Vom Bauen mit Lehm, Ziegeln und Holz - Ingeborg Bauer - E-Book

Vom Bauen mit Lehm, Ziegeln und Holz E-Book

Ingeborg Bauer

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Beschreibung

Vom Bauen mit Lehm, Ziegeln und Holz Die Handschrift der Architektur Es handelt sich um eine Einführung in Bautechniken, die auf Reisen ins Auge stechen, Backstein und Fachwerk, die auf die eine oder andere Art faszinieren. Die besprochenen Bauwerke sind exemplarisch, eine Vollständugkeit wird nicht angestrebt, würde auch den Rahmen sprengen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Ornament, der künstlerischen Gestaltung im engeren Sinn, der Handschrift der Architektur. Geometrische Formen reichen von der Frühzeit bis ins 20./21. Jahrhundert und erscheinen in einer Viellzahl von Variationen. Tradition und Moderne geben sich sozusagen die Hand. Der Reichtum Mitteleuropas an mittelalterlicher Architektur ist umso interessanter, je mehr man dem Detail Beachtung schenkt. Es sind die Kleinigkeiten, die zu Erkenntnissen führen, eine Epoche erhellen, aber auch die Eigenarten einer Region deutlicher sichtbar werden lassen. Lehm und Holz sind nachhaltige Materialien und werden von Anfang an zum Bauen herangezogen. Lehm kann häufig vor Ort gewonnen werden. Bäume wachsen in Wäldern. Ihre Stämme konnten geflößt an Plätze gebracht werden, wo sie nicht oder nicht ausreichend vorhanden waren.. In Backstein- und Fachwerkbau wird Geschichte lesbar. Die Handschrift dieser Architektur verbindet Natur und Kultur, und das seit Jahrhunderten. Architektur ist Erinnerungsspeicher, Geschichtenerzähler, regionales Manifest, lokales Zeichen, das im besten Falle zu uns spricht.

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Inhaltsverzeichnis

VOM BAUEN MIT LEHM, ZIEGELN UND HOLZ Die Handschrift von Architektur

Lehmbauten des Neolithikums

Çatal Höyük

Ksar und Kasbahs im Maghreb

Ksar von Rissani

Ait Ben Haddou

Straße der Kasbahs

Bauen mit gebrannten Lehmziegeln

Tozeur / Tunesien

Bauen mit Erde und Lehm

Bauen mit Lehm heute

Bauen mit gebranntem Lehm

Ravenna

Backsteinbauten im Mittelalter

Über Backsteine

Herstellung von Backsteinen

Backstein-Verbände

Zur Farbe der Ziegel

Der rote Baustoff der Hanse

Die Backsteingotik der Ostseeländer

Vilnius / Annenkirche

Kaunas / Perkūnas-Haus

Marienburg

Frauenburg

Backsteinarchitektur im westlichen

Ostseeraum

Ornamente der Mauerflächen

Backsteingotik der Hansestädte

Lübeck

Wismar

Exkurs: Nikolaikirchen im Ostseeraum

Die Dorfkirche von Steffenshagen

Stralsund

Zisterzienserkirchen Bad Doberan

Klosterruine Eldena bei Greifswald

Dorfkirchen aus Backstein

Gadebusch

Vietlübbe

Grevesmühlen

Profane Backsteinbauten

Dielenhaus

Lübeck

Stralsund I

Wismar

Stralsund II

Greifswald

Stadttore: Neubrandenburg

Backstein und Fachwerk

Stade und das Alte Land

Stade – Bauen in einer Hansestadt

Exkurs:

Ornamente der Backsteingefache und der Konstruktivismus

Backsteinhistorismus

Die Speicherstadt in Hamburg

Backsteinexpressionismus

Das Kontorviertel in Hamburg

Chilehaus

Sprinkenhof

Messberghof

Bremen: Böttcherstraße

Backsteinbauten heute

Hamburg: Elbphilharmonie

Vom Bauen mit Holz

Vom Holz der Bäume

Das Pfostenhaus

Zur Geschichte des Fachwerks

Fachwerkhäuser

Fachwerk im Norden Deutschlands

Lüne

Braunschweig

Celle

Wolfenbüttel

Quedlinburg

Goslar

Wernigerode

Fachwerk im Süden Deutschlands

Esslingen am Neckar

Marbach am Neckar

Fachwerk des Historismus

Marburg an der Lahn / Hessen

Schmuckformen des Fachwerksin Nord- und Süddeutschland

VOM BAUEN MIT LEHM, ZIEGELN UND HOLZ

Die Handschrift von Architektur

Vielfalt, Diversität

Architektur und ihre Schmuckelemente sind ein Zeitdokument: sie geben Auskunft über Vergangenes, Auffassungen, Erleben, Denken. Sie zeigen Entwicklungen auf, schaffen Verbindungen zwischen dem, was war und dem, was ist und greifen voraus auf Zukünftiges. Architektur öffnet den Blick auf das spezifisch Menschliche. Bauwerke sprechen von handwerklichem Können, technischen Kenntnissen, erlauben Einblicke in Vorstellungen, die sich dahinter verbergen.

Architektur ist Erinnerungsspeicher, Geschichtenerzähler, regionale Manifestation, lokales Zeichen, das im besten Falle zu uns spricht.

Lehmbauten des Neolithikums

Der Mensch der Frühzeit nutzte das Material, das ihm seine Umgebung, sein Habitat, zur Verfügung stellte. Was die Erde hergab an Gestein und Bodenbeschaffenheit und was darauf wuchs wie Schilf, Sträucher und Bäume.

Mit der neolithischen Revolution und dem allmählichen Sesshaftwerden beginnt auch das Erstellen von Bauten. Grundsätzlich gilt es zwischen Rund- und Rechteckbauten zu unterscheiden. Das Rundhaus muss als die ältere Hausform betrachtet werden. Die runde Form findet sich vor allem im Präkeramischen Neolithikum der Levante und Zyperns, aber auch in der West-Türkei. Ihr Ursprung liegt im Kreis um das Herdfeuer bzw. in der Ausbildung des Nomadenzelts mit drei bis vier Stangen in einem Steinring. Den Rundhütten gingen Leichtbauten voraus aus Ästen, Zweigen und Laub, wie sie wohl seit Urzeiten errichtet wurden.

Das vorhandene Baumaterial bestimmte den Haustyp. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Feldsteine, Stampflehm und luftgetrocknete Ziegel und um das Holz von Bäumen. Steine können wiederverwendet werden, Stampflehm und luftgetrocknete Ziegel können sich im Regen auflösen und erneut zu Baumaterial werden. Bäume wachsen nach, sind aber in heißeren Gegenden oft nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Andererseits ermöglicht auch Holz neues Bauen durch Wiederverwendung des Materials. Holz wird zur Strukturierung von Innenräumen auch beim Lehmbau benutzt.

Auch im frühen Jericho (6 600 v.Chr.) und in Chirokitia auf Zypern handelt es sich noch um Rundhäuser aus Stampflehm, die einen Durchmesser von bis zu zehn Meter erreichen konnten. Aus Apulien sind die heute noch bewohnten Trulli bekannt, und auch sonst ist dieser Haustyp noch in vielen Teilen der Welt vorzufinden. Doch gab es bereits da schon Ziegel: 1952 wurde in Jericho bei Grabungen der älteste Backstein gefunden.

Çatal Höyük (um 7 000 v.Chr.)

Rechteckhäuser waren im 7. Jahrtausend eine relativ neue Entwicklung. Sie bieten Vorteile gegenüber dem runden Grundriss. Sie lassen sich leichter konstruieren, besser unterteilen, erweitern, kombinieren. Die frühesten Häuser dieser Art finden sich in Jericho und in Çatal Höyük (um 7 000 v.Chr.). Der Zugang zu diesen Häusern erfolgte über die flachen Dächer. Auf diese Weise war die Stadt vor wilden Tieren und eventuellen Angreifern geschützt. Das erinnert auch an die Dachlandschaften von Oasen der Sahara, überhaupt des Orients, wo sich diese Art zu bauen erhalten hat. In Çatal Höyük gibt es nur diesen einen Bautyp aus luftgetrockneten Ziegeln. Im Innern der Häuser ist, unabhängig von der Außenmauer, eine Holzstruktur errichtet, die die Dachbalken trägt. Die Wände werden jedes Jahr mit Kalk bestrichen, so dass sie viele Jahre Bestand haben.

Wurde das Haus baufällig, so schüttete man es zu und baute darauf ein neues. Auf diese Weise wuchs der Siedlungshügel, der nach außen flacher wurde. Der Grundriss von Çatal Höyük, wie er auf der Wand eines Hauses aus der Zeit um 6200 v.Chr. abgebildet ist, beweist, dass es Absprachen zwischen den Bewohnern bezüglich des Bauens gegeben haben muss. Eine ordnende Absicht lässt sich nicht übersehen, denn innerhalb des dichten Gefüges der Häuser werden Fluchtlinien erkennbar, die einzelne Häuser verbinden. Der an die Wand gemalte Grundriss beweist zudem ein hochentwickeltes Abstraktionsvermögen, zumal er auch noch die Silhouette des etwa 140 Kilometer entfernten Vulkans Hasan Dağ zeigt.

Der dort gefundene Obsidian war als Handelsgut für die Stadt von Bedeutung.

Ausgrabung (oben) und Rekonstruktion eines wahrscheinlich religiös genutzten Raums (Im Museum in Ankara)

Ornament und Bedeutung

Besondere Kulträume in Çatal Höyük waren mit Wandmalereien und Plastiken ausgestattet. Es gab die altsteinzeitliche Höhlenmalerei und die kleinen Figürchen, aber eine künstlerische Ausstattung der Architektur mit großformatigen Plastiken und Reliefs wie in Çatal Höyük ist bisher noch nicht entdeckt worden. Ornamentformen und dominierende Symbole wiederholen sich, werden aber in unterschiedliche Zusammenhänge gebracht. Es gibt keine feste Typologie und kein Einheitsprogramm. Dennoch sind zwei Themen beherrschend: die Muttergottheit als Gebärende und der Stier. Letzterer ist entweder als gemaltes, ganzfiguriges Jagdtier, als monumentaler, in Lehm gehüllter und bemalter Stierkopf oder als ausgreifendes Gehörn anwesend. Es bestehen kaum Zweifel daran, dass die Gebärende das weibliche, der Stier das männliche Prinzip darstellt. Im Nationalmuseum in Ankara ist ein solcher Raum rekonstruiert. Die Muttergöttin hockt mit weit geöffneten Beinen als fast lebensgroßes Reliefmonument unter einem eigenen Giebel, der über das Hausdach hinausragt. Direkt unter ihr auf der Wand sind drei große Stierköpfe angebracht, so dass der Eindruck entsteht, als seien sie soeben von der Göttin geboren worden. Die Geburt des Stiers aus dem Leib der schwangeren Muttergöttin ist kein Einzelfall. Der Stier wird so zum Kind der Frau. Die Gegensätzlichkeit und das Miteinander der Geschlechter war offenbar Hauptinhalt dieser Religion und bestimmte die in der Gesellschaft akzeptierten Wertvorstellungen.

An den Wänden von Çatal Höyük finden sich auch Ornamente, die, so wird vermutet, gemalte Imitationen von Wandteppichen sind und typische Kelimmuster aufweisen. Ob sie eine über das Ornamentale hinausgehende Bedeutung hatten, lässt sich heute nicht mehr klären.

Literatur:

Heinrich Klotz, Die Entdeckung von Çatal Höyük. Der archäologische Jahrhundertfund. (München, 1997)

DAMALS 2007,2: „Von rund zu eckig. Die Gebäudetypen von Çatal Höyük“ / Dipl. Ing. Werner Schnuchel

Vor 12.000 Jahren in Anatolien. Die ältesten Monumente der Menschheit. Hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe (2007)

Zu Çatal Höyük ausführlicher: Ingeborg Bauer: Augen-Blicke der Menschheit Teil I (Norderstedt 2016)

Ksar und Kasbah im Maghreb

Ksar (Pl. Ksour) heißen traditionelle aus Lehm gebaute, befestigte Siedlungen auf dem Lande oder Speicherburgen der Berber im Maghreb, also in den Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Mauretanien. Das arabische Wort qsar bezeichnet eine Burg oder ein königliches Schloss. Aus al-qasr leitet sich der spanische Begriff Alcázar ab, der verwandt ist mit dem lateinischen Wort castrum. Der Begriff Kasbah hingegen ist ursprünglich eine Festung, die ausschließlich militärischen Zwecken dient.

In der Frühzeit des Islam war ein Ksar auch ein Militärlager, doch später versteht man darunter eine Fluchtburg für die Menschen aus benachbarten Siedlungen oder aber einen Speicher, in dem die einzelnen Clans ihre Güter deponieren konnten, um sie gegen Angriffe von außen zu schützen. Diese Speicherkammern heißen ghorfas. Meist handelt es sich um Lehmbauten. Die Außenmauern sind ohne Fenster, völlig geschlossen. Im Innern befindet sich ein großer – ovaler oder eckiger – Platz, um ihn herum sind zwei oder mehr Etagen übereinander angeordneter Speicherkammern angelegt. Oft liegt ihnen eine auf Erweiterung angelegte Planung zugrunde, die die Möglichkeit einer Ausdehnung auf mehrere Stockwerke bietet, ohne dass die Struktur als Ganzes verändert werden muss.

Auch in anderen Teilen der Erde gab es ähnliche Bauten.

Eine ghorfa (Speicherburg) in Tataouine (Tunesien)

Ksar von Rissani

Der Ksar von Rissani / Marokko gleicht einer Stadt, die von recht hohen Stampflehmmauern umschlossen ist. Hier haben wir eine massive Lehmbau-Weise, die sich grundlegend vom Bauen mit luftgetrockneten Lehmziegeln unterscheidet. In der Berberregion des Maghrebs wird diese Art der Herstellung häufig angewandt. Erdfeuchter Lehm wird in etwa 10-40 cm hohen Schichten zwischen eine druckfeste Schalung gebracht und durch Treten verdichtet. Danach kann der gepresste Lehm sofort ausgeschalt werden. Bauen mit Stampflehm schont die Umwelt, da wenig Energie zur Herstellung des Baustoffs nötig ist. Lehm nimmt die Feuchtigkeit der Luft auf und gibt sie auch wieder ab. Im Sommer bleiben die Räume angenehm kühl, im Winter reguliert der Lehm die Luftfeuchtigkeit und schützt vor zu trockener Raumluft. Bei Abriss oder Umbau kann das Material erneut verwendet werden. Die Mauern sind schön und wirken in ihrer Einfachheit, ihrer Verschlossenheit archaisch. Doch haben die Stampflehmbauten der Berber eine begrenzte Lebenszeit - sie verfallen, zerfallen, lösen sich allmählich in ihre Urstoffe auf, sind ein Lebensraum auf Zeit. So verwandelt sich Kultur zurück in Natur. Dies ist besonders eindrucksvoll im Anti-Atlas, wo die Stampflehmbauten direkt vor dem harten rosa Granit zerfallen.

In den Ksour von Rissani gibt es allerdings außer den Stampflehmwänden auch Fassaden mit einer beachtlichen Backsteinornamentik. Es handelt sich um abstrakte Ornamente, die sich in ähnlicher Weise an islamischen Bauten zeigen.

Nahe Rissani liegt die Oase von Sijilmassa im Morgendunst, alles Gebaute wie aus dem Boden gewachsen, während der Sandsturm vorbeistreicht und ein Zusätzliches tut, diesen Platz als unwirklich, als Fata Morgana erscheinen zu lassen. Die sandige Erde verwandelt sich hier in gebackenen grauen Ton, die Oase wird zum Teil der Wüste.

Ait Ben Haddou

Ait Ben Haddou, ist eine befestigte Stadt (ksar) am Fuße des Hohen Atlas im Südosten Marokkos und gehört seit 1987 zum Unesco Weltkulturerbe.

Es handelt sich um den Hauptort der Sippe (Aϊt) der Ben Haddou. Dieser Clan kontrollierte zur Zeit der Almoraviden im 11. Jahrhundert am Asif Mellah den Handel auf der alten Karawanenstraße zwischen Timbuktu und Marrakesch. Der äußerst pittoreske, sich an einem Hang hochziehende Ksar ist größtenteils aus Stampflehm und - den in Südmarokko eher seltenen - luftgetrockneten Lehmziegeln errichtet und wird von einem Fluss, dem Asif Mellah im Tal begrenzt. Der Eindruck entsteht, dass diese Lehmbauten direkt aus ihrem trockenen Ursprungsmaterial wachsen, dass menschliches Bauen im Einklang steht mit der Natur.

Ait Ben Haddou nach einer Überschwemmung

Es hatte in der Nacht zu regnen begonnen und der starke Regen hatte das Land geflutet. Wir blicken auf eine braune, kaum mehr strukturierte Wand, gegen blass verschwindende Bergzüge. Der Asif Mellah ist zum Strom angeschwollen. An ein Hinüberkommen ist nicht zu denken. Man hat das Gefühl, die Lehmbauten könnten sich nun auflösen, sich in ihren Ursprung zurückverwandeln. Man lebt hier der Erde näher, buchstäblich mit leichtem Gepäck, ausgeliefert den Kräften der Natur.

Archaisches Leben. Der Mensch hat nur sein Leben, wenig Besitz, wenig zu verlieren.

Straße der Kasbahs

Die Straße der Kasbahs / Marokko dürfte auf die Zeit zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert zurückgehen.

Das alte Dorf besteht aus mehreren eng aneinander gebauten und teilweise ineinander verschachtelten Wohnburgen (tighremts). Ihre Lehmmauern ruhen auf natürlichem Fels und haben eine Sockelzone aus größeren oder kleineren Findlingen. Ecktürme und Zinnen geben dem Ort etwas Wehrhaftes, was durch die Hanglage verstärkt wird. Die meisten Ecktürme sind mit geometrischen Mustern dekoriert. Die immer wiederkehrenden Rautenmuster werden als Augen gedeutet und als solche apotropäisch interpretiert. Die ursprünglich fensterlosen Bauten sind durch Innenhöfe charakterisiert, durch welche Licht und Luft in die Ställe im Untergeschoss und die Wohn- und Schlafräume im Obergeschoss gelangen. Es gibt kein Minarett - was außerhalb der Städte auch nicht üblich war - nur einfache Gebetsräume.

Bauen mit gebrannten Lehmziegeln

Tozeur / Tunesien

Tozeur ist der Mittelpunkt des Bilad El-Djerid (des Gefildes der Dattelpalme). Hier fühlt man schon etwas von Schwarzafrika. Die Männer tragen Turban, die verheirateten Frauen einen schwarzen Sefsari. Unter der schwarzen Oberbekleidung aber blitzt das Rot. Tozeur wurde ursprünglich von numidischen Oasenbauern gegründet. Von hier aus beherrschten sie den Karawanenhandel zwischen Nord und Süd. Ganze Häuserfassaden werden durch Vor- und Zurücksetzen gebrannter und roh belassener Lehmziegel gestaltet. Die dekorativen Ziegelstrukturen weisen geometrische Muster wie zum Beispiel Rauten auf, die sich auch auf hier geknüpften Teppichen wiederfinden. Es sind Muster, wie man sie ebenso im späteren Backsteinbau Norddeutschlands antrifft.

Lehmziegel-ornamente schmücken Häuser in Tozeur.

Mehr zu Marokko und Tunesien in: Ingeborg Bauer: Die Melodie des Ölbaums und der Palme – Reisen in den Maghreb (Norderstedt 2007)

Bauen mit Erde und Lehm

Erde und Lehm sind auch in Weltgegenden vorhanden, wo Steine rar sind und werden zur Errichtung von Häusern, Wänden, aber auch als Mörtel und Fußbodenbelag verwendet. Schon im Neolithikum bereitete man Erde und Lehm als Baumaterial vor, indem man ihnen Wasser und organisches Material wie Stroh beimengte. Dadurch erhöhte sich die Stabilität. Beim anschließenden Trocknungsprozess ließ sich so Rissbildung vermeiden. Außerdem wirkte diese ‚Magerung‘ des Materials sich später günstig bei Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen aus. Bei den einfachen Rundhütten der Frühzeit wurden die Wände aus ineinander geflochtenen Ästen mit Lehm beworfen und so stabilisiert. Eventuelle Lücken schloss man mit Lehm. Wie schon im Zusammenhang mit den Ksour von Rissani erwähnt, wurde der feuchte Lehm in etwa 10-40 cm hohen Schichten zwischen eine druckfeste Schalung gebracht und durch Treten verdichtet. Danach konnte er sofort ausgeschalt werden. Die feuchten Lehmlagen mussten jeweils zwei bis drei Tage trocknen, bevor die nächste Schicht aufgetragen werden konnte.

Bauwissen im Neolithikum