The Rising of the Shield Hero – Light Novel 09 - Kugane Maruyama - E-Book

The Rising of the Shield Hero – Light Novel 09 E-Book

Kugane Maruyama

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Beschreibung

Um Kyo zu vernichten, verbünden sich Naofumi und seine Gefährtinnen mit Kizuna, Glass, L'Arc, und Therese. Doch noch bevor sie sich auf die Suche nach ihm machen können, stellt sich ihnen Yomogi, eine Verbündete ihres Todfeindes, entgegen. Sie ist im Besitz eines Schwerts, dessen Stärke lediglich von seiner ungewöhnlich düsteren Aura übertroffen wird …

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Inhaltsverzeichnis

Prolog: Die Welle in der fremden Welt

Kapitel 1: Die Technologie der anderen Welt

Kapitel 2: Iaigiri

Kapitel 3: Der Köder

Kapitel 4: Wie ein wilder Eber

Kapitel 5: Begleiterin mit Bedingungen

Kapitel 6: Die Umgestalteten

Kapitel 7: Barbaroi Armor

Kapitel 8: Beidhändiges Fechten

Kapitel 9: Kyos Labor

Kapitel 10: Als das Vertrauen verloren ging

Kapitel 11: Sacrifice Aura

Kapitel 12: Die Kraft, die einen Preis fordert

Epilog: Das Band zwischen den beiden Welten

Prolog: Die Welle in der fremden Welt

»Grooooooaaaaaaar!«

Brüllend ließ der Interdimensions-Ganesha-Shadow seine Waffe auf mich niederfahren. Sie hatte Ähnlichkeit mit einer großen Gebetsschnur.

»Hrrrgh!«

Ich wehrte den Angriff mit meinem Schild ab, dann packte ich zu.

Das ärgerte den Ganesha Shadow, und er schrie noch lauter.

»Klasse!« L’Arc, selbst gerade am Kämpfen, sah zu mir herüber. »Du bist eben der Held des Schildes, da kann man sagen, was man will.«

»Würde ich so was nicht aushalten, könnte ich mich wohl auch kaum Schildheld nennen.«

Ich wäre nicht so weit gegangen, das Verteidigen meine Existenzberechtigung zu nennen, aber seit es mich in eine andere Welt verschlagen hatte, bestanden meine Kampfhandlungen darin, gegnerische Attacken einzustecken oder zu blocken. Nun … abgesehen von ein paar Ausnahmen.

Im Augenblick waren wir nicht in der Welt, in die ich ursprünglich beschworen worden war, sondern in einer anderen fremden Welt, die jenseits der Wellenrisse lag.

»Konzentrier dich lieber und kämpf – junger Herr!«

»Hör endlich auf, mich so zu nennen, Bubi!«

»Solang du mich Bubi nennst, nenne ich dich auch weiter junger Herr.«

Aber im Hinblick auf seine Lebensgeschichte fiel mir noch ein weiterer Name für ihn ein.

»Oder soll ich lieber Nobunaga zu dir sagen?«

»Was?! Bubi, woher weißt du, dass mich Fräulein Kizuna so nennt?!«

Ja, L’Arcs Lebenslauf war wohl wirklich sehr ähnlich. Treffend gewählt, Kizuna!

»Herr Naofumi«, mischte sich Raphtalia ein, »vergibst du schon wieder komische Spitznamen?«

»Ha ha ha.«

»Versuch nicht, es durch Lachen zu überspielen!«

»Was soll ich sagen?! Ich bin immerhin der, der dafür gesorgt hat, dass der König und die Prinzessin eines Reichs jetzt Drecksack und Bitch heißen.«

»Bubi … So was hast du gemacht?«

»Wieder etwas, das leicht missverstanden werden kann …«

»Wieso? Passt doch zu ihnen.«

»Erklär ihm doch wenigstens die Umstände!«

»Na, so wie ich Bubi kenne, werden die schon was angestellt haben, und er hat’s ihnen nur heimgezahlt.«

»Das kannst du doch nicht einfach so mutmaßen!«

Welchen Zweck hätte es gehabt, sich zu rechtfertigen? Ehrlich, warum sollte ich überhaupt so ein Gespräch mit ihm führen? Vor Kurzem waren wir noch verfeindet gewesen, wenngleich wir jetzt in einer Gruppe waren und uns bestens verstanden.

Vielleicht war es ganz gut, sich alles noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, auch um unser eigentliches Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Ich, Naofumi Iwatani, stammte aus dem Japan der Gegenwart. Dort hatte ich studiert und ein Otaku-Leben geführt.

Zum Zeitvertreib war ich in die Bibliothek gegangen und hatte dort in einem Buch mit dem Titel Traktat der Waffen der vier Heiligen gelesen. Mit einem Mal hatte ich mich in der darin beschriebenen Welt wiedergefunden, und zwar als eine in der Geschichte vorkommende Figur: der Held des Schildes.

Die Menschen des Reichs, die mich beschworen hatten, hatten mich angefleht: »Bitte hilf uns, unsere Welt zu retten!«

Und anschließend war alles Mögliche geschehen.

»Du verstehst Herrn Naofumi wohl sehr gut?«

»Ich hab schon die unterschiedlichsten Leute kennengelernt, und bei Bubi hab ich sofort gemerkt, dass er kein schlechter Kerl ist.«

»Ein Schurke bin ich.«

»Zumindest tust du ständig so – ein kleines Haar in der Suppe.«

»Klappe!«

Wirklich, was fiel dem eigentlich ein?

Dieser Typ, der mich so eigenartig gut verstand, hieß L’Arc. Sein vollständiger Name lautete wohl L’Arc Berg, doch ich wusste nicht, ob das sein richtiger Nachname war. Er war ein erfahrener Abenteurer Ende zwanzig, hatte einen geheimnisvollen Charme, mit dem er andere schnell für sich einnahm, und die Ausstrahlung eines Erwachsenen.

Nun, manchmal war er auch kindisch, aber vielleicht trug auch das zu seinem Charme bei.

Bei unserer ersten Begegnung hatte er eine leichte Rüstung getragen, doch als wir uns später in dieser Welt wiedergefunden hatten, hatte er in der Aufmachung der Shinsengumi1 vor mir gestanden. Sie stand ihm schon, aber welche Variante war nun die echte?

Glass war in einen Kimono gekleidet und Kizuna trug über ihrem Lolitakleid einen Haori2**. Vielleicht ging es ihnen bloß um die Leistung ihrer Ausrüstung? Sie hatten sich eine Zeit lang verstecken müssen. Dabei waren L’Arc womöglich diese Shinsengumi-Sachen in die Hände gefallen, und sie brachten einfach mehr als die leichte Rüstung.

Aber was gingen mich die Anziehsachen anderer an? Genug davon. Jedenfalls waren wir nun gemeinsam mit L’Arc und seinen Freunden unterwegs.

»Wär übrigens klasse, wenn ihr unseren Gegner mal langsam erledigen würdet.« Während wir plauderten, umklammerte ich die ganze Zeit den Ganesha Shadow. »Meint ihr, das macht Spaß, den so lange festzuhalten?«

Es war das größte der Monster ringsherum. Ob es der Endgegner war, war noch unklar. Seine Attacken waren hart, aber ich hatte eigentlich keine großen Probleme.

Der Grund dafür war mein legendärer Schild, den ich seit meiner Beschwörung am Arm trug. Er schien so etwas wie eine verfluchte Waffe zu sein und ließ sich nicht ablegen. Indem ich ihn alle möglichen Dinge oder Stoffe absorbieren ließ, konnte ich ihn weiterentwickeln und verwandeln. Wenn ich dann die Ausrüstungsboni des verwandelten Schildes freispielte wurde ich stärker.

Leider hatte der Schild auch einen Nachteil: Er bot mir kaum Mittel, meinen Gegnern Schaden zuzufügen. Deswegen war ich auf Gefährten angewiesen, die an meiner statt kämpften.

»Ich kümmere mich drum, Herr Naofumi!«

»Alles klar, ich verlass mich auf dich!«

»Verstanden!«

Raphtalia, das Mädchen, das nun den Ganesha Shadow in meinem Griff attackierte, war eine Subhumanoide. Früher war sie meine Sklavin gewesen.

Subhumanoide waren eine menschenähnliche Spezies, die sich in mancher Hinsicht unterschied. Raphtalia gehörte der Waschbärenart an und hatte die entsprechenden Ohren und den Schwanz.

Mittlerweile war sie eine Partnerin, auf die ich mich verlassen konnte. Wobei ich auch so etwas wie ein Elternersatz für sie war.

Angeregt von L’Arc trug sie die Kleidung einer Miko, und die stand ihr großartig. So gut, dass ich sie die Sachen am liebsten weitertragen lassen wollte, auch nachdem alles wieder in geregelten Bahnen lief.

»Haaa! Aufblitzendes Katana: Nebelzeichen!«

Sie lief an dem Ganesha Shadow vorbei und hieb mit ihrem Katana nach ihm. Er wurde in zwei Hälften gespalten und verschied.

»Super, weiter zum Nächsten! Irgendwie kommen mir die Gegner bei dieser Welle ungewöhnlich stark vor.«

»Finde ich auch. Sie fühlen sich stärker an als die bei den Wellen unserer Welt.«

Wie durch eine Fügung war Raphtalia von dem Vasallenkatana dieser Welt erwählt worden und kämpfte daher nun mit dieser Waffe. Darauf werde ich später noch genauer eingehen. Jedenfalls war sie gewöhnlichen Menschen nun weit überlegen.

»Meister!«, rief Filo mir vom Himmel aus zu. »Von da drüben kommen noch mehr Monster!«

Sie war ein Monstermädchen. In Wirklichkeit war sie ein Filolial, ein straußenähnliches Monster, das gern Kutschen zog. Aufgrund besonderer Gegebenheiten konnte sie sich jedoch in ein Mädchen mit Flügeln verwandeln, das wie ein Engel aussah. Auch sie kämpfte als meine Untergebene.

Sie war für ihre überaus hohe Kampfkraft berüchtigt. Wer sich von ihrem Äußeren täuschen ließ, bereute es bald.

Seit wir in diese Welt gekommen waren, hatte sie sich jedoch in ein komplett anderes Monster verwandelt, wodurch sich auch ihre Kampfmethoden verändert hatten. Nun war sie eine Humming Fairy, und somit auch ein Monster, das andere Formen annahm, während es sich entwickelte.

Filolials und Humming Fairys unterschieden sich erheblich. Zum Beispiel konnten Filolials nicht fliegen, Humming Fairys aber schon. Aus dem Grund war Filo gegenwärtig für die Aufklärung im Luftraum zuständig. Natürlich geriet sie auf diese Weise in die Schussbahn der Wellenmonster, aber sie konnte gut ausweichen und entging allen Zaubern oder Wurfgeschossen.

»Alles klar, dann mal los!«

»Ojeeeee …«

Ah, Rishia rannte auf mich zu, ein Rudel Monster im Schlepptau. Hatte Filo mich vor denen warnen wollen?

Ich hatte gedacht, Rishia sei bei Glass und Kizuna …

Mit vollem Namen hieß dieses Mädchen Rishia Ivyred, und sie war ein Mensch. Sie stammte aus Melromarc und war die Tochter verarmter Adliger. Ursprünglich war sie Itsuki Kawasumis Gefährtin gewesen – der Bogenheld, einer meiner Heldenkameraden –, aber er hatte es ihr nachgetragen, dass sie sich bei einer Welle so gut geschlagen hatte, und einen Vorwand gesucht, um sie zu verstoßen. Als sie dann nicht weitergewusst hatte, hatte ich sie aufgenommen.

Sie war immerzu ängstlich, aber aufgrund ihrer Abstammung und Erziehung auch sehr gebildet. Ihre Stärken lagen in Bereichen, die sich nicht in videospielmäßigen Statuswerten oder Fertigkeiten ausdrückten.

»Air Strike Shield!«

Aus dem Nichts ließ ich mithilfe eines Skills einen Schild entstehen. Die Attacken, die Rishia galten, prallten daran ab.

Skills waren besondere Fähigkeiten, die Helden verwenden konnten.

»Bist du in Ordnung, Rishia?«

»Äh … J… Ja.«

»Du warst doch bei Kizuna. Was ist passiert?«

»Ojeee! Bei Kizuna und Glass sind viele Monster aufgetaucht. Sie wollen, dass ich euch hole.«

»Aha. Na, wenn da die Haupttruppe ist, müssen wir wohl hin.«

Ich hatte sie mit den beiden losgeschickt, weil ich geglaubt hatte, das sei eine gute Erfahrung für sie. Aber es war wohl doch zu hart gewesen.

Unsere Aufgabe war es, die Leute vor den Monstern in Sicherheit zu bringen, die aus dem Wellenriss fluteten. Diese Welle war in der Nähe einer Ansiedlung aufgetreten, daher hatten wir einiges zu tun. Eigentlich hatten sich die meisten Wellen, an denen ich bisher teilgenommen hatte, in der Nähe von Wohngebieten abgespielt. Allerdings waren es erst drei gewesen, insofern hatte das statistisch gesehen wohl nicht viel Aussagekraft.

In der Gruppe, die sich direkt zu dem Riss aufgemacht hatte, war Kizuna Kazayama. Sie gehörte zu den vier heiligen Helden dieser Welt, einer anderen als der, in die ich beschworen worden war.

Sie war die Heldin der Jagdwaffen, ein ziemlich breit gefächerter Waffentyp, der sich nicht unter den vier heiligen Waffen meiner Welt fand.

Es gab jedoch auch einen Nachteil: Ihre Waffe war auf Tiere und Monster spezialisiert und wirkungslos gegen Menschen. Wie ich, der ich keine Angriffsfähigkeiten hatte, musste auch sie auf irgendwelche Kniffe zurückgreifen, um diese Beschränkung zu umgehen, was ziemlich umständlich war.

Sie sah wie ein kleines Mädchen aus, behauptete jedoch, sie sei schon achtzehn. Links und rechts hatte sie zwei Zöpfchen, und sie trug einen Haori über einem gotischen Kleid.

Ihr waren wir begegnet, nachdem wir Kyo in diese Welt gefolgt waren. Wir waren in eine Falle getappt und im unendlichen Labyrinth gelandet, einer Art Gefängnis.

Gemeinsam mit Kizuna waren wir daraus entkommen. Anschließend war uns auch die Flucht aus dem Reich geglückt, das Kizuna dort eingelocht hatte: Es stand dem Reich, aus dem Kizuna und ihre Kameraden kamen, feindlich gegenüber.

Unterwegs hatten wir natürlich allerhand erlebt.

In dieser Welt gab es nichts, womit man verbrauchte SP wiederherstellen konnte. Wir hatten also Seelenheilwasser zu einem hohen Preis verkauft und dafür sogenannte Erdkristalle erworben. Auf Menschenarten aus der Welt, in die ich beschworen worden war, hatten diese Erze eine besondere Wirkung: Sie brachten Erfahrungspunkte.

Später hatten wir ein wütendes Genie erledigen müssen: Der Typ war mit der Trägerwahl des Vasallenkatanas nicht einverstanden gewesen und hatte Raphtalia nachgestellt. Er war ebenso egozentrisch wie Kyo gewesen. Charakterlich erschienen die beiden geradezu gleich. Ob es in dieser Welt viele solcher Typen gab?

In einer Hinsicht waren sich die Anderswelten aber ähnlich: Man hatte in ihnen nichts als Ärger.

»Sag mal, L’Arc, kann Kizuna überhaupt kämpfen? Bittet sie vielleicht um Hilfe, weil sie nicht angreifen kann?«

»Hm … Kann sein. Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung.«

Von der Kategorie mussten diese »Shadows« eigentlich Monster sein, aber darüber entschied letztlich wohl die Waffe.

Ich durfte ja grundsätzlich nicht angreifen. Ob Mensch oder Monster: Ich konnte noch so lange auf meine Gegner einschlagen, es juckte sie überhaupt nicht.

Früher hatte ich gedacht, ich könnte vielleicht Items zum Angriff einsetzen, doch als ich es mit einer Bombe probiert hatte, hatte sie mich abgewiesen und war mir vor die Füße gefallen. Andererseits war es mir möglich gewesen, ein Pflanzenmonster mit einem Herbizid tödlich zu verwunden.

Bei Kizuna hing es wohl auch daran, ob ihre Waffe etwas als Ausnahme behandelte oder nicht. Es war unklar, wie sie auf menschenähnliche Monster reagieren würde. Wo genau verlief die Grenze zwischen Mensch und Monster?

»Lass uns schnell zu ihnen, L’Arc!«

»Hast recht, Therese. Ich mach mir Sorgen um Fräulein Kizuna. Los, bringen wir‘s mit einem Schlag zu Ende!«

Diese Frau, die so eingespielt mit L’Arc zusammen kämpfte, hieß Therese Alexandrite.

Sie stammte aus der Welt jenseits der Wellenri… Ach, das ist zu umständlich. Sagen wir von jetzt an einfach: Kizunas Welt.

Therese gehörte zu den Jewels, einer Menschenart aus Kizunas Welt. Sie wurden mit einer Art Edelstein als Kern geboren, konnten Magie anwenden und waren geschickt mit den Fingern. Therese war sehr empfindsam; das war mir klar geworden, als ich ihr ein selbstgemachtes Accessoire überreicht hatte. Auch sie lief wie L’Arc in einem Hakama herum, der Aufmachung, die sie im Untergrund angenommen hatten.

»Kräfte aller Juwelen weit und breit: Erhört meinen Ruf und manifestiert euch! Mein Name ist Therese Alexandrite. Gefährten, werdet meine Kraft, den Feind zu vernichten! – Pyroxen-Rubinfeuer!«

»Kombinationstechnik: Großes Rubinfeuerrad!«

L’Arcs Sense wurde in rubinrote Flammen gehüllt, und dann schoss eine radförmige Energieattacke daraus hervor und fegte die Monster davon, die Rishia gejagt hatten.

Kombinierte man einen Skill mit der Magie seiner Gefährten, so ließen sich besondere Wirkungen hervorbringen. Solche Methoden hatte auch ich schon zusammen mit Raphtalia oder Filo angewandt.

»He, Bubi! Los!«

»Wer hat dich zum Chef erklärt? Aber gut, ist wohl besser.«

»Solang die jungen Damen zusammen sind, müssten sie eigentlich zurechtkommen.«

Gut, machen wir mit Glass weiter.

Sie glich einem Gespenst im japanischen Stil, trug einen Kimono und kämpfte mit einem Fächer. Ihr Haar war glänzend schwarz. Ihre Haut wirkte durchscheinend … und gelegentlich konnte man tatsächlich durch Glass hindurchsehen.

Der Fächer war kein beliebiger Fächer: Glass war die Trägerin einer Vasallenwaffe.

Anscheinend war sie Kizunas beste Freundin. Kizuna war jedoch stinksauer gewesen, weil sie und die anderen versucht hatten, mich umzubringen. Glass war immer kühl und gelassen – man traute ihr zu, mit bloßen Blicken Insekten zu töten. Doch als Kizuna ihr eine Standpauke gehalten hatte, war sie ganz klein mit Hut gewesen – zum Totlachen!

Bis auf Weiteres waren wir jedoch Verbündete.

Rasch liefen wir dorthin, wo Kizuna und Glass kämpften.

Die Ungeheuer, die heute aus dem Riss strömten, schienen allesamt der indischen Sagenwelt zu entstammen. Wie etwa dieser Ganesha – so was wie ein Elefantenmensch. Außerdem gab es Interdimensions-Ifrits, schreckliche Flammengeister, und Nagarajas3.

All diese Monstern hatten einen menschlichen Part. Sie waren jedoch nicht fähig zu sprechen, also waren sie wohl eher als Monster einzuordnen – anders als Gegner wie Glass, die einer Menschenart einer anderen Welt angehörten.

Die Monster waren allesamt recht stark, wohl noch ein paar Stufen über denen, die mir bisher bei den Wellen begegnet waren. In den letzten Tagen war ich bis Level 75 aufgestiegen und hatte meinen Schild ziemlich weit hochgerüstet, dennoch kamen hin und wieder Angriffe, bei denen ich befürchten musste, dass sie durchdrangen. Alle meine Werte waren aber auch immer noch niedriger als in der Welt, in die ich beschworen worden war.

In vielerlei Hinsicht war es wie der Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspiel.

So etwas Ähnliches hatten L’Arc und seine Leute auch gesagt.

»Sind vielleicht irgendwelche Gegner wie Glass mit aus dem Riss gekommen? Vasallenwaffenträger oder so?«

»Das ist nicht witzig, Bubi!«

»War auch nicht witzig gemeint!«

So ging es zwischen uns hin und her, während wir die anstürmenden Monster wegputzten. Dann sahen wir, wie der Wellenriss sich schloss. Ich schaute in den Himmel und erblickte ein großes Schiff, dass anscheinend gerade Bomben abwarf. Der Luftkampf schien auch ziemlich erbittert gewesen zu sein, gegen Garudas4** und andere Ungeheuer …

Jedoch beteiligten sich auch die Einwohner dieser Welt, deswegen war eine beträchtliche Kampfkraft zustande gekommen.

»Oh? Ist es vorbei?«

»Es hat wohl bloß so lange gedauert, weil es so viele waren.«

»Mann, Bubi, du kannst einen wirklich erschrecken.«

»Wieso? Das ist doch genau das, was ihr gemacht habt. So weit kannst du selber denken.«

»Hab ich. Darum sag ich ja, dass es nicht witzig ist!«

Ja, wenn andere das Gleiche taten wie man selbst, war es natürlich sofort was ganz anderes.

»He! Hallooo!«

Kizuna kam mit Glass im Schlepptau auf uns zugelaufen.

»Erst ruft ihr um Hilfe, und dann räumt ihr ruckzuck selbst auf.«

»Äh … Na ja, wir haben Rishia gebeten, euch zu holen, aber dann sind ihr so viele Monster gefolgt, dass wir die übrigen irgendwie allein geschafft haben.«

Ganz tolle Sache, dass sie Rishia allein losgeschickt hatten. Für ihr Level war sie nämlich schrecklich schwach, ehrlich gesagt. Eigentlich ein Wunder, dass sie noch am Leben war.

»Wir wollten ihr ja helfen, aber bei uns waren ja auch noch Monster … und Rishia ist einfach schreiend weggerannt.«

»Schon gut.«

Ich sah deutlich vor mir, wie Rishia mit ihrem elenden »Ojeeeeeee!« losgerannt war, gehetzt von einem Haufen Monstern. Sie hatte den Lockvogel gespielt.

»Raph!«

»Oje!!«

Das Wesen auf Rishias Rücken, das sich so nachdrücklich bemerkbar machte, hieß Raphi und war ein Shikigami, den ich unter Verwendung von Raphtalias Haar hatte erschaffen lassen. Raphi war ein niedliches Geschöpf, eine Art Waschbär mit runden Augen. Wäre Raphtalia ein Tier gewesen, hätte sie wohl so ausgesehen.

Raphi machte bei allem mit und stellte sich immer gut auf mich ein. Aus irgendeinem Grund hing sie nun an Rishia.

»Sag mal, hast du auf sie aufgepasst?«

»Raph!« Raphi nickte.

Sie konnte Illusionsmagie verwenden, ebenso wie Raphtalia. Damit musste sie die Monster verwirrt haben, damit sie Rishia mit ihren Attacken nicht trafen.

»Dann hast du ja toll mitgekämpft.«

»Raph!«

»Pen!«

Das war Chris. Er war Kizunas und Glass’ Shikigami und sah wie ein Pinguin aus. Er wollte auch Aufmerksamkeit – immerhin machte er den Job schon länger als Raphi.

»Du hast auch toll auf Rishia aufgepasst«, sagte Kizuna. »Danke.«

»Ja, Chris«, pflichtete Glass ihr bei. »Gut gemacht.«

Die eigentliche Arbeit hatte aber Raphi geleistet. Ich streichelte sie demonstrativ.

»Herr Naofumi, musst du denn immer gewinnen? Komm, es gibt genug zu bereden.«

Raphtalia schleifte mich weg. Mit Raphi schien sie nicht so recht warm zu werden.

»Kizuna, konntest du gegen diese Wellenmonster kämpfen?«, fragte ich.

»Im Großen und Ganzen schon. Erst hab ich gezögert – es war, als würde man gegen Götter kämpfen –, aber es waren anscheinend bloß Monster, die wie welche aussahen.«

Ganesha, Ifrit, die schlangenartigen Naga, die halbmenschlichen Nagaraja und andere.

»Was war der Endgegner?«

»Ein Interdimensions-Girimekhala … Aber durch einen Moduswechsel ist er zum Airavata geworden.«5

Ein Elefant als Endgegner? Was war das denn?

Mir ging auf, dass ich das wohl gar nicht gewusst hätte, wäre ich kein Otaku gewesen.

»Sammeln wir erst mal die Monsterstoffe, und dann zurück zum Schloss.«

Kizuna rief Ethnobalt, der am Himmel seine Runden drehte und sich bereithielt.

Ethnobalt war der Träger des Boots, auch eine Vasallenwaffe dieser Welt. Er war unsere Rückendeckung, denn Kämpfen war wohl nicht seine Stärke. Er sah wie ein Menschenjunge in der Kluft eines Magiers aus, war jedoch eigentlich wie Filo ein Monster: ein Kaninchen – wobei ich ihn noch nicht gefragt hatte was für eins.

Er beherrschte die Wahrsagerei, und von ihm hatte ich auch Raphi bekommen. Bei der Suche nach Raphtalia hatte sie uns als Kompass gedient und war uns eine Riesenhilfe gewesen. Offensichtlich hatte er was drauf.

»Warum muss ich jetzt eigentlich auch noch in eurer Welt bei den Wellen kämpfen?«

»Das fällt dir jetzt erst ein?!«

»Ich bin eigentlich nicht hier, um mich mit euren Wellen herumzuschlagen. Es hat sich bloß so ergeben, dass ich euch helfe.«

»Weiß ich doch. Danke, dass du für diese Welt gekämpft hast.«

»Jaja. Kehren wir lieber zurück und überlegen uns, wie’s weitergeht.«

Mannomann …

Wofür hielten die Leute dieser Welt wohl die Wellen? Nun, sie traten ja an allen möglichen Orten auf, insofern ließ sich das vielleicht schwer verallgemeinern.

Hm … die Wellen.

Als ich noch in der anderen Welt gewesen war, hatte ich sie für bloße Katastrophen gehalten, aber da hatte ich wohl falsch gelegen. Hier, in Kizunas Welt, hatte ich von der wahren Natur des Phänomens erfahren. Angeblich fand eine Verschmelzung der beiden Welten statt. Ich sage angeblich, weil es bloßes Hörensagen war; sichere Beweise hatte ich nicht. In Kizunas Welt schien es jedoch irgendwelche Aufzeichnungen über frühere Verschmelzungen zu geben, und dort stand geschrieben, die Welten würden untergehen, wenn die Verschmelzung zu weit voranschritt.

In den Legenden wurde auch ein Weg genannt, um die Vernichtung zu verhindern: Tötete man während der Wellen die vier legendären Helden der anderen Welt, die Träger der heiligen Waffen, so ging nur die verfeindete Welt unter, während die eigene überdauerte.

Darum hatten mich L’Arc und Glass auch so verzweifelt umbringen wollen.

Als Kizuna davon erfahren hatte, war sie jedoch außer sich gewesen vor Wut. Und dann hatten wir beschlossen, nach einem anderen Weg zu suchen.

In der Welt, aus der ich herübergekommen war, hatte es ein Ungeheuer namens Geisterschildkröte gegeben. Sie hatte die Fähigkeit besessen, die Wellen zu verhindern, indem sie aus den Seelen der Einwohner eine Barriere errichtete.

Natürlich gab es auch in Kizunas Welt entsprechende Ungeheuer. Ich hatte von vier heiligen Tieren gehört, vier Gottheiten. Zu ihnen gehörte der weiße Tiger, aber der war bereits erschlagen worden.

Erst kürzlich hatten wir gegen einen genialen Typen kämpfen müssen, den ich Drecksack Nr. 2 nannte: Er hatte Replikate des weißen Tigers erschaffen, um sie als Waffe einzusetzen.

»Wir können uns nicht bloß mit den Wellen befassen. Ich kann schließlich nicht ewig in dieser Welt bleiben.«

»Ist ja gut. Ich helf dir doch, so gut ich kann.«

Denn darum waren wir eigentlich hier: Um Kyo dafür zu bestrafen, dass er die Welt, in die ich beschworen worden war, ins Chaos gestürzt hatte. Und um die Energie der Geisterschildkröte, die er gestohlen hatte, wieder zurückzubringen, wie sie – Ost – es mir aufgetragen hatte.

Wir konnten hier nicht ewig unsere Zeit verplempern.

1 Samurai-Schutztruppe der Edo-Periode, die für das Shogunat kämpfte

2 Über dem Kimono getragener knielanger Überwurf mit angeschnittenen Ärmeln

3 Ganesha: hinduistische Gottheit, oft bezeichnet als »Herr der Hindernisse«; Ifrit: Feuerwesen der islamischen Mythologie; Nagaraja: König der Naga (halb menschlich, halb schlangenartige Wesen)

4 Schlangentötendes Reittier, welches zur Hälfte Adler und zur Hälfte Mensch ist

5 Girimekhala: Elefant, auf dem der bösartige Himmelskönig Mara ritt (Buddhismus); Airavata: ein weißer, heiliger Elefant und das Reittier des Schöpfergottes Indra (Hinduismus)

Kapitel 1: Die Technologie der anderen Welt

»Na dann …«

Ich machte mit dem weiter, womit ich mich vor der Welle befasst hatte. Seit mehreren Tagen schon hielt ich mich nicht mehr im Königspalast auf – beziehungsweise im Palast des ›jungen Herrn‹. Ich verbrachte meine Zeit mit Arbeit in einer Werkstatt in einem Winkel der Schlossstadt.

Die Kultur dieses Landes, Kleidung und Accessoires, stellte wie bei L’Arc einen Kompromiss zwischen japanischem und westlichem Stil dar. Ob man einen japanischen Kimono trug oder eine Rüstung im westlichen Stil, die Einwohner interessierte es nicht. Kizuna hatte mir erzählt, im Nachbarreich sei der japanische Stil vorherrschend. Von dort sei die Kultur herübergeströmt.

Im Augenblick war ich jedenfalls bei Kizunas Schmiedin Romina, die für uns Waffen und Rüstungen herstellte. Dort fertigte ich unsere Accessoires an. Indem ich hier arbeitete, konnte ich immer gleich auf Rominas Detailfragen eingehen und war notfalls schnell im Palast. Jeden Abend den Weg zu Kizunas Haus in die Nachbarstadt zurückzulegen, war mir zu lästig geworden. Auf diese Weise hatte ich die letzten Tage sinnvoll nutzen können.

Raphtalia, Rishia und Filo trainierten gerade gemeinsam mit L’Arc und den anderen im Schloss. Raphi und Therese hingegen waren bei mir und sahen mir höchst interessiert bei der Arbeit zu. So hatte ich zwar Leute um mich, die mich immer mal wieder unterbrachen, aber ich ignorierte sie so gut wie möglich.

Vielleicht machten wir es uns hier gerade etwas zu gemütlich, aber im Moment war es die beste Vorgehensweise.

»Reden wir erst mal darüber, wie’s weitergehen soll«, sagte Kizuna.

Sie war zusammen mit Glass aufgekreuzt, um Romina aus den Materialien der erlegten Wellenmonster Waffen und Rüstungen anfertigen zu lassen. Und nachdem das nun geklärt war, wollten sie mich anscheinend bei der Arbeit stören, um mit mir irgendwelche Strategien zu bequatschen.

»Ach ja«, sagte ich, »ich wollte eh noch was wissen.«

»Was denn?«

»Wie kommt ihr damit klar, wenn die Wellen rasch aufeinanderfolgen?«

»Ah, das beantwortet am besten Glass.«

»Oh ja«, sagte Glass. »In der Hinsicht darf man nicht nachlässig sein.«

»Und? Wie macht ihr’s nun?«

»Romina, hast du gerade welche da?«

»Na klar. Diese Items sind sehr gefragt.«

Romina zog Ketten hervor, von denen große Edelsteine baumelten.

Es gab verschiedene Designs, aber die Klunker hatten sie alle gemein.

Waren das Bergkristalle oder so was? Im Inneren glomm schwaches Licht.

»Wenn es eine Welle gibt, kann man sich mit so einer Kette dorthin teleportieren.«

»Oha … Ihr habt ja tolle Sachen hier.«

In Kizunas Welt war die Erforschung der Heldenwaffenfunktionen ziemlich weit vorangeschritten. In meiner Welt war es den Helden oder Vasallen vorbehalten, erlegte Monster in ihren Waffen zu sammeln und dann die Drop-Items zu prüfen. Hier war diese Funktion jedoch nachgebaut worden.

Man konnte sich die Items zwar nur in speziellen Einrichtungen oder bei Drachensanduhren ausgeben lassen, aber es war dennoch eine ausgezeichnete Technologie.

»Ja, schon. Die Funktion haben die Jewels nachgebaut.«

»Hm … Und?«

»Meine Gefährten nutzen diese Ketten: Sie springen an die unterschiedlichsten Orte der Welt, um sich da um die Wellen zu kümmern.«

»Du hast ja fähige Leute.«

Kizuna war noch vor der ersten Welle beschworen worden und hatte allerlei Abenteuer erlebt, ehe sie in jenem unentrinnbaren Labyrinth gelandet war. Während der Zeit hatte sie wohl viele Leute kennengelernt und zahlreiche Gefährten gesammelt.

»Jedenfalls vertreibt ein Bekannter von mir die Dinger oder verteilt sie an Abenteurer, damit sie zu den Wellen können.«

»Der Welt zuliebe? Hier gibt’s ja noble Leute.«

Es wäre mir eine Riesenhilfe gewesen, wenn es in meiner Welt etwas Ähnliches gegeben hätte. Auf dem Cal-Mira-Archipel hatten wir zwar auch Abenteurer angeheuert, aber so ganz ohne Helden wäre es doch hart geworden.

»Viele machen wohl auch mit, weil sie scharf auf die besonderen Materialien der Wellenmonster sind.«

»Ah … Das ergibt Sinn.«

Wenn man bei den Wellen eine neue Technik oder unbekannte Stoffe in die Hände bekommen konnte, dann nahmen sicher viele Abenteurer die Gefahr auf sich, in der Hoffnung, auf einen Schlag reich zu werden. Ich hatte bei der Schlacht den Eindruck gehabt, dass überwiegend kampferprobte Leute mitgemacht hatten. Nun kannte ich den Grund.

»Jetzt bin ich neidisch.«

In meiner Welt wussten viele gar nichts über die Wellen, und es kämpften auch nur wenige mit. Abenteurer hatten manchmal Pech und waren zufällig vor Ort, wenn eine Welle ausbrach. Die schlugen sich dann irgendwie mit durch, gerieten aber meist ziemlich in die Bredouille.

Gut, die Wellenrisse schlossen sich irgendwann wohl von selbst wieder, wenn keine Helden teilnahmen. Aber womöglich bedeutete das nur, dass die gegnerische Welt sich um die Welle gekümmert hatte. Man könnte es nachprüfen, aber dafür müssten die Welten miteinander kommunizieren … Nur bestand die Möglichkeit, dass der Feind nicht angriff, weil er nichts von den verschmähten Wellen wusste. Dann wäre es gefährlich, ihn darauf aufmerksam zu machen.

Jedenfalls wollte ich auch gern solche Items haben, die es möglich machten, außer den Helden noch mehr Leute an den Wellen teilnehmen zu lassen. Sobald wir hier alles erledigt hatten und in unsere Welt zurückkehrten, würde ich die gut gebrauchen können. Nicht nur ließen sie sich als Massenprodukt für gutes Geld absetzen, es würde mir auch die Arbeit erleichtern.

»Wäre super, wenn ihr so was auch für mich hättet.«

Kizuna und Romina nickten wissend. Wussten sie, was ich vorhatte?

»Die gefallen Naofumi wohl, was?«

»Alto hat ein ganz ähnliches Gesicht gemacht.«

Hatten sie meine Absicht gewittert, die Dinger drüben zu verkaufen? Die mussten mich ja für einen schlimmen Raffzahn halten.

»Na ja, jetzt müssten unsere vier Helden oder die sieben sogenannten Sternhelden noch Bock auf die Wellen haben.«

Abgesehen von mir zerbrachen sich die heiligen Helden bloß den Kopf darüber, wie sie andere ausstechen konnten, und sobald sie selbst einmal ins Hintertreffen gerieten, schrien sie nur: »Schummler, Schummler!«

An die Wellen gingen sie wie an ein Videospiel heran, zeigten dabei aber keinerlei Ehrgeiz.

Schon bei ihrer zweiten Welle hatten sie es gegen den Boss schwer gehabt. Niemand konnte vorhersehen, wie es mit ihnen weitergehen würde.

So blieb die ganze Verantwortung an Fitoria hängen, dem legendären Filolial: Sie war anscheinend ziemlich beschäftigt damit, sich überall auf der Welt um die Wellen zu kümmern. Und jetzt hatte auch ich mich noch abgesetzt …

Es gab wohl noch die Helden der sieben Sterne, aber von denen hatte ich noch keinen zu Gesicht bekommen. Ich wusste auch nicht, was für Leute das waren – wir mussten wohl auf alles gefasst sein und uns gut vorbereiten.

Wenn es also Mittel gab, unsere Last ein wenig zu verringern, dann wollte ich sie unbedingt in die Hände bekommen.

»Ach ja!«, rief Kizuna. »Ich hab mit Glass gesprochen und dabei was rausgefunden.«

»Und das wäre?«

»In dieser Region hat sich der Zeitraum bis zur nächsten Welle offenbar verlängert – vielleicht weil ich teilgenommen hab.«

»Oh …«

Hatte Kizuna nicht neulich gesagt, es müsse irgendeinen Sinn haben, dass die vier Helden bei den Wellen mitmachten?

Hier gab es ja die Legende, dass die eigene Welt überdauerte, wenn man bei einer Welle die vier Helden der anderen umbrachte. Für Kizuna, die Menschen nicht angreifen konnte, brachte es dann jedoch kaum einen Vorteil, überhaupt mitzukämpfen.

Sie sollte nach einer Möglichkeit suchen, wie sie nicht daran teilnehmen musste … oder sich schlimmstenfalls in einem unendlichen Labyrinth verkriechen, wo es ihr ganz erspart blieb.

War dies also ein Hinweis darauf, wie sich dieser Widerspruch erklären ließ? Die nächste Welle zögerte sich hinaus, wenn die Helden mitkämpften. War das die Antwort?

Eine gute Hypothese war es allemal. Jetzt mussten wir bloß noch mehr Daten sammeln.

»Aber wenn in dieser Welt die Abenteurer freiwillig mitkämpfen, ist es dann nicht sehr leicht, die Wellen zur Ruhe zu bringen?«

»Ganz so kann man das auch wieder nicht sagen«, sagte jemand hinter mir – er musste gerade die Werkstatt betreten haben.

Als ich mich umwandte, stand dort ein Mann. Er hatte sich das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, der ihm über die Schulter hing. Seine Züge waren westlich und er sah ziemlich gut aus.

Ein wenig erinnerte er mich an Motoyasu Kitamura, den Lanzenhelden aus meiner Welt, aber er wirkte netter. War er so was wie ein Charakter-Upgrade? Er kam mir auch entspannter vor als Motoyasu. Bei dem ging es immerzu nur um Frauen – es war nervtötend. Auch hiervon merkte ich bei dem Fremden nichts.

Ob Kizuna ihn kannte? Sie war auch hübsch … aber hier waren ja ohnehin nur Schönheiten versammelt.

Von der Kleidung her sah er wie ein Kaufmann aus. Er war gut, aber dezent gekleidet.

»Alto!«

Kizuna sprang auf und fiel ihm in die Arme.

Alto hieß er also. Oder war das ein Spitzname?

»Als ich hörte, du seist zurück, habe ich sofort meine Geschäfte abgebrochen und bin hergeeilt.«

»Lange nicht gesehen! Wie läuft’s denn bei dir?«

»Eine sinnlose Frage unter Händlern.«

Klar, dass er nur zögernd antwortete. Von alters her verrieten Kaufleute der Konkurrenz nicht, wenn sie gerade guten Profit machten. Wenn überhaupt, dann höchstens, wenn sie jemandem einen Vorschlag für ein lukratives Geschäft unterbreiten wollten. Davon profitierten sie dann ja auf andere Weise.

Ich persönlich zeigte gern, wenn es gut bei mir lief: So ließen sich hervorragend neue Kunden anlocken.

»Ui … Ich hatte ja Gerüchte gehört, dass sich gerade einer der vier Helden aus einer anderen Welt hier aufhält, der ein Händchen fürs Verkaufen hat. Das entspricht anscheinend der Wahrheit!«

Unsere Blicke trafen sich und es sprühten Funken.

Instinktiv wusste ich zwei Dinge: Als Händler konnte ich ihm trauen, aber auf den Menschen war kein Verlass.

Er war der Typ, der einem kaltblütig in den Rücken fiel, wenn die Zeit oder der Ort passten. Ging es jedoch ums Geld, würde er niemals betrügen.

Das war also dieser Alto!

»Das ist Altorese, aber alle nennen ihn Alto. Wir haben schon oft miteinander gehandelt.«

»Ich arbeite mit allem, was sich absetzen lässt. In letzter Zeit verkaufen sich jedoch Informationen am besten.«

Ich hatte im Vorhinein beschlossen, sofort zu verschwinden, wenn er so ein Typ wie der Sklavenhändler war, doch zum Glück war er jemand, mit dem ich zurechtkommen konnte. Vorausgesetzt natürlich, er entsprach dem Eindruck, den ich von ihm hatte.

»Das ist Naofumi Iwatani«, stellte Kizuna nun auch mich vor. »Er ist in einer anderen Welt der Held des Schildes.«

Seine Redeweise war ein wenig zurückhaltend und bescheiden. Irgendwie ließ mich das an Itsuki denken. Wie sah es wohl in seinem Inneren aus? Wobei Leute, die Handel trieben, wahrscheinlich keinen ausgeprägten Geltungsdrang oder Gerechtigkeitssinn hatten. Man hatte einen gemeinsamen Bewertungsmaßstab – Geld –, daher verstand man einander.

»Warum sieht Naofumi so erleichtert aus?«, fragte Kizuna.

»So hat auf Alto meines Wissens nach noch niemand reagiert«, sagte Glass.

Die beiden guckten mich schief an. Gab ich denn ein so merkwürdiges Bild ab?

»Er kommt mir wie ein anständiger Typ vor«, erklärte ich. »Anders als die Kaufleute dort, wo ich herkomme.«

»Das würdest du sagen? Alto kann aber knallhart sein!«

»Klar, man sollte nicht bloß nach dem Anschein gehen. Ich könnte mit meinem Urteil falsch liegen. Gut, dann nehm ich dich mal richtig unter die Lupe, wie ich es mit den Kaufleuten bei mir drüben mache.«

Ich starrte ihn direkt an. Manch einer hätte sicher geglaubt, dass in meinen Augen ein Feuer loderte.

Doch da wandte Alto irgendwie beunruhigt den Blick ab.

Ein geschickter Kaufmann mochte er ja sein, aber hatte er womöglich noch nicht gelernt, wie man ein Pokerface machte? Oder gehörte dieser Anschein der Unerfahrenheit dazu und war auch gespielt? Dann wäre er ein großes Talent.

»Zurück zum Thema. Ich hab gesagt, ihr müsstet es leichter mit den Wellen haben, weil so viele Abenteurer mitmachen. Was ist daran verkehrt?«

»Ach ja, genau. Nun ja … Sicher gibt es viele Leute, die großen Ehrgeiz zeigen. Aber das heißt ja noch lange nicht, dass deswegen alles gut läuft.«

»Das ist klar. Abenteurer sind ja auch grundlegend schwächer als Helden oder Vasallenwaffenträger.«

»Das meine ich nicht. Ich spreche von Königreichen und so was. Aber das ist nicht alles.«

Worauf wollte er hinaus? Ich hatte nicht genug Indizien, um ihm folgen zu können

Auch Kizuna blickte ihn fragend an.

Ah, aber Glass schien es zu wissen.

Hm … Sie, Kizuna und die anderen waren motiviert, so viel stand fest. Aber wie sah es eigentlich in anderen Reichen aus? Ich musste an Drecksack Nr. 2 denken, den wir kürzlich besiegt hatten, oder Kyo, den Träger des Buchs … War dies der Anhaltspunkt? Ich beschloss, einen Vorstoß zu wagen.

»Meinst du, dass Leute aus feindlichen Reichen, Vasallenwaffenträger und so, kein Interesse an den Wellen zeigen?«

»Oho, gut kombiniert! Genau gesagt sind es die anderen Helden, die keine Motivation zeigen. Die Vasallenwaffenträger lassen wir mal außen vor.«

»Was?«, rief Kizuna.»Außer mir sind noch andere Träger heiliger Waffen aufgetaucht?!«

»Ja, sie wurden schon vor beträchtlicher Zeit beschworen«, sagte Glass.

Sie war blasser als sonst – dieses Thema behagte ihr wohl nicht. Auch mich ließ es nicht kalt. Wenn ich darüber nachgrübelte, wie ich nach der Rückkehr die drei Idioten zum Mitmachen überreden sollte, schwand auch mein Mut.

»Ich bin ihnen aber erst einmal begegnet …«, sagte Glass.

»Und wie waren die so?«

»Zu den Wellen sagten sie Upday oder so. Und sie haben zwar gekämpft, aber nicht ernsthaft.«

»Die haben bestimmt Update gesagt«, meinte Kizuna. »Also ein Patch, wenn sie in einem Internetgame was verändern oder so.«

»Wenn diese Helden auch Japaner sind, kann das gut sein«, sagte ich. »Dass es aber auch überall das Gleiche ist …«

»Wie meinst du das, Naofumi?«, fragte Glass ungläubig. »Läuft es in deiner Welt etwas genauso?«

Plötzlich tat sie mir wahnsinnig leid. Kizuna war also die einzige vernünftige Heldin hier. In dem Sinne war es großes Glück gewesen, dass ich ausgerechnet ihr über den Weg gelaufen war.

»Hä? Woher kommt bei euch beiden plötzlich die Anteilnahme?«

»Kizuna, du müsstest doch auch verstehen, was das bedeutet.«

»Na ja, Update klingt ziemlich nach Videospiel. Dabei geht’s hier um Leben und Tod …«

»Es gibt ja auch Statuswerte und man kann seine Waffe hochrüsten. Insofern kann ich’s schon verstehen.«

Selbst ich lief manchmal Gefahr, darauf hereinzufallen.

Ja, das Stärkerwerden lief über Videospielelemente. Deswegen wusste man aber noch lange nicht, was bei einem richtigen Kampf passieren würde. Es war ja bloß ein Game – klar konnte man gewinnen. Wenn man so dachte und die Technik außer Acht ließ, verlor man am Ende noch grundlos gegen Gegner, die man eigentlich hätte schlagen können.

»Die heiligen Helden bei mir drüben haben ganz ähnliche Vorstellungen.«

Gut möglich, dass sie so gedacht hatten. Um mich auszustechen, hatten sie es ja anscheinend allein mit der Geisterschildkröte aufnehmen wollen.

»Am Ende meinten sie jedenfalls«, fuhr Glass fort, »sie würden sich nicht fesseln lassen, und entsagten ihrer Mission. Und nun weiß man nicht, wo sie sind oder was sie tun.«

»Und ihr habt sie nicht aufgehalten.«

»Es bestanden keine engen Beziehungen zwischen den Reichen. Dazu kamen diplomatische Schwierigkeiten. Wir hatten kaum Kontakt. Und es war auch gar keine Zeit, sie aufzuhalten.«

»Na, immerhin weiß man, in welcher Gegend sie sich befinden.« Alto breitete die Hände aus und seufzte. »Aber wenn man sich den Helden aufdrängt, widersetzen sie sich nur. Und dann könnten sie noch einen Vorteil daraus ziehen. Falls man versuchte, sie zurückzuholen, meine ich.«

Dann war die Situation in beiden Welten ganz ähnlich. Die Helden sahen diese Welt als Spiel an und taten immer nur, wozu sie gerade Lust hatten.

In meiner Welt war es insgesamt friedlicher, aber das musste man sicher der Königin Melromarcs und ihrer Verhandlungskunst zuschreiben. Mit der Zeit kam sie mir immer erstaunlicher vor. Sie hatte alle vier Helden unter sich und schaffte es dennoch, einen Krieg zu vermeiden. Das zeigte schon großes Können.

»Wenn wir nach dem gehen, was Naofumi über seine Welt erzählt hat«, sagte Alto, »dann müssen wir erreichen, dass die vier Helden sich anfreunden, und aufpassen, dass keiner von ihnen stirbt.«

»Sieht so aus, als hätten wir’s alle schwer.«

Wenn einer der vier Helden starb, würden die Wellen schlimmer. Das hatte Fitoria mir gesagt. Das hatte ich auch Kizuna und den anderen erzählt, denn man musste wohl davon ausgehen, dass das auch hier galt. Lieber trugen wir alles zusammen, was wir wussten.

Im Augenblick war ich in dieser Welt, deswegen war alles in der Schwebe. Aber letztendlich musste ich in die Welt zurück, für die ich zuständig war, und meine Kräfte mit denen der anderen drei Helden vereinen – auch wenn sie so schwachsinnig gewesen waren, sich von Kyo als Energiequelle für die Geisterschildkröte einfangen zu lassen.

»Dann gibt’s noch das Problem, dass unter den Vasallenwaffenträgern ein Machtkampf herrscht.«

Aha … Zusammengefasst gab es hier zwar Abenteurer, die auf Materialien aus waren und deswegen bei den Wellen in anderen Reichen mitmachten, aber die vier Helden oder die Vasallenwaffenträger, die sie eigentlich anführen sollten, ließen keinerlei Motivation erkennen.

Wahrscheinlich hatten sie dann auch noch nicht die Gemeinsamkeiten ihrer Hochrüstmethoden ergründet … Kyo war allerdings ziemlich stark gewesen. Ich wusste nicht, ob das einfach nur an einem hohen Level und guten Statuswerten lag, oder ob es noch andere Faktoren gab. Aber auch Glass und ihre Freunde schienen Schwierigkeiten zu haben, diesen Vasallenwaffenträger zu besiegen.

»Im Augenblick schlagen sich Kizunas Gefährten irgendwie durch, indem sie sich überallhin verteilen und dort die vielen Abenteurer anführen. Da sie aktuell mit den Wellen zurechtkommen, nehmen die Reiche die Lage nicht allzu ernst.«

Dann nahmen sie also allesamt die Wellen auf die leichte Schulter: die Helden, die Vasallen und die Oberhäupter der anderen Reiche.

»Die Monster sind mittlerweile aber viel stärker als zu der Zeit, an die ich mich erinnere«, sagte Kizuna. »Und man kriegt auch mehr Erfahrung.«

»