Rom sehen ... und sterben - Un Amore Italiano - Martina Meier (Hrsg.) - E-Book

Rom sehen ... und sterben - Un Amore Italiano E-Book

Martina Meier (Hrsg.)

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Beschreibung

Lass dich hineinziehen in die geheimnisvolle Welt der Ewigen Stadt! Rom, ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen scheint und dennoch Geschichten von Liebe und Verrat, Leidenschaft und Verbrechen unaufhörlich flüstert. Zwischen den schattigen Gassen der Altstadt und den strahlenden Fassaden des Vatikans, in den düsteren Tiefen der Katakomben und an den pulsierenden Piazzas entfalten sich Geschichten, die das Herz Italiens schlagen lassen. Geheimnisse werden gelüftet, verbotene Orte betreten und gefährliche Sehnsüchte entfacht. In diesem 10. Band unserer Reihe Un Amore Italiano begegnen wir dem Zauber der römischen Vergangenheit und Gegenwart – in Gedichten, Kurzgeschichten und historischen Momentaufnahmen. Vom bittersüßen Kuss bis zur tödlichen Intrige hinter Klostermauern: Rom zeigt sich hier von seiner sinnlichsten und düstersten Seite. Ein Buch, das verführt und zugleich den Atem raubt. Rom sehen und sterben – oder vielleicht unsterblich lieben?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Un Amore Italiano

Rom sehen ... und sterben!

Italienische Liebesgeschichten – Band 10

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.eu

© 2025 – Herzsprung-Verlag

c/o Papierfresserchens MTM-Verlag

Mühlstraße 10 – 88085 Langenargen

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

Erstauflage 2025

Wir weisen darauf hin, dass das Werk einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt ist. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Cover erstellt von Papierfresserchens MTM-Verlag unter Verwendung von Bilder von © Beboy und © simbos – alle Adobe Stock lizenziert.

Reisen Sie mit uns in das Sehnsuchtsland Italien und erleben immer wieder neue „Un Amore Italiano – Geschichten einer Liebe in Italien.“

ISBN: 978-3-99051-345-3 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-352-1 - E-Book

*

Inhalt

Verflochtene Pfade

In der Trattoria d’attesa

Ein Sommer in Rom

Nachtzug nach Rom

Die Frauen von Rom

Eine Münze für die Liebe

Roma dolceamara

Das verborgene Erbe

Rom – mir fehlen die Worte

Der Pfennig im Brunnen

Hochzeitstag in Rom

Leodora

Magda in der Ewigen Stadt

Naiv, aber neugierig

Jacky und die Krypta der Knochen

Rom im Jahre 208

Ruinen

Römische Melodie

Für immer

Die Engelchroniken – Praktikum im Vatikan

Die goldenen Tage in Rom

Irdisches und göttliches Liebesgerangel

Gefährliche Nähe

Das goldene Armband

Der Preis des besten Espresso

Die Venus-Falle

Amore o morte – Lo decide la sorte

Wenn die Dunkelheit zerbricht

Das Leben der Elena Romani

*

Autorinnen + Autoren

Andrea Tillmanns

Barbara Korp

Bettina Schneider

Bernhard Finger

Christina Reinemann

Christa Blenk

Doreen Pitzler

Dörte Müller

Elmar Mayer-Baldasseroni

Emma Summer

Gabriele Mörth

Hannelore Futschek

Iulia Stegmüller

Juliane Barth

Karl-Heinz Richter

Luna Day

Marcel(lo) Friedli-Schwarz

Oliver Fahn

Pamela Murtas

Roswitha Böhm

Stefanie Mock

Sybille Fritsch

Tita Schindhelm

Vanessa Boecking

Violetta Leiker

Volker Liebelt

Wolfgang Rödig

Zero Alala

*

Verflochtene Pfade

Francesca, ein sechzehnjähriges Mädchen, lebte im Herzen Roms. Ganz in der Nähe ihres bescheidenen Apartments verbarg sich zwischen den schattigen Gassen La Casa del Libro, eine Buchhandlung, die wie ein Geheimnis zwischen den alten Steinen der Stadt ruhte. Hier verbrachte Francesca zahlreiche Nachmittage, eingetaucht in die Welten der Fantasy-Literatur, die sie so liebte.

An einem Frühlingstag, als die Sonne durch die geöffneten Fenster der Buchhandlung tanzte, begegnete sie Riccardo. Seine dunklen Locken umrahmten sein Gesicht und seine Augen funkelten grün wie die frisch entfalteten Blätter in den alten Parks von Rom. Was Francesca jedoch am meisten fesselte, war das Buch in seinen Händen: Il Signore degli Anelli.

„Oh, sorry!“, entfuhr es Riccardo, als sein Ellbogen sie unabsichtlich berührte. „Ich habe dich gar nicht gesehen.“

„Kein Problem, ich heiße Francesca.“

„Hi, ich bin Riccardo. Freut mich, dich kennenzulernen, Francesca“, erwiderte er. „Magst du Tolkien?“

Ihre Augen strahlten vor Begeisterung. „Absolut! Seine Geschichten vermitteln mir das Gefühl, zu Hause zu sein.“

Was als ein flüchtiger Austausch von Worten begann, entfaltete sich bald zu einem tiefgreifenden Gespräch, so als ob sie einander in einem früheren Leben das Versprechen gegeben hätten, sich hier wiederzufinden, umgeben von den Zeugen unzähliger Geschichten. Als schließlich die Türen der Buchhandlung geschlossen wurden und Rom sich in den Schleier der Abenddämmerung hüllte, standen sie immer noch dort, vertieft in eine Unterhaltung, die scheinbar kein Ende finden wollte.

Nachdem sie die Buchhandlung verlassen hatten, schlenderten Francesca und Riccardo durch das Labyrinth der stillen Gassen und über die belebten Plätze Roms. Sie entdeckten ein verträumtes Café, versteckt in einer schmalen Seitenstraße, das wie die Kulisse eines alten Films wirkte. Das Innere des Cafés war mit roten Samtsofas und bunten Kissen ausgestattet, die eine herzliche und fast magische Atmosphäre schufen. An den Wänden hingen stolz die Porträts italienischer Dichter und Schriftsteller, als wären sie stille Wächter, die über die darunter geführten Gespräche wachten.

An einem kleinen Tisch wurde ihnen dampfender italienischer Espresso serviert. Unter dem sanften Licht einer antiken Lampe öffnete Riccardo ein abgenutztes Notizbuch und begann, Gedichte vorzulesen, die von Liebe und Sehnsucht sprachen, von Welten, die einst verloren und wiederentdeckt wurden. Francesca lauschte den Versen und mit jedem Wort, das Riccardo aussprach, fühlte sie, wie Wärme ihr Herz erfüllte und sich in ihren Adern ausbreitete.

„Das ist wirklich zauberhaft“, sagte sie und blickte ihn voller Bewunderung an. „Dein Talent ist unglaublich.“

Riccardo lächelte schüchtern. „Danke“, flüsterte er zurück.

Von der Romantik des Moments geleitet, neigte Riccardo sich vor und drückte seine Lippen sanft auf die ihren. Francesca erwiderte den Kuss und für einen Augenblick, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte, schien alles andere zu verblassen. Die Geräusche der Stadt, das Stimmengewirr im Café – alles verschwand hinter einem Schleier der Stille. In diesem Moment gab es nur sie beide, vereint in einem poetischen Augenblick, so surreal wie die Geschichten, die sie beide so liebten.

Von jenem Tag an waren Francesca und Riccardo unzertrennlich, einander verbunden durch ein unsichtbares Band, das stärker war als alles, was sie bisher gekannt hatten. An den Wochenenden durchstreiften sie das malerische Rom, tauchten ein in die Schatten der uralten Ruinen und entlang der vibrierenden Ufer des Tibers. Jeder Tag, den sie zusammen verbrachten, vertiefte ihre Verbindung und fügte eine neue Schicht zu ihrer gemeinsamen Geschichte hinzu, während sie an sprudelnden Brunnen vorbeispazierten, die im Sonnenlicht glitzerten, und sich in der Größe und dem Geheimnis der majestätischen Monumente verloren.

Mit einer spontanen Lust auf Abenteuer entschieden sie sich dazu, die Welt zu erkunden, beginnend in Paris, der Stadt der Liebe. Hand in Hand gingen sie entlang der malerischen Ufer der Seine und ließen sich durch die romantischen Straßen von Montmartre treiben. Inspiriert von der poetischen Atmosphäre, die nur Paris ausstrahlen konnte, begann Riccardo, Gedichte für Francesca zu schreiben, die er ihr unter dem schimmernden Licht des Eiffelturms vorlas. Jedes Wort, das er sprach, war eine Liebeserklärung, jedes Gedicht ein Versprechen für die Zukunft. Er nannte sie seine Rose, seine Muse, und offenbarte seine Gefühle mit einer Reinheit und Ehrlichkeit, die Francesca tief berührte. Überwältigt von seinen liebevollen Worten, nannte sie ihn ihren Dichter und küsste ihn mit einer Leidenschaft, die nur wahre Liebe entfachen kann.

Doch wie es das Schicksal oft bestimmt, wandelte sich das Leben mit der Zeit. Ihre einst stürmische Liebe beruhigte sich allmählich und wurde zu den sanften Gewässern des Alltags, was ihre Bindung auf eine neue Art herausforderte.

An einem Abend, als Francesca nach einem langen Tag durch die knarrende Tür ihres gemeinsamen Zuhauses trat, entdeckte sie Riccardo einmal mehr in eine andere Welt vertieft, umgeben von Papieren und Büchern. Ein flüchtiger Blick und ein müdes Lächeln waren alles, was er ihr bot. Die Kühle dieser Begrüßung brachte Francesca zum Innehalten.

Das Gefühl der Distanz, das sich schleichend in ihre Beziehung eingeschlichen hatte, wurde plötzlich erschreckend offensichtlich. Ein Schauer lief über ihren Rücken.

„Bin ich nur noch eine Randfigur in seinem Leben?“, fragte sie sich, als eine stille Träne über ihre Wange lief.

In diesem Moment der Verzweiflung entlud sich Francescas Frustration. „Riccardo, so kann es nicht weitergehen. Du bist immer nur bei deinen Texten. Ich fühle mich, als wäre ich Luft für dich.“

Riccardos Stirn legte sich in Falten, als er antwortete. „Francesca, du siehst das ganz falsch. Ich tue alles, was ich kann, um uns eine Zukunft zu sichern. Anstatt mir Vorwürfe zu machen, könntest du mich etwas mehr unterstützen.“

Doch Francesca, Tränen der Enttäuschung in den Augen, entgegnete leise: „Ich unterstütze dich, doch ich vermisse deine Unterstützung. Du bist mein Partner, nicht nur mein Mitbewohner. Ich brauche deine Liebe, nicht nur deine Gedichte.“

Was dann folgte, war ein schmerzhafter Austausch, ein Dialog, der mit den Dornen ungesagter Worte und den Dissonanzen ihrer Entfremdung gespickt war. Jedes Wort schnitt tief und trennte langsam die Bande ihrer einst lebhaften Liebe. Die Luft zwischen ihnen war erfüllt mit dem Nebel unausgesprochener Gedanken, und der Abgrund ihrer Entfremdung schien mit jedem Atemzug tiefer zu werden.

Was einst eine lebendige, pulsierende Verbindung gewesen war, hatte sich nun in eine leere Hülle verwandelt. In diesem bitteren Augenblick der Wahrheit, unter der Last erkalteter Emotionen, wurde beiden schmerzlich bewusst, dass ihre Liebe nicht mehr die gleiche wie früher war. Die Zeit und die unerbittlichen Herausforderungen des Lebens hatten ihre Beziehung nicht nur verändert, sondern unwiderruflich entstellt.

Mit schweren Herzen und in stummer Resignation erkannten sie, dass es Zeit war, loszulassen. Ihre letzte Umarmung war ein stilles Zeugnis der Liebe, die vergangen war, ein flüchtiger Moment der Wärme in der Kälte ihrer Entfremdung. Noch einmal spürten sie die Vertrautheit des anderen, eine letzte Erinnerung, bevor sie sich lösten und in getrennte Richtungen schritten.

Nach ihrer Trennung suchte Francesca Trost in den ausgedehnten Landschaften, die sie durch ihre Kamera festhielt. Sie reiste um die Welt, immer bereit, flüchtige Momente der Schönheit einzufangen. Doch in den stillen Augenblicken, wenn die Sonne sich hinter fremden Horizonten senkte und die Welt in goldenes Licht tauchte, spürte sie eine tiefe Sehnsucht in sich aufkeimen. Allein in ihrem Zimmer griff sie dann nach einem verblichenen Brief aus ihrer Handtasche. Die sorgfältig geschriebenen Worte Riccardos führten sie zurück in eine Zeit, als es schien, als könnte ihre Liebe jedes Hindernis überwinden. Sie flüsterte die Zeilen in die nächtliche Stille und ließ sich von den süßen Erinnerungen in den Schlaf tragen.

Riccardo, der sich in Neapel eine neue Existenz aufgebaut hatte, blieb seinen literarischen Ambitionen treu. Doch der leere Platz an seiner Seite wurde in den stillen Momenten seines Alltags immer offensichtlicher. In seiner Brieftasche bewahrte er ein verblasstes Foto auf, ein Überbleibsel ihrer gemeinsamen Vergangenheit, das ihn in Momenten der Schwäche an die verlorene Nähe erinnerte.

„Habe ich unsere Liebe als selbstverständlich angesehen?“, fragte er sich, während er das Bild betrachtete, das sie beide in glücklicheren Zeiten zeigte. Es diente ihm als Anker in den stürmischen Gewässern der Einsamkeit.

Die Nachricht eines Freundes aus Rom erreichte Riccardo wie ein Ruf aus einer anderen Welt. Francescas Fotografien sollten in einer Galerie ausgestellt werden. Bei dieser Nachricht brachen alte Wunden in ihm auf, doch zugleich keimte eine unerwartete Hoffnung. Entschlossen, den Schatten der Vergangenheit zu begegnen, reiste er nach Rom, zurück zu den Bildern, die einst ihr gemeinsames Leben geprägt hatten.

In der Dämmerung eines milden Abends betrat Riccardo die Galleria Luminosa. Eine ruhige Stille empfing ihn, durchbrochen nur vom leisen Flüstern der Besucher und dem sanften Klicken der Kameras. Jedes Bild hing dort wie ein Fenster in vergangene Zeiten, die einen Blick in die Seele erlaubten.

Riccardo schritt von einem Bild zum nächsten, eine Reise durch die Geschichte ihrer Liebe, festgehalten in den Farben des Sonnenuntergangs über fernen Meeren und den Schatten alter, römischer Gassen. Es war, als würde er noch einmal durch ihr gemeinsames Leben gehen, jede Erinnerung eingefangen in einem perfekten Moment der Zeit.

Am Ende der Ausstellung, in einem abgelegenen Teil der Galerie, stieß Riccardo auf das beeindruckendste Bild der Sammlung. Es zeigte ein großes, atemberaubendes Foto eines Sonnenuntergangs über dem Meer, auf dem zwei Silhouetten in einer liebevollen Umarmung zu sehen waren. Die Farben des Himmels, ein leuchtendes Orange und tiefer Purpur, waren so intensiv, dass sie Riccardos Atem stocken ließen.

Als er nähertrat, konnte er kaum glauben, was er sah: Dort waren sie beide, in einem Moment purer Unbeschwertheit, festgehalten zwischen den Wellen und dem windzerzausten Haar. Tränen stiegen in seinen Augen auf, während er das Bild betrachtete, das so viel mehr als nur eine visuelle Darstellung war – es war das pulsierende Herz ihrer einstigen Liebe, das Wesen dessen, was sie geteilt hatten. Mit zitternden Händen wischte Riccardo die Tränen von seinen Wangen.

Plötzlich hörte er eine leise Stimme hinter sich: „Riccardo?“

Er drehte sich um, und da stand sie, Francesca, nicht nur eine Erinnerung, sondern lebendig, real und so greifbar wie die Kunstwerke um sie herum.

Sie sah ihn mit einer Mischung aus Zögern und Hoffnung an. „Ich wusste, dass du kommen würdest“, sagte sie leise.

Riccardo war für einen Moment sprachlos, dann fand er seine Worte. „Deine Bilder“, sagte er, „sie haben mir die Augen dafür geöffnet, was mir fehlte, als wir noch zusammen waren.“

Francesca nickte und nun glänzten auch ihre Augen vor Tränen. „Durch die Linse habe ich gelernt, die Welt – und dich – in einem neuen Licht zu sehen.“

Die Luft zwischen ihnen vibrierte vor ungesagten Worten und Erinnerungen, während sie sich in diesem kleinen Universum der Galerie verloren.

„Können wir“, begann Riccardo zögerlich, „können wir ein neues Bild beginnen? Eines, das wir beide gemeinsam gestalten?“

Francescas Lächeln war zart, ein vorsichtiges Lächeln, das die Tiefe ihres bisherigen Schmerzes und der Schönheit, die vor ihnen lag, einfing. „Lass es uns versuchen“, sagte sie.

Riccardo streckte zögerlich seine Hand aus und Francesca ergriff sie; ihre Finger verflochten sich. In diesem Augenblick, eingefangen zwischen den sanften Wellen der Vergangenheit und der Gegenwart, schien alles andere zu verblassen.

Volker Liebelt, geboren 1966, lebt in dem malerischen Öhringen, einer Stadt, die sowohl seine Inspiration als auch sein Zuhause ist. Sein Schreibstil zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, lebendige Bilder und tiefgehende Emotionen zu erzeugen, die die Leser unmittelbar in die Handlung eintauchen lassen. In seiner aktuellen Erzählung verwebt er die pulsierende Atmosphäre Roms mit der Tiefe menschlicher Verbindungen, um eine ergreifende Geschichte voller Leidenschaft und emotionaler Wendungen zu schaffen.

*

In der Trattoria d’attesa

„Prego, Signora!“

Man umsorgte mich. Man kümmerte sich um mich. Man war um mein Wohlergehen bemüht – und das mit Erfolg. Ich fühlte mich gerade pudelwohl. Das Glas vor mir war trotz der Wärme, der fünfundzwanzig Grad, die mich umgaben, mit winzigen Wasserperlen beschlagen, in dem Prosecco stiegen munter die Bläschen auf. Der Prosecco – ein Geschenk des Hauses, wie auch die Freundlichkeit, das Augenzwinkern und die dezenten Nachfragen. Kleine Geschenke der Menschlichkeit. Ich genoss sie aus tiefstem Herzen. Noch immer wähnte ich mich in einem Traum, viel zu unwirklich war die Realität.

Wie war ich hier nur gelandet?

Hier, in der Trattoria d’attesa. In der Trattoria des Wartens. Ein auf irritierende Weise passender Name, wie vom Schicksal vorherbestimmt, ging mir durch den Kopf. Ermattet vom Tag und vom Umherirren durch die Straßen, Gassen und Plätze von Rom, anders konnte man meine Stadtbesichtigung nicht bezeichnen, hatte ich es endlich in dieses, vom Touristenstrom verschonte Restaurant am Abend, sogar überpünktlich, geschafft.

„Sei um acht Uhr dort. Am 24. September.“

Mehr Worte hatte es nicht bedurft und ich hatte mir einen Flug nach Rom gebucht.

Eine verflossene Liebe. Eine Liebe, die aus der Versenkung gerade im passenden Moment meines Lebens wie ein Deus ex Machina aufgetaucht war. In einer Zeit, in der es zu viele Brüche, Schmerzen und bittere Enden auf einmal bei mir gegeben hatte. Ausreichend, um mich als ausgeprägten Kopf- und Vernunftmenschen ohne längeres Nachdenken in die italienische Stadt zu locken. Wie ich mir das alles vorstellte, mit uns vorstellte (gab es überhaupt ein uns?), – darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Bis jetzt.

Und er?

Er war schon immer ein unverbesserlicher Optimist gewesen. Und er wohnte und arbeitete nun seit einiger Zeit in Rom.

„Nun ja, auf einen Versuch lasse ich es ankommen“, hatte ich mir gesagt. Außerdem war ich noch nie in der italienischen Hauptstadt gewesen – und es war ein lang gehegter Traum von mir, einmal römische Luft zu atmen.

Trevi Brunnen, Forum Romanum, Kolosseum, Pantheon, Spanische Treppe. Im Schnelldurchlauf hatte ich einige Sehenswürdigkeiten besichtigt. Ich hatte vieles gesehen und wurde dennoch das Gefühl nicht los, wie durch einen Traum gelaufen zu sein. Angesichts der Menschenmassen, die mich auf Schritt und Tritt begleiteten, war bei mir vom Zauber der Stadt wenig zu spüren. Instagrammer an allen Ecken. Instagrammer, die die schönsten Orte mit ihrem Posieren verstellten und die nervten. Schreiende Kinder, gelangweilte Teenager, gehetzte Eltern, von Erschöpfung gezeichnete ältere Touristen, die sich mühsam hinter aufgespannten Regenschirmen ihrer jeweiligen Reiseleitung immer weiterschleppten. Und mittendrin ich, die sich keinen Moment der Pause gönnte, um möglichst viel zu sehen.

Oder um nicht ins Grübeln zu geraten.

Welche Schnapsidee von mir, nach Rom zu fliegen. Meinte ich, nach sechs Jahren Funkstille wieder an etwas anknüpfen zu können, was ich damals beendet hatte, weil mir ein anderer Mann über den Weg gelaufen war? Würde er mir das verzeihen? Innerlich schüttelte ich mehrmals den Kopf über mich selbst. Schnapsidee.

Aber jetzt war ich tatsächlich hier … Ich sah mich um, während ich den ersten Schluck von meinem herrlich gekühlten Prosecco trank.

„Salute“, hörte ich, erhob das Glas erneut und nickte dem Chef der Trattoria zu, der sich mir mit Michele vorgestellt hatte.

Heute Nachmittag, als ich mir den von ihm vorgeschlagenen Treffpunkt zum ersten Mal angesehen hatte, um mich, ja, was eigentlich, vielleicht einzustimmen, vorzubereiten, ihn bereits vorzufinden, hatte ich gedacht: „Was für eine armselige Gegend.“ Im Tageslicht hatte die Ecke einen ganz und gar nicht einladenden Eindruck gemacht. Die Trattoria war verriegelt gewesen, als hätte sie niemals wieder vorgehabt, ihre Pforten zu öffnen. In der nachmittäglichen Hitze schlafend war mir alles in der Gasse distanziert, abweisend, sogar morbide vorgekommen. Fensterläden, Türen, Rollläden waren trotzig verschlossen. An den Mauern der Gebäude bröckelte der Putz und blätterte die ausgewaschene Farbe. An manchen Häusern wuchsen Unkräuter aus der Mauer oder der Regenrinne.

Aber jetzt war das Tageslicht gewichen und die Nacht hatte sich wie ein Weichzeichner über die Stadt gestülpt. Die Trattoria hatte ihre Tische auf das Kopfsteinpflaster der Gasse wie in ein erweitertes Wohnzimmer gestellt. Rot-karierte Tischdecken, große Keramikteller, Gläser, die im Kerzenlicht funkelten.

---ENDE DER LESEPROBE---