Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Die Kirchturmspitze von St. Johann lag noch im Dunst des frühen Nebels, und die Menschen in dem idyllischen Bergdorf schliefen den Schlaf des Gerechten. Nur ein Mann war in dieser Herrgottsfrühe schon unterwegs. Der sauber geharkte Kies knirschte unter den Schritten seiner Wanderstiefel, als er über den Weg zum Kirchenportal ging. Rechts und links wurde der Weg von einer niedrigen Buchsbaumhecke begrenzt, dahinter lag ein sorgfältig gemähter Rasen, der bis zu den Blumenrabatten vor der weißen Kirchenmauer reichte. Der Mann schloß die Kirchentür auf und trat in das kühle Gotteshaus ein. Seinen Hut und den Rucksack, den er in der Hand getragen hatte, legte er am Eingang ab. Drinnen war es noch nicht richtig hell, lediglich ein paar Strahlen der eben aufgehenden Sonne warfen ihr Licht durch die hohen Fenster. Staubpartikel tanzten darin. Der frühe Besucher in Wanderkleidung durchschritt das Kirchenschiff, kniete vor dem Altar und schlug das Kreuz. Einen Moment verharrte er im stummen Gebet, dann stand er auf und wandte sich der Sakristei zu, einem Raum, in dem alte Kirchenbücher aufbewahrt wurden, aber auch Meßgewänder, Kerzen und andere Dinge. Dort drinnen wurde der Gottesdienst vorbereitet. Der Blick des Mannes fiel auf ein Gemälde, das unter dem Bogengang vor der Sakristei hing. Es hieß ›Gethsemane‹ und zeigte Christus, im Gebet versunken, am Abend vor der Kreuzigung. Die Madonna! durchfuhr es ihn siedendheiß. Neben dem Gemälde hatte eine Madonnenstatue ihren Platz. Es war das handgeschnitzte Kunstwerk eines unbekannten Meisters aus dem siebzehnten Jahrhundert. Vor einigen Jahren war die Skulptur von einem Experten begutachtet worden, der ihr einen nicht unbeträchtlichen Wert zubilligte. Jetzt war diese Madonnenstatue verschwunden!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 109
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Die Kirchturmspitze von St. Johann lag noch im Dunst des frühen Nebels, und die Menschen in dem idyllischen Bergdorf schliefen den Schlaf des Gerechten.
Nur ein Mann war in dieser Herrgottsfrühe schon unterwegs. Der sauber geharkte Kies knirschte unter den Schritten seiner Wanderstiefel, als er über den Weg zum Kirchenportal ging. Rechts und links wurde der Weg von einer niedrigen Buchsbaumhecke begrenzt, dahinter lag ein sorgfältig gemähter Rasen, der bis zu den Blumenrabatten vor der weißen Kirchenmauer reichte.
Der Mann schloß die Kirchentür auf und trat in das kühle Gotteshaus ein. Seinen Hut und den Rucksack, den er in der Hand getragen hatte, legte er am Eingang ab. Drinnen war es noch nicht richtig hell, lediglich ein paar Strahlen der eben aufgehenden Sonne warfen ihr Licht durch die hohen Fenster. Staubpartikel tanzten darin.
Der frühe Besucher in Wanderkleidung durchschritt das Kirchenschiff, kniete vor dem Altar und schlug das Kreuz. Einen Moment verharrte er im stummen Gebet, dann stand er auf und wandte sich der Sakristei zu, einem Raum, in dem alte Kirchenbücher aufbewahrt wurden, aber auch Meßgewänder, Kerzen und andere Dinge. Dort drinnen wurde der Gottesdienst vorbereitet.
Der Blick des Mannes fiel auf ein Gemälde, das unter dem Bogengang vor der Sakristei hing. Es hieß ›Gethsemane‹ und zeigte Christus, im Gebet versunken, am Abend vor der Kreuzigung. Nachdenklich blieb der Mann stehen – etwas war hier anders als sonst…
Die Madonna! durchfuhr es ihn siedendheiß. Neben dem Gemälde hatte eine Madonnenstatue ihren Platz. Es war das handgeschnitzte Kunstwerk eines unbekannten Meisters aus dem siebzehnten Jahrhundert. Vor einigen Jahren war die Skulptur von einem Experten begutachtet worden, der ihr einen nicht unbeträchtlichen Wert zubilligte.
Jetzt war diese Madonnenstatue verschwunden!
Dem Mann stockte der Atem, als er nähertrat. Holzspäne auf dem Steinboden zeugten davon, daß der oder die Täter die wertvolle Statue brutal von ihrem Sockel gesägt hatten. Er drehte den Kopf. Die Tür zur Sakristei war geöffnet. Von dort wehte ein kalter Luftzug. Der Mann schaltete das Licht ein und sah, daß die Scheibe des Fensters eingeschlagen war. Dahinter war der Friedhof, von dort mußten die Diebe eingedrungen sein.
*
Maximilian Trenker rekelte sich in seinem Bett. Wieder war das aufdringliche Klingeln des Telefons zu vernehmen. Mühsam rappelte der junge Mann sich auf. Er hatte sich also nicht verhört. Während er sich streckte und ausgiebig gähnte, ging er in das Dienstzimmer hinüber, das gleich neben seinem Schlafzimmer lag. Er nahm den Hörer ab und meldete sich.
»Polizeistation Sankt Johann, Trenker am Apparat.«
»Ich bin’s«, vernahm er die Stimme seines Bruders.
»Gütiger Himmel, weißt du, wie früh es ist?«
»Viertel nach vier«, antwortete Sebastian Trenker. »Max, du mußt sofort kommen. Jemand ist in die Kirche eingebrochen – die Madonna – sie ist gestohlen worden!«
Max Trenker war mit einem Schlag hellwach.
»Ich bin unterwegs«, rief er und warf den Hörer auf die Gabel.
Während der Polizeibeamte in seine Kleider schlüpfte, ging Sebastian Trenker in seinem Arbeitszimmer unruhig auf und ab. Die Madonna gestohlen! Nie hätte er es für möglich gehalten, daß solch ein Verbrechen in dem beschaulichen Bergdorf vorkommen könne – und doch war es geschehen.
Er unterbrach seine ruhelose Wanderung und schaute nachdenklich zu Boden Dabei fiel sein Blick auf die Wanderschuhe, die er immer noch trug. Kopfschüttelnd setzte er sich und zog sie aus. Die Bergtour, die er für den heutigen Morgen geplant hatte, konnte er getrost vergessen. Daraus würde nun nichts mehr werden.
Schade! Pfarrer Trenker war ein begeisterter Bergwanderer und Kletterer. Niemand, der den Geistlichen nicht kannte, hätte geglaubt, daß dieser sportliche, braungebrannte Endverziger Pfarrer ist. Auf den ersten Blick machte er den Eindruck eines agilen, durchtrainierten Touristen, und doch war es so. Eine unerklärliche Liebe zu den gewaltigen, schroffen und majestätischen Bergen trieb Sebastian Trenker immer wieder in schwindelnde Höhen. Dort oben, wo der Himmel zum Greifen nahe schien, dort war er seinem Herrgott noch näher, konnte er stumme Zwiesprache mit seinem Schöpfer halten. Und dort sammelte er neue Kraft für seinen schweren, aufopferungsvollen Beruf.
Pfarrer Trenker war der gute Hirte seiner Gemeinde, der für jeden und alles ein offenes Ohr hatte. Er wußte Rat und Hilfe in verzwickten, oft ausweglosen Lebenslagen. Er liebte seine Gemeinde, und seine Gemeinde liebte ihn.
Die Liebe zu den Bergen teilte er mit seinem Namensvetter, dem berühmten Bergsteiger, Schauspieler und Regisseur, Luis Trenker, und manchmal neckte ihn der eine oder andere Freund liebevoll mit diesem Vergleich, den Sebastian mit einem Schmunzeln abtat.
Wer nicht über seine Liebe zu den Bergen schmunzelte, war Sophie Tappert, Sebastians Haushälterin und Perle im Pfarrhaus.
Sie war eine herzensgute Frau, die in ständiger Sorge um ›ihren‹ Pfarrer lebte. Sie verstand er nicht nur Ordnung und Sauberkeit zu halten – ihre geradezu himmlischen Kochkünste verlockten dazu, mehr zu essen, als es der Linie guttat. Und würde Pfarrer Trenker sich nicht so viel sportlich betätigen und lieber in der gemütlichen Wohnstube des Pfarrhauses sitzen – er würde sich wohl alle paar Wochen eine neue Soutane zulegen müssen.
Und es gab noch einen, der von Frau Tapperts Kochkünsten provitierte – Sebastians Bruder, Max, oft und gerngesehener Gast in der Pfarrhausküche, wo er sich immer wieder gerne zum Essen einlud. Was man ihm aber net unbedingt ansah. Max war rank und schlank, und das gefiel so manchem Madel… – da half es auch nichts, daß sein Bruder so manches Mal warnend den Finger hob.
*
Mit untrüglichem Gespür dafür, daß etwas Schlimmes geschehen war, wachte Sophie Tappert auf. Zwar konnte sie nicht verstehen, was der Herr Pfarrer sagte, aber, daß er aufgeregt telefonierte, war nicht zu überhören. Die Haushälterin schaute auf die Uhr. Nicht einmal halb fünf – wenn der Pfarrer so früh noch im Haus war, dann stimmte etwas nicht. Normalerweise war er schon unterwegs in die Berge – sehr zum Leidwesen seiner Perle, die ihm mehr als einmal prophezeite, er würde dort oben verhungern, oder erfrieren oder noch Schlimmeres.
Inzwischen hatte sie es aufgegeben, mit Engelszungen auf ihn einzureden, allerdings – die stummen Blicke, die sie ihm zuwarf, wenn die Sprache auf das Thema Berge kam, waren deutlich genug.
Frau Tappert stieg aus dem Bett und warf den Morgenmantel über. Dann schlüpfte sie in die blauen Hausschuhe und lief zur Treppe.
»Was gibt’s denn, Herr Pfarrer?« fragte sie aufgeregt. »Ist etwas geschehen?«
»In der Tat«, antwortete der Geistliche. »Wir sind bestohlen worden. Man ist in die Kirche eingebrochen und hat die Madonnenstatue geraubt.«
»Was…?«
Die erschrockene Frau bekreuzigte sich.
»Das ist ja… Gotteslästerung ist das ja!«
»Zunächst einmal ist es Einbruch und Diebstahl«, stellte der Pfarrer nüchtern fest. »Und das fällt erst mal in die Zuständigkeit vom Max. Er muß jeden Moment hier sein. Gell, Frau Tappert, sein’s so gut und kochen’s einen Kaffee für ihn. Wie ich meinen Bruder kenne, kann er mit leerem Magen nicht arbeiten.«
Im selben Augenblick klingelte es an der Tür des Pfarrhauses. Sebastian Trenker öffnete, während die Haushälterin in die Küche eilte.
»Grüß dich, Bruderherz«, sagte Max Trenker kopfschüttelnd. »Das sind ja schöne Neuigkeiten, mit denen du mich weckst.«
»Ich hätt‘ dich auch lieber ausschlafen lassen«, antwortete Sebastian und schüttelte die dargebotene Hand.
Dann gingen sie zur Kirche hinüber und besahen die Bescherung genauer.
»Da werd’ ich die Kollegen von der Kripo verständigen müssen«, meinte Max. »Bestimmt gibt es Spuren, die wir zwei nicht finden.«
»Hoffentlich ist der Madonna nichts weiter geschehen«, meinte sein Bruder voller Besorgnis. »Die Diebe sind nicht gerade zimperlich vorgegangen.«
Max betrachtete das verbliebene Holzstück in der Wand genauer.
»Da ist nur der Sockel beschädigt«, meinte er. »Ich glaub’ net, daß sie der Figur selbst schaden. Schließlich wollen sie sie ja irgendwo wieder zu Geld machen. Komm, ich muß telefonieren.«
Vom Pfarrhaus aus benachrichtigte Max Trenker die Kriminalpolizei, dann setzte er sich zu seinem Bruder und der Haushälterin in die Küche.
Der Kaffee duftete herrlich, und auf dem Tisch stand knuspriges Brot, verlockende Marmeladen sowie Butter und Käse. Max, der acht Jahre jünger war als Sebastian, besaß einen ungeheuren Appetit, und ganz besonders die Kochkünste von Sophie Tappert hatten es ihm angetan. Niemals hätte der gutaussehende Bursche eine Mahlzeit abgelehnt. Doch der Madonnenraub war ihm auf den Magen geschlagen. Er trank nur einen Schluck Kaffee. Auch Pfarrer Trenker und seine Haushälterin rührten das Frühstück nicht an.
So rechten Hunger hatte niemand mehr von ihnen.
*
Urban Brandner trieb mit eiligen Rufen die Kühe aus dem Pferch hinter der Hütte. Vierzig Stück waren es, die der alte Senner in seiner Obhut hatte. Die Tiere gehörten drei Bauern unten aus dem Tal, die sie den Sommer über hier oben auf der Alm ließen. Urban versorgte die Herde, morgens und abends wurden die Kühe gemolken, danach verarbeitete er die Milch gleich zu Butter und Käse, die einmal im Monat von den Bauern abgeholt wurden.
Nachdem die Tiere an die Melkmaschine angeschlossen waren, ging der Alte hinüber und öffnete die Sperre an der Tränke. Dazu legte er ein einfaches Rohr, das vom nahen Gebirgsbach herübergeführt wurde, um und drehte den Sperrhahn auf.
Seit mehr als sechzig Jahren verrichtete Urban Brandner nun schon diese Arbeit. Tag für Tag die gleichen Handgriffe. Ganz selten einmal fand er den Weg ins Tal hinunter, und die Leute von Sankt Johann begegneten dem Alten mit einer Mischung aus Ablehnung und Respekt.
Die Bauern schätzten seine Arbeit, insbesondere den Käse, den der Senn droben auf der Alm herstellte, und der bei Gastwirten und in Delikatesläden reißenden Absatz fand. Auf der anderen Seite fürchteten sie Urbans Launen. Jähzornig konnte er werden, wenn etwas nicht nach seinem Kopf ging, und ließ es die Leute deutlich spüren, wenn er jemanden nicht mochte. Wenn ein Wanderer in Urbans Sennenwirtschaft erschien, dessen Nase dem Alten nicht paßte, konnte es vorkommen, daß der ihn umgehend – unter deftigen Worten – nach draußen beförderte.
Später saß Urban draußen vor der Hütte und nahm seine erste Mahlzeit ein. Die Kühe grasten bereits wieder unten, bewacht von zwei Schäferhunden, die der Senner selber ausgebildet hat- te.
Nach dem Essen kümmerte sich der alte Mann um die Milch, setzte neuen Käse an und ließ einen Teil der frischgemolkenen Milch in den Buttertrog. Es war eine mühselige Arbeit, die Urban mit der Hand verrichtete, und es dauerte eine ganze Weile, bis die Butterklumpen sich endlich absetzten.
Zwischendurch schaute er zum Himmel hinauf. Strahlender Sonnenschein lag über den Bergen, und würzige Luft stieg ihm in die Nase. Tief unter sich sah er das Tal liegen, mit all den Menschen, die in Hektik und Arbeit versanken. Stinkende Automotoren, lärmende Radios und Fernsehgeräte. – Urban atmete tief durch – all das brauchte er nicht. Hier oben war seine Welt, hier war er zu Hause, und es reichte ihm, wenn ab und an Bergwanderer bei ihm vorbeischauten, oder allmonatlich die Bauern kamen, um ihren Käse abzuholen, und ihm Neuigkeiten von unten berichteten.
Es war schon später Vormittag, als Urban Brandner vor der Hütte saß. Vor sich auf dem Tisch hatte er verschiedene Messer liegen, und in der Hand lag die geschnitzte Figur eines Hundes. In seiner Freizeit stellte der alte Senner viele solcher Figuren her, und manch ein Wanderer kaufte ihm die eine oder andere ab. Das Geld dafür steckte Urban dann in einen alten Strumpf, den er unter seinem Strohbett versteckte. In den Jahren hatte sich so ein ganz hübsches Sümmchen angespart.
Der Mann betrachtete seine Arbeit und wollte sich eben zufrieden zurücklehnen, als er Schritte vernahm. Urban erhob sich und schaute den Weg hinunter. Es war eine junge Frau, die da ganz alleine heraufkam. Der Senner stand auf und wischte die Holzspäne vom Tisch. Dann trug er die Figur und die Messer in die Hütte hinein. Als er wieder heraustrat, war das Madel schon angekommen.
»Grüß Gott«, sagte die junge Frau mit einem freundlichen Lächeln. »Sind Sie der Herr Brandner? Urban Brander?«
Der Alte nickte.
»Freilich. Was kann ich für Sie tun?«
Urban trat vollends aus der Tür, und erst jetzt konnte er das Gesicht der Besucherin sehen. Mit offenem Mund und aufgerissenen Augen starrte er sie an. Er fühlte, wie sein Puls raste, und ein heißer Blutstrom zu seinem Herzen schoß.
»Maria…, bist du’s wirklich…?« stammelte er fassungslos.
Das Madel lachte erleichtert auf und setzte den schweren Rucksack ab, den es auf dem Rücken trug. Sie schnaufte.
»Nein, Maria bin ich nicht, aber Sie… du kennst sie, nicht wahr?«
Urban hatte sich inzwischen gefaßt. Natürlich konnte das junge Madel net seine Tochter Maria sein, dafür war es ja viel zu jung. Aber diese Ähnlichkeit!
»Wer sind Sie?«
»Kannst du dir das net denken?« fragte die Frau zurück. »Man sagt, ich habe viel Ähnlichkeit mit meiner Mutter. Ich bin Veronika, Großvater, deine Enkeltochter.«
Der alte Senner spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. Mein Gott, natürlich! Darum hatte er zuerst geglaubt, seine Tochter sei zurückgekehrt, nach all den Jahren. Veronika Seebacher sah die Tränen des Alten und hob zaghaft die Hand.
»Wills’ mich net willkommen heißen?« fragte sie. Urban breitete beide Arme aus.
»Doch«, flüsterte er. »Sei herzlich willkommen.«
Veronika warf sich in seine Arme, und als sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte, spürte sie das Zittern, das den alten Mann durchfuhr.
*
Plötzlich schien es, als wäre das Rad der Zeit zwanzig Jahre zurückgedrehnt worden. Gerad’ so, als wäre es gestern gewesen, tauchten die Bilder der Vergangenheit vor ihm auf.