Sunny und das weiße Pferd - Pit Vogt - E-Book

Sunny und das weiße Pferd E-Book

Pit Vogt

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Beschreibung

Diesmal bei "Sunny": Ein Tränenbrunnen, ein Riesenrad, ein Hubschrauber, eine weiße Taube, ein Troll und natürlich ein wunderschönes weißes Pferd. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr hier. Doch es erwarten Euch noch viele andere Geschichten rund um den kleinen, mutigen Jungen. Sunny ist auf Abenteuerpirsch - und ihr könnt mit dabei sein. Dann viel Spaß - wir sehen uns - bei Sunny und seinen spannenden Abenteuern!

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SUNNY

und der Tränenbrunnen

und die weiße Taube

und das Riesenrad

und der Page

und der Leuchtturm

und die fremde Stimme

in Mexiko

der King

der Wandertag

der Fluch von Hollywood

das Lachen

der Geist in der Gruft

der Weißkopfseeadler

die Goldader

das weiße Pferd

der Kompass

die verlorene Zeit

der total verrückte Spielplatz

die alte Kamera

das Autorennen

im hohen Norden

der kleine Kasper

der Unabhängigkeitstag

die Tränen der Erinnerung

der Tag-Traum

der Hubschrauber

die rätselhafte Tasche

der neue Türspion

der Troll

das Segelschiff

das Kleeblatt

die 4 Wünsche

FOR YOU

Sunny und der Tränenbrunnen

Der kleine Sunny aus Hollywood träumte schon so lange von einem richtig großen Auftritt. Und dieser Auftritt sollte möglichst nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dafür hatte er wirklich sehr lange im Musical-Chor bei Mrs. Simms geprobt. Und nun schien es endlich soweit zu sein. Er fühlte sich gut und wusste auch, dass sein erster Auftritt ein richtiger Erfolg werden würde. Am Tage des Auftritts war der große Saal seiner Schule wunderbar ausgeschmückt und Mrs. Simms saß zusammen mit dem Lehrerkollegium in der ersten Reihe. Auch seine Schulkameraden warteten gespannt auf Sunnys Auftritt. Die Musik begann und Sunny erschien mit einem kleinen Mikrofon in seinen Händen auf der Bühne. Er gab wirklich alles, und er wusste genau, dass er gut war. Doch als die Musik zu Ende war, klatschte nur Mrs. Simms. Die übrigen Lehrer sahen sich schweigend an und irgendwie spürte Sunny plötzlich, dass sein Auftritt wohl doch nicht so toll war, wie er annahm. Selbst seine Mitschüler waren fort. Traurig und mit Tränen in den Augen verschwand er hinter der Bühne. Schnell zog er sich seine Jacke über und wollte nur noch weg. Mrs. Simms wollte ihn trösten, doch Sunny sprach kein einziges Wort mehr. Er lief über Stock und über Stein und kam irgendwann zu einem verfallenen Haus. Dort schien er noch nie gewesen zu sein, denn er kannte die Gegend überhaupt nicht. Die Ruine lag unter Bäumen und man konnte sie eigentlich kaum sehen. Doch Sunny fand, dass dieser Ort genau der richtige für seine Trauer sei. Er lief die Stufen nach oben und fand sich alsbald in einem großen, ziemlich verwüsteten Raum wieder. Es roch modrig und alt und es war wahrlich keine Umgebung für neue Ideen. Doch Sunny wollte genau das und entdeckte an der Stirnseite des Raumes eine offen stehende Tür. Neugierig lief er hindurch und stand alsbald in einem herrlich blühenden Garten. So etwas Wunderschönes hatte er wirklich noch nie gesehen. Die schönsten Rosen blühten dort und es duftete wie in einer Parfümerie. Inmitten der Rosen plätscherte Wasser in einem wunderschönen steinernen Brunnen. Eigentlich wollte Sunny zu diesem Brunnen, um ihn zu betrachten. Doch all die vielen Rosen versperrten ihm den Weg. Als er jedoch zielsicher auf die Rosen zumarschierte, gaben sie wie von Geisterhand den Weg zum Brunnen frei. Aber noch etwas anderes bemerkte Sunny. Als er sich langsam dem Brunnen näherte, wurde er immer trauriger. Und als er schließlich unmittelbar vor dem Brunnen stand und das spritzende Wasser der plätschernden Fontäne auf seiner Haut spürte, rannen ihm dicke Tränen übers Gesicht. Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber er weinte ohne Unterlass und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Längst hatten sich all die vielen Rosen wieder um den sonderbaren Brunnen formiert und es gab auch keinen Weg mehr, der zurück zum Hause führte. Sunny setzte sich traurig auf den Rand des Brunnens und dachte nach. Und während ihm die Tränen den Blick auf die märchenhafte Brunnenfigur verwässerten, hörte er plötzlich einen traurigen Gesang:

Ach Du kleiner Junge Du

Sitzt nun hier und hörst mir zu

Doch ich werd nicht bei sein

Denn ich lebe ganz allein

In dem Haus am Rand der Zeit

Du bist nah, doch ich bin weit

Bleib noch einen Augenblick

Denn ich bin so fern vom Glück

Sunny hörte diese rätselhafte Mädchenstimme und spürte, wie seine Traurigkeit immer stärker wurde. So etwas hatte er noch nie gefühlt. Er wollte etwas sagen, doch ein dicker Kloß in seinem Hals verwehte es ihm. So hielt er seine Hände ins Wasser und wusch sich damit seine Tränen aus dem Gesicht. Dann war ihm so, als müsste er ebenfalls etwas singen. Und er sang sein Lied, welches er vor Stunden noch in der Schule dargeboten hatte. Und ihm war, als hörte ihm dieses fremde Mädchen, welches er ja gar nicht sah, zu. Er fühlte ihre Anwesenheit, konnte sie jedoch nirgendwo entdecken. War sie vielleicht eine dieser vielen wunderschönen, duftenden Rosen? Oder war sie am Ende gar diese traurige Engelsfigur auf dem Brunnen selbst? Doch diese konnte es nicht sein- sie war ja aus Stein. Sunny sang und sang und er spürte, wie tausende von hauchfeinen Stichen in sein Herz drangen. Es schmerzte so sehr, doch er konnte einfach nicht mehr aufhören. Und seine Tränen liefen und liefen und er bemerkte gar nicht, wie all diese vielen Tränen in den Brunnen liefen. Sie vermischten sich mit dem Wasser, das dort aus der Fontäne hernieder plätscherte. Und er bemerkte auch nicht, wie der Tag langsam zur Neige ging. Plötzlich versiegte die Wasserfontäne, und er konnte auch nicht mehr weiter singen. Seine Traurigkeit verflog und er wollte endlich nach Hause gehen. Vorsichtig benetzte er noch ein letztes Mal seine Hände mit dem kühlen Nass des Brunnens. Dann erhob er sich vom Brunnenrand und lief auf die Rosen zu. Und wieder teilten sie sich und gaben einen schmalen Pfad zum Hause frei. Sunny lief durch die noch immer offenstehende Tür und stand schließlich wieder auf der Straße. Als er sich ein letztes Mal umdrehte, schoben sich die dichten Bäume vor die verfallene Ruine und versperrten ihm die Sicht. Er wunderte sich darüber, doch er musste schnellstens nach Hause. Seine Mami würde sich ganz sicher schon um ihren kleinen Sohn sorgen. Daheim wollte er seiner Mami gar nichts von seinem verpatzten Auftritt in der Schule berichten. Doch längst hatte Mrs. Simms bei der Mami angerufen. Die Mami versuchte, Sunny zu trösten. Doch der war gar nicht mehr so traurig und lachte nur. Er meinte, dass er heute bei einem Brunnen war, wo er schon genug Tränen deswegen vergossen hätte. Nun war er wieder froh und wollte es am nächsten Tage gleich noch einmal versuchen. Die Mami war erleichtert, dass Sunny nun doch wieder ganz lustig war und brachte ihn schließlich ins Bettchen. Lange lag Sunny wach und träumte davon, doch endlich einen richtig gelungenen Auftritt auf die Bretter zu legen. Das war er Mrs. Simms und auch seiner lieben Mami schuldig. Aber am meisten tat er es ja für sich selbst. Er wollte es sich doch beweisen, dass er so richtig gut war. Und als er sich in Gedanken auf der großen Bühne sah, schlief er schließlich ein. Am nächsten Tag bemerkte Mrs. Simms sofort, dass ihr bester Schüler wieder gut drauf war und den verpatzten Auftritt gut überstanden hatte. Sunny verkündete ihr, dass er am Nachmittag unbedingt noch einmal auftreten wollte, und Mrs. Simms meinte, dass die Bühne noch nicht abgebaut war. Und als die Schule vorüber war, begab sich Sunny sofort in den großen Saal. Er holte ganz tief Luft und richtete sich auf. Er fühlte die Kraft in seinem Körper und er spürte, die Lust auf dieses Lied, welches er so lange bei Mrs. Simms geprobt hatte. Und schließlich stand er auf der hell ausgeleuchteten Bühne. Er spürte die Hitze der Scheinwerfer und er wusste, dass alle vor ihm saßen, die Lehrer, die Schüler und Mrs. Simms. Doch plötzlich wurde er wieder traurig. Was, wenn er diesmal auch wieder versagte? Wollte da etwa wieder diese Schwäche in ihm aufkommen? Er konnte einfach nicht singen. Doch es war nicht so, dass ihm die Stimme versagt hätte. Vielmehr wusste er ganz plötzlich, dass er etwas anderes singen mochte, als das, was er ewig einstudiert hatte. Ihm fiel das traurige Lied vom Brunnen ein. Plötzlich spürte er seinen Herzschlag und irgendetwas Warmes schoss durch seine Seele, seinen Kopf und in seine Augen, waren das Tränen? Und als er zu singen begann, wurde es so still wie niemals zuvor. Er sang dies wundervolle Lied:

Ach Du kleines Mädchen Du

Sitzt nun hier und hörst mir zu

Doch ich werd nicht bei sein

Denn ich lebe ganz allein

In dem Haus am Rand der Zeit

Du bist nah, doch ich bin weit

Bleib noch einen Augenblick

Denn ich bin so fern vom Glück

Und immer wieder sang er diese Melodie, die in ihm schwebte. Sie zog durch seine Seele wie das traurige Wasser des Tränenbrunnens. Plötzlich sah er dieses wunderschöne Mädchen vor sich. Sie lächelte und ihre langen blonden Haare wehten wie Federn im sanften Wind. Und es flossen Tränen ohne Zahl. Sunny hörte sich gar nicht mehr singen – er sah nur noch dieses Mädchen und die beiden sangen im Duett. Was für eine wundervolle Melodie. Sie flog durch den Saal und in die Herzen der Menschen mitten hinein. Alle konnten es fühlen. Alle sahen dieses wunderschöne Mädchen. Und es war, als ob diese phantastische Melodie niemals mehr zu Ende ging. Doch irgendwann entschwand dies schöne Mädchen in der Ferne und mit ihr diese wundervolle Melodie. Es war wie ein Abschied, der niemals enden wollte. Doch es war vorbei, dies Lied war aus. Sunny stand schweigend auf der Bühne und er fühlte all die vielen Tränen in seinem Gesicht. Langsam verlosch das Scheinwerferlicht. Nun konnte Sunny sehen, wer in dem großen Saal anwesend war. Und er konnte es nicht glauben. Denn nicht nur die gesamte Lehrerschaft und Mrs. Simms waren da. Alle Schüler aus der Schule, seine Mami, und sogar Passanten von der Straße standen schweigend und mit Tränen in den Augen in den offenen Türen. Und durch die Stille drang ein sonderbares Geräusch, ein Plätschern, war das Sunnys Tränenbrunnen? Er musste es sein, denn wer sonst konnte ihm diese wundervolle Melodie gegeben haben? Und als das Plätschern verstummte, erhob sich ein unendlicher und tosender Applaus. Die Hochrufe übertönten selbst die Schulglocke. Die Menschen konnten sich gar nicht mehr beruhigen. Es dauerte eine Stunde, zwei und Sunny musste ein Dakapo nach dem anderen geben, es war faszinierend und wunderschön. Ja, nun war Sunny ein großer Musicalstar. Und ganz Hollywood wollte ihn sehen und feierte ihn, wie es schon lange keinen Star mehr gefeiert hatte. Überall und auf allen Plakaten lächelte das Konterfei des kleinen Sunny zu den Menschen und alle Straßen waren hell erleuchtet, denn überall auf den Leinwänden und den riesigen Monitoren sah man den kleinen Sunny. Er sang seinen Song und alle Menschen liebten ihn. Sunny konnte gar nicht mehr über die Straße gehen, ohne von irgendjemandem angesprochen zu werden. Nun ging es ihm so richtig gut. Und eines Tages, als er nach dem alten Hause suchte, um sich zu bedanken, fand er das Haus nicht mehr. Er stellte sich vor die dichten Bäume, wo das Haus einst war und er sang sein schönstes Lied. Und ihm war, als hörte er das Plätschern des Brunnens aus der Ferne. Und plötzlich stand er inmitten von tausenden wunderschöner Rosen. Und er musste weinen und immer wieder sang er dieses wundervolle Lied. Zwischen all den Rosen entdeckte er plötzlich einen Zuhörer. Es war sein lieber Papa, der ihm zuwinkte, so wie er es immer tat. Und Sunnys Gesang vermischte sich leise mit dem märchenhaften Plätschern des Tränenbrunnens:

Ach Du lieber Papa Du

Bist nun hier und hörst mir zu

Doch Du kannst nicht bei sein

Denn ich leb mit Mami fein

In dem Haus am Rand der Zeit

Du bist nah, doch ich bin weit

Bleib noch einen Augenblick

Das wär mir das größte Glück

Sunny und die weiße Taube

Es war ein solch friedvolles Leben, welches der kleine Sunny aus Hollywood mit seiner lieben Mami führte. Den beiden fehlte es ja auch an nichts, denn sie brauchten keine prunkvollen Wertsachen oder sagenhaft viel Geld. Sie hatten sich ja einander und das war so viel mehr wert als alle Schätze dieser Welt. Und manchmal sah Sunny seinen Papa, der eigentlich vor einigen Jahren in den Himmel gehen musste. Dann wusste Sunny, dass er niemals allein war, nicht eine Sekunde! Nur eines bereitete ihm große Sorgen – warum konnte seine Mami den Papa nicht sehen? Oder sah sie ihn am Ende doch und sprach nur nicht darüber? Manchmal hatte er es geglaubt, denn sie äußerte sich dann sehr seltsam. Er wollte die Mami danach fragen, doch immer wieder wich sie seiner Frage aus. Sunny wollte aber unbedingt eine Antwort und so wollte er hinaus in die Welt ziehen, um diese Antwort zu finden. Eines Tages ging er nach der Schule einfach nicht nach Hause, sondern in die kleine Kirche, die er schon so oft mit seiner lieben Mami besucht hatte. Der Pfarrer kannte Sunny und auch seine Mami und er wollte von Sunny wissen, warum er an diesem Tage so mutterseelenallein zu ihm käme. Sunny wusste nicht so genau, ob er dem Pfarrer von seinem Anliegen erzählen sollte. Er tat es und der Pfarrer strich dem kleinen Jungen übers Haar. Dann sagte er mit beruhigender Stimme: „Tja weißt Du mein Junge, das weiß ich nicht, ob Deine Mami den Papa sehen kann. Aber wenn sie es kann, dann wird sie es vielleicht nicht erzählen. Wenn sie es jedoch nicht kann, dann kann ich ihr nicht helfen. Manchmal hilft allein der Glaube, dass man es kann und dann kann man es auch. Manchmal eben nur.“ Sunny war traurig, denn er wusste, dass er eigentlich ganz fest an den lieben Gott glaubte. Und er wusste auch, dass der Papa immer wieder nach ihm sah. Und deswegen wollte er mit dem lieben Gott sprechen. Vielleicht konnte er machen, dass die Mami immer den Papa sehen konnte. Er kniete sich vor den goldglänzenden Altar und schaute lange in die Flamme der großen Altarkerze hinein. Und ihm war, als wäre Gott ganz nah bei ihm. Doch er konnte ihn ja nicht sehen und er wusste nicht, ob er in diesem Moment seinen Wunsch äußern sollte oder nicht. Er schaute auf das hölzerne Kreuz am Altar und bemerkte eine kleine weiße Taube. Sie schaute immerfort zu ihm herab und schien wohl zu meinen: „Nun sprich schon, Sunny, sprich.“ Leise brabbelte Sunny vor sich hin: „Ach lieber Gott, wenn Du mir immer wieder den Papa zeigst, dann zeige ihn doch auch der Mami. Sie ist manchmal so allein und braucht den Papa so sehr. Vielleicht kannst Du da was machen?“ Dicke Tränen liefen ihm übers Gesicht und als er geendet hatte, flog die kleine Taube in die hohe Kirchenkuppel hinauf und verschwand. Sunny suchte die ganze Kirche nach ihr ab, doch er fand sie nirgends mehr. Traurig lief er aus der Kirche und schaute in den blankgeputzten blauen Himmel hinauf. Und da war sie wieder, diese weiße Taube. Sie flog lustig durch die Gegend und Sunny war froh, sie zu sehen. Und er wollte ihr folgen. Vielleicht konnte sie ihm helfen, mit dem lieben Gott in Kontakt zu treten? So schnell er konnte rannte er hinter der Taube her. Er rannte und rannte und blieb erst am Strand des Ozeans wieder stehen. Die weiße Taube aber flog immer weiter hinaus. Und schon bald war sie am Horizont verschwunden. Sunny konnte ihr nicht aufs weite Meer hinaus folgen und er setzte sich traurig in den weißen Sand und weinte bitterlich. Seine Tränen bildeten eine große Lache im Sand. Sie war beinahe größer als die Pfützen des Meerwassers, welches bei jeder Welle bis zum Strand vordrang. Niemand war zu sehen, nur er saß im Sand und starrte sehnsüchtig in die Ferne des Ozeans hinaus. Ob dort vielleicht der liebe Gott lebte? Oder ob er ganz weit draußen im Universum einen traumhaft schönen Palast besaß? Und als er so im Sande kniete, stand plötzlich ein alter Mann neben ihm. Er hatte einen weißen Bart und sah irgendwie aus wie Großvater, als der noch lebte. Mit warmer und ungewohnt vertrauter Stimme sprach er zu Sunny: „Warum bist Du so traurig mein Junge? Siehst Du denn den wunderschönen Sonnenschein nicht? Es ist ein herrlicher Tag und Du solltest im Meerwasser baden.“ Sunny schaute dem Alten ins Gesicht und spürte eine unglaubliche Wärme in seinem Herzen. Sollte er dem alten Mann von seinen Sorgen erzählen? Er sagte, dass er den lieben Gott bitten wollte, dass seine Mami den Papa endlich sehen könnte. Der alte Mann schwieg eine ganze Weile und sagte dann: „Ach Du armer kleiner Junge. Dein Papa ist doch immer bei Euch, bei Dir und auch bei Deiner lieben Mami. Er lässt Euch ganz sicher niemals allein, glaube mir. Und Gott ist auch immer bei Euch, bei jedem von Euch, für immer. Das wird sich auch nie mehr ändern. Also gehe zurück zu Deiner Mami, dann wird alles gut.“ Sunny wischte sich die Tränen aus seinen Augen und spürte, dass der alte Mann recht hatte. Vielleicht war es wirklich besser, wieder nach Hause zu gehen, denn die Mami würde sich ganz sicher schon große Sorgen um ihren kleinen Sohn machen. Und er verabschiedete sich von dem alten Mann. Der wünschte dem kleinen Sunny recht viel Glück und winkte ihm noch lange nach. Dabei hatte er Tränen in seinen Augen, denn irgendwie mochte er diesen kleinen mutigen Jungen. Und als Sunny einige Zeit unterwegs war, sah er wieder diese seltsame weiße Taube über sich. Und ehe er sich's versah, war er auch schon zu Hause in Hollywood. Wie war das nur möglich? So schnell war er doch gar nicht gelaufen. Doch die weiße Taube, die nicht von ihm wich, flatterte nur lustig über seinen Kopf und gurrte dabei, dass sich Sunny einfach nicht mehr wunderte. Vorm Haus in den Hollywood-Hills blieb er stehen und sah seine Mami, die aus dem Hause kam. Die beiden fielen sich in die Arme und weinten, dass sie wieder zusammen waren. Sunny entschuldigte sich, dass er einfach davongelaufen war. Doch die Mami schaute nach oben zu der weißen Taube und lächelte dabei so merkwürdig. Dann drückte sie ihren kleinen Sohn an ihr Herz und sagte nur leise: „Ist doch nicht so schlimm, Papa hat mir gesagt, dass Du und die kleine weiße Taube gleich wieder Zuhause sind.“

Sunny und das Riesenrad

Endlich kam der Jahrmarkt nach Hollywood und der kleine Sunny hatte nichts anderes zu tun, als gleich nach der Schule dorthin zu stürmen, um all die vielen bunten Karussells anzuschauen. Da gab es vielleicht abenteuerliche Dinge. Dutzende der verrücktesten Karussells und der skurrilsten Buden waren da zu sehen. Doch beim Blick in seine Geldbörse musste Sunny seine Wünsche ein wenig zurückschrauben. Denn sein Geld reichte natürlich nicht für alle Attraktionen. Es reichte eben nur für eine einzige Fahrt. Und weil er bisher so selten mit einem Riesenrad gefahren war, entschied er sich einfach dafür. Er zahlte für eine Fahrt und setzte sich in eine feuerrote Gondel. Ganz allein saß er darin und gleich würde er sein wunderschönes Hollywood von oben bestaunen können. Und so war es dann auch. Langsam setzte sich das Riesenrad in Bewegung und Sunny genoss die wunderbare Reise nach oben. Ach, was für ein herrlicher Ausblick sich da bot. Er konnte sogar fast sein Haus in den Hollywood-Hills sehen. Was wohl seine Mami dort gerade tat? Plötzlich bemerkte er einen Gegenstand, der unter der Sitzbank lag. Als er ihn aufhob stellte er fest, dass es eine Geldbörse war. In ihr steckten dutzende Geldscheine und ein Ausweis. Sunny staunte, denn so viel Geld hatte noch nie auf einem Haufen gesehen. Und in Gedanken rechnete er sich schon aus, wie viele Fahrten mit dem Riesenrad mit all dem vielen Geld drin waren. Er räumte die Geldbörse leer und steckte sich das Geld in seine Hosentasche. Die leere Geldbörse mit dem Ausweis steckte er zunächst in seine Jackentasche. Unten wollte er sie einfach wegwerfen. Doch jetzt freute er sich, denn nun konnte er mit allen Karussells fahren und sogar so viele Süßigkeiten essen, wie er mochte. Als seine Gondel ganz oben angekommen war, blieb das Riesenrad stehen. Sunny schaute sich um und fühlte sich einfach großartig. So gut hatte er sich seit langer Zeit nicht mehr gefühlt. Doch das sollte nicht so bleiben. Denn ganz plötzlich zogen dicke Wolken auf und der Wind verwandelte sich in einen heftigen Sturm. Die Gondel wurde gefährlich hin und her geschüttelt. Das gesamte Riesenrad schwankte bedenklich und Sunny wurde es ziemlich schwindelig. Aber damit war das Übel noch lange nicht zu Ende. Aus den pechschwarzen Wolken zuckten grelle Blitze, die von einem noch heftigeren Donnergrollen begleitet wurden. Der Regen verwandelte sich in Hagel und die eiskalten Hagelkörner, die beinahe so groß waren wie seine bunten Murmeln, schlugen knallend gegen die Gondel. Sunny bekam große Angst und versteckte sich unter seinem Sitz. Immer stärker peitschte der Sturm die Hagelkörner gegen die Gondel. Und Sunny hoffte nur noch, dass dieses seine Gondel endlich nach unten fuhr. Doch so sehr er es sich auch ersehnte, es geschah nicht. Möglicherweise war das Riesenrad kaputt oder man hatte ihn einfach nur vergessen. Es wurde immer kälter und das Unwetter tobte ohne Unterlass. Allerdings schien das noch lange nicht das Allerschlimmste zu sein. Denn als Sunny kurz nach den Wolken schaute, bemerkte er, dass ein Bolzen in der Aufhängung der Gondel ganz langsam aus seiner Führung rutschte. Es würde wohl nicht mehr lange dauern bis die Gondel mitsamt Sunny nach unten stürzte. Sunny stand nicht nur das Regenwasser im Gesicht, nein, ihm stand nun auch noch der Angstschweiß auf der Stirn. Was ging da nur vor? Warum musste er das alles erleben? So ein schlechter Mensch war er doch gar nicht – oder etwa doch? Da fiel ihm die Geldbörse ein, die er eben erst gefunden hatte. Er wusste genau, dass sein Entschluss, sich das viele Geld einfach einzustecken, falsch war. So etwas nannte man einfach nur Diebstahl! Aber war es wirklich Diebstahl, wenn er nur einmal ein paar schöne Stunden haben wollte? Wieder rutschte der Bolzen an der Gondelaufhängung ein Stückchen weiter aus seiner Verankerung. Und wieder haderte Sunny mit seinem Schicksal. Er dachte plötzlich an seine liebe Mami, die für ihn und sich selbst hart arbeiten musste, um ein bisschen Geld heran zu schaffen. Und er dachte an seinen Papa, der das damals ebenfalls getan hatte. Selbst Mrs. Simms musste jeden Tag in die Schule und sich mit ihm herumärgern. Dafür bekam sie bestimmt auch keine Millionen! Und was tat er? Er nahm sich einfach die Geldbörse eines Fremden und steckte sich all das viele Geld ein, was ihm gar nicht gehörte. Nein, das durfte er nicht tun! Immerhin war er gut erzogen und er wusste, was sich gehörte. Um die Gondel herum klatschten die Hagelkörner in die Tiefe und der Sturm formierte sich zu einem furchtbaren Orkan. In der Dunkelheit konnte Sunny gar nichts mehr erkennen. Und nach unten schauen ging schon gar nicht. Rote Lichter flackerten am Riesenrad auf. Was war das nur? Ein Notsignal? Die Blitze wurden greller und greller. Und der Donner krachte bedrohlich in Sunnys Ohren. Voller Angst presste er sich unter seine Sitzbank und betete schon zum lieben Gott. Doch es kam keine Antwort. Er hatte nur solch ein merkwürdiges schuldbewusstes Gefühl, das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Kurz entschlossen nahm er die fremde Geldbörse und steckte all das viele Geld, welches er aus seiner Hosentasche herauszog, wieder in die Börse zurück. Plötzlich krachte es laut und der Bolzen der Gondelaufhängung schob sich in die Führung zurück. Der Hagelschlag verwandelte sich in einen harmlosen Gewitterguss und hörte schließlich gänzlich auf. Langsam zogen die dunklen Wolken ab und Sunny kroch vorsichtig unter seiner Sitzbank hervor. Er wusste nun, warum er dieses grauenvolle Erlebnis hatte. Als das Riesenrad wieder losfuhr dankte Sunny dafür, dass nichts Schlimmeres geschehen war. Und schließlich traf er unten ein. Allerdings wunderte er sich, dass vor dem Riesenrad eine lange Menschenschlange stand. Alle lachten und hatten eine Menge Spaß. Aus allen Ecken drang Musik und fröhliches Lachen. Keiner sprach von diesem fürchterlichen Unwetter und dem heftigen Hagelschlag. Selbst der Boden war trocken und nicht eine einzige Pfütze war zu sehen. Sunny gab die Geldbörse an der Kasse des Riesenrades ab und da stand auch schon deren Besitzer. Es war ein alter Mann, der vollkommen verzweifelt nach seiner Geldbörse fragte. Als Sunny die Börse brachte, war die Freude riesengroß. Der alte Mann fiel Sunny um den Hals und wusste gar nicht, was er vor lauter Freudentränen sagen sollte. Es war seine Rente, die er nur vergessen hatte, zur Bank zu bringen. Hätte sich Sunny das Geld behalten, hätte der Mann seine Rechnungen nicht mehr zahlen können. Sunny kamen die Tränen, denn beinahe hätte er eine große Dummheit begangen und sehr viel Leid über einen armen Menschen gebracht. Glücklicherweise hatte er noch rechtzeitig das Richtige getan. Der alte Mann wollte Sunny einen Finderlohn geben, doch Sunny wollte nichts haben. Sein noch immer schlechtes Gewissen hatte ihm den Magen ein wenig verdorben. Doch der alte Mann spendierte Sunny ein riesengroßes Eis und verabschiedete sich schließlich. Als Sunny an der Kasse des Riesenrades seine Beobachtung bezüglich des Bolzens an der Gondelaufhängung mitteilte, schauten die Leute vom Riesenrad sofort nach. Sie fanden keinen Fehler – der Bolzen war so fest, dass er sich nicht bewegte. Und auf Sunnys Nachfrage wegen des Unwetters, zuckten sie nur mit den Schultern. Ein Unwetter hatte es seit Tagen nicht mehr gegeben!

Sunny und der Page

Der kleine Sunny aus Hollywood half seiner Mami, die Reisetaschen zu packen. Für ein paar Tage zogen sie in eine kleine preiswerte Pension in der Stadt. Das Haus, in welchem er und seine Mami lebten, wurde renoviert und deswegen konnten die beiden auch nicht dortbleiben. Von einer Arbeitskollegin hatte die Mami die Adresse der alten Pension bekommen. Und nach einigem Suchen fanden sie das altehrwürdige Gebäude. Es besaß sogar einen Lift, wenngleich der eine halbe Ewigkeit brauchte, um nach oben zu fahren. Sunny und seine Mami checkten ein und konnten alsbald in ihr Zimmer in der dritten Etage fahren. Im Fahrtsuhl wartete bereits ein junger Page in einer dunkelroten Livree auf sie. Er fragte, in welche Etage er fahren müsse und lachte Sunny dabei so sonderbar an. Doch als sie wenig später in ihrem Zimmer waren, musste erst einmal ausgepackt werden. Nach endlosen Stunden hatten sich die beiden endlich ein wenig eingerichtet und legten sich aufs Bett. Sunny bekam plötzlich Lust, sich in der Pension umzuschauen und die Mami ließ ihn gehen. Sie kannte die grenzenlose Neugierde ihres kleinen Jungen und wusste, dass er in solch einem Moment schwer zu bremsen war. Sunny stürmte über den Flur. Am Lift drückte er die Taste und irgendwann kam der Fahrstuhl. Und wieder fragte ihn der Page, in welche Etage Sunny nun wollte. Die