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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Das ist nicht dein Enrst?!« Jürgen Bender schaute bestürzt auf den jungen Mann, der erschöpft im Sessel seiner Garderobe saß und aus einem Glas Mineralwasser trank. »Doch«, antwortete Frank Weilander bestimmt, nachdem er das Glas abgesetzt hatte. »Ich brauche unbedingt eine Pause. So kann es nicht mehr weitergehen. Ich bin psychisch und körperlich am Ende. Wenn ich verhindern will, daß ich in ein paar Tagen völlig zusammenbreche, dann muß ich mir eine Auszeit nehmen.« Sein Manager machte ein verdrießliches Gesicht. »Mensch, Frank, überleg' es dir doch noch mal. Gerade jetzt, wo es so gut läuft! Deine Fans liegen dir zu Füßen, die Umsätze der CD-Verkäufe steigen wöchentlich. Für ›Lieder in der Nacht‹ ist dir Platin sicher, und ich habe drei Angebote für Auftritte in großen Abendshows. Willst du dir das wirklich alles durch die Lappen gehen lassen? Aus einer Laune heraus!« Der bekannte Sänger und Entertainer schüttelte den Kopf. »Keine Laune, Jürgen«, erwiderte er. »Ich habe es mir reiflich überlegt.« Sein Manager beäugte ihn jetzt mit einem mißtrauischen Blick.
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Seitenzahl: 104
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»Das ist nicht dein Enrst?!«
Jürgen Bender schaute bestürzt auf den jungen Mann, der erschöpft im Sessel seiner Garderobe saß und aus einem Glas Mineralwasser trank.
»Doch«, antwortete Frank Weilander bestimmt, nachdem er das Glas abgesetzt hatte. »Ich brauche unbedingt eine Pause. So kann es nicht mehr weitergehen. Ich bin psychisch und körperlich am Ende. Wenn ich verhindern will, daß ich in ein paar Tagen völlig zusammenbreche, dann muß ich mir eine Auszeit nehmen.«
Sein Manager machte ein verdrießliches Gesicht.
»Mensch, Frank, überleg’ es dir doch noch mal. Gerade jetzt, wo es so gut läuft! Deine Fans liegen dir zu Füßen, die Umsätze der CD-Verkäufe steigen wöchentlich. Für ›Lieder in der Nacht‹ ist dir Platin sicher, und ich habe drei Angebote für Auftritte in großen Abendshows. Willst du dir das wirklich alles durch die Lappen gehen lassen? Aus einer Laune heraus!«
Der bekannte Sänger und Entertainer schüttelte den Kopf.
»Keine Laune, Jürgen«, erwiderte er. »Ich habe es mir reiflich überlegt.«
Sein Manager beäugte ihn jetzt mit einem mißtrauischen Blick.
»Oder hat es was mit Silvia zu tun?«
Die Unmutsfalte auf der Stirn des Sängers zeigte ihm, daß er ins Schwarze getroffen hatte.
»Laß sie bitte aus dem Spiel«, forderte Frank ihn auf. »Erwähne diesen Namen nie wieder in meiner Gegenwart. Sonst suche ich mir einen anderen Manager!«
Diese Drohung wirkte. Jürgen Bender hob beruhigend die Hände.
»Schon gut. Reg’ dich nicht auf.«
Er wies zur Tür.
»Da draußen, Frank, war heute abend die Hölle los«, versuchte er einen neuen Anlauf, seinen Schützling umzustimmen. »Sechs Zugaben haben die Zuschauer gefordert. Ich sag’s noch einmal –
du bist auf dem Höhepunkt. Wenn du jetzt aufgibst, dann hast du die Chance deines Lebens vertan.«
Der junge Sänger bediente sich aus der Mineralwasserflasche. Er trank in kleinen Schlucken, während er noch einmal die Stationen der letzten Wochen und Monate Revue passieren ließ. Eine Tournee um die halbe Welt hatte er hinter sich. Immer wieder neue Städte, neue Eindrücke, stundenlange Flüge, anonyme Hotelzimmer. Das alles hatte er auf sich genommen, weil ihm nichts mehr in seinem Leben soviel Freude gemacht hatte, als allabendlich auf der Bühne zu stehen und die Menschen mit seiner unglaublichen Stimme zu erfreuen.
Das Konzept war einfach. Schlager und klassische Melodien neu arrangiert und in ein populäres Gewand gekleidet. Ein Konzept, das ankam, bei einem Publikum, das in einer lauten Welt, voller Hektik, politischen Unruhen und Konflikten seinen Sehnsüchten und Gefühlen nach Geborgenheit und Harmonie Ausdruck gab. Es honorierte die gefühlvollen Lieder des Sängers durch treue Anhängerschaft. CDs und Kassetten verkauften sich hervorragend, und die Säle, in denen Frank Weilander auftrat, waren stets ausverkauft.
Daß bei all diesem Streß der Mensch Weilander auf der Strecke geblieben war, bemerkten die Leute nicht. Und wenn doch, dann wollten sie es nicht wahrhaben, so wie Jürgen Bender, Franks gewiefter Manager, der in dem geplanten Urlaub seines Schützlings nur eine Einbuße bei seinem eigenen Verdienst sah.
Frank erhob sich aus dem Sessel. Eine Hand strich durch das dunkle, fast schwarze Haar. Die Augen in dem gut geschnittenen Gesicht waren müde. Er nahm das Jackett, das er zuvor über die Rückenlehne gelegt hatte, und schlüpfte hinein.
»Nimm’s nicht persönlich, Jürgen«, bat er im versöhnlichen Ton, »aber ich kann nicht anders. Vielleicht ist es auch besser fürs Geschäft, wenn ich eine Weile von der Bildfläche verschwinde. Das Publikum wird mich schon nicht vergessen, und ich denk’, wir sollten die Glücksgöttin nicht zu sehr herausfordern. Fortuna hat uns in den letzten drei Jahren mit ihrer Zuneigung verwöhnt. Das sollte man nicht allzusehr strapazieren. Sehr leicht kann das Glück ins Gegenteil umschlagen, und ich spüre nun mal, daß es an der Zeit ist, eine Pause einzulegen.«
Er blickte auf seine Armbanduhr.
»Es ist spät geworden. Laß uns morgen, beim Frühstück, weiter darüber reden. Aber eines steht jetzt schon fest – du wirst mich nicht umstimmen können!«
Jürgen Bender seufzte ergeben.
»Also dann, in Gottes Namen, aber verrate mir doch mal, wo du deinen Urlaub verbringen willst. Schließlich müssen wir ja in Kontakt bleiben.«
Frank lächelte müde.
»Morgen früh«, erwiderte er und verließ die Garderobe.
Jürgen Bender blieb ratlos zurück.
Der Konzertmanager griff nach einer Piccoloflasche Sekt, die in einem kleinen Kühlschrank stand, und öffnete sie. Die Eröffnung seines Schützlings, vorerst keine Auftritte mehr anzunehmen, hatte ihn wie ein Schlag getroffen. Ausgerechnet jetzt, wo alles so gut lief!
Er setzte sich in den Sessel, in dem zuvor Frank gesessen hatte und ließ den Sekt in ein Glas laufen. Während er langsam trank, dachte er über die Beweggründe des Sängers nach. Es konnte nicht allein an dem Streß liegen, den eine Tournee nun mal mit sich brachte. Jürgen war überzeugt, daß da noch etwas anderes dahintersteckte, und das konnte eigentlich nur etwas mit Silvia Cosmar zu tun haben, der nicht weniger bekannten Sängerin und großen Liebe Frank Weilanders.
Wie auch immer – es war müßig darüber nachzugrübeln was den Sänger zu diesem Schritt veranlaßt hatte. Die Beziehung zu Silvia war zerbrochen und würde sich wohl nie wieder kitten lassen.
Obwohl…, nicht umsonst nannte man Jürgen Bender in der Branche den »Fuchs«. Wenn er sich etwas in den Kopf setzte, dann führte er es auch durch. Er kannte alle Tricks und Schlichen, war mit allen Wassern gewaschen, und während er den Sekt trank, grinste er still vergnügt in sich hinein.
Irgendwas würde ihm schon einfallen, um Frank und Silvia wieder zusammenzubringen. Dann wäre nicht nur der Urlaub vom Tisch, ganz bestimmt konnte er die beiden überreden, endlich die gemeinsame CD aufzunehmen, die schon lange geplant war, und auf die die Fans sehnsüchtig warteten.
Jürgen Bender nickte zufrieden. Hatte er erst einmal Silvia Cosmar auf seiner Seite, sollte es ihm nicht schwerfallen, auch Frank zu überzeugen. Und dann stand dem Geldverdienen nichts mehr im Wege!
*
»Grüß dich, Sepp. Wie geh’n die Geschäfte?«
Der Gastwirt und Inhaber des Hotels »Zum Löwen«, in St. Johann strahlte über das ganze Gesicht und rieb sich die Hände.
»Es könnt’ net besser sein, Hochwürden«, antwortete er und deutete zum strahlend blauen Himmel hinauf. »Ist ja auch kein Wunder, bei diesem Wetter. Da strömen die Touristen in Scharen.«
Sebastian Trenker hatte Sepp Reisinger vor dem Hotel getroffen. Der Wirt hängte gerade die Tageskarte in den Kasten neben der Tür. Jetzt beugte er sich zu dem Geistlichen und machte eine verschwörerische Miene
»Übrigens bekommen wir hohen Besuch nach Sankt Johann«, erklärte er, wobei er sich umschaute, ob vielleicht jemand die Unterhaltung mitbekam.
»So? Wer ist ’s denn?«
Sebastian vergewisserte sich noch einmal, daß niemand in der Nähe war.
»Frank Weilander hat bei uns gebucht«, verriet er. »Der berühmte Sänger.«
»Ach, wirklich? Na, da kann man ja nur gratulieren. Es kommt ja net alle Tag’ vor, daß so eine Persönlichkeit unser beschauliches Dorf mit seinem Besuch beehrt. Das wird ja bestimmt auch eine gute Reklame für den Löwen, wenn sich das herumspricht.«
Sepp Reisinger blickte eher kummervoll.
»Ich fürcht’, von Reklame kann man net reden«, meinte er. »Der Herr Weilander hat sich ausbedungen, daß über seinen Aufenthalt bei uns Stillschweigen bewahrt werden soll. Er möcht’ keinen Rummel um seine Person. Deshalb muß ich Sie natürlich auch bitten, niemandem etwas von uns’rem Gespräch zu erzählen.«
»Das versteht sich doch von selbst«, beruhigte der Bergpfarrer ihn. »Also, dann noch einen schönen Tag. Wann kommt er denn eigentlich an, euer berühmter Gast?«
»In zwei Tagen.«
Sebastian Trenker nickte ihm zu und ging zum Pfarrhaus hinüber. Er freute sich für Sepp und dessen Frau Irma, daß der Ruf ihres Hotels auch in die Kreise gedrungen war, in denen solche berühmten Persönlichkeiten, wie Frank Weilander, verkehrten. Sebastian kannte den Sänger aus dem Fernsehen, ab und an war auch etwas über ihn in der Zeitung zu lesen. Auch wenn mit diesem Besuch keine große Reklame für den Löwen verbunden war, so würde es sich doch vielleicht bei den Menschen, mit denen Frank Weilander zu tun hatte, herumsprechen, welch ein Kleinod St. Johann war. Solche Mundpropaganda war oftmals sehr viel wirkungsvoller, als aufwendige Reklameaktionen, die auch noch eine Menge Geld kosteten.
*
Im Pfarrhaus war Sophie Tappert mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beschäftigt, als Sebastian dort eintraf. Die Haushälterin briet panierte Kalbsschnitzel. Angesichts der Hitze draußen hatte sie beschlossen, daß es etwas Kaltes geben sollte. In einer großen Schüssel wartete schon ein vorbereiteter Kartoffelsalat auf seine Vollendung.
Abgezogene und in Achtel geschnittene Tomaten kamen hinzu, ebenso gehackte Gewürzgurken und hartgekochte Eier. Dazu viel frisches Schnittlauch. Die Marinade bestand aus einem guten Essig, Öl, Fleischbrühe und Salz und Pfeffer. Zum Schluß wurde eine Mischung aus selbstgemachter Mayonnaise und Creme fraichè untergerührt.
Die Kalbsschnitzel wurden zum Abkühlen auf eine Platte gelegt.
Sebastian nickte zustimmend, als seine Haushälterin ihm erklärte, was sie für das Mittagessen vorgesehen hatte.
»Eine gute Idee«, lobte er. »Bei diesen Temperaturen ist so etwas erfrischender, als ein Braten.«
Bis zum Essen war noch etwas Zeit. Der Geistliche setzte sich in sein Arbeitszimmer und sah den Stapel Post durch, der auf dem Schreibtisch lag. Es war nichts wirklich Wichtiges darunter. Anschließend nahm Sebastian sich den Terminkalender vor. In den nächsten Tagen standen einige Hochzeiten bevor. Kein Wunder, bei dem Wetter! Die Sommerwochen waren immer beliebt bei den Leuten, die den Bund der Ehe schließen wollten.
Kurze Zeit später kam Max herüber. Der jüngere Bruder des Bergpfarrers, der als Polizist in St. Johann seinen Dienst tat, ließ nur selten eine Mahlzeit ausfallen. Bestenfalls eine dienstliche Angelegenheit konnte ihn daran hindern, zum Essen ins Pfarrhaus zu kommen. Sophie Tapperts Kochkünste brachten Max immer wieder ins Schwärmen.
Die Haushälterin hatte den Kartoffelsalat mit Petersiliensträußchen und »Rosen«, die sie aus Radieschen geschnitzt hatte, garniert. Die kalten Kalbsschnitzel lagen auf einem Fleischteller. Zitronenachtel und ein paar Kapern waren darüber gestreut.
Max leckte sich die Lippen.
»Himmel, ist das eine Hitze heut’«, waren seine Worte gewesen, als er herein kam.
Sein Bruder konnte ihm nur beipflichten.
»So ein Wetter haben wir wirklich schon lang’ net mehr gehabt«, meinte er. »Hoffen wir nur, daß es sich hält und net bald in ein Unwetter umschlägt.«
Während des Essens unterhielten sie sich über die letzten Neuigkeiten. Max berichtete von einem Bankraub in der Kreisstadt. Die Kollegen dort hatten vorsorglich alle Polizeiposten benachrichtigt. Es wurde vermutet, daß der flüchtige Ganove sich ins nahe Österreich absetzen wollte.
»Wieviel wurde denn erbeutet?« erkundigte sich Sebastian.
Max schmunzelte.
»Nix«, antwortete er, sichtlich amüsiert. »Stell’ dir vor, gerad’, als der Kassierer die Tasche des Bankräubers füllen wollte, betrat eine Kundin die ansonsten leere Filiale der Sparkasse. Eine ältere, aber recht resolute Dame, die mit einem Blick erfaßte, was sich dort abspielt. Mit ihrem Regenschirm hat sie dem Ganoven eins übergezogen, daß der vor Schreck seine Waffe fallen ließ und davonlief.«
»Wirklich? Na, das hätt’ aber auch ins Aug’ geh’n können.«
»Schon richtig«, nickte Max. »Die Oma wollt’ ihre Rente abheben. Beim Anblick des Räubers muß sie wohl mehr Angst um ihr Geld bekommen haben, als um ihr Leben. Im übrigen war’s eine Spielzeugpistole.«
»Was sie aber net hat wissen können.«
Der Geistliche schüttelte den Kopf. Er konnte nicht verstehen, daß heutzutage überhaupt noch jemand versuchte, eine Bank auszurauben. Es war ja kaum noch Bargeld am Kassenschalter. Im Computerzeitalter besaßen die meisten Kunden ohnehin Scheckkarten, mit denen sie am Automat Geld abhoben.
Daß es immer wieder zu irgendwelchen Gewalttaten kam, war es nun ein Überfall, eine Rauferei oder Schlimmeres, bekümmerte Sebastian Trenker ohnehin. Seiner Meinung nach sollten die Menschen in diesen Zeiten friedlicher zusammenleben. Es gab doch schon genug Elend in der Welt.
Wir können von Glück sagen, dachte der Seelsorger, daß wir hier davon weitgehend verschont bleiben.
In der Tat schien St. Johann sich ein Stück Frieden bewahrt zu haben. Abgesehen von harmlosen Auseinandersetzungen, die schnell wieder geschlichtet wurden, lebten die Menschen hier in friedlicher Eintracht. Hin und wieder kam es vor, daß jemand von einem persönlichen Schicksalsschlag getroffen wurde, doch im Großen und Ganzen zeigte sich in dem beschaulichen Alpendorf noch immer ein Stück heile Welt.
Nicht zuletzt dank der Bemühungen Sebastian Trenkers, der es immer wieder verstand, hilfreich einzugreifen, wenn einer nicht mehr aus noch ein wußte. Dafür liebten die Schäfchen ihren guten Hirten von St. Johann.
*
Es klopfte an der Tür der Luxussuite, in dem renommierten Hamburger Hotel, an der Alster. Frank Weilander öffnete, draußen stand Jürgen Bender.
»Guten Morgen«, begrüßte der Sänger seinen Manager. »Hast du gut geschlafen? Das Frühstück ist schon bestellt, es wird gleich gebracht.«