Jivaro nachgegeben und würde in Zukunft bei ihnen auf der kleinen Farm draußen in den Hügeln leben.

Old Jed Hawkins konnte nicht ahnen, dass ihn seine Vergangenheit als Totengräber noch lange verfolgen würde ...

Zwei Wochen nach dieser »Beerdigung« verschwand Mary Morley, die Tochter des stets betrunkenen Sargmachers Stan Morley. Sie verschwand gemeinsam mit Tom Hatch, den sie bei sich versteckt und gesund gepflegt hatte.

Allerdings wusste niemand etwas von diesem Banditen, und deshalb konnte sich kein Mensch in Mesilla einen Reim darauf machen, als man eine Woche später Marys Leiche zusammen mit der Leiche eines Mannes fand. An den Spuren war deutlich zu erkennen, dass sie Apachen in die Hände gefallen waren.

Mary und der fremde Unbekannte wurden nebeneinander beerdigt, und kein Mensch machte sich weitere Gedanken darum.

Man hatte auch die Sache mit den fünf Banditen längst vergessen, die von einem Aufgebot aus Deming vergebens verfolgt worden waren.

Ungefähr fünf Monate vergingen, und es war wieder Abend, als für den ehemaligen Totengräber Jed Hawkins die Vergangenheit jäh wieder lebendig wurde.

Old Jed war mit seiner Tochter Paquita allein in dem kleinen Farmhaus. Jivaro war zur Stadt geritten und noch nicht zurückgekehrt.

An diesem Abend kamen Phil Hatcher und seine drei Kumpane.

Es war für Old Jed und seine Tochter wie ein plötzlich hereinbrechendes Ungewitter.

Krachend flog die Tür auf. Zwei Männer mit Colts in den Fäusten stürzten in die Hütte und richteten ihre Waffen auf den alten Mann und das Mädchen, die erschrocken vom Tisch hochfuhren.

»Keine Bewegung, oder es knallt!«, ertönte es scharf. »Setzt euch wieder hin! Na los, macht schon!«

Der graubärtige Oldtimer und seine Tochter sanken auf ihre Stühle zurück. Jäh war aus ihren Gesichtern die Farbe gewichen. Das überfallartige, völlig unerwartete Auftauchen dieser Fremden war für sie ein Schock.

Während der größere der beiden Eindringlinge die Überfallenen in Schach hielt, näherte sich der andere der Tür neben dem Herd und versetzte ihr einen Tritt, dass sie krachend aufflog. Geduckt sprang der Mann in die Kammer hinein und sah sich forschend darin um.

Als er wieder herauskam, wirkte seine Haltung entspannt.

»Es ist niemand sonst da«, stellte er fest.

Da entspannte sich auch der andere. Er vermittelte jetzt den Eindruck lässiger Überlegenheit.

»Okay«, sagte er. »Dann sieh mal nach, ob unser Freund auch keine Waffen eingesteckt hat.«

Sein Komplize war ein ungepflegter Bursche mit gekrausten Haaren. Er holte zuerst das alte Gewehr vom Wandbord und zerschlug es an der steinernen Herdumrandung. Der Schaft zersplitterte schon beim ersten Hieb.

Dieser Zerstörungsakt ließ den Oldtimer die Sprache wiederfinden.

»Verdammt, was soll das?«, rief er empört. »Ihr könnt doch nicht mein Eigentum vernichten! Was wollt ihr überhaupt? Wenn ihr hier Geld zu finden hofft, seid ihr an der falschen Adresse!«

»Nur die Ruhe bewahren!«, knurrte der Große, der ihn mit dem Revolver bedrohte. Er trug einen karierten Umhang nach Art der Mexikaner und einen breitrandigen Hut mit einem Band aus Schlangenhaut. An den Stiefeln hatte er riesige Sporen. Seine Gesichtszüge waren verwegen.

Der Kraushaarige warf das zertrümmerte Gewehr in eine Ecke und kam dann zum Tisch, um den Oldtimer ziemlich gründlich nach Waffen zu durchsuchen.

»Soll ich mir auch die Kleine vornehmen?«, fragte er, nachdem er außer einem Messer nichts finden konnte. »Sie hat vielleicht auch so ein Ding unter ihrem Kleid versteckt.«

Der Mann mit dem Umhang winkte ab. Nur kurz streiften seine Augen das dunkelhaarige, etwa zwanzigjährige Mädchen, dann richtete sich sein Blick wieder auf ihren Vater.

»Du bist doch Jed Hawkins, der Totengräber?«

»Ja, warum? Ich habe diesen Job an den Nagel gehängt.«

»Wir brauchen dich trotzdem.«

»Mich?«, fragte Old Jed verblüfft. »Wozu denn?«

»Das wirst du schon sehen, mach dir nur keine Sorgen. Es passiert dir auch nichts, wenn du uns keine Schwierigkeiten machst.«

»Und was wird aus meiner Tochter?«

»Die bleibt hier. Gefesselt natürlich.« Der Große gab seinem Kumpan einen Wink.

An einem Wandhaken hing ein Lasso. Der Kraushaarige nahm es an sich, trat damit hinter das Mädchen und schlang das Seil mehrmals um ihren Oberkörper und die Stuhllehne.

Paquita ließ es schweigend über sich ergehen. Man konnte fast glauben, sie sei stumm. Sie war ein Halbblut. Ein glutäugiges, verteufelt hübsches Geschöpf, an dem alle Rundungen genau stimmten, was der Kraushaarige natürlich nicht übersah.

Doch obwohl er sich gerne näher mit dem Mädchen beschäftigt hätte, belästigte er es nicht.

Zum Schluss band er noch Paquitas Beine an den Stuhlbeinen fest und machte einen Knoten.

»So, das hält, denke ich«, sagte er mit einem schiefen Grinsen. »Von allein kommt sie nicht los.«

Sein Kumpan nickte.

»Steh auf, Hawkins!«, befahl er.

Der Oldtimer erhob sich. Sein Blick traf sich noch mal mit dem seiner Tochter, in deren Augen er Furcht erkannte. Bevor er etwas sagen konnte, bekam er einen Stoß versetzt, dass er zur Tür hin taumelte.

»Vorwärts, Alter! Draußen liegt dein Sattel. Heb ihn auf und trag ihn zum Korral!«

»Dad!«, rief Paquita. »Du kommst doch zurück?«

Der großgewachsene Bursche drehte sich grinsend nach ihr um.

»Klar kommt er zurück. Es besteht kein Grund zur Aufregung. Wenn er seine Pflicht getan hat, lassen wir ihn wieder laufen.«

»Wann?«

Paquita bekam keine Antwort mehr, denn die Fremden verließen mit ihrem Vater die Hütte.

Draußen warf ihnen die Nachmittagssonne ihre sengenden Strahlen entgegen. Die Luft schien zu kochen. Grelles Licht lag über dem Hof des kleinen Anwesens am Rand des ausgetrockneten Flussbetts.

Vom Schuppen her näherte sich ein stoppelbärtiger Bursche, der mit seiner dürren Gestalt und seiner lauernden Haltung einem ausgehungerten Wüstenwolf glich. Auch er hielt einen Colt in der rechten Faust, während er in der Linken einen Spaten hatte.

»Ist er das?«, erkundigte er sich mit einem forschenden Blick auf Jed Hawkins.

Als der Anführer bejahte, klemmte er sich den Spaten unter den Arm, steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen lauten Pfiff aus.

Es war das Zeichen für einen vierten Kumpan, der in einem nahen Versteck mit den Pferden gewartet hatte. Hufschlag ertönte. Jed Hawkins sah einen ziemlich fetten Kerl, der auf einem Falben saß und mit den anderen drei Tieren hinter einer Buschinsel auftauchte.

»Weiter, Alter!« Der Anführer schob Old Jed zum Korral, in dem einige Pferde standen. »Mach das Gatter auf und hol dir einen Gaul raus! Aber einen, der nicht nach drei Meilen zusammenbricht. Los, mach schon, Totengräber! Du wirst mit uns zum Boothill von Mesilla reiten und uns dort ein bestimmtes Grab zeigen.«

»Und wozu brauchen wir den Spaten?«

»Du stellst zu viele Fragen, Totengräber. Sattle dir endlich ein Pferd, verdammt noch mal! Oder glaubst du, wir haben unsere Zeit beim Pokern gewonnen?«

Da holte Old Jed einen Braunen aus der Umzäunung und legte ihm den Sattel auf. Dann ritt er mit den vier Kerlen nach Norden.

Die Nacht war längst hereingebrochen, als sie den Rio Grande durchquerten, an dessen östlichem Ufer die kleine Stadt Mesilla lag. Fast zwanzig Meilen hatten sie bis hierher zurücklegen müssen.

Prustend wateten die Pferde durch das seichter werdende Wasser ans Land und wurden von ihren Reitern gezügelt. Die Männer blickten forschend den Uferhang hinauf, über dem sich dunkel die Häuser erhoben.

»Fast keine Lichter mehr«, sagte der Anführer der Bande zufrieden. Er hieß Phil Hatcher und war knapp über dreißig Jahre alt. »Es liegt wohl schon alles im Bett. Einen günstigeren Zeitpunkt hätten wir uns nicht aussuchen können.«

Diese Worte beseitigten in Jed Hawkins den letzten Zweifel darüber, dass die Kerle eine verbotene Sache vorhatten. Es schien ihnen viel daran zu liegen, nicht bemerkt zu werden.

»Trotzdem sollten wir um die Stadt einen größeren Bogen machen«, meinte der dicke Dobbins. »Es wird zwar niemand mehr in der Gegend herumlaufen – schon gar nicht auf dem Friedhof –, aber man kann nie wissen.«

»Du hast recht, so spät ist es auch wieder nicht«, gab Hatcher zu. »Es könnte immerhin noch ein Saloon offen haben. Also genügend Abstand zu den Häusern!«

Er trieb sein Pferd wieder an und ritt im Schritt weiter, dicht gefolgt von dem kraushaarigen Curly. Dahinter kam Jed Hawkins, auf den die am Schluss reitenden Banditen ihre Gewehre richteten.

Obwohl der Mond schien, mussten sie nicht befürchten, gesehen zu werden, als sie querfeldein durch die Sanddünen ritten. Ein Buschgürtel lag zwischen ihnen und der Stadt.

Schließlich bogen sie nach rechts ab und hielten auf einen Hügel zu, auf dem sich der Friedhof befand. Die Kerle besaßen anscheinend gute Ortskenntnisse.

Schon wurden verschwommen die ersten Gräber sichtbar. Holzkreuze schimmerten matt in der Dunkelheit. Da und dort ragte im bleichen Mondlicht auch ein roh behauener Gedenkstein auf. Oleanderbüsche und Wildrosenhecken, die zwischen den oftmals verwilderten Grabhügeln wuchsen, verströmten einen betäubenden Duft.

Der Hufschlag wirkte störend in dieser feierlichen, ein wenig unheimlichen Stille, die hier herrschte.

»Halt, Freunde!« Phil Hatcher zügelte auf der Hügelkuppe sein Pferd und stellte es quer. Sein Blick richtete sich auf Jed Hawkins.

»Also, da wären wir, Oldman. Nun wirst du uns mal verraten, wo du einen gewissen Fred Williams begraben hast.«

»Fred ... Williams ...?«

»Ja, Oldman. Du erinnerst dich doch an ihn?«

Der ehemalige Totengräber nickte.

»Klar. Er war der Sohn des Storebesitzers. Ist noch kein halbes Jahr her, dass er bei einem Pokerspiel erschossen wurde.«

»Warum er ins Gras gebissen hat, ist uns egal«, versetzte Hatcher kalt. »Aber du hast recht, es ist noch kein halbes Jahr her. Fünf Monate sind es genau. Also, wo ist sein Grab?«

Der Alte überlegte kurz und wies dann nach rechts.

»Da drüben, neben den zwei alten Cottonwoods. Was, beim Geier, wollt ihr denn dort?«

Er bekam keine Antwort, wie ihm auch unterwegs keine einzige Frage beantwortet worden war. Seufzend setzte er seinen Braunen wieder in Bewegung und ritt mit seinen Entführern auf die genannte Stelle zu.

Unter den knorrigen Bäumen, deren weitausladende Äste einen dunklen Schatten warfen, stiegen die Männer von den Pferden und banden sie fest. Einer der Kerle drückte Old Jed den mitgebrachten Spaten in die Hand.

»Hier, Alter, dein Werkzeug!«

Der Totengräber starrte auf den Spaten und ging dann wortlos auf das außerhalb des Baumschattens liegende Grab zu. Es war mit Blumen bepflanzt und wirkte gepflegt.

»Ist es auch wirklich das richtige?«, fragte hinter ihm Hatcher.

»Überzeug dich doch selbst. Der Name steht auf dem Kreuz.«

Hatcher beugte sich vor, um die Inschrift in der Dunkelheit entziffern zu können.

»Okay, Oldman«, sagte er und nickte. »Dann spuck mal in die Hände und mach dich an die Arbeit!«

»Arbeit – was verstehst du darunter?«, erkundigte sich Jed Hawkins unbehaglich.

»Du wirst den Sarg ausbuddeln.«

»Den Sarg ... das kann doch nicht dein Ernst sein!«

»Doch, du hast schon richtig verstanden.« Phil Hatcher grinste. »Also los, Totengräber, worauf wartest du noch? Fang an, und beeil dich gefälligst ein bisschen! Wir wollen uns hier nämlich nicht die ganze Nacht um die Ohren schlagen.«

Da ging Old Jed ans Werk. Es blieb ihm keine andere Wahl.

Seine Entführer brannten sich Zigaretten an und schauten ihm zu.

Der Grabhügel war bald abgetragen. Nun hieß es, in die Tiefe zu gehen. Jed Hawkins zog seinen Rock aus, denn es war ihm bereits warm geworden. Dann packte er wieder den Spaten und stieß ihn in die Erde.

Schaufel um Schaufel an Erde, Sand und Steinen warf er aus der größer werdenden Grube, in der er schon nach einer Stunde bis zu den Hüften verschwand.

Dennoch ging es den Kerlen nicht schnell genug.

»Verdammt, mach bloß nicht schon wieder eine Pause!«, rief Hatcher ungeduldig, als der Oldtimer wieder einmal verschnaufte. »Du schläfst ja noch ein, wenn du so weitermachst!«

»Ein alter Mann ist keine Dampflokomotive«, brummte der Totengräber. »Ich tue, was ich kann. Im Übrigen solltest du hier nicht fluchen.«

»Erteile mir keine Belehrungen, sondern streng dich gefälligst mehr an!«, knurrte der Bandenführer böse. »Ich will endlich den Sarg zu sehen bekommen!«

Mit gemischten Gefühlen machte Hawkins weiter. Für ihn war es ein Frevel, was er hier tat, doch er tröstete sich damit, dass er es nicht freiwillig machte.

Warum er das Grab öffnen musste, war ihm ein Rätsel. Es konnte doch nicht sein, dass die Kerle an einem Toten interessiert waren. Er war schon sehr gespannt darauf, was sie in dem Grab suchten.

Der Mond war inzwischen ein beträchtliches Stück weitergewandert. Er stand jetzt im Westen und beleuchtete von dort her die gespenstische Szene. Die Schreie eines Käuzchens schallten in fast regelmäßigen Abständen über den Totenacker. Der Vogel saß im Geäst eines Baumes und beobachtete schon eine geraume Weile die nächtlichen Störenfriede.

Der Erdwall auf der einen Seite des Grabes wurde immer höher. Auf der anderen Seite standen die vier Kerle und traten ungeduldig von einem Bein aufs andere.

»Wie tief denn noch?«, krächzte der dürre Cass Lorey. »He, wann wird denn der Sarg endlich zum Vorschein kommen?«

»Es kann nicht mehr lange dauern«, antwortete Hawkins und schippte erneut Erde aus der Grube.

Tatsächlich vergingen nur noch wenige Minuten, bis er mit dem Spaten auf den Sargdeckel stieß. Ein dumpfes Pochen erklang.

»Na endlich!«, rief Hatcher. »Es wurde auch Zeit. Nun schaufle sie frei, die Kiste! Beweg dich, Mann!«

Der Totengräber stand bis zu den Schultern in der zwei Yards langen Grube. Nur kurz schaute er zu den Kerlen hoch, deren Gesichter er über den Grubenrand erkennen konnte, dann scharrte er die Erde von dem Sargdeckel. Es gab knirschende Geräusche.

Als er den Sarg freigelegt hatte, fiel ein rötlicher Lichtschein in die Grube. Einer der Halunken hatte eine Kerze angezündet.

»Hier, damit du mehr sehen kannst, wenn du den Sarg aufmachst!«

Hawkins griff zögernd nach der Kerze und leuchtete auf den schwarzen Holzdeckel, auf dem noch ein paar Erdkrumen lagen. Er stand mit je einem Fuß seitlich des Sarges, um nicht einzubrechen. Sein zerfurchtes Gesicht drückte deutlichen Widerwillen aus.

Tote zu begraben, war längere Zeit sein Job gewesen, sein tägliches Brot. Old Jed hatte dabei nie ein ungutes Gefühl empfunden. Tote wieder auszugraben, war jedoch eine Sache, die ihm gar nicht behagte.

»Mach schon!«, drängte Hatcher.