The Rising of the Shield Hero – Light Novel 13 - Kugane Maruyama - E-Book

The Rising of the Shield Hero – Light Novel 13 E-Book

Kugane Maruyama

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Beschreibung

Seit sie in der ihnen fremden Welt erwacht waren, haben die drei anderen Helden sich stur so verhalten, als würden sie bloß ein Videogame spielen. Doch nun hat Naofumi Iwatani, der Held des Schildes, ihnen die Realität vor Augen geführt und ihnen erfolgreich den Kopf zurechtgerückt. Nach einer anstrengenden Reise kommen die Gefährten schließlich in Q'ten Lo an, in jenem Reich, das Raphtalia immer wieder nach dem Leben trachtet. Sie wollen die schurkische Regierung zur Rechenschaft ziehen – wie sich herausstellt, macht die mit ihren schlechten Gesetzen selbst der eigenen Bevölkerung das Leben schwer. Zusammen mit der Rebellion will Naofumi die Regierung stürzen, doch da werden die Fähigkeiten der Gruppe von eine rätselhaften Anti-Helden-Waffe geblockt. Was hat es damit auf sich?

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Seitenzahl: 292

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Prolog: Aufteilung in Teams

»Alles vorbereitet?«

»Ja.«

»Mann … Was stammt ihr auch aus so einem nervigen Reich?«

Im Augenblick brach ich gerade gewisser Geschehnisse wegen nach einem gewissen Reich auf. Die ganze Sache hatte begonnen, als … Ja wann eigentlich? Als Raphtalia in dieser Welt auf meinen Wunsch hin die Miko-Tracht angezogen hatte? Einerseits ja, andererseits viel früher. Vorerst wollte ich jede Verantwortung von mir weisen und sagen, es sei nicht meine Schuld.

Aber am besten schildere ich erst einmal meine Lage. Ich heiße Naofumi Iwatani. Eigentlich hatte ich in Japan an der Uni studiert, aber dann war ich in eine andere Welt beschworen worden, als Held des Schildes.

Hier gab es Level wie in einem Videospiel. Wenn man Monster besiegte, sammelte man Erfahrung und stieg auf. Dank der Logik, nach der diese Welt funktionierte, konnte man leicht erkennen, was die eigenen Anstrengungen brachten.

Man hatte mich hierhergerufen, damit ich mich den »Wellen« entgegenstellte, einem Phänomen, das drohte die Welt zu vernichten.

Erst war mir das Ganze wie ein Traum erschienen. Aber dann hatte ich herausfinden müssen, an was für einem miesen Ort ich da gelandet war. Man hatte mich in verschiedene Verschwörungen verwickelt – was mir einen ganz schönen Knacks verpasst hat, wenn ich mal ehrlich bin. Nur daran zu denken, versetzt mich in schlechte Laune.

»Was können wir denn dafür?«, sagte Sadina. »Die Region Seaetto hat doch von sich aus herumziehende Subhumanoide aufgenommen.«

»Es liegt an meiner Herkunft …«, sagte Raphtalia kummervoll.

Sie war in der fremden Welt als Erste meine Gefährtin geworden. Ursprünglich hatte ich sie mir als Sklavin gekauft, damit sie an meiner Stelle angreifen konnte – ich hatte keine Möglichkeiten dazu –, aber dann hatten wir alles Mögliche gemeinsam durchgemacht, und jetzt war sie eine verlässliche Gefährtin und wie eine Tochter für mich.

Wir hatten es weit gebracht, wenn man mal darüber nachdachte. Direkt nach meiner Beschwörung hätte ich mir nie träumen lassen, was mir hier bevorstand.

Aber ich fasse mich mal kurz. Schließlich hatte ich mich den Intrigen Melromarcs entziehen können, jenes Reichs, in das man mich beschworen hatte. Danach hatten wir es mit einem Feind zu tun gehabt, der aus der Welt jenseits der Wellen herübergekommen war. Bei den Wellen, derentwegen die Helden beschworen worden waren, handelte es sich um ein Weltenverschmelzungsphänomen. Verloren wir die Schlacht, bedeutete das den Untergang der Welt. Mehr wussten wir bisher nicht.

Es war uns einstweilen gelungen, Frieden mit Glass, L’Arc und den anderen zu schließen, die aus den Wellen aufgetaucht waren. Der besagte Feind hatte ein Schutztier dieser Welt gekapert, die Geisterschildkröte, aber wir hatten ihn am Ende besiegt und seiner gerechten Strafe zugeführt.

Dank der Kräfte der Geisterschildkröte würden eine Weile lang keine Wellen über diese Welt hereinbrechen. Wir nutzten die Zeit, um Raphtalias Heimatdorf wieder aufzubauen, das durch die erste Welle zerstört worden war. Zu diesem Zweck hatten wir unter anderem die ehemaligen Einwohner, die versklavt worden waren, zurückgekauft und wieder nach Lurolona geholt.

Damit verfolgte ich zudem das Ziel, die nötige Kampfkraft für kommende Wellen aufzubauen. Sklaven oder Monster, die ein Held aufzog, wurden stärker, als es unter normalen Umständen möglich war.

Außerdem hatte ich, um der Wellen Herr werden zu können, angefangen, die anderen Helden unter meinen Schutz zu bringen. Die hatten sich nach der Beschwörung lange so verhalten, als sei das alles nur ein Videospiel, doch dann hatten zwei von ihnen endlich die Tatsachen akzeptiert und sich eines Besseren besonnen – um nur das Ergebnis meiner Bemühungen zu nennen.

»Und was machen wir?«, fragte Ren. »Wir sollten wohl lieber mitkommen, oder?«

»Warte mal kurz.«

Ren Amaki war der Held des Schwertes. Anfangs hatte er den Coolen gespielt, aber nach einem Rückschlag war er durchgeknallt und hatte der Witch vertraut, dem Miststück, das mich getäuscht und der Vergewaltigung bezichtigt hatte. Nachdem sie ihn dann verraten hatte, war er ein zweites Mal verzweifelt. Nach einigem Hin und Her lebte er aber mittlerweile bei uns im Dorf, und von den vier beschworenen Helden entsprach er nun am ehesten dem Bild eines aufrechten Heroen.

Er war erst sechzehn und noch recht unschuldig. Nach allem, was ich erlebt hatte, tat es mir manchmal regelrecht weh, ihn so naiv daherreden zu hören.

Die nötige Stärke hatte er allemal, doch ehe er zu uns gekommen war, hatte er sich zwei Flüche eingehandelt. Daher trainierte er im Augenblick fleißig und wartete, dass die Auswirkungen nachließen.

Auch ich selbst war gerade geschwächt, da ich, um einer Notlage zu entkommen, auf meinen verfluchten Schild des Ingrimms hatte zurückgreifen müssen. Abgesehen von Verteidigungskraft waren alle Werte stark gesenkt und nur noch geringfügig höher als bei gewöhnlichen Menschen.

Ren war seit seiner Ankunft im Dorf deutlich stärker geworden, denn er hatte endlich auf mich gehört und die verschiedenen Waffenhochrüsttechniken angewandt.

Wir waren Leidensgenossen, denn wir hatten uns beide von der Witch verladen lassen. Eine gemeinsame Feindin zu haben, schweißte uns zusammen. Unterm Strich hatte die kalte Dusche Ren gutgetan – jetzt war er aufrichtig und gewissenhaft –, aber er würde es der Witch wohl nie verzeihen.

»Wo ist Itsuki?«

»Hier …«

Ich hatte ihn gerade suchen wollen, da kam er mir mit Rishia entgegen, eine Hand erhoben. Er war der Held des Bogens und hieß mit vollem Namen Itsuki Kawasumi. Er war erst seit Kurzem im Dorf.

Wie Ren war er aus einem anderen Japan als ich hierherbeschworen worden. Ursprünglich war er von einem starken Gerechtigkeitssinn beseelt gewesen. Dann war er jedoch wie Ren von einer verfluchten Waffe korrumpiert worden und hatte nicht nur seinen Gerechtigkeitssinn, sondern auch seinen freien Willen eingebüßt.

In Zeltoble, dem Reich der Söldner und Kaufleute, war er im Kolosseum unter dem kindischen, peinlichen Ringnamen »Perfect Hidden Justice« angetreten. Er hatte sich von der Witch sein ganzes Geld abknöpfen und gewaltige Schulden aufbürden lassen. Ich hatte sie erst einmal für ihn übernommen, aber er sollte bloß nicht glauben, dass ich sie ihm einfach erlassen würde.

Einst hatte er Rishia gerettet, die aus einer verarmten Adelsfamilie stammte. Zunächst war sie seine Gefährtin gewesen, doch dann hatte er sie aus Selbstsucht verstoßen. Sie hatte dann unter mir trainiert und war ihm schließlich entgegengetreten, um ihn daran zu erinnern, was Gerechtigkeit in Wahrheit bedeutete. Jetzt half sie ihm gerade, auf den richtigen Weg zurückzufinden. Sie war neuerdings im Besitz einer rätselhaften durchscheinenden Waffe und wurde zusehends stärker.

»Ach, da bist du … Also, es gibt einige Probleme.«

»Aber was genau ist denn jetzt los?«, fragte Ren. »Ich hab zwar schon ein bisschen mit Sadina gesprochen, aber jetzt erklär uns doch endlich mal alles von Anfang an.«

Der Ursprung allen Ärgers lag bei L’Arc, einem Vasallenwaffenträger aus jener anderen Welt. Er hatte Raphtalia eine Miko-Tracht zum Anziehen gegeben, und als ich gesehen hatte, wie großartig ihr die Sachen standen, hatte ich mir gewünscht, dass sie so etwas später auch in unserer Welt trug. Doch als sie die neu gemachte Miko-Tracht dann angezogen hatte, war plötzlich die Hölle losgebrochen.

Mir wurde später berichtet, dass Raphtalia der kaiserlichen Blutlinie Q’ten Los entstammte, eines Subhumanoidenreichs. Und die Gewandung der Frauen der dortigen Kaiserfamilie ähnelte offenbar sehr dieser Miko-Tracht.

Raphtalias Eltern hatten die Thronfolge nicht antreten wollen und waren darum fortgegangen, doch Raphtalia war von dem Reich fortlaufend weiter überwacht worden. Dann hatte ich sie die Sachen anziehen lassen, nicht ahnend, was für Konsequenzen das nach sich ziehen würde. Der Held des Schildes war für die Subhumanoiden praktisch ein Gott; nun hatte plötzlich eine seiner Gefährtinnen die Miko-Tracht getragen – ein Zeichen, dass sie die Kaiserin jenes Reichs sein wollte. Damit war sie zur Zielscheibe geworden.

Und so hatten die Beschatter das Beobachten sein lassen und stattdessen angefangen, auf meinem Lehen zu randalieren. Und es stand zu erwarten, dass es nicht bei dem einen Angriff bleiben würde, sondern dass ab jetzt immer wieder Attentäter anrücken würden. Das konnten wir nicht einfach so über uns ergehen lassen.

Sie hatten Raphtalia die ganze Zeit beobachtet, hatten jedoch bloß tatenlos zugesehen, als ihr Dorf in der Welle zugrunde gegangen war, als Sklavenjäger sie überfallen hatten, als sie in der Sklaverei eine schreckliche Behandlung erfahren hatte und als sie für mich hatte schuften müssen. Und das, obwohl sie doch sicher über die nötigen Mittel verfügt hatten, um ihr jederzeit zu helfen. Zuletzt hatten sie sogar noch versucht, sie umzubringen, weil sie ihnen unbequem geworden war.

Dafür würde ich sie bezahlen lassen!

So hatte ich jedenfalls beschlossen, nach Q’ten Lo aufzubrechen. Ich hatte Sadina gefragt, wo sich das Reich befand, aber sie hatte es mir noch nicht verraten.

»Ich hab bisher selbst nur einen groben Überblick. Sadina, du hast gesagt, wir müssen erst nach Schildwelt? Komm schon, Details bitte.«

»Na gut, Schwesterchen erklärt euch alles.«

Sadina war für Raphtalia und die anderen Sklaven im Dorf so etwas wie eine große Schwester. Sie konnte eine Tiermenschengestalt annehmen: die eines Orca. Dafür, dass sie keine Heldin war, war sie überraschend stark, und sie war so hübsch wie Raphtalia. Unangenehmerweise wurde sie mir gegenüber immer wieder zudringlich. Sie hatte öffentlich verkündet, dass sie jemanden heiraten wolle, der mehr vertrug als sie, und da ich nicht betrunken wurde, wie viel ich auch trank, machte sie jetzt mir den Hof. Das war mir wahnsinnig lästig. Sie war im selben Reich wie Raphtalias Eltern geboren und hatte sie damals begleitet, wohl als Geleitschutz.

»Nur um das klarzustellen: Wir müssen also unbedingt vorher nach Schildwelt, ja?«

Q’ten Lo lag noch viel weiter östlich, jenseits des Meeres, und war angeblich komplett nach außen abgeriegelt.

»Es ist zwar ein Umweg, aber die Einreise nach Q’ten Lo ist ganz besonders schwierig.«

»Inwiefern?«

Sadina schaute nachdenklich. »Zuerst einmal liegt das Land so weit draußen im Meer, dass man nur mit einem Schiff hinkommt. Man muss an mehreren kleineren Reichen vorbeischippern, dann gelangt man irgendwann nach Q’ten Lo. Wegen der tückischen Meeresströmungen schafft man es aber gar nicht erst bis dorthin.«

»Hm.«

»Ziemlich blöd, was? Außerdem gibt es eine Blockade, die streng vom Meeresdrachen beschützt wird. Selbst ich komme da nicht rein.«

»Können wir den nicht erschlagen?«

Wenn dieses Monster uns den Zugang zum Reich verwehrte, wäre das durchaus eine mögliche Lösung.

»Nur wie sollen wir einen Drachen besiegen, der sich in der Tiefsee bei Q’ten Lo verbirgt?«

Hm … Wenn jemand versuchte, mich direkt anzugreifen, nachdem ich Shooting Star Shield angewandt hatte, fiel er auf die Nase. Mir als Verteidigungsspezialisten erschien dieser Fall ganz ähnlich. Könnten wir den Drachen einfach physisch überwinden, würde das vieles vereinfachen. Leider war das wohl ein Ding der Unmöglichkeit.

»Er beschützt diese Blockade also nicht von außerhalb, sondern von innerhalb des Reichs und versteckt sich zudem tief im Meer?«

Sadina nickte. Ach, hatte nicht einer der Attentäter gesagt, sie sei früher eine Miko des Wasserdrachen gewesen? Vielleicht kannte sie sich darum so gut aus.

»Wegen der Blockade kommt man auch nicht über den Luftweg rein«, erläuterte sie. »Die einzige Möglichkeit, ins Land zu gelangen, wäre ein Handelsschiff aus Schildwelt. Das hab ich erfahren, als ich dort gewesen bin.«

Irgendwie kam mir Q’ten Lo immer mehr wie das alte Japan vor. Das Reich war abgeriegelt und hatte kaum Kontakt zur Außenwelt. Entsprach Schildwelt dann Portugal oder Holland?

»Und wenn wir uns über den Hafen einschmuggeln?«

»Wegen der Sache mit Raphtalia werden sie höchst wachsam sein. Wir bräuchten also tatkräftige Unterstützung von Schildwelt, um ins Land zu kommen.«

Ich seufzte. Das klang wirklich ziemlich schwierig. Eine heimliche Einreise ins Land schien unter diesen Umständen unmöglich. Waren wir praktisch gezwungen, uns mit Gewalt Zutritt zu verschaffen? Sadina hatte ja neulich schon gemeint, ich müsse bereit sein, Raphtalia zuliebe ein Reich in die Knie zu zwingen. Es half nichts. Ich musste wohl wenigstens einmal nach Schildwelt und dort um Hilfe ersuchen.

»Alles klar. Dann gehen wir nach Schildwelt und gucken, ob die uns ein Schiff bereitstellen.«

Wer wusste, wie viele Tage uns das wieder kosten würde, aber es musste wohl sein.

Ren und Itsuki wirkten, als verstünden sie die Tragweite all dessen nicht so recht, doch Rishia schien eine gewisse Ahnung zu haben.

»So weit wäre das geklärt. Wenn ich Ren und Itsuki mitnehme, besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Lage kompliziert und gefährlich wird.«

Schildwelt war schon seit Langem mit Melromarc verfehdet, dem Reich, in dem wir unsere Basis hatten. Darauf ließ sich letztlich auch zurückführen, dass man mich verleumdet und mir all diese Schwierigkeiten gemacht hatte.

Die vier Helden, die jeweils eine der heiligen Waffen führten, waren beschworen worden, um diese Welt zu retten, und grundsätzlich glaubten die Menschen an sie. In Melromarc hatte jedoch früher die Drei-Helden-Kirche den Ton angegeben, und die hatte den Helden des Schildes ausgeschlossen. Ihrem Dogma zufolge war der Schildheld gar der Teufel. Lange hatte diese Kirche tun und lassen können, was sie wollte, doch dann hatte sie ihr wahres ketzerisches Gesicht gezeigt und war zuletzt durch unsere Hand zerschlagen worden.

In Schildwelt hingegen wurde meines Wissens nur der Held des Schildes angebetet. Das Problem lag auf der Hand: Woher wussten wir, dass wir dort nicht auf ähnliche Probleme stoßen würden? Die anderen Helden hatten es in Melromarc eher leicht gehabt, aber in Schildwelt konnte das sehr gut ins Gegenteil umschlagen.

Sie kämen ja mit mir, und ich wollte hoffen, dass es darum in Ordnung wäre. Ebenso gut mochte es aber sein, dass die drei Schwierigkeiten bekämen und ich mit darin verwickelt wurde. Wenn Ren und Itsuki mich begleiteten, konnte es unnötige Komplikationen geben.

»Und was sollen wir dann machen?«

»In Q’ten Lo glaubt man nicht an die Helden oder?«

»Ich würde sagen, nein. So genau weiß ich es leider auch nicht, mein Aufgabenbereich war eng umgrenzt.«

Eine große Hilfe war sie nicht … Aber sie konnte ja nichts dafür.

»Ich springe regelmäßig per Teleport zurück. Ihr beide könnt hier solange Vorkehrungen gegen Überfälle treffen. Falls ihr Zeit habt, geht nach Cal Mira und konzentriert euch darauf, eure Flüche aufzuheben.«

»Okay«, sagte Ren. »Aber ruf uns jederzeit, falls ihr Schwierigkeiten kriegt.«

»In Ordnung«, sagte auch Itsuki.

»Ojeeee … Da sind wir aber in was hineingeraten …«

Da konnte ich Rishia nicht widersprechen.

»Dann brechen wir also nach Schildwelt auf. Was ist mit Filo?«

Filo war als Zweite meine Gefährtin geworden. Eigentlich war das Mädchen ein Monster, und zwar ein Filolial. Das waren Vogelwesen, die sich über alle Maßen freuten, wenn sie eine Kutsche ziehen durften. Wenn ein Held sie aufzog, wurden sie zu Filolialköniginnen und -königen, die Menschenform annehmen konnten.

In ihrer Filolialform hatte Filo ein weißes Gefieder, in das sich Rosa mischte. Ihre menschliche Gestalt war die eines kleinen blonden Mädchens mit blauen Augen.

Vom Naturell her war sie naiv und unschuldig, und für die Kinder im Dorf war sie so etwas wie ein Star. Wegen eines Vorfalls kürzlich war ihr Level beträchtlich gesunken, deswegen war sie mit ihrer Freundin Melty, einer Prinzessin Melromarcs, und meiner geschätzten Gehilfin Raphi zu einer Hochlevelreise aufgebrochen. Ob ich sie mit dem Monstersiegel herbeibeordern sollte?

»Ja, wo sind sie wohl gerade?«, fragte Raphtalia.

»Die Himmelsrichtung weiß ich, und ich glaube auch, dass ich sie zurückrufen könnte, aber …«

Bis sie eintraf würde es bestimmt ziemlich lange dauern, und meine Laune war zu schlecht, um mich ewig damit aufzuhalten. Also verwarf ich die Idee. Sie war ja auch extra losgezogen, um zu leveln, da wollte ich sie nicht stören. Ich würde mir eben etwas anderes überlegen.

In dem Moment hob ein gewisser roter Drache die Hand.

»Kyua!«

Er hieß Gaelion und war an dem erwähnten Vorfall schuld gewesen. Vor Kurzem waren haufenweise Carepakete bei uns angekommen, vermutlich aus Schildwelt. Unter den Sachen war auch ein Drachenei gewesen.

Ich hatte beschlossen, Rato den Drachen aufziehen zu lassen. Das war eine Alchemistin aus Faubrey, dem größten Reich dieser Welt, die Interesse bekundet hatte, in meinem Dorf Monsterforschung zu betreiben. Um die Aufzucht selbst kümmerten sich allerdings die Dorfkinder, allen voran Wyndia. Ich hatte ihr den Spitznamen Talprinzessin geben wollen, aber der gefiel ihr nicht.

Jedenfalls war Gaelion rapide gewachsen. Er hatte mir dann lästigerweise Klingelstreiche gespielt, weil er mit mir hatte spielen wollen. Ich hatte ihn ausgeschimpft, zugleich jedoch beschlossen, künftig mehr mit ihm zu spielen. Beim Herumtoben hatte er dann vor lauter Übermut den Kernstein verschluckt, den ich zuvor für meine Rüstung verwendet hatte. Er stammte vom Zombiedrachen, dem wiedererwachten Kadaver jenes Drachen, den Ren erschlagen hatte. Er war mit einem Stück Dämonendrachenkern aus der anderen Welt verleimt.

Sobald Gaelion den Kernstein verschluckt hatte, war er außer Kontrolle geraten und geflohen. Es hatte ihn in die Berge getrieben, in denen der Zombiedrache zu Lebzeiten beheimatet gewesen war. Dorthin waren wir ihm gefolgt, um ihn zu retten.

So weit, so gut, doch dann hatte besagter Drachenkern Gaelion unterjocht, und der Dämonendrache war abermals zum Leben erwacht. Kizuna – sie gehörte zu den vier Helden aus der anderen Welt – hatte ihn einst zusammen mit ihren Freunden bezwungen.

Filo hatte ebenfalls von dem Zombiedrachenkernstein gefressen, was dem Dämonendrachen ermöglicht hatte, ihr Erfahrungspunkte zu rauben und sie in seine Gewalt zu bringen.

Beim Kampf gegen ihn hatte Gaelion die Fesseln gesprengt und mit Filo die Flucht ergriffen. Das hatte den Dämonendrachen so weit geschwächt, dass wir ihn hatten vernichten können.

Im Moment wurde Gaelion von Wyndias Ziehvater besetzt, jenem Drachen, den Ren damals erschlagen hatte. In einem Leib schlugen gleichsam zwei Herzen.

»Was willst du?«, fragte ich den Jungdrachen.

»Ähm … Er sagt, ihr dürft auf ihm reiten«, dolmetschte Gaelions Ziehmutti.

Das Mädchen hatte hundeartige Ohren, und ihre Liebe zu Monstern hing möglicherweise mit ihrem Aufwachsen zusammen. Ich ließ sie für die Monster im Dorf sorgen.

»Kommst du etwa mit, Wyndia?«, fragte Ren besorgt.

»Wenn Gaelion mitkommt? Das ist doch wohl klar!«

»W… Wenn das so ist, dann komme ich …«

Wyndia trat ihm gegen das Schienbein. Das schien jedoch nicht viel Wirkung zu zeigen – er war wohl mittlerweile zu hochgepowert.

»Spiel dich hier bloß nicht als Beschützer auf!«

Letztlich hatte Ren ihren Vater auf dem Gewissen. Dafür wollte er geradestehen, was Wyndia jedoch nur ärgerte. Dennoch suchte er unermüdlich weiter nach Gelegenheiten, es wiedergutzumachen.

»Gyaugyau!«

Gaelion hatte ja Papa Gaelion in sich, daher mochte er Ren überhaupt nicht. Ihn würde er wohl kaum auf seinem Rücken mitfliegen lassen. Damit stand dann praktisch fest, dass Ren nicht mitkommen würde.

»Und, Schildheld?«, fragte Wyndia. »Was machen wir jetzt?«

Ich überlegte. »Na ja, Filo ist nicht da, also haben wir wohl keine Wahl. Wobei ich ja meine, wir hätten noch einen zweiten Filolial …«

Ich ließ den Blick über Weide und Monsterstall schweifen. Dort stand ein blassvioletter Filolial und sah recht verdrießlich aus: Filos erster Untertan. Filolials konnten grundsätzlich nicht fliegen. Im Hinblick auf unsere Fortbewegung war Gaelion also der klare Gewinner. Auch darum war Filo wohl trainieren gegangen: um im Konkurrenzkampf gegen den flugfähigen Gaelion zu bestehen.

»Ähm …«

Da hob sich noch eine Hand – die einer Stoffpuppe.

»Meine Herrin lässt etwas ausrichten.«

»Was?«, fragte ich S’yne, die Herrin des Gehilfen.

Sie war eine Vasallenwaffenträgerin aus einer anderen Welt als dieser oder Kizunas, die im Zuge von Wellenschlachten untergegangen sein musste. Wir hatten in Zeltoble in der Untergrundarena gegen sie kämpfen müssen. Damals hatte sie noch den Ringnamen Murder Pierrot getragen. Jedenfalls hatte es sich ergeben, dass auch sie jetzt auf meinem Lehen lebte.

Was für Ziele sie verfolgte, wusste ich nicht genau, aber ihre Feinde waren in unsere Welt eingefallen, weil sie es auf die vier Helden abgesehen hatten, und S’yne schien sie besiegen und uns beschützen zu wollen.

Die Übersetzungsfunktion ihrer Vasallenwaffe war beschädigt, vielleicht weil die Welt untergegangen war, aus der sie stammte. Wenn sie sprach, ging immer einiges unter, und sie war nicht gut zu verstehen. Aus dem Grund hatte sie sich Gehilfenstoffpuppen gemacht, die für sie dolmetschten. So konnte sie sich nun endlich verständlich machen.

Jenen Schurken mit der unheimlichen Fähigkeit, wieder zum Leben zu erwachen, waren wir zum ersten Mal begegnet, als wir Ren unter unseren Schutz hatten bringen wollen. S’yne hatte uns geholfen, sie zur Strecke zu bringen. Sie hatte wohl die ganze Zeit schon nach Wegen gefahndet, sie zu besiegen.

»Sie sagt, sie kann Euch womöglich weiterhelfen. Sie bittet, dass man ihr eine Karte zeigt.«

»Okay.« Ich zeigte ihr eine Weltkarte.

»Ähm … Sie hat an der Fracht eines Zeltobler Handelsschiffs eine Transportnadel angebracht. Auf die Weise könnte sie euch ein Stück bringen.«

»Aha? Das wäre ja prima.«

Wenn S’yne eine ihrer Nadeln irgendwohin steckte, konnte sie sich mithilfe eines Skills immer dorthin teleportieren. Außerdem konnte sie die Umgebung beobachten. Dass sie mir zuvor in Notlagen zu Hilfe geeilt war, lag ebenfalls an einer dieser Nadeln, die sie an meiner Rüstung befestigt hatte.

Es ließ sich nun einmal nicht leugnen, dass wir selbst mit der flinken Filo lange bräuchten, um nach Schildwelt zu gelangen. Und Ren, Itsuki und ich konnten uns nur teleportieren, wenn wir vorher den Ort gespeichert hatten.

Raphtalia besaß ebenfalls eine Heldenwaffe – das Vasallenkatana aus Kizunas Welt –, aber die ermöglichte bloß Sprünge zwischen Städten. Der Skill bediente sich der Drachensanduhren, die einen über die Zeit bis zur nächsten Welle informierten oder Klassenaufstiege erlaubten, mit deren Hilfe man die Levelsperre überwinden und weiter aufsteigen konnte. Außerdem ließ sich dieser Skill erst verwenden, wenn man die Drachensanduhr schon einmal aufgesucht hatte.

S’ynes Nadeln hingegen mussten nur einmal irgendwo stecken, dann konnte sie jederzeit dorthin springen, selbst wenn das Zielobjekt sich unterdessen vom Fleck bewegt hatte. Das war schon praktisch.

»Wenn wir uns von dir bringen lassen, können dann Raphtalia, Sadina, Gaelion und Wyndia mit?«

»Und ich!«

Oh Mann … jetzt hob schon wieder ein ganz bestimmtes Mädchen die Hand. Wie ich das satthatte. Genervt blickte ich zu ihr hinüber.

»Du, Atla?«

Sie war eine Hakuko, eine der obersten fünf Subhumanoidenarten. Die waren nicht nur stark, sondern hatten auch ein höheres Levellimit.

Ursprünglich hatte ich sie mit dazubekommen, als ich in Zeltoble ihren großen Bruder Fohl gekauft hatte. Mittlerweile fragte ich mich aber, ob sie nicht die Stärkere von beiden war.

Anfangs war sie so schwach gewesen … Sie hätte jeden Moment sterben können. Sie war unheilbar krank gewesen, gebrechlich und nicht in der Lage zu laufen, doch sobald ich ihr eine Arznei verabreicht hatte, war es zusehends bergauf mit ihr gegangen – und nach dieser erstaunlichen Verwandlung ging es dieser Sklavin nun beinahe zu gut.

»Ich möchte auch mitkommen.«

»Was sagst du denn da, Atla?«, rief ihr im Ansehen gesunkener Bruder. Im Zuge des Levelns war er kürzlich in eine Wachstumsphase gekommen und in die Höhe geschossen.

»Lieber Bruder, als Herrn Naofumis Gefolgsleute müssen wir ihm stets zur Seite stehen. Das ist doch selbstverständlich.«

»Aber …«

»Hast du etwa vergessen, wer von uns beiden in letzter Zeit mehr Leistung bringt?«

Er knirschte mit den Zähnen.

Atla war definitiv ein Genie im Stil der Unvergleichlichen Veränderung und musste sich anders als Ren, Itsuki oder ich nicht erst eifrig darum bemühen, seine Essenz zu erfassen. Aus dem Grund hatten wir neulich gegen den Dämonendrachen gewinnen können. Sie barg eine Kraft in sich, mit der sie Rishia in ihrem erwachten Zustand in nichts nachstand. Sie war auch weit zügiger vorangekommen als die anderen Dorfsklaven. Sadina war ja von Anfang an stark gewesen.

Wenn ich mir derzeit Atla und Rishia so ansah … Atla war blind und hatte allein durch Erspüren gelernt, sich ähnlich gewandt wie Rishia zu bewegen. Ihr Level blieb noch ein Grund zur Sorge, aber an der Kampfkraft gab es nichts auszusetzen.

Fohl war derjenige, der so recht nichts zustande brachte.

»Ich könnte dich wohl mitnehmen … Ihr beide seid doch Hakuko, oder?«

Die Hakuko waren in Schildwelt Hochadel gewesen. Vor ziemlich langer Zeit hatten sie Schildwelt in den Krieg geführt. Nach der Niederlage hatte man sie wohl zur Rechenschaft gezogen, und sie hatten ihren Stand verloren.

»Mein Bruder, sollten wir in Schildwelt nicht einen gewissen Einfluss geltend machen können? In so einer Zeit ist es doch unsere Vasallenpflicht, unserem Herrn beizustehen. Also lass uns unsere Verbindungen nutzen.«

Sie ergriff ihn an beiden Armen und ließ ihren ganzen Charme spielen, um ihn zu überzeugen. Wenn es ums Gewinnen ging, war Atla jedes Mittel recht. Kam der Bruder ihr jedoch in die Quere, dann brachte sie ihn ungerührt mit einem Überraschungsangriff zum Schweigen.

Sie schienen ja aus einem Kriegerclan zu stammen, aber vielleicht waren sie doch eher mit Barbaren zu vergleichen.

»Öh … Wir haben schon Kontakte, aber das ist echt lange her. Ich weiß nicht, ob darauf noch Verlass ist.«

»Hm …«

Auch wenn sie abgestiegen waren, gab es womöglich noch Verbindungen, die sich ausnutzen ließen.

»S’yne, wie weit kannst du uns bringen?«

»Die Fracht, an der die Nadel steckt, müsste in der Nähe dieses Hafens sein …«

S’ynes Puppe, die Kirus Tiermenschenform nachempfunden war, zeigte auf die Karte.

Kiru? Das war eine Sklavin, die aus unserem Dorf stammte und sich in so etwas wie einen Sibirischen Husky verwandeln konnte. Genauere Erklärungen spare ich mir mal.

Diese Hafenstadt lag in der Nähe von Schildfrieden. Von da aus könnten wir mit Gaelion weiterfliegen. Aber war es eine gute Idee, wenn wir uns in Schildfrieden blicken ließen? Das konnte unnötigen Ärger geben.

»Sadina.«

»Was?«

»Wäre Schildfrieden eine Option?«

»Das Land hat keine bedeutende Geschichte und pflegt keine Handelsbeziehungen mit Q’ten Lo. Es wäre sinnlos, dorthin zu gehen. Von dort fahren Schiffe nach Schildwelt, aber mehr weiß ich auch nicht.«

Es wäre schon praktisch, wenn sich vor Ort eine Kutsche oder ein Schiff direkt nach Schildwelt fände …

»Na gut, dann kommt ihr beide mit. Aber abends geht’s per Portal nach Hause, klar?«

»Aber natürlich.«

»Gut, dann brechen wir mal auf. S’yne, das überlasse ich dann dir.«

S’yne nickte, bildete eine Party, hob ihre Waffe und murmelte etwas.

Und dann, wie bei den Portalskills, waren wir von einem Augenblick zum nächsten am Ziel.

Kapitel 1: Der Vorschuss

»Das hier ist also …«

Ich blickte mich um. Anscheinend waren wir in einem Hafendepot. Nahebei stand eine große Holzkiste. Daran musste die Transportnadel stecken.

»Hm … Ziemlich praktischer Skill. Notfalls können wir Gaelion so eine Nadel anstecken und auf diese Weise springen. Von der Effizienz her …«

Aber S’yne musterte gerade ihre Waffe. »Das war ziem…«

»Das war anscheinend recht gefährlich«, half die Kirupuppe aus.

»Was?«

»So wie es derzeit um die Waffe meiner Herrin bestellt ist, scheint es riskant zu sein, eine ganze Gruppe mitzunehmen. Was, wenn der Teleport schiefgeht?«

Offenbar war bei dieser Vasallenwaffe aus S’ynes untergegangener Welt nicht nur die Übersetzungsfunktion beschädigt. Außerdem schienen die Kräfte der Waffe allmählich nachzulassen.

»Das heißt also, jetzt hat’s gerade so geklappt, aber beim nächsten Mal wird’s kritisch?«

»Ja, Herr Iwatani. Wollt Ihr trotzdem Eurem Plan folgen und alles auf eine Karte setzen?«

»Und wenn man die Personenzahl reduziert? Trotzdem gefährlich, was?«

S’yne nickte.

»Kann man nichts machen. Dann übernehme unterwegs eben ich oder einer der anderen Helden das Teleportieren.«

Teleport-Unfälle wollte ich nun wirklich nicht erleben. Immerhin schön, dass wir den Weg ein Stück abgekürzt hatten.

S’yne ließ schuldbewusst den Kopf hängen. Ich tätschelte sie: Nicht schlimm. Da straffte sie sich ruckartig. Ihre Wangen hatten sich ein wenig gerötet.

»Mochtest du das nicht?«

S’yne schüttelte den Kopf – und strahlte plötzlich übers ganze Gesicht. Okay, dann war es wohl in Ordnung gewesen. Aber warum grinste sie so? Sie war doch eher der coole Typ. Konnte ruhig mal in ihrer Rolle bleiben. Oder war das etwa dieser berüchtigte Kopftätscheleffekt? Ach, Quatsch …

»Meine Herrin sagt jedoch, dass Ihr im Ernstfall auf sie zählen könnt.«

»Danke. Aber nicht wieder wie beim letzten Mal pennen und nix mitkriegen.«

»Sie nimmt es zur Kenntnis.«

Während ich mit S’yne gesprochen hatte, hatten die ganze Zeit Atlas Schwanz und Ohren gezuckt. Nun sagte sie: »Ich ahne, dass wir auf einen neuen Feind stoßen werden …«

»Was? Wo?«

Es lag wohl daran, dass wir in einer Lagerhalle im Hafen waren. Das Wachpersonal könnte uns für Einbrecher halten. Sollten wir uns lieber schnell von hier verdrücken? Mit so einer großen Gruppe war das gar nicht so einfach.

»Ach, es ist nur so ein Gefühl.«

»Drück dich doch mal klar aus!«

»Atla, du bist überempfindlich«, sagte Raphtalia.

»Egal jetzt. Los, gehen wir.«

Und so stiegen wir auf Gaelions Rücken, um unsere Reise fortzusetzen.

 

Mit ihm kamen wir merklich schneller vorwärts als per Schiff oder Kutsche.

Das war wohl auch kein Wunder. Schließlich konnte er fliegen.

»Kyua …«

»Gaelion sagt, wir sind ganz schön schwer«, beschwerte sich Wyndia stellvertretend für ihn. »Für längere Flüge hätte er lieber weniger Passagiere.«

Ich blickte über die Schulter und zählte durch. Raphtalia, Sadina, Wyndia, S’yne, Atla, Fohl, dazu ich … Es stimmte schon, wir waren zu viele. Gaelion konnte sich in einen ziemlich großen Drachen verwandeln, daher waren wir wie selbstverständlich aufgestiegen, aber sieben Personen waren dann wohl doch zu schwer. Vor allem, wenn es auf Geschwindigkeit ankam.

»Kyuaaaaa …«

Ich spürte, wie er Magie in seine Schwingen lenkte, während er angestrengt flatterte. Hatte Rato nicht auch gesagt, es sei für einen Drachen zu hart, wenn man ihn über längere Zeiträume fliegen ließ? Ich blickte mich vorsichtshalber noch einmal um.

»Wyndia, sollen vielleicht nur wir beide fliegen? Ich muss ja eh später die anderen per Teleport nachholen.«

»Das wäre vielleicht besser«, sagte Raphtalia, die ziemlich blass um die Nase war. »Es schwankt mir zu doll, mir ist ein bisschen schlecht.«

Mir fiel wieder ein, wie ihr damals in Filos Kutsche immer übel geworden war. Transportmittel waren vielleicht generell nicht ihr Ding.

»Urp …«

Und Fohls anscheinend auch nicht.

Ich konnte dazu nichts sagen, da ich selbst noch nie reisekrank gewesen war. Aber ich konnte mir schon vorstellen, dass das schlimm war.

»Raphtalia und meinem lieben Bruder mangelt es wohl an Disziplin«, sagte Atla.

Wie kalt. Eigentlich hätte sie diejenige sein müssen, die durchhing. Das mit der Heilung hatte wirklich etwas zu gut funktioniert.

»Wa…?«

Wenigstens schien S’yne keine derartigen Schwierigkeiten zu haben.

»Herrje.«

»Sadina, du darfst hier auf keinen Fall in deine Tiermenschenform gehen.«

Wenn sie sich jetzt in eine Walriesin verwandelte, ging Gaelion am Ende noch die Kraft aus, und wir stürzten ab.

»K… Kyua …«

»Er bittet um eine Pause.«

»Muss wohl …«

Ungünstig, jetzt Rast zu machen, obwohl wir es so eilig hatten … Aber ich konnte es schon verstehen. Wir landeten auf einer Wiese, damit Gaelion sich ausruhen konnte.

»Es ist schon schön«, sagte Sadina. »Ich bin bisher kaum geflogen.«

»Mit Spaßhaben allein lösen wir unser Problem nicht«, stichelte ich.

Nach einer Weile hörten wir es aus Gaelions Richtung rumpeln.

»Kyuaaa …«

»Gaelion sagt, er hat Hunger.«

»Er hat doch gerade erst gefressen!«

Vor dem Abflug hatte ich ihm reichlich Futter gegeben. Hatte der schon wieder Kohldampf?

»Mit sieben Personen auf dem Rücken zu fliegen, verbraucht ungeheuer viel Magie, und er ist erschöpft. Ist doch klar, dass er Hunger hat, meinst du nicht?«

»Hast du auch wieder recht …«

Indem man flog, konnte man mühsames Terrain ignorieren, aber man verbrauchte viel Treibstoff. Ja, es war wohl besser, wenn Raphtalia und die anderen zu Hause warteten. Allerdings bekam man es auch unterwegs mit Monstern zu tun. Tatsächlich hatte Sadina mit ihrer Blitzmagie ein paar vom Himmel geholt.

»Sollen wir ins Dorf zurück und ihn füttern? Oder jagen wir passende Monster und lassen ihn die fressen?«

Gaelion war doch wohl ein Drache, oder etwa nicht? Kochen musste man für ihn eigentlich nicht unbedingt. Monster zu erlegen und die an ihn zu verfüttern, wäre effizienter. Mit etwas Glück bekäme ich dabei auch Materialien für neue Schilde.

»Versuchen wir es?«, meinte Raphtalia.

»Okay.«

»Zeit für die Monsterjagd«, rief Atla. »Bruder, jetzt strengen wir uns an, damit Herr Naofumi stolz auf uns ist!«

»A… Atla! Warte! Uh …«

Jetzt war sie einfach losgelaufen, und Fohl war gezwungen, ihr hinterherzurennen.

»Wir sollten solange nach Monstern suchen, bis Gaelions Magie wieder ganz aufgeladen ist«, sagte Raphtalia.

»Soll Schwesterchen auch mithelfen?«

»Ist wohl nicht zu umgehen. Wir könnten das zwar auch mit Magiewasser regeln …«

Für unser Training stellten wir Seelenheilwasser her, das ebenfalls Magie wiederauffrischte. Wir verbrauchten reichlich davon, und mit unseren Vorräten war es nicht mehr weit her. Die Herstellung erforderte große Mengen Magiewasser. Mit dem Seelenheilwasser ließ sich auch gut Geld machen, und da ich Itsukis Schulden übernommen hatte, musste ich die Finanzen im Blick behalten.

Ach, na schön. Bis jetzt waren seit unserem Aufbruch erst ein paar Stunden vergangen, alles keine Katastrophe. Da konnte ich wohl mal Nachsicht zeigen.

»Okay, Gaelion und Wyndia, ruht ihr beide euch da drüben aus, damit wir dann bald weiterfliegen können.«

»Und w…«

»Du auch, S’yne. Außerdem müssen wir an die Last denken. Wobei ich für Kämpfe schon gern Sadina dabeihätte …«

»Ach, wirklich?«

Falls Sadina verrückt wurde und sich auf mich stürzte, würde ich sie mit Gaelions und Wyndias Hilfe aufhalten können? Warum war ich eigentlich so auf der Hut vor ihr?

»Du, Sadina«, sagte Raphtalia. »Jetzt, da es drauf ankommt, fällst du aber nicht plötzlich über Herrn Naofumi her, ja?«

»Natürlich nicht …«

Sadina schüttelte nachdrücklich den Kopf. So recht glaubwürdig wirkte das zwar nicht auf mich, aber ich wollte mal davon ausgehen, dass selbst sie nicht so weit gehen würde, wenn unser Überleben auf dem Spiel stand.

Ehrlich gesagt, gestaltete sich unsere Flugreise anstrengender, als ich erwartet hatte. Es gab bereits Reisekranke, und längere Flüge waren auch problematisch. Hätte ich doch lieber Filo von wer weiß wo zurückrufen und die Kutsche nehmen sollen? So waren wir nach Zeltoble gereist.

Selbst mit Teleportationsskills folgte einem der Ärger auf Schritt und Tritt, dachte ich trübselig, während ich mit den anderen ebenfalls zur Jagd aufbrach.

 

»Hm … Die Gegner hier sind schon anders als in Melromarc.«

»Ja, oder?«

Wir hatten igelartige Monster besiegt, die den unnötig langen Namen Zenith Blue Needle Rat trugen, und es gab auch sonst viele Monster, die man in Melromarc nicht zu sehen bekam, zum Beispiel Indigo Lizards.

Aber wir hatten mittlerweile gründlich von unseren Hochrüsttechniken Gebrauch gemacht und stießen somit nicht auf Schwierigkeiten. Immerhin waren wir so was wie eine Elitetruppe. Vielmehr wäre es beunruhigend gewesen, wenn wir uns hier abgezappelt hätten. Wir waren von Grasland umgeben – nicht die Art von Umgebung, in der typischerweise starke Monster auftauchten.

Allerdings hatten auch schwache Gegner ihre guten Seiten: Sie brachten neue Schilde und Statusboni mit sich. Es war zwar immer nur + 1 oder so, aber Kleinvieh macht auch Mist. Irgendwann würde bestimmt die Zeit kommen, da ich überall auf der Welt nach Materialien suchen musste, um meine Werte noch zu steigern. Ich sollte das wohl ernst nehmen und jede Gelegenheit nutzen, Stoffe zu sammeln. Demgemäß speiste ich alles, was wir fanden, in meinen Schild ein.

»Wir müssen Ren und Itsuki auch losschicken, damit sie überall auf der Welt Monster töten und Materialien einsacken.«

Erfahrungspunkte konnten die Helden nicht miteinander teilen, Materialien aber schon. Bei solchen Dingen sollten wir also zusammenarbeiten.

»Aber erst mal hat es doch Vorrang, das Problem mit Q’ten Lo aus der Welt zu schaffen, oder?«, fragte Sadina.

»Sti…« Auch S’yne nickte.

»Klar. Aber um solche Details muss man sich auch kümmern, sonst weiß man nie, wann man ins Straucheln kommt. Die Zeit ist begrenzt, wir sollten sie effizient nutzen.«

S’yne klatschte in die Hände. Jetzt doch? Konnte die sich mal entscheiden?

»Als Held hat man’s schwer, oder?«, fragte Sadina.

»Das stimmt wohl«, sagte Raphtalia. »Seit ich das Vasallenkatana verwende, denke ich das ständig. Glass hat es schon gesagt: Große Macht bringt auch große Verantwortung mit sich.«