Wünsch dich ins Märchen-Wunderland Band 6 - Martina Meier (Hrsg.) - E-Book

Wünsch dich ins Märchen-Wunderland Band 6 E-Book

Martina Meier (Hrsg.)

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Beschreibung

Erleben Sie Märchen aus 1001 Nacht, die von flüsternden Wüstenwinden und geheimnisvollen Lampen erzählen. Begegnen Sie Hexen und Feen, deren Zauber die Wege der Helden lenken. Spüren Sie die Macht guter Mächte, die selbst in dunklen Zeiten Hoffnung schenken, und erleben Sie die Gänsehaut, die böse Vorahnungen und finstere Verwünschungen hervorrufen. Diese Märchen sprechen zu Herz und Seele – Geschichten, die uns in andere Welten entführen und dennoch mit einer zeitlosen Weisheit den Kern unserer menschlichen Erfahrungen berühren. Es sind Geschichten von Verwandlungen, die das Leben verändern, und von verwunschenen Orten, die ihre Geheimnisse nur dem Mutigen offenbaren. Tauchen Sie ein in die Poesie dieser alten Geschichten, die uns träumen lassen und gleichzeitig die Wahrheit unserer Welt in sich tragen. Lassen Sie sich verzaubern von Abenteuern und Schicksalen, die fernab unserer Realität spielen, und entdecken Sie dabei, wie nah sie uns dennoch sind.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Wünsch dich ins Märchen-Wunderland

Märchen für Herz und Seele im Jahresreigen

Band 6

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.eu

© 2025 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2024.

ISBN: 978-3-99051-327-9 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-326-2 - E-Book

*

Inhalt

Januar

Der unglückliche Januar

Das Wolkenstübchen der Frau Holle

Schneezauber

Die Jagd nach dem Mond

Februar

Das Märchen von den Sternen

Herzallerliebste

Der Brief vom Glück

Lillifee

Schwanenliebe

Die Hoffnung auf das Glück

März

Die Trolle von Jøllingmoor

Fips und der Schattenkönig

Drei beste Freunde

Der Krabbelkäfer

Das Erwachen

Das Waldreich

Der geheimnisvolle Wald

April

Rosalie unter Wasser

Das Selkie-Mädchen vom Leuchtturm

Tino, der malende Tintenfisch

Mai

Ein Wiedersehen mit alten Freunden

Ein Abend voller Träume

Das wundersame Medaillon

Prinzessin Fragola

Der Fluch der dunklen Magierin

Der verzauberte See

Als Elena Prinzessin war

Juni

Die Wendeweste

Sternschnuppe und ihr vergessenes Tagebuch

Der Traum des Hüters

Rotkäppchen gegen den bösen Wolf

Das Gleichnis vom Weinberg

Juli

Die kleine Nixe am Waldsee

Der alte Zaun

Kleine Fee

Urlaub im Resorthotel Magical Paradisa

Die Tochter des Windes

Kunterbunt, die Blumen-Prinzessin

Rora – Hüterin des Waldes

August

Blütenbande

Drachenprinzessin

Junger Drache Leopold

Hieronymus und die Reise seines Lebens

Der dritte Flügel

Die Drachenreiterin

September

Gnadenvoller Segen

Der Prinz, der Meerjungmann und der Drache

Oktober

Wüstenwind

Der Jäger und die gestohlene Tochter

Wärme, die aus dem Inneren kommt

Die Hexen von Edinburgh

November

Eine Eule auf Abwegen

Die einsame Eule

Wandernde Ohren

Das Gasthaus im Märchenwald

Dezember

Das Märchen vom vergessenen Tannenbaum

Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Geschichte aus deinem Kopf

Weihnachtsbäckerei

Manuelas geheimer Auftrag

Wo ist der Schnee?

Heimat erleben - Geschichten erzählen

*

Die Autorinnen und Autoren

Adrian Schwarzenberg

Alexander Weiz

Alexandra Richter

Amelie Habig-Teitler

Angelika Brox

Bernhard Finger

Bianca Buchmann

Carolin Neumann

Christian Reinöhl

Christina Telker

Dani Karl-Lorenz

Daniel Mylow

Doreen Pitzler

Dörte Müller

Dr. Thomas Melerowicz

Edda Gutsche

Elena C. M. Tüx

Fiona Walter

Florian Geiger

Hannelore Futschek

Hans Peter Flückiger

Hedwig Schulz-Gade

Helga Licher

Helmut Blepp

Ida Renée Henkes

Janchen Maerchendrache

Janina Thomauske

Jennifer Warwel

Jochen Stüsser-Simpson

Johanna Sebaretnam

Juliane Barth

Loana

Luna Day

Magnus Schlesinger

Maja-Luise Henkes

Manuela Klemenz

Margit Günster

Marie

Mona Lisa Gnauck

Monika Schlößer

Nadin Kadner

Oliver Fahn

Oliver Miller

Pamela Murtas

Peter Heerdmann

Sieglinde Seiler

Simon Käßheimer

Simone Lamolla

Sonia Leigh Schlesinger

Stephanie Hope

Susanne Ulrike Maria Albrecht

Susanne Weinsanto

Tim Tensfeld

Udo Brückmann

Vanessa Boecking

Volker Liebelt

Volker Naylor

Volkmar Trepte

Wolfgang Rödig

*

Januar

*

Der unglückliche Januar

„Tante, erzähl uns bitte eine Geschichte!“ Zwei Augenpaare hängen erwartungsvoll an ihr, während sie die beiden Kinder zudeckt. Es ist Schlafenszeit.

„Aber nur eine“, sagt sie gespielt streng zu den beiden, die begeistert nicken. Sie wissen nur zu gut, dass die Tante ihnen nichts abschlagen kann, und legen sich bequem in die Kissen zurück.

„Ich werde euch das Märchen vom unglücklichen Januar erzählen.“

„Von so einem Märchen habe ich noch nie gehört“, bemerkt Primus zweifelnd.

Seine Schwester Tertia verdreht die Augen und funkelt ihn an: „Pst! Sei doch still.“

Ein kurzer Blick der Tante lässt beide verstummen. „Ich erzähle euch von den Abenteuern, für die der unglückliche Januar verantwortlich war.“ Beim Wort Abenteuer blitzen die Kinderaugen auf. Das verspricht spannend zu werden.

„Es waren einmal zwölf Geschwister, die man die zwölf Monate nannte. Jeder Monat erhielt einen wunderbaren Namen und Eigenschaften, die ihn unvergleichlich machten. Der Januar war ein stilles Kind, das oft seinen Gedanken nachhing, während seine Geschwister herumtobten, besonders wild der fröhliche März mit seiner überbordenden Energie. Zwischen diesen zwei Geschwistern war der Gegensatz am größten, doch verstanden sie sich von allen Monaten am besten.

Als der Januar und der März noch jung waren, begann das Kalenderjahr im Monat März. Das Neujahr und der Frühlingsanfang wurden so zusammen gefeiert. Es war die Aufgabe von März, die Festlichkeiten zu überwachen und dafür zu sorgen, dass die Natur zum richtigen Zeitpunkt aus ihrem Winterschlaf geweckt wurde.

Auch in jenem Jahr, von dem hier die Rede ist, waren alle eifrig und gut gelaunt bei der Vorbereitung des Frühlingsfestes. Die Vögel zwitscherten eine fröhliche Melodie, sodass die Arbeit ganz leicht von der Hand ging. Die Krokusse, die der Februar schon zum Blühen gebracht hatte, legten sich wie ein bunter Teppich aus Weiß, Violett und Gelb auf die noch mit Restschnee bedeckte Erde.

In all dem Trubel war der Januar noch stiller als sonst. Er saß, seine schneeweiße Kapuze tief ins Gesicht gezogen, in einer Ecke. Als Erstem fiel dies dem März auf. Er näherte sich ihm unbemerkt und fragte, was denn los sei. Als der Januar nicht reagierte, schob der März ihm die Kapuze zurück und erschrak, als er in die tieftraurigen Augen des Bruders blickte.

Mit leiser Stimme antwortete nun der Januar: „Ich bin der einzige Monat, in dem alles stillzustehen scheint. Ich liebe diese Ruhe und genieße es, über den glitzernden Schnee zu schauen, zur bleichen Sonne, zum klaren Himmel, zu den blinkenden Sternen. Doch alles ist wie eingefroren, das betrübt mich sehr. Ich möchte auch Leben hervorbringen können.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und ließ den März verstört zurück.

Dessen ganze Freude aufs Fest war verschwunden. Er konnte das Leid seines liebsten Bruders kaum ertragen und fasste einen mutigen Plan. Er würde zu seiner mächtigen Patin reisen, der Zeit, um zu erfahren, wie er dem Januar helfen könnte. Das war gefährlich, denn die Zeit lebte am anderen Ende der Welt in einem gläsernen Schloss, von den vier Winden und Himmelsrichtungen bewacht. Wer zu ihr gelangen wollte, musste drei schwierige Prüfungen bestehen.

Der März machte sich noch in derselben Nacht auf den Weg, ohne jemandem etwas davon zu erzählen. Er war überzeugt, die Prüfungen zu lösen und das Glück zu seinem Bruder zurückzubringen. Durch Wiesen, Felder und Wälder wanderte er lange, dann wurde der Weg steinig. Schließlich musste er sich zwischen schroffen grauen Felsen hindurchzwängen, die alle Farben zu verschlucken schienen. Diese Trostlosigkeit ließ den sonst heiteren März beinahe verzweifeln.

Nach langer Zeit erreichte er mit letzter Kraft das Ende des Gebirges. Erschöpft fiel er zu Boden. Da fuhr ihm sein anderer Pate, der Föhnwind, sanft durchs Haar und flüsterte in sein Ohr: „Die erste Prüfung, das Fehlen der Farben auszuhalten, hast du bestanden. Doch zwei weitere Prüfungen warten auf dich. Verliere nicht das Vertrauen und du wirst sie meistern.“

Auf diese Weise gestärkt, kam der März schon bald wieder zügig voran. Da breitete sich ein riesiges Feld mit abgestorbenen Bäumen, die wie Gerippe aussahen, vor ihm aus. Das Feld schien endlos, weit über den Horizont hinausreichend. Der März fasste sich ein Herz und ging weiter, beflügelt von der Hoffnung, seinem Bruder Hilfe zu bringen. Doch mit jedem Schritt wurde das Gehen anstrengender. Der Boden unter seinen Füßen schien ihm alle Lebenskraft zu entziehen. Als er kurz davor war, aufzugeben, erreichte er endlich völlig entkräftet den Rand des Feldes.

Da hörte er wieder die Stimme des Föhnwindes in seinem Ohr: „Die zweite Aufgabe hast du erfüllt. Du musstest die Zerstörung der Natur aushalten, die die Menschen ihr bringen. Vertraue auf dich und du wirst die dritte Prüfung bestehen.“

Auf diese Weise ermutigt, erholte sich der März und wanderte weiter. Als er dachte, nie mehr an seinem Ziel anzukommen, erreichte er schließlich das gläserne Schloss der Zeit. Vorsichtig stieg er die Stufen hinauf und betrat durch das große Tor die Halle, wo die Zeit ihre seltenen Gäste empfing. Eine allerletzte Prüfung stand dem März bevor, erst danach würde die Zeit sich ihm zeigen.

Er schritt durch die lange Halle mit ihren unzähligen Spiegeln, in Erwartung der letzten Aufgabe. Da nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung in einem der Spiegel wahr. Er sah hinein und erblickte sein Zuhause am Tag seines Verschwindens, seine besorgten Eltern und Geschwister.“

„Das ist ja wie in Die Schöne und das Biest“, haucht Primus verwundert.

Die Tante legt den Finger auf die Lippen und fährt fort:

„Der März sah gebannt in den Spiegel, der ihm zeigte, was in der Zeit nach seinem Verschwinden geschehen war. Er spürte die wachsende Angst und Verzweiflung seiner Familie. Heftig weinend stand er schließlich vor dem Spiegel. Da sah er, wie der Januar vor seine Eltern und Geschwister trat und mit glasklarer Stimme verkündete: „Der März wird zurückkehren. Ich glaube fest daran.“

Durch diese Worte ermutigt, rappelte sich der März auf.

„Nun hast du deine letzte Prüfung bestanden“, lobte ihn seine Patin, die unbemerkt zu ihm getreten war. „Jemand musste in der Stunde der Not sein Vertrauen in dich bewahren, obwohl er sein Vertrauen in sich selbst verloren hat.“

Dann sprach die Zeit: „Komm, erzähle mir, weswegen du diese gefährliche Reise unternommen hast. Um deine Familie brauchst du dich nicht zu ängstigen, es geht allen gut. Ich habe sie wissen lassen, dass du bei mir bist.“

Der März seufzte erleichtert auf. Dann berichtete er seiner Patin ausführlich vom Gespräch mit dem Januar und dem sehnlichen Wunsch, den Bruder wieder glücklich zu sehen.

Die Zeit hörte aufmerksam zu und meinte schließlich: „Weil du ganz allein so viele Gefahren auf dich genommen hast, um deinem Bruder zu helfen, werde ich dir nun helfen.“

„Ich weiß, was die Zeit macht!“, ruft Tertia aufgeregt. „Sie gibt dem Januar die Aufgabe, das neue Jahr zum Leben zu erwecken. Er ist jetzt der Jahresanfang. So wird er wieder glücklich!“

Die Tante nickt: „Genauso war es. Die Zeit gewährte den Wunsch des März und er kehrte nach Hause zurück.“

Als die Tante endet, kuschelt sich Primus, vom gespannten Zuhören müde geworden, ins Kissen und ist im Nu eingeschlafen. Die Tante schaut ihre im Bett sitzende Nichte erwartungsvoll an. „Was ist denn, Liebes?“, fragt sie leise.

„Ich würde für meinen Bruder auch zur Zeit reisen.“

Die Tante lächelt fein, gibt ihr einen Kuss und löscht das Licht.

Manuela Klemenz arbeitet seit einigen Jahren an einer Schweizer Hochschule und nähert sich der 60. Wieder angefangen mit dem Schreiben, vor allem von Kurzgeschichten und Gedichten, hat sie vor sieben Jahren. Ihre weiteren Hobbys findet sie im handwerklichen Bereich. Im Juni hat sie erstmals eine Kurzgeschichte veröffentlicht.

*

Das Wolkenstübchen der Frau Holle

Frau Holle sitzt in ihrem kühlen Wolkenstübchen,

macht für den baldigen Winteranfang einen Plan.

Sie sammelt alle aufsteigenden Wassertröpfchen,

damit das erste Schneeflöckchen entstehen kann.

Der feuchte Spätherbst lässt viel Dunst aufsteigen.

Die Luft kühlt sich stark ab, als wieder Regen fällt.

Im Fallen gefrieren die Tröpfchen zu Eiskristallen,

die als weiße Schneeflöckchen fallen auf die Welt.

In ihren warmen Wintermantel und Schal gehüllt,

braucht die Frau Holle jedenfalls nicht zu frieren

und kann so in stundenlanger, mühevoller Arbeit

das Land mit weißen Schneeflöckchen verzieren.

Vom Himmel tanzen unzählige Schneeflöckchen.

Bald sind die Hausdächer und der Wald bedeckt.

Schade, dass der Schulunterricht noch andauert.

Der Schnee hat allerlei Kinderwünsche geweckt.

Kinder sind froh, wenn Schneeflöckchen tanzen,

denn sie freuen sich alle auf das Schlittenfahren.

Die erste Schneeflocke landet auf dem Näschen

und beim Schlittenfahren zu viele in den Haaren.

Frau Holle ist sehr glücklich über ihre gute Arbeit,

als sie vom Wolkenstübchen auf die Erde schaut.

Sie lächelt, als sie sieht, dass das erste Mädchen

mit seinem Papa eifrig an einem Schneemann baut.

Frostiger wird es auf der Erde in den Folgetagen.

Von oben kann sie gefrorene Seen glitzern sehen.

Die Eiskristalle funkeln wie Brillanten in der Sonne,

wo Kinder mit Schlittschuhen ihre Runden drehen.

Unter der Sonne glitzert der Schnee wunderschön.

Frau Holle genießt den bezaubernd schönen Blick.

Sie macht es sich gemütlich in ihrem Wolkenhaus,

denkt an die Schneeballschlacht der Kinder zurück.

Sieglinde Seiler wurde 1950 in Wolframs-Eschenbach, der Stadt des Minnesängers Wolfram von Eschenbach (Bayern), geboren und ist von Beruf Dipl. Verwaltungswirt (FH). Sie lebt mit ihrem Ehemann heute in Crailsheim (Baden-Württemberg). Seit ihrer Jugend schreibt sie Gedichte. Später kamen Aphorismen, Märchen und Prosatexte hinzu. Ferner fotografiert sie gerne. Gedichte, Geschichten und Märchen wurden in diversen Anthologien veröffentlicht.

*

Schneezauber

Es schneit, es schneit

Macht euch bereit!

Dörfer und Wälder

versinken im Schnee

und im Wald zittert

das kleine Reh!

Frau Holle ist fleißig

und arbeitet viel.

Ein schöner Winter,

das ist ihr Ziel!

Sie wohnt in den Wolken

hoch oben im Himmel.

Unten im Dorf

ist zu viel Gewimmel!

Die Kinder sind glücklich

und fahren Ski.

Manch einer holt sich

ein blaues Knie!

Winter ist toll,

Winter ist schön

Lauf aus dem Haus

du wirst es seh’n!

Dörte Müller,geboren 1967, schreibt und illustriert Kinderbücher. Viele ihrer Geschichten spielen im Schnee.

*

Die Jagd nach dem Mond

Ein Mini-Drama für

• die Frauen, Männer und Kinder des isländischen

Dorfes Vík í Mýrdal (ˈviːk iː ˈmirˌtaːl); [das Volk]

• Tungl, (tʰʏŋl̥); den Mond

•Víkurnefndin (ˈviːkʏrˌnɛmtɪn), [der Hüter der Reisenden]

• eine Stimme aus dem Off; [der Erzähler]

Frei nach dem gleichnamigen Märchen aus dem Buch: Die schönsten Märchen der Welt für 365 und einen Tag, Band 1, Büchergilde Gutenberg Frankfurt a. M., Wien, Zürich, 1979.

Erzähler: Schulter an Schulter kauern sie eng aneinandergeschmiegt in den harten Bänken ihrer Kirche. Die Einwohner von ganz Vík í Mýrdal, groß und klein, Frauen, Männer und Kinder. Es ist kalt, diesig. Sie reiben sich die Hände. Der Wind bläst durch die Ritzen der Türe und die zerbrochenen Fensterscheiben. Wie weiße Wölkchen steigt der Atem in die Höhe.

Volk: (klagend)

„Die letzte Kerze ist erloschen. Kein Talg ist in den Lampen mehr.Was soll aus uns werden? Und noch hundert Tage dauert es, bis wir Sumardaguriun fyrsti (ˈsʏːmarˌtaɣʏrɪn ˈfɪr̥stɪ), Sommersonnenwende feiern können.“

Erzähler: (aufmunternd) Schaut, schaut!

Volk: (ängstlich, aber auch erwartungsfroh)

„Was geht hier vor?“

Erzähler: Wie von Geisterhand öffnet sich die Kirchentür. Hell fällt das Mondlicht in den Raum und taucht ihn in einen hellen Schein.

Volk: (jubelnd)

„Tungl ist da. Der Mond ist zu uns gekommen. Der Mond ist zu uns gekommen. Oben, auf dem Reynisfjall (ˈreiːnɪsˌfjatl̥). Steigen wir hoch zu ihm. Rollen wir ihn runter ins Dorf, dass er uns in den dunklen Nächten Licht spenden mag.“

Erzähler: Begeistert vom Gedanken, sich künftig nicht mehr um Talg für die Lampen und um Kerzen kümmern zu müssen, marschiert das ganze Dorf los. Aber auf dem Renysfjall angekommen ...

Volk: (klagend)

„Oh weh, oh weh, wo bist du – Tungl? Der Mond ist weg.“

Erzähler: Tatsächlich. Er steht wieder hoch am Himmel. Klein und groß rudern mit den Armen in der Luft, heben sich gegenseitig auf die Schultern. Aber niemandem ist es möglich, den Mond zu erreichen. Zwischenbemerkung: So schnell lassen sich Isländerinnen und Isländer aber nicht entmutigen.

Volk: (von neuem Mut beseelt)

„Wir müssen ins Dorf, Leitern, Stangen, Netze holen und auf die nächsten, höheren Berge steigen ...“

Erzähler: Alle holen tief Luft.

Volk: (begeistert)

„Ja! Los, auf den Pétursey (ˈpjɛːtʏrˌseiː), den Hafursey (ˈhaːvʏrˌseiː) und wenn sein muss, auch auf den Hjörleifshöfði (ˈçœrˌleifsˌhœvðɪ).“

Erzähler: Je länger je stärker prustend steigt die Schar immer wieder bergan. Um oben angekommen stets das Gleiche zu erleben. Immer wieder ist der Mond weg. Sie stellen sich auf die Zehenspitzen, strecken erneut ihre Arme aus, steigen auf die Leitern, fuchteln mit den Stangen, und schwingen ihre Netze. Er – folg – los.

Volk: (enttäuscht und nachdenklich)

„Ob der Mond uns fürchtet?

Ob er uns nicht mag?“

Erzähler: Sie beginnen, ihm zu schmeicheln, mit süßen Worten mit ihm zu sprechen.

Volk: (lockend und werbend)

„Tungl, tungl, kæri tungl, komdu til okkar. (ˈtʰʏŋl̥, ˈtʰʏŋl̥, ˈcʰaiːrɪ ˈtʰʏŋl̥, ˈkʰɔm̥tʏ tʰɪl ˈɔhkˌkar). Við höfum dýrindis plokkfisk. (við ˈhœːvʏm ˈtirɪntɪs ˈplɔhkˌfɪsk).“

Erzähler: Das heißt: „Mond, Mond, lieber Mond, komm zu uns.

Wir haben köstliches Plokkfiskur.“ Zwischenbemerkung: Plokkfiskur ist ein köstlicher Fisch-Kartoffel-Käse-Eintopf, der in Island vor allem in Winterhalbjahr gegessen wird. Zurück zur Szenerie auf dem Hjörleifshöfði. Von einer Sekunde auf die andere wird es stockdunkle Nacht. Der Mond ist verschwunden. Auch die Sterne. Keine Hand ist vor den Augen zu sehen.

Volk: (verängstigt, unsicher und verzagt)

„Hiiiiilfe – rettet uns, die Not ist groß. Bricht der Katla (ˈkʰahtla) aus?“

Erzähler: Das ist der Vulkan, der seit einhundert Jahren unter der dicken Eisdecke des Mýrdalsjökull-Gletschers (ˈmirˌtaːlsˌjœːkʏtl̥) schläft?

Volk: (verzweifelt)

Sagt niemand etwas?

Erzähler: Nein! Es bleibt stille – dann – da! Ein gleißend heller Strahl – einem Kometen gleich – fliegt tosend vom Meer her auf den Hjörleifshöfði. Eine Säule aus Feuer – gar Gold?

Volk:(staunend)

„Aaaah, iiiih, ooooh.“

Erzähler: Alle fallen ehrfürchtig auf die Knie.

Volk: (Hoffnung schöpfend)

„Aurora, erhabene Lichtgöttin. Hast du deinen königlichen Palast im Himmel aus Licht und Farbe verlassen und bringst uns ein noch bessres Licht?“

Erzähler: Bebt die Erde? Tobt ein Sturm? Grollt der Katla? – Nein, dröhnend ertönt eine Stimme Göttern gleich.

Víkurnefndin: (aufgebracht, ja erzürnt und laut). „Unfug – Unsinn. Ich bin’s, Víkurnefndin, der ich sonst am Strand von Vík í Mýrdal stehe. Als Hüter der Reisenden. Euer Gedöns ist unerträglich. Bedenkt. Auch der Mond ist ein Reisender. Seit Äonen läuft er seinen Weg am Firmament, um a l l e n Menschen den Lauf des Jahres einzuteilen. Den wollt ihr für euch alleine haben? Nur aus Bequemlichkeit, um euch nicht mehr um Talg für eure Lampen und einen Vorrat an Kerzen kümmern zu müssen? (noch lauter werdend)

Sicher nicht! Haut ab! Schaut, dass ihr nach Hause kommt.

Hans Peter Flückiger, 1952, aus Solothurn (Schweiz), www.geschichten-gegen-langeweile.com.

*

Februar

*

Das Märchen von den Sternen

Es war einmal vor langer, langer Zeit im Land der Tausend Felder ein Mann, der lebte in einer Hütte, die er als Wirtshaus für Wanderer führte. Dabei beliebte der alte Herr, seine Gäste betrunken zu machen, damit er sie danach um ihre Habseligkeiten erleichtern konnte, ehe sie weiterzogen. So ging es einige Jahre, in denen sich der Hausherr durch solcherlei unredliche Geschäfte mehr und mehr bereicherte, bis eines Tages seine Frau vor Scham zum Sterben kam und ihm den kleinen Sohn zurückließ.

An eben jenem Abend trug es sich zu, dass eine schöne, aber böse Zauberin zum Wirtshaus kam. Der Gastwirt gab ihr zu essen und zu trinken und, wie es seine Gewohnheit war, wollte er sie später berauben. Die Zauberin jedoch, die seine Absicht durchschaute, stellte ihn zur Rede. Da halfen dem alten Mann kein Flehen und Bitten, denn die Zauberin zeigte ihr wahres Gesicht: Mit einer dunklen Rauchwolke verwandelte sie sich in die alte Hexe, die sie in Wirklichkeit war, und nahm ihm zur Strafe für seine Vergehen den einzigen Sohn. Der junge Bub musste sie in ihre Hütte begleiten, wo sie ihn mit einem bösen Fluch belegte: Fortan sollte er sein Dasein als Fledermaus fristen und nur dann für kurze Zeit wieder zum Menschen werden, wenn der helle Abendstern am Himmel stand.

So zogen die Jahre ins Land und ließen das Kind zu einem stolzen Jüngling heranwachsen, der noch immer die meiste Zeit seines Lebens in Gestalt einer einsamen Fledermaus verbrachte.

Eines schönen Tages brachte man die Kunde, dass der König zu Ehren des Abendsterns, der in dieser Zeit dank einer wundersamen Himmelskonstellation drei Nächte lang schien, an jedem dieser Abende einen Ball zu veranstalten gedachte, um für seine Tochter einen passenden Prinzen zu finden.

Da zu diesen Feierlichkeiten das gesamte Volk geladen war, machte sich auch der Jüngling, nachdem er im Licht des Abendsterns seine menschliche Gestalt angenommen hatte, auf den Weg zum Palast. Dort erblickte er die junge Prinzessin, die gelangweilt von den vielen Prinzen auf ihrem Thron saß und wahllos in die Menge schaute. Als sie den fremden Jüngling sah, war sie hingerissen von dessen seltener Schönheit und den ganzen Abend tanzte sie nur mit ihm. Der junge Mann jedoch musste gehen, bevor das Licht des Abendsterns verblasst war.

Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte der Jüngling den sehnsüchtigen Wunsch, wieder ganz und gar ein Mensch zu sein, und so flog er des Morgens zurück zur Hexe, um sie um Gnade zu ersuchen. Die alte Zauberin indes, die zu jeder Zeit wusste, was sich im Land der Tausend Felder zutrug, hatte das Tanzen der jungen Leute mit Argwohn beobachtet, denn es war ihr sehr wohl bewusst, dass die Liebe als einzige Macht stark genug war, ihren Zauber zu brechen.

Als das geflügelte Wesen also mit seiner Bitte zu ihr kam, ersann sie einen düsteren Plan: Wenn es dem Burschen gelang, am dritten Abend des Tanzens einen Kuss der Liebe von seiner angebeteten Prinzessin zu erhalten, so sollte sein Wunsch in Erfüllung gehen und der Bann für alle Zeit gebrochen sein. Sollte er es jedoch nicht schaffen, dann wäre er dazu verdammt, bis zu seinem Lebensende eine Fledermaus zu bleiben. In seinem unbedarften jugendlichen Übermut ging der Junge auf das Angebot der Hexe ein.

Am zweiten Abend flog das fellene Tier schon früh zum Schloss und wartete dort in einem Baum, bis endlich der Abendstern am Himmel erschien und ihn durch seine Gegenwart für kurze Zeit wieder zum Menschen werden ließ. Als solcher betrat der Jüngling den Palast und als die Königstochter ihn erblickte, da war sie voll Freude und tanzte die ganze Nacht über nur an seiner Seite. Bevor der Morgen graute, verschwand der junge Mann und ersehnte voll Zuversicht den nächsten Ball.

So kam der dritte Tag und der Jüngling wusste wohl, dass dieser Abend über sein weiteres Schicksal entschied. Wie die Nächte zuvor traf er auch an diesem Abend kurz nach Einbruch der Dunkelheit in seiner Menschengestalt im Schloss ein. Das Fest war bereits in vollem Gange, doch die Prinzessin hatte die ganze Zeit auf ihn gewartet und so gesellte sie sich zu ihm und schenkte ihm einen Tanz nach dem nächsten.

Die hinterlistige Hexe aber, die sich in Verkleidung einer Adelsfrau an jenem Abend ebenfalls ins Schloss begeben hatte, beobachtete das tanzende Paar, und je mehr Tänze die beiden einander schenkten, desto größer wuchs ihre Furcht, dem jungen Mann könne es tatsächlich gelingen, über sie zu triumphieren.

Gerade als der Jüngling sich seiner Prinzessin näherte, um sie zu küssen, da schob die Alte mit all ihrer Zauberkraft den Mond, über den sie zu gebieten vermochte, vor den hellen Abendstern, sodass dessen Licht dahinter erlosch. Und als sich die Lippen der Tanzenden eben berühren wollten, da verwandelte sich der Jüngling in eine Fledermaus. Die Prinzessin aber erschrak so sehr über dieses plötzliche Geschehen, dass ihr ein lauter Entsetzensschrei entfuhr, woraufhin die Fledermaus verängstigt davonflog. So triumphierte die böse Hexe und eilte in ihre Hütte im Wald zurück, wo sie auf den Jüngling zu warten gedachte, der ihr von nun an auf immer und ewig in Gestalt einer Fledermaus zu dienen verpflichtet war.

Die Prinzessin weinte sieben Tage und sieben Nächte, bis schließlich in der letzten Nacht der Abendstern wieder zum Vorschein kam. In ihrer Not rief das Mädchen den leuchtenden Stern an: „Oh, guter Abendstern. Du allein weißt, wo mein holder Jüngling jetzt sein mag. Ich bitte dich, hilf mir, ihn zu finden!“

Der Abendstern empfand Mitleid mit den Liebenden, welche die gemeine Hexe auf so grausame Art entzweit hatte, und so erhörte er das Flehen der Prinzessin. Er versprach, ihr den Weg zu leuchten, sodass sie ihren Liebsten finden konnte, doch warnte er sie auch, dass der Bursche kein Mensch mehr war. Alsdann machte das Mädchen sich auf den Weg und folgte dem hellen Licht des Abendsterns in die Dunkelheit.

Die Hexe indes, der diese Sache nicht entgangen war, schickte den ihr treu ergebenen Mond ein weiteres Mal auf die Reise, den Abendstern erneut zu verdecken.

So war das schöne Mädchen gerade im tiefsten Wald angelangt, da schob der Mond sich vor den Abendstern. Dieser aber, weil er in weiser Voraussicht bereits geahnt hatte, dass die Hexe wieder versuchen würde, ihn daran zu hindern, den Liebenden zu helfen, rief nach seinen Kindern und Enkelkindern, von denen er eine große Zahl hatte. Und als die Prinzessin unter Tränen und Verzweiflung am Boden kauerte, da funkelten plötzlich kleine Sternchen am Himmelszelt. Erst waren es nur wenige, dann wurden es immer mehr, bis schließlich Tausend und Abertausend kleine funkelnde Pünktchen zu sehen waren, die wie eine Straße aus weißer Milch am Firmament dahinflossen, um das Mädchen auf den richtigen Weg zu geleiten. Es waren ihrer so viele, dass es dem Mond unmöglich war, sie alle auf einmal zu verdecken.

Die Hexe unterdessen, die sich sicher in ihrem Vorhaben glaubte, dass der Mond ihr auch dieses Mal wieder gute Arbeit leisten würde, war ausgegangen und hatte die Fledermaus allein in ihrer Hütte zurückgelassen.

Da war die Prinzessin endlich angekommen und fand die Fledermaus, in deren Augen sie sogleich die ihres geliebten Jünglings wiedererkannte. „Ach“, seufzte das Mädchen, „endlich habe ich dich gefunden und wenngleich du auch ein fliegendes Wesen bist, so möchte ich dennoch bei dir sein.“

Daraufhin flog die Fledermaus zu der Prinzessin und ließ sich auf ihrem Arm nieder. Voll Freude über das Wiedersehen küsste das Mädchen jenes geflügelte Tier und noch im selben Augenblick verwandelte sich der Jüngling zurück in einen Menschen.

Die Hexe aber ward vom Licht der vielen Sterne so sehr geblendet, dass sie zusammen mit ihrem treuen Diener, dem Mond, aus dem Land der Tausend Felder floh und nie mehr dort gesehen wurde.

Der Jüngling, der endlich von seinem Fluch erlöst war, nahm die Prinzessin zur Frau und sie lebten fortan glücklich bis an ihr Lebensende.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Stephanie Hopeist Grundschullehrerin und Theaterpädagogin. Neben Kurzgeschichten verfasst sie Fantasyromane und ist im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur tätig. Weitere Infos und Lesematerial gibt es unter www.stephanie-hope.com.

*

Herzallerliebste

Ich fühle mich zu dir hingezogen –

wie die Biene zur Blüte geflogen.

Wie der Honig zum hungrigen Bär,

wie ein Seemann zum weiten Meer.

Wie der Regen zu einer Pfütze,

wie der Schal zu seiner Mütze.

Wie ein Sturm, der die Wellen hebt,

wie der Mut, der die Angst übersteht.

Wie Sonnenschein an einem Feiertag,

wie ein Prinz, der die Prinzessin mag.

Wie Sonne und Wolken zum Regenbogen,

ja, so sehr fühle ich mich dir gewogen.

Mit dir wird die Welt so leicht,

wie ein schöner Traum erreicht.

Und mein Herz, vor Freude springt,

wenn dein Lächeln es durchdringt.

Bianca Buchmannlebt im schönen Oldenburg in Niedersachsen. Sie illustriert und schreibt Geschichten und Gedichte für Kinder und alle Erwachsenen, die in ihrem Herzen Kind geblieben sind. Mehrere Texte und Bilder sind in Anthologien veröffentlicht worden. Mehr zu entdecken gibt es auf Instagram @biancas.unexpected.art.

*

Der Brief vom Glück

In diesem so verwünschten, ja verzauberten Garten saß also die kleine Taube nun fest.

---ENDE DER LESEPROBE---