Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Geschlagen, vergewaltigt, erniedrigt und ausgebeutet - das makabre Schicksal des Flüchtlingsmädchens Sue aus Syrien! Erst Krieg, dann Flucht, die ewige knallharte Armut! Nur der Schleuser konnte bezahlt werden - dafür aber wollte er Sex. Mehrmals wurde Sue an der türkischen Grenze weggejagt. Aber plötzlich lernt sie einen jungen Mann kennen. Ist er ein Engel? Mit seiner Hilfe schafft sie die Flucht, kommt nach Deutschland und kann sich ein neues Leben aufbauen. Doch so schnell wie der vermeintliche Helfer gekommen war, ist er auch schon wieder weg. Sue bleibt allein, doch sie ist stark und schafft es, sich durchzusetzen - und am Ende wird doch alles gut. Viele Dinge in diesem Buch sind schwer zu erklären. Sie scheinen unglaublich, unfassbar zu sein. Aber sind sie wirklich unmöglich? Sind sie undenkbar oder gar fern aller Realität? Kann ein Mensch alles schaffen, wenn er nur die Hoffnung an das Unvorstellbare niemals aufgibt? In diesem Buch könnten Sie die Antwort auf diese Frage erkennen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 161
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Idee, Design & Layout: PiT
Alle Stories sind frei erfunden.
Das Ehepaar
Die Gedenktafel
Das alte Auto
Zwischenfall
Fische
Schneemenschen
Der Schornsteinfeger
Kellys Wunder
Mutters Licht
Das Beste im Leben
Die alte Schreibmaschine
Engel der Träume
Babyklappe
Schokoladenweihnachtsmann
Die Quelle
Jobsuche
Krimi
Verkauf
Bist du noch da?
Schiffsreise
Lawine
Lederjacke
Der Schatz
Phantomkutsche
Gesangsunterricht
Nachtspaziergang
Sue
Während meines Studiums hatte ich mich in einem kleinen Haus am Stadtrand eingemietet. Das Haus lag am Ende einer schmalen Straße und befand sich vor einem großen Waldstück. Es war ein idyllischer Ort, der nur leider ein bisschen weit von der Uni entfernt lag. Aber es war das preiswerteste Angebot, welches ich finden konnte. Allerdings war es auch die spannendste und unfassbarste Zeit meines Lebens, die ich dort verlebte. Das alte Ehepaar, Marga und Kurt, welches mir das kleine Zimmer vermietete, lebte sehr zurückgezogen in dieser abgelegenen Gegend. Sie erschienen mir ein bisschen wunderlich und trugen beide seltsame silberne Ketten mit großen bunten Steinen um den Hals. Die beiden waren nicht mehr sehr gut zu Fuß und weil sie sich wegen ihrer kleinen Rente nicht jedes Mal einen Boten leisten konnten, der ihnen die Einkäufe erledigte, erklärte ich mich bereit, ihnen die nötigsten Einkäufe in der Stadt zu erledigen. Dafür durfte ich sogar meinen Computer an deren Telefonanlage anschließen und jeden Tag eine Stunde im Internet surfen. Eines Tages fiel mir auf, dass mich der ziemlich unangenehme Sohn der Nachbarsfamilie argwöhnisch beobachtete. Immer, wenn ich von der Uni kam, passte er mich ab und gab zweifelhafte Kommentare von sich. Ich hatte ihm nichts getan, aber er schien mich aus irgendeinem Grunde zu hassen. Immer wieder hatte er meinen Wagen attackiert, in dem er die Reifen zerschnitt oder den ohnehin beschädigten Lack mit weiteren unschönen Kratzern verunstaltete. Obwohl ich ihn einmal dabei ertappte, ihn warnte, dass zu unterlassen, ließ er es nicht. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, warum er das tat. Und weil dieser Typ einfach keine Ruhe gab, erzählte ich das den beiden Alten. Allerdings kam ich mir irgendwie schuldig dabei vor, denn ich wollte sie nicht mit meinen Schwierigkeiten belasten. Sie sollten keinen Ärger wegen mir bekommen. Doch Marga winkte ab. Sie meinte, dass sie schon Schlimmeres gehört hätte und ich mir keine Sorgen machen müsste. Außerdem ergänzte sie noch, dass es gut wäre, es ihr gesagt zu haben. Sie spendierten mir sogar vier neue Reifen, was mir besonders unangenehm war. Als ich am nächsten Tag wieder sehr spät von der Uni kam, vermisste ich den aufdringlichen Kerl. Auch an den darauffolgenden Tagen wurde ich nicht belästigt und mein Wagen wurde in Ruhe gelassen. Ich freute mich natürlich darüber. Dennoch stutzte ich, als eines Tages die Polizei vor dem Nachbargrundstück hielt. Kurt erzählte mir mit einem merkwürdigen Unterton, dass der Nachbarssohn verschwunden sei. Seit Tagen wäre er vermisst und man könnte sich keinen Reim darauf machen, wo er sei. Man hatte lediglich eine Blutlache im Keller des Anwesens finden können. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken und ich wusste nicht so genau, ob ich weiter in dieser verlassenen Gegend bleiben wollte. Vielleicht sollte ich mir doch eine teurere Bleibe in der Stadt suchen? Marga jedoch wollte davon nichts wissen. Mit einer seltsamen Gelassenheit tat sie die ganze Angelegenheit ab. Vielmehr meinte sie, dass die Nachbarn ohnehin nicht sehr freundlich seien und sie immer aufpassen mussten, dass sie den Gartenzaun nicht demolierten.
Immerhin sei das schon einige Male geschehen. Weil die beiden so lax mit dieser Sache umgingen, machte auch ich mir keinerlei Gedanken mehr um das Verschwinden des Nachbarssohnes. Trotzdem bemerkte ich, dass die Nachbarn von Tag zu Tag immer aggressiver wurden. Sie beschimpften Kurt und Marga über den Gartenzaun und warfen diverse Gegenstände auf deren Grundstück. Eines Abends schien es Marga satt zu haben. Sie stand am Zaun und stritt sich lautstark mit der Nachbarin. Diese sparte nicht mit diversen Kraftausdrücken und Marga hatte ihre liebe Not, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Was sie dann aber von sich gab, ließ mir keine Ruhe. Gerade wollte die Nachbarin zu einer neuerlichen Hasstirade ausholen, da brüllte Marga mit unerwartet rauer Stimme: „Halt den Mund! Oder Du wirst nie mehr etwas sagen können, das schwöre ich Dir!“ Kaum hatte sie das der erschrockenen Nachbarin an den Kopf geworfen, wandte sie sich ab und verschwand im Haus. Ich hatte alles von meinem Zimmer, welches sich unterm Dach befand, beobachtet.
Die Nachbarin stand noch einige Zeit wild gestikulierend am Zaun, verschwand dann aber ebenfalls. In der darauffolgenden Nacht konnte ich vor Nervosität einfach nicht schlafen. Einerseits stand mir am nächsten Tag eine schwierige Klausur bevor und andererseits gingen mir Margas Worte nicht mehr aus dem Sinn. Was hatte sie nur damit gemeint: Oder Du wirst nie mehr etwas sagen? Gegen Mitternacht gelang es mir, endlich die Augen zu schließen und es sah so aus, als ob ich einschlafen könnte. Doch dieses Gefühl währte nicht sehr lange. Denn ich wurde von einem merkwürdigen Geheul aufgeweckt. Sofort fuhr ich hoch und schaltete die kleine Nachtischlampe ein. Das Fenster zum Hof stand offen und ich glaubte, dass dieses Geheul von dort kam. Ich stand auf und schaute durch die Gardine hinaus. Doch ich konnte einfach nichts erkennen. Ich schaltete das Licht wieder aus und erhoffte mir, auf diese Weise etwas mehr zu sehen. Aber da war nichts, nur ein außergewöhnlich großer Hund sprang in Richtung des Nachbargrundstückes über den Zaun. Ich tröstete mich damit, dass vielleicht dieser große Hund so laut geheult hatte. Am nächsten Morgen berichtete ich den beiden Alten von meiner nächtlichen Beobachtung. Die zwei wurden sehr schweigsam und warfen sich einen viel sagenden Blick zu. Doch dann waren sie so wie immer und Marga fragte mich lächelnd, ob ich ihnen wieder etwas aus der Stadt mitbringen könnte. Natürlich bejahte ich das und fuhr wenig später in die Uni. Dort hatte mich irgendjemand bei einem meiner Dozenten denunziert. Der Dozent, der mich ohnehin schon lange auf dem Kieker hatte, bestellte mich in sein Büro und befragte mich zu einer diversen schwarzen Nebenbeschäftigung. Ich wusste nicht, was er meinte und sagte ihm, dass ich nach der Uni lediglich für meine Wirtsleute Besorgungen in der Stadt erledigen würde. Doch der Dozent schien sich nicht beeindrucken zu lassen und fuhr mich unhöflich an, dass ich die Wahrheit sagen müsste, sonst würde er mich anzeigen. Ich wusste nicht, was dieser plötzliche Ausbruch bedeutete, konnte nur ahnen, dass mich irgendjemand loswerden wollte. Vermutlich war ich irgendjemand zu gut und sollte nun von der Uni gemobbt werden. Der Dozent gab mir eine Galgenfrist bis zum nächsten Tage. Sollte ich demnach bis dahin nichts von meiner angeblichen Schwarzarbeit gesagt haben, würde er mich sofort bei der Polizei anzeigen. Natürlich konnte ich ihm sagen was ich wollte, er war derart aufgehetzt, dass es sinnlos war, dem Ganzen etwas entgegen zu setzen. Etwas eingeschüchtert fuhr ich in meine Unterkunft zurück. Marga merkte sofort, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Sie fragte mir regelrecht Löcher in den Bauch und schließlich berichtete ihr von meinem unschönen Erlebnis. Ich erzählte ihr von dem wütenden Dozenten, der mich augenscheinlich loswerden wollte oder sollte. Marga reagierte wieder mit dieser sonderbaren Gelassenheit. Sie verzog nicht einmal ihr Gesicht, als sie meinte, dass ich den morgigen Tag abwarten sollte. Es würde sich ganz sicher alles klären. Ich verstand überhaupt nicht, warum sie so ruhig bleiben konnte.
Interessierte sie das vielleicht nicht? Aber warum hatte sie mich dann so interessiert danach gefragt? Vielleicht hätte ich es ihr doch nicht sagen sollen. Unter keinen Umständen wollte ich, dass sie sich Sorgen machte. Als ich am darauf folgenden Tag in die Uni kam, war die Aufregung groß. Der Dozent, welcher mir das Ultimatum gestellt hatte, war nicht erschienen. Schlimmer noch, man hatte seine Leiche im Garten seines Hauses gefunden. Demnach sei er von einem wilden Tier angefallen worden und derart zugerichtet worden, dass er die Attacke nicht überlebte. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dass er mich möglicherweise schon vor seinem Tode bei der Polizei angezeigt hatte. Doch dem war nicht so. Dafür kam einer meiner Kommilitonen auf dem Gang der Uni auf mich zu und flüsterte mir ins Ohr, dass ich nicht so einfach davonkommen würde. Er würde trotz des Todes des Dozenten dafür Sorge tragen, dass ich wegen meiner angeblichen Schwarzarbeit doch noch zur Verantwortung gezogen würde. Ich verwahrte mich natürlich gegen diese erfundenen Anschuldigungen. Aber ich wusste auch, dass der Kommilitone aus einer angesehenen Bankerfamilie kam und ihm vermutlich mehr geglaubt werden könnte als mir. Und ich hatte wesentlich bessere Leistungen als er und das wurmte ihn mächtig. Vielleicht sollte ich einfach die Uni wechseln und somit dieser Gefahr aus dem Wege gehen.
Immerhin saß er am längeren Hebel. Als ich das am Nachmittag Marga erzählte, wunderte sie sich kein bisschen. Im Gegenteil, sie hatte bereits damit gerechnet. Seltsamerweise wusste sie sogar, um welchen Banker es sich bei dem Vater des Kommilitonen handelte. Es war genau der Banker, der ihnen erst kürzlich eine zweite Hypothek für ein neues Dach ihres Hauses verweigert hatte. Marga sah mich an und beruhigte mich mit den Worten: „Lass uns nur machen, sorge Dich nicht. Alles wird gut. Du darfst nur keine Angst vor diesem Schaumschläger haben, dann klappt´s auch! Besinne Dich auf Dich und auf das, was Du kannst. Das reicht schon aus.“ Damit schien der Fall für sie erledigt. Am nächsten Morgen in der Uni lief ich geradewegs in die Arme der Kripo. „Auch das noch“, murmelte ich vor mich hin. Hatte dieser Streber also ernst gemacht. Aber ich konnte nicht wissen, dass dieser Streber längst tot im Keller der Universität gefunden wurde. Auch er wurde von irgendeinem wilden Tier angegriffen. Doch was es für eines war, wusste keiner. Auch die Kripo tappte im Dunkeln. So langsam beschlich mich ein seltsamer Verdacht: Sollten etwa Kurt und Marga?
Ich verwarf diesen kühnen und vollkommen verrückten Gedanken sofort wieder. Die beiden Alten konnten unmöglich etwas mit den rätselhaften Todesfällen der letzten Tage zu tun haben. Aber wieso betraf es immer diejenigen, welche uns irgendwie Schaden zuführen wollten? Die Nachbarfamilie, der Dozent, der Kommilitone, alle waren auf rätselhafte Weise ums Leben gekommen. Und Kurt und Marga blieben jedes Mal, wenn ich ihnen davon berichtete, so seltsam kühl. Da konnte doch irgendetwas nicht stimmen. Aber vielleicht wollten sie sich auch nur nicht mit diesen schlimmen Dingen befassen. Vielleicht wollten sie einfach nur ihre Ruhe und in Frieden ihren Lebensabend genießen. Sicher machte ich mir völlig umsonst so viele Gedanken. Alles würde sich bald aufklären und ich hätte mir dann vollkommen zu Unrecht über das alte Ehepaar Gedanken gemacht. Die darauf folgende Nacht wurde zum Martyrium für mich. Ich hatte rasende Kopfschmerzen und mir war speiübel. Immer wieder stand ich auf und lief wie aufgezogen durch mein Zimmer. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und wollte nach unten, um einen Arzt anzurufen. Da bemerkte ich, wie schon einmal, wieder dieses merkwürdige Heulen. Diesmal musste es aus dem Keller des Hauses kommen. Vorsichtig schlich ich mich zur Kellertür, die sich in der Küche befand. Die Tür stand offen und ich vermutete, dass einer der beiden dort unten sein musste. Schritt für Schritt tapste ich die kalten steinernen Stufen nach unten. Jetzt war das Heulen so laut zu hören, dass es mir Angst machte. Sollte ich wirklich weitergehen? Was, wenn dort unten ein bissiger Hund lebte? Meine Angst war zwar riesig, doch die Neugierde war noch größer und so stieg ich weiter die schmale Kellertreppe hinab. Als ich unten ankam, glaubte ich, eine fürchterliche Halluzination zu erleiden. Das, was sich da vor meinen Augen abspielte, glich eher einem Horrorfilm als dem realen Leben. In dem halbdunklen Raum liefen zwei riesige schwarze Wölfe im Kreis herum. Sie waren so groß wie ein Kleinwagen und hatten Zähne wie Säbel in ihren riesigen Mäulern. So etwas Furchterregendes hatte ich wirklich noch nie gesehen. In der Mitte des Raumes lag der Kadaver einer Katze. Vermutlich war das die herrenlose Nachbarskatze, die sich die beiden Monster gefangen hatten. Sie schlichen um ihr Opfer herum und stürzten sich schließlich darauf. Schmatzend vertilgten sie das arme Tier in Sekundenschnelle. Ich hatte mich längst hinter einem dicken Balken versteckt und wagte kaum zu atmen. Eigentlich wollte ich sofort wieder umkehren und in mein Zimmer rennen, doch ich war wie gelähmt und konnte mich einfach nicht mehr rühren. Was für ein grausiges Schauspiel, welches sich da vor meinen Augen abspielte. Sollten am Ende diese beiden Monsterhunde…? Ich wagte nicht, weiter zu denken. Und ich wollte es mir auch nicht vorstellen. Ich bemerkte, dass ich meine Beine noch bewegen konnte und schlich mich rückwärts aus diesem Keller des Grauens. Vorsichtig schloss ich die Tür hinter mir und rannte so schnell ich konnte die Kellertreppe hinauf. In meinem Zimmer packte ich meine Sachen zusammen und wartete noch einige Minuten ab. Ich wollte sichergehen, dass keiner der Monster meine Flucht bemerkte. Als das Heulen aufhörte, schlich ich mich aus dem Zimmer und verließ das Haus auf leisen Sohlen.
Es gelang mir tatsächlich, unbemerkt in meinen Wagen zu steigen und mit ausgeschalteten Scheinwerfern die Gegend zu verlassen. Lange irrte ich in der Stadt umher. Ich wusste nicht, wo ich unterkommen konnte. Todmüde hielt ich meinen Wagen an und schlief total erschöpft ein. Es war bereist hell, als ich erwachte. Vor meinem Wagen radelte ein Zeitungsjunge vorbei. Lautstark rief er etwas von einem Brand in einem Siedlungshaus. Noch ziemlich fertig und immer noch müde stieg ich aus und kaufte mir eine Zeitung. Auf der Titelseite stand in fetten Lettern: Siedlungshaus abgebrannt! Entsetzt erkannte ich, dass es das Haus der beiden Alten war, welches abgebrannt war. Offensichtlich musste in der Nacht, nachdem ich das Haus verlassen hatte, irgendetwas Schreckliches geschehen sein. Ich las weiter: Nach der Explosion einer Gasleitung brannte das Siedlungshaus eines alten Ehepaares nieder. Die Leichen konnten nicht gefunden werden. Dafür aber die Knochen zweier riesiger, bisher noch völlig unbekannten Raubtiere. Vermutlich handelte es sich dabei um eine als ausgestorben geltende Wolfsrasse. Ich konnte nicht glauben, was ich da las. Es klang wie eine Gruselgeschichte. Sollten tatsächlich die beiden Alten … niemals … das konnte unmöglich sein! Doch die Fotos in der Zeitung sprachen ihre eigene Sprache und schockierten mich zutiefst. Besonders eines, welches das Ausmaß der Zerstörung darstellte. Neben den verkohlten Knochen in der Asche des Hauses lag etwas, dass mich erschaudern ließ. Es waren die beiden silbernen Ketten mit den großen bunten Steinen daran …
Sarah liebte den Reitsport über alles. An dutzenden Turnieren hatte sie bereits teilgenommen und etliche Pokale gewonnen. Sie war eine Meisterin und die Leute ihrer Stadt waren sehr stolz auf sie. Sarah liebte ihr Rennpferd so sehr, dass sie in ihrem Testament festlegte, es sollte in ihrem Todesfall niemals an Fremde verkauft werden und nach seinem Tod neben ihr auf dem Friedhof beerdigt werden. Und es war seltsam, kurz nachdem sie dieses Testament beim Notar hinterlegte, verunglückte sie bei einem Turnier so schwer, dass sie an den komplizierten Verletzungen verstarb. Die Leute in der Stadt waren bestürzt und konnten es einfach nicht fassen. Es war eine mitreißende Beerdigung und sie bekam von ihrer Schwester Irene, die als einzige Angehörige noch lebte, einen großen naturbelassenen Stein auf dem Friedhof gesetzt. Doch Irene hatte noch ein wenig mehr vor. Sie wollte für Sarah eine Gedenktafel in die Mauer der Rennbahnanlage einsetzen lassen. So viele ihrer Fans und Anhänger wollte es und unterschrieben deswegen eine Petition, welche dem Eigentümer der Reitbahn übergeben werden sollte. Irgendwann ging Irene zu Arnold Hiller, dem Eigentümer der Rennbahn, um ihm diese Petition zu übergeben. Doch Hiller schien nicht sonderlich erfreut von diesem Vorschlag, eine Gedenktafel in die Mauer rund um seine Anlage einsetzen zu lassen. Im Gegenteil, er verwies Irene auf dutzende von Bestimmungen, die es angeblich nicht zuließen, dass so etwas getan werden konnte. Als er auch noch mit diversen Gesetzen kam, wurde Irene wütend und verließ aufgebracht Hillers Anwesen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte und wollte sich Rat bei ihren Freundinnen holen. Doch die zuckten nur ratlos mit den Schultern und konnten ihr nicht weiterhelfen. Eine riet ihr sogar, sich einfach damit abzufinden. Vielleicht wäre das besser so und würde ihr viel Ärger ersparen. Aber Irene war nicht so gestrickt, klein beizugeben. Sie war wie Sarah eine Kämpfernatur und hatte in ihrem Leben schon eine Menge durchgeboxt. Doch in diesem Falle schien auch sie machtlos zu sein. Als sie nach ihrem erfolglosen Besuch bei Hiller nach Hause kam, streichelte sie Sarahs Pferd, welches sie auf ihrem Hof in einer Box pflegte und legte sich ins Stroh. Weinend und schluchzend berichtete sie dem Pferd, was sie soeben erlebt hatte. Sie konnte sich einfach nicht mehr beruhigen und schaute dem Pferd in die dunklen Augen. Und irgendwie schien es ihr, als ob das Pferd ihre Worte verstand. Es scharrte mit den Hufen und nickte immerfort mit seinem Kopf. Dabei prustete es laut und warf seine Mähne in schnellem Wechsel hin und her. Irene schien es, als sei das Pferd wütend, ja sogar aufgebracht. Aber sie konnte es dennoch nicht ändern. Und es tat ihr so unendlich leid. Sarah würde wohl irgendwann in Vergessenheit geraten, wenn sie nicht einmal in der Lage war, eine lächerliche Gedenktafel an dem Ort ihres Erfolges anzubringen. Sie fühlte sich schlecht und gemein. Und sie fühlte sich irgendwie schuldig. Aber sie war wohl zu müde, um sich an diesem Abend noch länger Gedanken zu machen. Total erschöpft und traurig schlief sie schließlich in der Box ein. Hiller hingegen schien es blendend zu gehen. An diesem Abend gab er eine Party. Seine zweifelhaften Freunde, die sich von einer Fete zur anderen soffen, waren zahlreich erschienen und ließen sich von ihrem Gastgeber fürstlich bewirten. Als die Party so gegen Mitternacht langsam zu Ende ging, wollte auch Hiller todmüde ins Bett fallen. Doch er hatte wohl einen zu viel in der Krone und torkelte, statt ins Bett zu gehen, durch seinen verlassenen Garten. Auf einem der Tische entdeckte er noch eine halbvolle Champagnerflasche und setzte sich, um sich diesen letzten Schluck zu genehmigen. Als er sich das Glas füllte, vernahm er plötzlich ein seltsames Geräusch aus dem angrenzenden Gebüsch. Er glaubte, einer der Gäste hätte den Ausgang nicht gefunden und stand auf, um nachzuschauen. Doch im Gebüsch war keineswegs ein verirrter Gast. Mit einem heftigen Satz sprang ihm ein Pferd entgegen: Sarahs Pferd! Hiller erkannte es sofort! Erschrocken versteckte er sich hinter einem dicken Baumstamm und wusste nicht so recht, ob er träumte oder ob das, was er da sah, wirklich real war. Das Pferd bäumte sich auf und schlug mit seinen Vorderhufen heftig gegen den Baum. Hiller bekam Panik und rannte los.