Wer ist die Mutter? - Patricia Vandenberg - E-Book

Wer ist die Mutter? E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Fee Norden wurde durch das Quietschen von Bremsen aus dem Schlaf geschreckt. Es war noch nicht sechs Uhr, und draußen war es stockdunkel. Daniel war zum Glück nicht aufgewacht. Er war sehr spät nach Hause gekommen. Das Glatteis war wieder einmal schuld an einem schweren Unfall gewesen. Die Notärzte waren in dieser Nacht nicht zur Ruhe gekommen, aber hier hatte man ja den Dr. Norden, der seine Hilfe nicht versagte, wenn er gebraucht wurde. Daniel war todmüde nach Hause gekommen. »Es war schlimm«, hatte er nur noch gemurmelt und war sofort zu Bett gegangen nach einer heißen Dusche. Als Fee nun nach dem Quietschen noch einen aufheulenden Motor vernahm, dachte sie auch gleich an einen Unfall in unmittelbarer Nähe des Hauses, und schon war sie aus dem Bett. Im Haus selbst war es still, die Kinder rührten sich nicht, und nicht mal Lenni schien aufgewacht zu sein. Leise schlich sich Fee in die Diele, schlüpfte in ihren Daunenmantel und die dicken Stiefel und ging hinaus. Tatsächlich war der Gartenweg eisglatt. Es mußte erst geregnet und dann wieder geschneit haben, und es war die reinste Rutschbahn. Sie wollte schon umkehren, um sich gleich richtig anzukleiden, bevor sie weiterrutschte, aber dann erinnerte sie sich daran, daß an der Garage ein Kübel mit Granulat zum Streuen stand, und dorthin konnte sie über den Rasen gelangen. Allerdings klemmte die Seitentür, und es kostete sie einige Anstrengung, sie zu öffnen, aber dann vernahm sie ein Wimmern. Sie hielt den Atem an. Es klang wie das Wimmern eines Babys, aber woher sollte es kommen? Das stellte sich bald heraus.

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Leseprobe: Ich will ein Baby!

Professor Joachim Kayser war fassungslos. »Du hast vier Kinder, Antonia!«, hielt er seiner Tochter aufgebracht vor. »Und da willst du wieder arbeiten? In meinen Augen ist das verantwortungslos, aber du hast ja schon als junge Frau immer deinen Kopf durchsetzen müssen.« Er wandte sich an seinen Schwiegersohn. »Und du hast ihr diesen Unsinn nicht ausreden können?« Dr. Leon Laurin fing einen Blick seiner Frau auf, der ihn warnte. Dieses Gespräch brachte ihn in eine unangenehme Situation, da er die Vorstellung, dass Antonia schon bald wieder als Kinderärztin arbeiten würde, auch nicht besonders angenehm fand. Geld verdiente er als Chef der Kayser-Klinik, die er von seinem Schwiegervater übernommen hatte, genug, und er hatte sich daran gewöhnt, dass Antonia zu Hause war, wenn er müde aus der Klinik kam. Manchmal, wenn es viel zu besprechen gab, führten sie dann lange Gespräche, es kam aber auch vor, dass sie nur still beieinander saßen. Er liebte diese ruhigen Stunden mit ihr. Ruhe war in seinem Leben selten und daher besonders kostbar. Er war schließlich auch nur ein Mensch: Er war nicht gern allein und liebte es, wenn seine Frau ihn verwöhnte und umsorgte. Bald würde sie dafür deutlich weniger Zeit haben als bisher. Natürlich gefiel ihm diese Vorstellung nicht, insofern berührten die Vorhaltungen seines Schwiegervaters einen wunden Punkt. Andererseits wusste er, dass seiner Frau der Verzicht auf ihren Beruf schwer gefallen war, obwohl es für sie nie einen Zweifel daran gegeben hatte, dass sie der Kinder wegen zu Hause bleiben würde. Vier Kinder zog man nicht nebenbei auf, wenn es nicht zwingende Gründe dafür gab, wie etwa Geldsorgen. Und sie war eine sehr gute Ärztin gewesen, so lange sie praktiziert hatte.

Dr. Norden Bestseller – 320 –

Wer ist die Mutter?

Patricia Vandenberg

Fee Norden wurde durch das Quietschen von Bremsen aus dem Schlaf geschreckt. Es war noch nicht sechs Uhr, und draußen war es stockdunkel. Daniel war zum Glück nicht aufgewacht. Er war sehr spät nach Hause gekommen. Das Glatteis war wieder einmal schuld an einem schweren Unfall gewesen. Die Notärzte waren in dieser Nacht nicht zur Ruhe gekommen, aber hier hatte man ja den Dr. Norden, der seine Hilfe nicht versagte, wenn er gebraucht wurde.

Daniel war todmüde nach Hause gekommen. »Es war schlimm«, hatte er nur noch gemurmelt und war sofort zu Bett gegangen nach einer heißen Dusche.

Als Fee nun nach dem Quietschen noch einen aufheulenden Motor vernahm, dachte sie auch gleich an einen Unfall in unmittelbarer Nähe des Hauses, und schon war sie aus dem Bett. Im Haus selbst war es still, die Kinder rührten sich nicht, und nicht mal Lenni schien aufgewacht zu sein.

Leise schlich sich Fee in die Diele, schlüpfte in ihren Daunenmantel und die dicken Stiefel und ging hinaus.

Tatsächlich war der Gartenweg eisglatt. Es mußte erst geregnet und dann wieder geschneit haben, und es war die reinste Rutschbahn.

Sie wollte schon umkehren, um sich gleich richtig anzukleiden, bevor sie weiterrutschte, aber dann erinnerte sie sich daran, daß an der Garage ein Kübel mit Granulat zum Streuen stand, und dorthin konnte sie über den Rasen gelangen.

Allerdings klemmte die Seitentür, und es kostete sie einige Anstrengung, sie zu öffnen, aber dann vernahm sie ein Wimmern. Sie hielt den Atem an. Es klang wie das Wimmern eines Babys, aber woher sollte es kommen?

Das stellte sich bald heraus. Daniels Wagen stand vor der Garage, und obgleich es noch stockdunkel war, fiel ein Lichtstrahl der Straßenlaterne darauf. Auf der Kühlerhaube sah Fee etwas Dunkles stehen.

Sie zitterte jetzt nicht nur vor Kälte, sondern auch vor Aufregung, als sie eine Tasche ergriff, die glatt und glitschig war. Und aus dieser kam das Wimmern eines Kindes.

Fee überlegte nicht lange. Ihre inzwischen auch schon eiskalten Hände klammerten sich fest um die Griffe, und so schnell es ihr möglich war, gelangte sie stolpernd und rutschend zum Haus zurück.

Ein zitternder erleichterter Seufzer entrang sich ihrer Brust, als sie ohne zu fallen in die Wärme zurückgelangt war, und dann ging sie gleich in die Küche.

Sie mußte sich erst die Hände wärmen, bevor sie das winzige Wesen anfassen konnte. Ja, es war ein Kind, und es konnte höchstens zwei oder drei Tage jung sein. Fee kannte sich aus, sie war ja selber Ärztin, und sie sah auch, daß das Baby nicht mal richtig gesäubert war.

Es war in Frotteehandtücher gehüllt. Alte löchrige Tücher waren es, aber als Fee den Reißverschluß der schon recht alten Einkaufstasche zurückzog, sah sie einen zerknitterten Zettel, auf dem in großen Buchstaben stand: Mein Vater ist Dr. Daniel Norden.

Fee erstarrte, aber sie hatte momentan keinen anderen Gedanken, als den, daß dies mal wieder ein Racheakt war, diesmal aber ein besonders makabrer.

Es hatte schon manche Frau versucht, Unruhe in ihr Leben zu bringen, und früher war dies auch manchmal gelungen, aber seit sich zu ihren drei Kindern auch noch die Zwillinge gesellt hatten, wurden dem fünffachen Vater doch nicht mehr solche Avancen gemacht, die den Ehefrieden stören konnten.

Fee steckte den Zettel in die Tasche und überlegte blitzschnell. Es handelte sich schließlich um ein neugeborenes Kind, das rasch versorgt werden, wahrscheinlich sogar in einen Inkubator gelegt werden mußte.

So leid es ihr auch tat, sie mußte Daniel wecken. Er sollte mitentscheiden.Vielleicht wußte er auch, wer die Mutter des Kindes sein könnte.

Sie weckte ihren Mann ganz sanft. Unwillig wurde Daniel eigentlich nie, aber er fragte schlaftrunken, was denn schon wieder los sei. »Ein Unfall doch nicht schon am frühen Morgen«, murmelte er.

»So was Ähnliches. Es handelt sich um ein Baby.«

»Lieber Gott, etwa Frau Ahrend?«

»Keine Ahnung, ich habe es vor der Garage gefunden«, erwiderte Fee, die von einer Frau Ahrend noch nichts gehört hatte, aber sie kannte ja meist nur die Stammpatienten mit Namen.

Daniel war schon aus dem Bett. Lenni war inzwischen auch schon in der Küche, und es war verständlich, daß Verwirrung herrschte. Fee war nur froh, daß sie diesen ominösen Zettel schon an sich genommen hatte.

Daniel sagte kurz: »Warmes Wasser bitte, und Lenni soll mal Babysachen holen. Das Kind ist höchstens zwölf bis vierzehn Stunden alt, aber ganz schön kräftig.«

»Muß es noch in den Brutkasten?«

»Vorsichtshalber, du kannst schon mal Schorsch benachrichtigen.«

»Zuerst werde ich das Baby baden«, sagte sie. »Abgenabelt ist es richtig. Was meintest du mit Frau Ahrend?«

»Das erkläre ich dir nachher, aber sie ist die einzige Patientin, die um diese Zeit ein Kind erwartete.«

»Es müßte ja nicht unbedingt eine Patientin von dir auf diese Idee gekommen sein, Daniel. Wir reden nachher darüber. Zuerst muß das Kind versorgt werden. Es hätte erfrieren können da draußen.«

»Vielleicht war das beabsichtigt.«

»Nein, das bestimmt nicht.«

»Wieso bist du so sicher?«

»Das erkläre ich dir nachher«, erwiderte Fee betont.

Das Baby war ein Mädchen, gut entwickelt und fast drei Kilo schwer. Keine Frühgeburt. Es strampelte und steckte die Finger in den Mund.

»Alles normal«, sagte Daniel.

»Es hat Hunger«, sagte Fee.

»Bei Schorsch sind sie darauf genau eingerichtet«, erklärte Daniel ruhig.

»Ich doch eigentlich auch«, meinte Fee.

»Hast du Muttermilch zur Verfügung?« scherzte er.

»Du hast Humor«, murmelte sie. »Was meinst du, warum man uns das Kind beschert hat?«

»Wahrscheinlich weiß man, daß es hier Kinder gibt, und daß sie geliebt werden.«

Fee runzelte leicht die Stirn, aber sie wollte sich nicht auf eine längere Debatte einlassen.

»Die Polizei müssen wir auch benachrichtigen«, sagte sie ruhig.

»Alles der Reihe nach. Erst kommt das Findelkind.«

Lenni fand, daß es ein hübsches Baby sei, da es nun sauber und warm angezogen in der Tragetasche lag, die im Hause Norden von diversen Kindern benutzt worden war, aber nie lange.

Die Kleine schlief jetzt, wohl müde geworden durch die Prozedur, der man sie unterzogen hatte. Fee hatte mit der Leitner-Klinik telefoniert, und Schorsch Leitner, der langjährige Freund der Nordens, hatte nur seufzend gemeint, daß er es mal erleben wollte, daß sie ein paar Wochen im schönsten Gleichmaß verbringen könnten. Aber selbstverständlich brauchte man ihn nicht umsonst zu bitten.

Fee wollte das Baby aus dem Haus haben, bevor ihre eigenen Kinder munter wurden, sonst konnte man mit Turbulenzen rechnen und mit unzähligen Fragen, auf die sie keine Antwort wußten. Dazu mußte Fee freiwillig auch unentwegt an den Zettel denken. Niemals hätte sie Zweifel an Daniels Treue gehegt, aber sie fragte sich, wer so etwas fertigbringen konnte.

Daniel hatte sich in Windeseile angekleidet. Fee hatte schon den Motor laufen lassen und die Scheiben abgekratzt.

»Ich war zu müde, den Wagen in die Garage zu fahren«, sagte Daniel entschuldigend, als er mit dem Baby in der Tragetasche kam.

»Und dann kannst du nicht mal ausschlafen«, sagte Fee. »Aber allein wurde ich nicht fertig.«

»Das wäre wohl auch noch schöner. Ich überlege nur, wer auf so eine Idee gekommen sein könnte.«

»Das überlege ich auch. Aber manche Babies landen ja auch in der Mülltonne oder werden einfach weggeworfen, wenn nicht gar vorher schon umgebracht. Aber wir können nachher überlegen, Daniel.«

Bis zur Leitner-Klinik war es nicht weit. Ärztedreieck bezeichneten sich die Freunde Dr. Norden, Dr. Behnisch und Dr. Leitner, die eisern zusammenhielten und immer füreinander da waren. Der Allgemeinmediziner, der Chirurg Behnisch und der Gynäkologe Leitner.

Schorsch Leitner empfing das Ehepaar mit den Worten: »Euch bleibt anscheinend wirklich gar nichts erspart.«

Dann widmete er sich dem Baby und stellte fest, daß es kerngesund sei. Die Kleine wachte auf und begann nun kräftig zu schreien.

Schwester Annelie, die seit ein paar Wochen die Babies in der Frauenklinik betreute, brachte ein Fläschchen. Und mit wahrer Lust saugte das Baby sofort.

»Es ist gut, daß es nicht an die Mutterbrust gewöhnt wurde«, sagte Dr. Leitner. »Ich meine, es wird sich ganz normal entwickeln. Hast du keinen Hinweis, warum ausgerechnet ihr auserwählt wurdet?«

»Du vielleicht?« fragte Daniel. »Frau Ahrend leidet zwar zeitweise unter einer Schwangerschaftsspychose und fühlt sich einem Kleinkind nicht mehr gewachsen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß sie zu so was fähig wäre.«

»Wer ist diese Frau Ahrend?« fragte Schorsch Leitner. Und Fee war irgendwie froh, daß nicht sie diese Frage stellen mußte.

»Die Ahrends wohnen erst ein paar Wochen in München. Zwanzig Jahre verheiratet, zwei Kinder von neunzehn und siebzehn Jahren, die anscheinend stocksauer sind, daß noch ein Nachzügler kommt. Dazu kommt die Versetzung des Mannes, der zwar befördert wurde zum Oberamtmann, aber sie vermißt ihr ländliches Wohnen in der Nähe ihrer Eltern und Schwester. Und natürlich ist es für eine Frau von vierzig Jahren auch nicht einfach, noch ein Kind zu bekommen. Dazu hat sie eine Todesangst, daß es böse ausgehen und ihr Mann dann allein mit den Kindern wäre.«

»Und was sagt der Mann? Hast du schon mit ihm gesprochen?« fragte Schorsch Leitner.

»Nur einmal telefoniert. Er nimmt’s gelassen. Seine Frau sei ein bißchen durcheinander, weil auch noch die Versetzung hinzugekommen sei, aber es würde schon alles wieder ins Lot kommen, wenn das Baby erst da wäre. Er freut sich anscheinend und sagte auch, daß seine Schwester kommen würde, oder seine Nichte, um seiner Frau Arbeit abzunehmen.«

»Klingt doch alles ganz normal«, sagte Schorsch.

»Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß sie das Kind einfach ausgesetzt hätte.«

Fee biß sich auf die Lippen. Fast hätte sie über den Zettel gesprochen, aber das wollte sie lieber mit Daniel unter vier Augen.

»Benachrichtigen wir also die Polizei«, schlug Schorsch vor.

»Schwierigkeiten wollten wir dir eigentlich nicht bereiten«, sagte Fee.

»Tut ihr doch auch nicht. Hier wird das Baby versorgt, bis die Mutter möglicherweise gefunden ist. Und wenn nicht, werden sich bald Pflegeeltern finden, wie immer in solchen Fällen. Sie häufen sich ja in letzter Zeit. Ich bin heilfroh, wenn bei mir kein Kind mehr zurückgelassen wird und die Mutter auf Nimmerwiedersehen verschwindet, wie schon gehabt.«

»Was sich für das Kind nur als Vorteil erwies«, sagte Daniel, »und es könnte auch in diesem Fall so sein, denn es gehört schon ein dickes Fell dazu, so ein kleines Wesen bei der Kälte in so einer mickrigen Tasche vor ein Haus zu stellen.«

»Auf ein Auto«, berichtigte ihn Fee.

»Und wenn Fee nicht so früh aufgewacht wäre, hätte das Kind schon erfroren sein können«, fuhr Daniel fort. »Wieso warst du denn eigentlich so früh munter, Fee?«

»Bremsen quietschten, und ich dachte, da wäre auch ein Unfall«, sagte Fee geistesabwesend, »und gleich darauf fuhr einer schnell weg. Vielleicht war es der, mit dem das Baby gebracht wurde. Ich denke, es war so, denn ein Unfall war ja nicht, nur das Kind wurde abgeladen.«

»Sehr merkwürdig«, sagte Schorsch.

»Sehr merkwürdig«, nickte Daniel.

»Und was war das gestern nacht eigentlich für ein Unfall?« lenkte Fee ab.

»Drei Tote zwischen achtzehn und zwanzig Jahren, und sechs Schwerverletzte. Aber mit dem Baby hat das bestimmt nichts zu tun. Ich denke nur, daß da heute Eltern sich bittere Vorwürfe machen, weil sie ihrem Sohn zum achtzehnten Geburtstag ein flottes Auto schenkten, das er gerade eine Woche besaß. Nun ist er tot, seine Freunde sind tot, der Wagen ist schrottreif, und die Eltern werden noch genug Ärger mit anderen Eltern und den Versicherungen haben.«

»Und wohl bestimmt auch noch mit den Schwerverletzten«, sagte Schorsch. »Kennst du die Eltern?«

»Nicht persönlich, aber der Name ist bekannt. Schellenberg und Co., Bauunternehmung.«

»Du liebe Güte«, sagte Schorsch, »die Frau soll nächste Woche operiert werden.«

»Hier, von dir?« fragte Daniel bestürzt.

»Ja, von mir.«

»Blöder Zufall«, sagte Daniel.

»Du kannst nichts dafür«, meinte Schorsch. »So, dann werden wir mal den lieben Inspektor Körner verständigen, daß wir ein Findelkind haben.«

*

Die Norden-Kinder hatten ihre Eltern indessen schon vermißt, und Lenni sagte ihnen vorerst nur, daß sie zur Leitner-Klinik gefahren waren.

»Warum denn?« fragte Danny.

»Weiß ich auch nicht. Sie kommen ja sicher bald wieder«, entgegnete Lenni.

»Wer kriegt denn da bloß wieder ein Kind«, meinte Anneka, »das würde mich schon sehr interessieren.«

Lenni war jedenfalls heilfroh, als Fee und Daniel zurückkamen, und da ging die Fragerei natürlich erst recht los. Aber sie mußten ihnen schon die Wahrheit sagen, denn sie wußten, daß es doch herauskommen würde, wenn Inspektor Körner zu ihnen kam und auch die Tasche mit den Tüchern inspizieren würde.