So einfach ist das Leben nicht - Patricia Vandenberg - E-Book

So einfach ist das Leben nicht E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Im Hause Callmer begann der Tag früh. Frank Callmer, Direktor in einer Maschinenfabrik, die dreißig Kilometer vom Wohnhaus entfernt lag, musste ins Werk, die einundzwanzigjährige Valerie zur Uni, Tim, der Neunzehnjährige, und Thomas, gerade elf Jahre alt geworden, und von seiner Geburtstagsfeier anscheinend noch ein bisschen mitgenommen, gingen aufs Gymnasium. Petra Callmer stand immer schon um halb sieben Uhr auf, um ihre Familie mit einem guten Frühstück ins Alltagsleben zu entlassen. An diesem Morgen aber war ihr das Aufstehen ziemlich schwergefallen, sie fühlte sich nicht ganz wohl, und in der letzten Zeit hatte sie öfter mal unter Kreislaufstörungen gelitten. Sie ließ es sich nicht anmerken, aber sie hatte nun doch beschlossen, Dr. Norden einmal wieder aufzusuchen. »Du bist blass, Liebes«, bemerkte Frank Callmer, als er sich von seiner Frau mit dem üblichen Kuss verabschiedete. »Fehlt dir was?« »Ein bisschen schlapp, es wird am Wetter liegen«, erwiderte sie. »Geht schon vorüber.« »Bei mir wird es heute spät werden. Besuch aus Japan kommt, und ich werde sie zum Essen ausführen müssen, aber es steht noch nicht fest. Ich rufe dich an.« Sie bekam noch einen Kuss, dann eilte er zu seinem Wagen. Von den Kindern hatte er sich schon vorher verabschiedet, aber Petra begleitete ihn immer bis zum Gartentor. Die beiden Buben waren dann die Nächsten, die aufbrechen mussten. Tim überragte seine zierliche Mutter schon um einen halben Kopf. Er stand kurz vor dem Abitur, aber er hatte weder Examensangst, noch wurde er von den Eltern unter Druck gesetzt. Der kleine Thomas, er war wirklich noch klein für seine

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Dr. Norden Bestseller – 224–

So einfach ist das Leben nicht

Patricia Vandenberg

Im Hause Callmer begann der Tag früh. Frank Callmer, Direktor in einer Maschinenfabrik, die dreißig Kilometer vom Wohnhaus entfernt lag, musste ins Werk, die einundzwanzigjährige Valerie zur Uni, Tim, der Neunzehnjährige, und Thomas, gerade elf Jahre alt geworden, und von seiner Geburtstagsfeier anscheinend noch ein bisschen mitgenommen, gingen aufs Gymnasium.

Petra Callmer stand immer schon um halb sieben Uhr auf, um ihre Familie mit einem guten Frühstück ins Alltagsleben zu entlassen. An diesem Morgen aber war ihr das Aufstehen ziemlich schwergefallen, sie fühlte sich nicht ganz wohl, und in der letzten Zeit hatte sie öfter mal unter Kreislaufstörungen gelitten. Sie ließ es sich nicht anmerken, aber sie hatte nun doch beschlossen, Dr. Norden einmal wieder aufzusuchen.

»Du bist blass, Liebes«, bemerkte Frank Callmer, als er sich von seiner Frau mit dem üblichen Kuss verabschiedete. »Fehlt dir was?«

»Ein bisschen schlapp, es wird am Wetter liegen«, erwiderte sie. »Geht schon vorüber.«

»Bei mir wird es heute spät werden. Besuch aus Japan kommt, und ich werde sie zum Essen ausführen müssen, aber es steht noch nicht fest. Ich rufe dich an.« Sie bekam noch einen Kuss, dann eilte er zu seinem Wagen.

Von den Kindern hatte er sich schon vorher verabschiedet, aber Petra begleitete ihn immer bis zum Gartentor.

Die beiden Buben waren dann die Nächsten, die aufbrechen mussten. Tim überragte seine zierliche Mutter schon um einen halben Kopf.

Er stand kurz vor dem Abitur, aber er hatte weder Examensangst, noch wurde er von den Eltern unter Druck gesetzt. Der kleine Thomas, er war wirklich noch klein für seine elf Jahre, hatte dagegen immer Angst vor einer Schulaufgabe, und an diesem Tag war Latein auf dem Plan

»Mir ist gar nicht gut, Mami«, murmelte er.

»Mach dir doch nicht so viel Gedanken, Thommy«, sagte Petra tröstend, »wir schimpfen doch nicht, wenn es eine schlechte Note gibt. Aber du bist ja wirklich fiebrig«, fügte sie dann bestürzt hinzu, als sie die Hand auf seine Stirn gelegt hatte.

»Dann soll er lieber gleich zu Hause bleiben«, sagte Tim. »Ist besser, als wenn er sich noch aufregt.«

Die beiden Großen hingen sehr an Thommy, und auch Valerie, die Medizinstudentin, holte sofort das Fieberthermometer.

Und gar so selbstverständlich war diese Fürsorge der Älteren gar nicht, denn Valerie und Tim hatten einen anderen Vater. Sie waren von Petra vor dreizehn Jahren mit in diese zweite Ehe gebracht worden, die sie dann für so vieles entschädigte und überaus glücklich gemacht hatte.

Acht und sechs Jahre alt waren ihre Kinder damals gewesen, und eigentlich waren sie es, die sich für Frank entschieden hatten, während Petra noch gezögert hatte.

Jetzt konnte sie nicht länger darüber nachdenken. Sie rief Dr. Norden an, als Valerie gesagt hatte, dass Thommy fast vierzig Fieber hätte.

»Ich darf heute leider die Vorlesung nicht versäumen, Mami, sonst würde ich hierbleiben«, sagte Valerie.

»Das wird nicht nötig sein. Dr. Norden wird gleich kommen. Bei Thommy geht das Fieber schnell hinauf, und dann auch wieder schnell herunter. Er hat gestern sicher zu viel durcheinandergegessen.«

Petra zeigte nie, wie besorgt sie wirklich war, wenn einem Familienmitglied etwas fehlte, und dann vergaß sie meist auch ihre augenblicklichen Wehwehchen, doch an diesem Tag wollte das unbehagliche Gefühl nicht weichen.

Dr. Norden kam, als Valerie das Haus verließ. Die Begrüßung war herzlich. Man kannte sich seit Jahren, und für Valerie war Dr. Norden als Arzt ein leuchtendes Vorbild. Sie wollte auch so werden wie er.

»Schauen Sie bitte auch Mami an«, sagte sie leise. »Sie ist öfter so blass.«

Zuerst aber musste Dr. Norden Thommy untersuchen, der ziemlich apathisch in seinem Bett lag.

»Da hat er sich aber eine ordentliche Grippe eingefangen«, stellte Dr. Norden fest.

»Und ich habe noch gar nichts davon bemerkt«, machte sich Petra Vorwürfe. »Ob in mir auch eine steckt, die sich durch Schlappheit bemerkbar macht?«

»Da schauen wir gleich einmal nach. Wie war es denn bei dir, Thommy?«

»Na ja, Kopfweh hatte ich schon, aber ich hatte doch gestern Geburtstag.«

»Und da wolltest du gern feiern«, sagte Dr. Norden lächelnd.

»Es war auch noch gar nicht so schlimm. Essen konnte ich auch, aber nicht so viel wie sonst.«

»Und jetzt tut dir alles weh«, stellte Dr. Norden fest.

»Ja, so der ganze Körper, und so ein Kratzelhusten kommt.«

Dr. Norden war sonst nicht dafür, gleich mit Antibiotika zu kommen, aber das Fieber war so hoch, dass die üblichen Mittel wohl doch nicht ausreichen würden.

Thommy schlief nach der Injektion gleich ein, und nun konnte sich Dr. Norden Petra zuwenden.

»Schmerzen?«, fragte er, sie forschend ansehend.

»Nein, nur Schlappheit.«

Er konnte feststellen, dass sie einen zu niedrigen Blutdruck hatte, aber um ganz sicher zu gehen, wollte er doch eine Blutuntersuchung machen und auch ein EKG. Dazu musste Petra dann aber in die Praxis kommen, und das wollte sie erst, wenn es Thommy wieder besser ginge.

»Es kann natürlich auch sein, dass Sie etwas ausbrüten«, sagte Dr. Norden, »aber momentan kann ich noch nichts feststellen. Die Bronchien sind frei, der Puls ist normal. Ich schreibe Ihnen ein Rezept auf, auch für Thommy.«

»Ich kann ihn jetzt aber nicht alleinlassen«, sagte Petra.

»Ich bringe es zur Apotheke, und die schicken es Ihnen gleich. Frau Mandl ist sehr nett.«

»Vielen Dank, Dr. Norden«, sagte Petra.

»Ich schaue am Abend noch mal vorbei, und falls etwas sein sollte, was ich nicht glaube, rufen Sie an.«

Petra wusste, dass sie sich jederzeit auf ihn verlassen konnte.

Sie setzte sich ein paar Minuten an Thommys Bett und beobachtete ihn, aber er schlief ganz fest, und da vernahm sie auch schon den Türgong.

Die Medikamente wurden gebracht. Frau Mandl kam selbst. Man kannte sich.

»Es sind ja viele Leute krank«, sagte Frau Mandl. »Ich weiß nicht, die wie vielte Grippewelle das dieses Jahr schon ist. Hoffentlich geht es Thommy bald besser, und schonen Sie sich auch, Frau Callmer.«

*

Petra hatte die vorgeschriebenen zehn Tropfen des Kreislaufmittels genommen und dann begonnen, die üblichen Hausarbeiten zu verrichten. Sie fühlte sich ein bisschen wohler. Eine Zugehfrau kam nur zweimal in der Woche für sechs Stunden. Das reichte, da Valerie und Tim sehr ordnungsliebend waren, wenngleich sie dafür auch gern ein zusätzliches Taschengeld kassierten.

Sie machten ihnen keine Sorgen. Beide hatten nichts von den schlechten Eigenschaften ihres leiblichen Vaters in sich, an den sie sich gar nicht erinnern konnten und an den Petra sich nicht erinnern wollte.

Und doch sollte dies ausgerechnet an diesem Tag geschehen. Petra hatte gerade ihren Mann angerufen und ihm gesagt, dass Dr. Norden schon dagewesen sei und Thommy eine Grippe hätte, als der Türgong wieder ertönte.

»Es kommt jemand, vielleicht die Post«, sagte Petra hastig.

»Ich rufe später noch mal an«, sagte Frank. »Nur die Ruhe bewahren, Liebes.«

Ja, diese Ehe war unendlich glücklich geworden, obwohl Petra gemeint hatte, nie wieder einem Mann trauen zu können.

Der Gong ertönte zum zweiten Mal, und Petra eilte zur Tür. Es war der Postbote, der einen dicken eingeschriebenen Brief brachte.

»Aus Amerika«, sagte er.

Petra hatte es bemerkt und hielt den Atem an. Ihre Hand zitterte, als sie den roten Zettel unterschrieb. Der Brief war an sie adressiert. Er wog schwer in ihrer Hand, aber noch schwerer war es ihr ums Herz.

Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, hatte ihr nur Unglück gebracht.

Aber dieser Brief sah nicht nach einem persönlichen Schreiben aus. Petra legte ihn auf ihren Schreibtisch, und dann ging sie erst wieder zu Thommy, aber der schlief noch und spürte auch gar nicht, wie sie ihre Hand auf seine Stirn legte. Das Fieber war schon gesunken, und er atmete ganz ruhig.

Thommy, ihn liebte sie mit aller Hingabe, weil sie seinen Vater so sehr liebte. Insgeheim machte sie sich oft Vorwürfe, weil sie Valerie und Tim diese innige Liebe nicht entgegengebracht hatte, obgleich sie sich bemühte, ihnen eine gute Mutter zu sein, aber in ihr war immer die Angst gewesen, dass sie Bill ähnlich werden könnten, diesem Bill Jordan, den sie doch einmal zu lieben geglaubt hatte.

Petra ging in ihr Zimmer zurück. Sie starrte den Brief an, aber dann schlitzte sie fast zornig den Umschlag auf.

Der Absender wies sich als Rechtsanwalt Dr. Barrister aus und zugleich Testamentsvollstrecker von Mr James Jordan.

Was hat das mit uns zu tun?, ging es Petra durch den Sinn, die keinerlei Verbindung mehr zu ihrem ehemaligen Schwiegervater hatte, der nun verstorben war.

Sie sollte es bald wissen, was dies zu bedeuten hatte, und ihr wurde ganz schwindelig. James Jordan hatte Valerie und Tim mit der Hälfte seines Vermögens bedacht, ihr selbst zehn Prozent zugedacht. Sein Sohn Bill sollte zwanzig Prozent bekommen, und die anderen zwanzig Prozent fielen an verschiedene Mitarbeiter.

So war zusammengefasst der Inhalt dieses Schreibens, das sich über viele Seiten erstreckte.

Dr. Barrister teilte Mrs Callmer in höflichen Worten mit, dass Mr James Jordan es seinem Sohn nicht verziehen hätte, dass er auf seine Kinder verzichtet hatte, aber durch Nachforschungen in Erfahrung bringen konnte, dass sie in ausgezeichneten Verhältnissen aufgewachsen wären, und deshalb hätte er auch Mrs Callmer nachträglich für die ihr versagten Unterhaltsansprüche entschädigen wollen.

Dr. Barrister erklärte sich in diesem Schreiben auch bereit, zu einer persönlichen Kontaktaufnahme nach München zu kommen und Mrs Callmer einen Termin bestimmen möge.

»O Gott!«, flüsterte Petra, und für ein paar Sekunden schien sich alles um sie zu drehen.

Sie raffte sich auf, nahm nochmals zehn Tropfen von dem Kreislaufmittel, weil sie ganz einfach vergessen hatte, dass sie die Tropfen schon mal genommen hatte, und dann fühlte sie sich ganz plötzlich wirklich viel leichter. Das wird Bill einen schönen Schlag versetzt haben, dachte sie mit einer fast frivolen Freude, aber dann kam gleich wieder der Gedanke, wie sie das Valerie und Tim beibringen konnte.

Sie saß da, in sich versunken, und nun wanderten ihre Gedanken doch in die Vergangenheit, zweiundzwanzig Jahre zurück.

Ihre Eltern waren nach dem Krieg nach Kanada ausgewandert, und sie hatten dort mit viel Fleiß ihr Glück gemacht, wie so viele. Reich waren sie zwar nicht geworden, aber es war ihnen immer gut gegangen, und sie hatten ihre zwei Kinder studieren lassen können. Petras zwei Jahre jüngerer Bruder war Ingenieur geworden.

So weit hatte Petra ihre Gedanken nicht enteilen lassen wollen. Er wäre jetzt neununddreißig, ging es ihr durch den Sinn, und Wehmut erfasste sie. Jeffrey war bei einem Testflug tödlich verunglückt.

Es war seltsam, aber alle Gedanken an ihre eigene Vergangenheit wollte sie auch jetzt noch verdrängen. Aber sie ließen sich nicht verdrängen.

Sie war achtzehn, als sie auf ein College kam. Freunde ihrer Eltern lebten in Kalifornien und hatten eine gleichaltrige Tochter, Susan.

Susan war ein lebenslustiges Mädchen mit viel Temperament, und immer von einem Schwarm junger Männer umgeben. Petra lag das nicht so, aber sie ging doch ein paar Mal mit auf Partys, und da hatte sie Bill Jordan kennengelernt.

Bill, den Sohn des großen James Jordan. Bill, der sich alles leisten konnte, dem die Mädchen nachliefen, der tolle Autos fuhr und blendend aussah.

Und Bill hatte sich ausgerechnet für die recht schüchterne Petra Busching interessiert, die gar nicht daran dachte, ihm nachzulaufen, geschweige denn damit rechnete, dass er sie überhaupt wahrnehmen würde.

Sie konnte es nicht fassen. Sie schwebte auf rosaroten Wolken, neunzehn Jahre jung und völlig unerfahren.

Susan hatte sie gewarnt, aber Petra hatte gedacht, sie sei nur eifersüchtig. Und alle staunten, als Bill Jordan mit Zustimmung seines Vaters die zierliche Petra heiratete. Es war eine glanzvolle Hochzeit gewesen. Petras Eltern hatten es sich nicht nehmen lassen, sie in großem Rahmen auszustatten, und nur ein Schatten fiel damals auf das junge Glück, denn Petra fand zu ihrer Schwiegermutter keinen Kontakt. June Jordan hatte mit ihrem attraktiven Sohn ganz andere Pläne gehabt, und sie vergötterte Bill nahezu.

James Jordan war ein kühler Geschäftsmann. Er mischte sich in die Privatangelegenheiten der jungen Leute nicht ein, und seine Frau konnte tun und lassen, was sie wollte. Es schien ihn auch nicht zu stören, dass sie Amouren hatte. Für Petra hatte er jedoch immer freundliche Worte.

Als Valerie geboren wurde, schenkte er Petra kostbaren Brillantschmuck, und das missfiel June. Dass Bill während der Schwangerschaft seiner jungen Frau lustig drauflos gelebt hatte, war seiner Mutter nur willkommen. Dass er nach der Geburt eine ernsthafte Affäre mit einer Schauspielerin hatte, blieb auch Petra nicht verborgen. Sie wollte es nicht wahrhaben, dass sie betrogen wurde, aber sie war auch zu stolz, um sich demütigen zu lassen. Es gab eine heftige Auseinandersetzung. Petra kehrte zu ihren Eltern zurück und erfuhr erst dann, dass sie wieder schwanger war.

June Jordan hatte es geschafft. Ihr Sohn reichte die Scheidung ein wegen böswilligen Verlassens, aber ganz so, wie er es sich vorgestellt hatte, ging es doch nicht, denn Petra begann sich zu wehren, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. Sie kämpfte um ihre Kinder, und sie hatte ihre Eltern hinter sich, die ja auch nicht gerade arm waren. Sie verzichtete auf jegliche Unterhaltszahlungen und bekam die Kinder zugesprochen. Bill hätte sie auch gar nicht gewollt.

Aller Illusionen beraubt, lebte Petra mit ihren Kindern bei ihren Eltern ganz zurückgezogen. Doch dann traf sie ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Ihr Bruder verunglückte, die schon kränkelnde Mutter zerbrach an dieser Tragödie, der Vater fand sich im Leben nicht mehr zurecht und übergab die Leitung seiner Fabrik Mitarbeitern, die dann in ihre eigene Tasche wirtschafteten.

Aber da war der junge deutsche Ingenieur Frank Callmer gekommen, der dann noch retten konnte, was noch zu retten war, weil er sehr rasch den Durchblick gewonnen hatte.

Sein Vater war mit Robert Busching im Krieg gewesen. Die Verbindung war nie abgerissen, und eines Tages hatte Frank vor der Tür gestanden und Grüße von seinem Vater gebracht. Und er hatte auch zugegeben, dass er hoffe, dass Robert Busching ihm zu einer Stellung verhelfen könnte. Er hatte sie bekommen und war geblieben. Dann hatte er sich mit Valerie und Tim angefreundet, während Petra noch ganz auf Abwehr eingestellt war.

Aber als dann auch ihr Vater plötzlich einem Herzinfarkt erlag, hatte sie Frank als einen wahren Freund kennengelernt. Er sagte ihr, dass er nicht für immer in Kanada leben wollte, dass er auch die Chance hätte, in Süddeutschland eine gute Stellung zu bekommen, und dass es für sie vielleicht besser sei, alles hinter sich zu lassen, was doch nur Leid in ihr Leben gebracht hätte.

»Ich liebe dich, Petra«, hatte er gesagt, »und ich liebe die Kinder. Lass uns gemeinsam ein neues Leben beginnen.«

Sie hatte nicht gleich ja gesagt. Zu viele Zweifel waren in ihr, dass sie zuerst die Kinder fragte.

»Frank geht nach Deutschland«, hatte sie gesagt.

»Aber wir doch auch, Mami«, hatte Valerie sofort gesagt.

»Wir haben Frank mächtig lieb, Mami«, hatte Tim hinzugefügt.

Aber den Ausschlag hatte letztlich doch ein Brief gegeben, der gerade in diesen Tagen bei ihr eintraf. Er kam von James Jordan, der ihr in freundlichsten Worten schrieb, wie sehr er es bedauere, dass sie nun auch ihren Vater verloren hätte.

Da die zweite Ehe seines Sohnes kinderlos sei und wohl auch bleiben würde, wollte er ihr das Angebot machen, die Fürsorge für die Kinder ihm zu überlassen, und er würde sie für den Rest ihres Lebens finanziell absichern.

Sie hatte diesen Brief nicht beantwortet, nur ihre Sachen gepackt und Frank ihr Jawort gegeben, und als sie nach Deutschland flogen, hatte sie nur gehofft, dass sie nie wieder mit dem Namen Jordan konfrontiert werden würde, und damals dachte sie nicht daran, welche Schwierigkeiten noch auf sie zukommen würden, als Frank dann die Adoption in die Wege leitete.

Wie war es ihm eigentlich gelungen, diese durchzusetzen? So genau konnte sich Petra gar nicht daran erinnern, weil sie manches wirklich hatte verdrängen können. Und für sie hatte ja ein ganz neues, ein so unendlich glückliches Leben begonnen mit einem Mann, der sie so innig liebte, der den Kindern ein guter Vater wurde, der überglücklich war, als Thomas geboren wurde und seine Frau einhüllte in Liebe und Zärtlichkeit. Er hatte es verstanden, die bösen Erinnerungen zu vertreiben, den seelischen Schaden, den ein egoistischer Mann, der nur sich und seine Bedürfnisse akzeptierte, angerichtet hatte, vergessen zu lassen.

Dreizehn Jahre Glück – sollte die Dreizehn tatsächlich eine Unglückszahl sein?