Wo ist das Glück, Andrea? - Patricia Vandenberg - E-Book

Wo ist das Glück, Andrea? E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Es geschah wahrlich nicht oft, daß die Familie Norden am Sonntagnachmittag vor dem Fernsehapparat zu finden war, aber an diesem sonnigen Oktobertag wurde ein Golfturnier übertragen, bei dem ein guter Bekannter von ihnen große Siegchancen hatte. »Papi, komm endlich rein, Schumann liegt vorn!« schrie Danny lauthals, denn Daniel Norden hatte es doch vorgezogen, mit seinen Zwillingen im Garten zu spielen, denn sie verstanden ja noch nichts vom Sport, und er hatte viel zu wenig Zeit, sich ihnen zu widmen. Sie hingen an ihm wie die Kletten, als er nun doch hereinkam, Jan links, Jolly rechts. Der Kosename paßte zu ihr. Sie war ein fröhliches Kind, ihr Zwillingsbruder war besinnlicher. Er angelte jetzt schon nach seiner Mami. Sie nahm ihn auf den Schoß, verfolgte aber doch mit Spannung den nächsten Schlag von Lutz Schumann. »Er ist in Bestform«, stellte sie fest, und Daniel merkte, wie sie das freute. »Er hat es«, schrien die Buben Danny und Felix nun im Duett, »er hat gewonnen!« »Da wird sich Antschi freuen«, sagte Anneka und klatschte in die Hände. »Und ausgerechnet diesmal konnte sie nicht dabei sein«, sagte Fee bedauernd. »Schorsch hat ihr abgeraten, mit nach Australien zu fliegen, um die Schwangerschaft nicht zu gefährden. Sie möchten jetzt doch so gern ein Baby haben.« Lutz Schumann wurde indessen gefeiert. Er war ein großer, dunkelhaariger sportlicher Mann mit energischen Gesichtszügen, aber nun, bevor er interviewt werden konnte, sagte er ganz spontan: »Es hat geklappt, Antschi, bald bin ich wieder zu Hause!«

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Dr. Norden Bestseller – 294 –

Wo ist das Glück, Andrea?

Patricia Vandenberg

Es geschah wahrlich nicht oft, daß die Familie Norden am Sonntagnachmittag vor dem Fernsehapparat zu finden war, aber an diesem sonnigen Oktobertag wurde ein Golfturnier übertragen, bei dem ein guter Bekannter von ihnen große Siegchancen hatte.

»Papi, komm endlich rein, Schumann liegt vorn!« schrie Danny lauthals, denn Daniel Norden hatte es doch vorgezogen, mit seinen Zwillingen im Garten zu spielen, denn sie verstanden ja noch nichts vom Sport, und er hatte viel zu wenig Zeit, sich ihnen zu widmen. Sie hingen an ihm wie die Kletten, als er nun doch hereinkam, Jan links, Jolly rechts. Der Kosename paßte zu ihr. Sie war ein fröhliches Kind, ihr Zwillingsbruder war besinnlicher. Er angelte jetzt schon nach seiner Mami.

Sie nahm ihn auf den Schoß, verfolgte aber doch mit Spannung den nächsten Schlag von Lutz Schumann.

»Er ist in Bestform«, stellte sie fest, und Daniel merkte, wie sie das freute.

»Er hat es«, schrien die Buben Danny und Felix nun im Duett, »er hat gewonnen!«

»Da wird sich Antschi freuen«, sagte Anneka und klatschte in die Hände.

»Und ausgerechnet diesmal konnte sie nicht dabei sein«, sagte Fee bedauernd. »Schorsch hat ihr abgeraten, mit nach Australien zu fliegen, um die Schwangerschaft nicht zu gefährden. Sie möchten jetzt doch so gern ein Baby haben.«

Lutz Schumann wurde indessen gefeiert. Er war ein großer, dunkelhaariger sportlicher Mann mit energischen Gesichtszügen, aber nun, bevor er interviewt werden konnte, sagte er ganz spontan: »Es hat geklappt, Antschi, bald bin ich wieder zu Hause!«

Er konnte sie freilich nicht sehen, und er konnte auch nicht hören, was seine reizende Frau Andrea sagte.

»Wenn du nur erst wieder heil zurück wärest, Liebster«, flüsterte sie.

Wenig später schlug der Türgong an. Andrea wunderte sich, denn sie erwartete niemanden, und schließlich war Sonntag.

Sie fragte in die Sprechanlage, wer da sei, und sie hielt den Atem an, als sie die Stimme ihrer Mutter vernahm. Sie mußte sich wundern, denn seit ihrer Heirat bestand nur ein ganz loser und sehr formeller Kontakt zu ihren Eltern, die ziemlich weit entfernt im Isartal wohnten.

Sie öffnete die Tür, machte aber keine Anstalten, ihre Mutter zu umarmen. Carla Hendricks, eine sehr elegante Frau und bekannt für ihre Selbstbeherrschung, machte jetzt einen sehr besorgten Eindruck.

»Entschuldige, daß ich unangemeldet komme, aber ich hörte, daß du deinen Mann nicht begleitet hast. Gibt es Differenzen?«

Andrea lächelte spöttisch. »Das würde euch wohl gefallen«, sagte sie, »aber ihr freut euch zu früh, bei uns gibt es keine Differenzen.«

»Sei doch bitte nicht so sarkastisch, Antschi«, sagte Carla hastig. »Du weißt, daß ich die Konflikte nicht gewollt und nicht heraufbeschworen habe. Ich möchte sie gern abbauen.«

»Möchtest du eine Tasse Tee mit mir trinken, Mama? Zwischen Tür und Angel brauchen wir uns nicht zu unterhalten.«

Carla Hendricks betrat dieses Haus zum erstenmal, und sie blickte sich staunend um. »Hübsch, sehr hübsch, aber habt ihr euch da nicht finanziell übernommen?«

Andrea lachte leise auf. »Was du dir für Sorgen machst! Uns geht es sehr gut, und da Lutz soeben das Masters-Turnier gewonnen hat, wird auch unser Kind bestens versorgt werden. Das ist nämlich der Grund, daß ich Lutz nicht begleitet habe.«

»Du erwartest ein Kind?« fragte Carla atemlos.

»Ja, stell dir vor, nach dreijähriger Ehe hat es geklappt, und alle Anzüglichkeiten, daß wir heiraten mußten, sind damit auch widerlegt. Abgesehen davon finde ich dieses ›heiraten müssen‹ höchst albern. Und in unserem Fall möchte ich betonen, daß es mein Mann nicht nötig hatte, die Tochter des reichen Hendricks mit so was an sich zu binden, oder besser gesagt, damit sein Schwiegersohn zu werden.«

»Du bist verbittert, Antschi«, sagte Carla.

»Ich – verbittert? Sehe ich so aus? Ich bin eine glückliche Frau und dazu die sehr stolze Frau eines erfolgreichen Mannes. Wir brauchen euch nicht, Mama, so traurig es ist, wenn eine Tochter solches sagen muß, aber ich hätte es auch nie für möglich gehalten, daß mein Vater, den ich so geliebt habe, so kleinlich und so unfair sein könnte. Immerhin wird Stefan nun endlich froh sein, daß ich ausgeschaltet bin, und mit Margot werdet ihr ja genau die Schwiegertochter bekommen, die in die Familie paßt mit ihrem Hochmut.«

»Sei doch nicht so aggressiv, Antschi. Ich bitte dich. Wir können uns doch vernünftig unterhalten. Ich bin deine Mutter, und ich habe immer wieder versucht, eine Brücke zu schlagen.«

»Um mich zurückzuholen in den Schoß der Familie«, sagte Andrea sarkastisch, »aber Lutz und mich wird niemand auseinanderbringen. Mein arroganter Bruder Stefan könnte sich an ihm ruhig ein Beispiel nehmen, als überall Schulden zu machen, das spricht sich nämlich auch herum.«

Carla Hendricks hatte ihre Tochter noch nie so erlebt. Früher war Andrea immer eher schüchtern gewesen, aber es spielte freilich auch eine Rolle, daß ihr Mann jetzt so viel Publicity hatte.

Das wurmte freilich Stefan Hendricks ganz besonders, aber auch seine Verlobte Margot Bächler. Sie legte Wert darauf, nur Margo genannt zu werden, weil das exotischer klang, machte auch ganz auf exotischen Typ.

»Hat er doch tatsächlich gewonnen«, sagte sie giftig. »Dieser ehemalige unbemittelte Tennislehrer.«

»Der sich meine Schwester geangelt hat«, stieß Stefan gereizt hervor. »Dadurch ist er natürlich bekannt geworden.«

»Wieso, das verstehe ich nicht? Es redet überhaupt niemand davon, daß Andrea deine Schwester ist, und sie kümmert sich um euch doch gar nicht. Das muß schon gesagt werden. Mich macht es wütend, daß du nie gewinnst, und meinen Vater macht es wütend, wie man über dich redet.«

»Wenn du Streit willst, gehe ich lieber«, sagte Stefan anzüglich.

Margot lenkte sofort wieder ein. Sie war so unbeherrscht, wie Carla Hendricks beherrscht war, und man konnte wirklich nicht sagen, daß diese mit ihrer zukünftigen Schwiegertochter einverstanden wäre. Aber andererseits war es auch so, daß Karl Friedrich Bächler mit Stefan als Schwiegersohn auch nur einverstanden war, weil er Hendricks hieß und hinter diesem Namen allerhand stand.

»Andrea hat ihn diesmal aber nicht begleitet«, sagte Margot mit einem boshaften Lächeln.

»Woher weißt du das?« fragte Stefan sofort hastig.

»Ich habe sie gesehen.«

»Wo?«

»Am Hauptplatz, und sie kam aus dem Haus, wo die Anwälte Manz und Köhler ihre Kanzlei haben.«

»Und Dr. Norden seine Praxis«, warf Stefan sofort ein.

»Krank sah sie aber nicht aus«, sagte Margot.

»Hast du mit ihr gesprochen?«

»I wo, sie hat mich auch nicht zur Kenntnis genommen. Ganz schön arrogant ist sie geworden, seit er Golf spielt.«

»Er ist und bleibt ein Proletariersohn«, höhnte Stefan.

»Lieber Gott, sie war ja auch ziemlich unscheinbar und so ein Schattengewächs.«

»Du spinnst ja«, fuhr er sie an. »Sie war eine phantastische Tennisspielerin. Von wegen Schattengewächs. Sie war nur nicht so ein Nachtlicht wie du.«

»Aber wir passen zusammen«, sagte sie mit einem frivolen Lächeln. »Bei uns stimmt alles. Und wenn er soviel allein herumreist, wird er auch mit anderen schmusen.«

Stefan sagte nichts mehr. Es mißfiel ihm, daß Margot so abfällig über seine Schwester gesprochen hatte. Was Lutz Schumann betraf, war er selbst auf Angriff eingestellt, aber er wußte auch, daß Margot früher sehr bemüht gewesen war, bei ihm Einzelunterricht im Tennis zu bekommen und er angeblich keine Termine mehr frei hatte. Da waren sie allerdings noch nicht verlobt gewesen, und sie hatte Gift gesprüht gegen Andrea, weil sie fast täglich mit ihm trainierte.

Stefan Hendricks hatte viele Fehler, aber er vertrug es nicht, wenn Margot boshafte Bemerkungen über Andrea oder auch über seine Mutter machte. Und manchmal wurde ihm doch bewußt, daß der bloße Neid aus ihr sprach, denn Carla Hendricks spielte in der Gesellschaft eine Rolle, und weil es sie wohl mit Eifersucht erfüllte, daß man in den Zeitungen auch Lutz Schumanns bezaubernde Frau erwähnte, wenn sie ihren Mann begleitete.

Gefreut hätte es ihn freilich auch, wenn Lutz es zu nichts gebracht hätte, außer zu seinem Sportgeschäft.

Erst kürzlich hatte er erfahren, daß er nun auch an einer großen Sportartikelfabrik beteiligt war und international erfolgreich Werbung für diese machte.

Bisher hatte sein Vater sich darum nicht gekümmert, aber Stefan fürchtete, daß er bald von seinem erfolgreichen Schwiegersohn erfahren würde, und dann bekam er das auch noch unter die Nase gerieben.

Der Sonntag war ihm jedenfalls gründlich verdorben worden, und Margot trug auch nichts dazu bei, seine Laune zu bessern. Ihre war nämlich auch nicht besser.

*

Während bei den Nordens die Freude über Lutz Schumanns großen Sieg anhielt und Fee mit ihrem Mann auch darüber sprach, daß Anton Hendricks sich nun einer anderen Meinung über Andreas Mann besinnen müßte, fuhr Carla Hendricks mit sehr gemischten Gefühlen nach Hause, denn Andrea hatte sich doch sehr reserviert verhalten und ihr zu verstehen gegeben, daß Lutz die Familie Hendricks gleichgültig sei und sie seine Einstellung durchaus verstehe.

»Er ist zu tief beleidigt worden, Mama, und mich hat das auch ins Herz getroffen. Vor allem diese Anspielungen auf seine proletarische Herkunft. War Großvater als Glasbläser etwa etwas anderes als ein Handwerker? Gut, er hat es zu einem kleinen Unternehmen gebracht mit ein paar Angestellten, aber Papa braucht doch nicht so zu tun, als wären wir was Besseres. Wenn es dir auch nicht gefällt, werdet ihr euch wohl bald mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß Lutz bald sehr viel reicher sein wird als ihr.«

Da hatte Carla wieder den Fehler gemacht, auf Lutz’ sportliche Erfolge anzuspielen, und daß dies eben ein Talent sei, was heutzutage höher honoriert würde als unternehmerisches Talent.

»Eines Tages werdet ihr auch von seinen Bilanzen erfahren, die ihn als einen sehr erfolgreichen Unternehmer ausweisen«, hatte Andrea erklärt. »Aber du kannst ja Stefan mal empfehlen, daß er wenigstens seine sportlichen Talente nutzt, um auch mal was auf die Beine zu bringen und Papa nicht ewig auf der Tasche zu liegen.«

Freilich war Stefan ein Problem. Carla wußte das genau, aber er war schließlich ein Hendricks, und das zählte bei ihrem Mann, wenngleich er seine Tochter immer bevorzugt hatte.

Sie war ein liebes, anschmiegsames Kind gewesen, Stefan hatte von klein auf zuviel Dummheiten im Kopf gehabt, die dann später zu Schwierigkeiten in der Schule führten.

Er wurde als Rowdy bezeichnet. was seinem Vater natürlich gründlichst mißfiel. Dann baute er Unfälle mit dem Fahrrad, später mit dem Motorrad, und bis zu seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr hatte er fünf Autos zu Schrott gefahren.

Dann beschloß er Rennfahrer zu werden, und mit Vaters Beziehungen gelang es ihm auch, bei einer prominenten Firma Fuß zu fassen.

Er brachte es nie zu einem vorderen Platz und wurde abserviert. Er beteiligte sich an Ralleys, und als er dann mal Zweiter wurde, saß er schon wieder auf dem hohen Roß.

Carla verschloß auch vor anderen Untugenden ihres Sohnes die Augen nicht mehr, aber sie war immer darauf bedacht, die Konflikte innerhalb der Familie nicht noch größer werden zu lassen.

Als sie nun heimkam, saß ihr Mann mit finsterer Miene vor dem Fernsehapparat, wo jetzt Berichte von Fußballspielen gebracht wurden. Eine Whiskyflasche stand auf dem Tisch, aus der schon eine ganze Menge fehlte.

Carla war besorgt. »Hast du das alles jetzt getrunken?« fragte sie, unvorsichtig wie sie war, nach dem Gespräch mit Andrea, das sie erregt hatte.

»Was geht das dich an?« fuhr er sie an. »Wo warst du so lange?«

»Ich war bei Renate. Ihr Mann war auf dem Golfplatz. Sie leidet noch unter der Grippe. Lutz hat das Masters-Turnier gewonnen, wir haben es im Fernsehen angeschaut.«

»Ich auch«, knurrte Anton Hendricks. »Wird ein mächtiger Wirbel um ihn gemacht, aber sie haben gesagt, daß seine reizende Frau ihn diesmal leider nicht begleiten konnte. Vielleicht kommt sie nun doch zur Vernunft.«

»Ich war bei ihr. Sie bekommt ein Baby, deshalb hat sie ihn nicht begleitet. Sie freuen sich sehr auf das Kind, und sie hat mir gesagt, wie erfolgreich Lutz auch geschäftlich ist.«

»Und nun soll ich zu Kreuze kriechen«, sagte Anton.

»Das brauchst du nicht, wir sind für Lutz erledigt, das hat mir Andrea deutlich zu verstehen gegeben. Und sie steht voll zu ihrem Mann. Du hast einen großen Fehler gemacht, Anton. Wir werden von unserem Enkelkind nichts haben. Und ich meine, daß du Stefan mehr Beachtung hättest schenken sollen als dem unwillkommenen Schwiegersohn, der uns, nach Andreas Worten, bald auch finanziell überflügelt haben wird.«

»Denen wird das Geld ja auch nachgeschmissen. Ein paar gewonnene Turniere, und es sind Millionäre.«

»Wenn Stefan das fertiggebracht hätte, wärest du stolz«, sagte Carla gereizt.

»Er ist ein Nichtsnutz, ein Tagedieb«, ereiferte sich Anton. »Hoffentlich heiratet er bald, dann kann sich sein Schwiegervater mit ihm herumärgern.«

»Falls er seine Tochter nicht vorher enterbt oder ihr nahelegt, einen anderen daherzubringen.«

Das Stimmungsbarometer stand im Hause Hendricks auf Sturm, und wie so oft bei solchen Gelegenheiten, wurden Nebensächlichkeiten aufgebauscht und man überhäufte sich gegenseitig mit Vorwürfen, die die Gegensätze noch vertieften.

Und dann kam auch noch Stefan hinzu, der seinen Vater eigentlich mal wieder gegen Lutz hatte aufhetzen wollen. Aber diesmal erreichte er das Gegenteil.

»Wenn du dich jetzt nicht endlich mal auf die Hosen setzt oder anderweitig etwas zustande bringst, kannst du deine Sachen packen!« schrie ihn sein Vater an. »Ich arbeite mich nicht zuschanden, damit du das Geld hinausschleuderst. Ab Montag wirst du von acht Uhr morgens bis siebzehn Uhr nachmittags im Betrieb arbeiten wie meine anderen Angestellten auch, sonst bekommst du keinen Pfennig mehr.«

»Und alles nur, weil Schumann das Turnier gewonnen hat«, sagte Stefan wütend.

Sein Vater warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Er hat jedenfalls noch keinen Pfennig von mir bekommen, und er hätte auch nichts genommen. Um es dir mal ganz deutlich zu sagen, Andrea hat von ihrem Konto, das ich ihr für Notfälle eingerichtet habe, noch keinen müden Euro abgehoben. Es fällt mir gewiß nicht leicht, das zu sagen, aber ich habe Lutz Schumann Unrecht zugefügt.«

»Du brauchst nur zu winken, Papa, dann wird er schon an der Tür stehen«, sagte Stefan zynisch.

»Das wird er nicht, und das wird auch Andrea nicht. Sie erwartet ein Baby, und wir werden es wohl kaum zu sehen bekommen. Es ist bitter, Stefan, aber sie haben Charakter.«

»Na und«, sagte er, »das Kind wird Schumann heißen.«

Sein Vater sprang auf und kam drohend auf ihn zu. Schritt für Schritt wich Stefan zurück.

»Und du wirst den Namen Hendricks mehr und mehr in den Dreck ziehen«, stieß der Ältere hervor. »Geh mir jetzt aus den Augen, sonst vergesse ich mich.«

*

Andrea ahnte, daß es im Elternhaus ziemlich turbulent zugehen würde, wenn ihre Mutter in gereizter Stimmung heimkam. Sie kannte ihren Vater, und sie kannte auch das Temperament ihrer Mutter, wenn die Maske der Beherrschung fiel. Es war ihr nicht gleichgültig, daß es ihretwegen wieder Dispute geben würde, aber sie war auch nicht bereit, einen ersten Schritt zur Versöhnung zu tun.

Ihr Mann, ihre Ehe waren ihr wichtiger als alles andere. Und sie meinte auch, wenn ihr Vater sie wirklich so geliebt hätte, wie er vorgab, dann hätte er ihr mehr Verständnis entgegengebracht. Aber sie wußte ja auch, daß er sie mit Jobst Reichenbach hatte verheiraten wollen, um die Fusion mit dessen Firma zustande zu bringen.

Wenn es Andrea an diesem Sonntagabend unbehaglich war, dann nur deshalb, weil Lutz nicht da war. Sie vermißte ihn.

Als das Telefon jetzt läutete, hoffte sie, seine Stimme zu hören. Aber es war eine Frauenstimme, die fragte, ob sie Lutz sprechen könne. Es war nicht das erste Mal, daß diese Frau anrief, und sie rief immer dann an, wenn Lutz nicht zu Hause war, das hatte Andrea schon mal mit ihrem Mann besprochen.

»Nein, mein Mann ist nicht da, aber wenn Sie mir Ihren Namen nennen würden, könnte ich ihm ausrichten, daß Sie schon mehrmals angerufen haben«, erwiderte Andrea ruhig.

»Es ist eine rein persönliche Angelegenheit«, sagte die Anruferin.

»Dann müssen Sie sich gedulden, bis er zurück ist, aber rufen Sie dann bitte im Büro an, die Nummer werden Sie ja auch haben«, erwiderte Andrea nun sarkastisch.

Der Hörer wurde aufgelegt, und Andrea lächelte. Sie vertraute ihrem Mann. Sie hatte ihm von diesen Anrufen erzählt, und er hatte nur den Kopf geschüttelt. Aber Andrea kam es auch in den Sinn, daß diese Person ziemlich genau informiert sein mußte, wann er nicht in München war, weil diese Anrufe nur dann kamen und aller Wahrscheinlichkeit nach deshalb, um sie nervös zu machen oder gar eifersüchtig.

Darüber konnte Andrea nur lächeln. Sie fühlte sich als vollkommen glückliche Frau. Sie konnte es sein. Für Lutz Schumann gab es keine andere Frau, mochten sich manche auch noch so sehr um ihn bemühen.

Abgesehen davon, daß Andrea seine große und einzige Liebe war, rechnete er es ihr hoch an, daß sie zu ihm gehalten hatte, als ihre ganze Familie gegen die Heirat gewesen war.

Sie hatten dann auch ohne Familie geheiratet und nur auf dem Standesamt. Den kirchlichen Segen hatten sie sich in seiner Heimat am Königssee geben lassen, und nur ein paar alte Bekannte von ihm waren dabei gewesen.

Aber den Gefallen, sein Geschäft in München aufzugeben, hatte Lutz den Hendricks nicht getan. Er hatte zu Andrea gesagt, daß er es ihnen schon beweisen würde, und das hatte er getan.

Er hatte vom Tennis zum Golf gewechselt, und dort war er innerhalb kürzester Zeit zu einem solchen Profi geworden, daß er bei den schon ganz Großen bald ebenso gefürchtet wie vordem beliebt war.