Von ganz kleinen und ziemlich große Freunden - Martina Meier (Hrsg.) - E-Book

Von ganz kleinen und ziemlich große Freunden E-Book

Martina Meier (Hrsg.)

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Beschreibung

Wenn Freundschaft bestärkt, deine Größe bemerkt, dann vertraue darauf und pass gut auf sie auf. (Michaela Goßmann) Eine Hommage an die Freundschaft ist unser Buchprojekt „Von ganz kleinen und ziemlich großen Freunden“, zu dem zahlreiche Autorinnen und Autoren aus dem In- und Ausland ihre Beiträge eingereicht haben. Ihre Geschichten erzählen über wahre Freunde, falsche Freunde, über den Wert der Freundschaft, aber auch über verlorene Freunde und die Sehnsucht nach einem guten Freund oder einer guten Freundin.Lassen Sie sich mitreißen von teilweise sehr persönlichen Erlebnissen.

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Von ganz kleinen und ziemlich großen Freunden

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.de

© 2024 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Bearbeitung: CAT creativ - www.cat-creativ.at

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2024.

Coverbild: © umnola - Adobe Stock lizenziert

ISBN: 978-3-99051-203-6 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-204-3 - E-Book

*

Inhalt

Die Freunde vom Kiesloch

Zusammen

Was ist Freundschaft?

Der chinesische Kochtopf

Wenn Freundschaft ...

Brieffreundschaft

Freundschaft

Freundschaft fürs Leben

Vorurteile

Herz Sieger

Ein Freund

Mariele Marienkäfer – Ein Punkt reicht völlig

Mein kleiner, bester Freund

Das Märchen vom Löwen und der Nachtigall

Eine starke Freundschaft

Freundschaft ist nicht nur ein Substantiv

Fremde Freunde

Sprachferien in Torquay, England

Lucifer und Robin

Pferd und Frosch

Lila, das goldene Reh

Spitz auf Knopf

Max und Mimi: Die Geschichte einer verlorenen Freundschaft

Der Feind von meinem Feind ist mein Freund

Mondblumenmagie

Das Fischewettschwimmen

Freundinnen

Später

Das verschwundene Kaninchen

Der Seeschwurf

Groß und Klein

Tom Sawyer und Huckleberry Finn

Die Kleebande

Wer hätte das gedacht?

Ein Berg aus Stuhl

Das Ende einer Freundschaft

Überallemaßenmehralsglücklichwohl

Für immer

Kampf um das Meeresreich

Es waren einmal Du und Ich

Glück gehabt

Die karierte Maus

Retter meiner ersten Sprache

Das Band der Freundschaft

Der Duft der Freundschaft

Himmelsfahrer-Freundschaft

Mini und Maxi

Heimweh nach der verlorenen Seele

Das Leben, die Freundschaft, du und ich …

Abtanzball – nicht einfach

An deiner Seite

Freunde

Ein Mini-Schuluhu findet ein Zuhause

Essen oder Freundschaft?

Zwei Eulen auf einem Ast

Charlotte und Bernie

Großstadtherzen

Der unendliche Wert von Freundschaft

Gegner und trotzdem beste Freunde

Danke an alle

Mein Haustier

*

Unsere Autor*Innen

Achim Stößer

Aimée Goepfert

Alexander Krystosek

Andreas Rucks

Ann-Kathleen Lyssy

Beccy Charlatan

Birgit Hedemann

Carina Georg

Catamilla Bunk

Catharina Luisa Ilg

Charlie Hagist

Christian Reinöhl

Claudia Dvoracek-Iby

Delia Speiser

Désirée Braun

Dominique Goreßen

Dörte Müller

ElviEra Kensche

Franziska Bauer

Frida

Helga Licher

Helmut Blepp

Henry Engelberg

Hermann Bauer

Ingeborg Henrichs

Jochen Stüsser-Simpson

Juli Arens

Julia Kohlbach

Julia Nachtigall

Juliane Barth

Klaus Enser-Schlag

Lea Nagel

Linda Weißgerber

Lisa Dvoracek

Loana Giesler

Luca Klein

Luna Day

Manfred Luczinski

Martina Schnecke

Mascha Janke

Michaela Goßmann

Nadin Kadner

Nanja Holland

Oliver Fahn

Paul Busch

Petra Kesse

Rosi Tremanns

Sarah Sophie Vierheller

Sieglinde Seiler

Simone Lamolla

Sonja Dohrmann

Tristan Berghoff

Ulrike Wessel-Fuchs

Vanessa Boecking

Volker Liebelt

Wolfgang Rödig

*

Die Freunde vom Kiesloch

Seine Familie zog in eine Wohnung im Nachbarhaus. Er kam zu mir in die Klasse, sein Platz war neben meinem in der letzten Reihe. So wurden wir fast zwangsläufig Freunde: er, der dicke Charly mit dem fränkischen Akzent, und ich, der kleine Schmächtige mit der rachitischen Brust. Wir waren Dick und Doof auf dem Schulhof, bei den Turnstunden die Letzten, die in die Völkerballmannschaften gewählt wurden, von den Jungs bei jeder Gelegenheit herumgeschubst und gehänselt, während die Mädchen dazu kicherten. Wir hielten das zusammen aus. Nach Unterrichtsschluss nahmen wir auf dem Heimweg Charlys kleinen Bruder Fritzchen in die Mitte, der den Jahrgang unter uns besuchte, und singend und blödelnd gingen wir zurück in unser Armeleuteviertel.

Ich hatte nicht viele Pflichten zu Hause. Nach Erledigung der Hausaufgaben hielt mich nichts mehr in der Enge unserer Wohnung. Ich musste einfach los, um zu schauen, was die anderen Kinder trieben. Aber ich hatte nicht immer Lust auf Fußball oder Trapperspiele. Deshalb schloss ich mich öfter Charly und Fritzchen an, die nachmittags meist von ihrem Vater mit Arbeit eingedeckt wurden.

Bald half ich ihnen, im Frühling und im Sommer den Schrebergarten der Familie zu bewirtschaften. Wir pflanzten Salat und Tomaten, legten Gemüsebeete an, schnitten die Obstbäume und schleppten die Ernten heim. Was die Familie nicht verbrauchte, verhökerte der Alte in der Eckkneipe und finanzierte seine berüchtigten Besäufnisse mit dem Ertrag.

Nicht anders war es im Herbst. Da sammelten wir drei säckeweise Tannenzapfen im nahen Wald oder gingen in die Keller der älteren Nachbarn, um Holz zu hacken. Was wir verdienten, versoff der Alte.

Schlimm war es im Winter. Die Brüder wurden dann zum Kiesloch geschickt, dessen Bagger wegen der Kälte stillgelegt worden war. Auf den noch nicht gesiebten Halden, deren Oberflächen gefroren waren, mussten sie dann nach Metall wühlen.

„Guss graben“, nannte ihr Vater das. Guss war alles, was sich beim Händler zu Geld machen ließ: alte Gerätebolzen, Draht, Fahrradrahmen, marode Teile des Baggers selbst und natürlich die Reste von Armeewaffen, die bei Kriegsende hier versenkt worden waren, als die Alliierten anrückten.

Im zweiten Jahr unserer Freundschaft war der Winter ein besonders harter. Eines Tages zogen wir wieder mit der alten Deichselkarre los. Charly war sehr nervös und plapperte unentwegt irgendwelchen Unsinn von Fleiß, der seinen Preis habe. Fritzchen dagegen blieb merkwürdig stumm. Vor dem niedergetrampelten Zaun zum Kieswerk wurde es mir schließlich zu dumm.

„Was ist denn heute los mit euch? Ist etwas passiert?“

Fritzchen schaute seinen großen Bruder an, der stur auf den Boden starrte. „Der Alte schlägt ihn“, brach es dann aus dem Kleinen heraus. „Immer ihn. Und wenn die Karre heute nicht voll wird, schlägt er ihn tot. Das hat er gesagt.“

„Quatsch! Ihr wollt mich auf den Arm nehmen.“

„Zeig’s ihm“, schrie Fritzchen jetzt. „Er ist unser Freund, also zeig’s ihm!“

Verschämt öffnete Charly nun seine Jacke. Er drehte sich um und zog seinen dicken Pullover hoch. Sein Rücken war voller Striemen, die Haut von getrocknetem Blut verkrustet.

Mir wurde speiübel. Noch nie hatte ich etwas so Schreckliches gesehen. Beide weinten jetzt. Auch mir lief der Rotz aus der Nase. Wut und Ohnmacht pressten mir die Brust zusammen. „Los jetzt“, entschied ich, ohne nachzudenken. „Wir müssen das hinkriegen, bevor es dunkel wird.“

Und wir kriegten es hin. Unsere Finger waren steif, die Nägel eingerissen. Aber als der Abend dämmerte, zogen und schoben wir die wackelige, bis oben hin beladene Karre nach Hause. Charlie schnaufte bei jedem Schritt. Fritzchen weinte, denn seine Hände brannten vor Schmerz.

Der Alte begutachtete das Gefährt erst am nächsten Tag. Noch verkatert von der Zechtour am Vorabend bugsierte er das rostige Sammelsurium zum Schrotthändler. Charlie kam dieses Mal ohne Prügel davon, aber Fritzchen fieberte und musste ins Krankenhaus. Um seine rechte Hand vor dem Brand zu retten, wurden ihm der kleine und der Ringfinger amputiert.

Wochen später, an einem Sonntag, verabredete ich mich mit den Brüdern zum Drachensteigenlassen auf den Stoppeläckern vorm Rheindamm. Aber als ich morgens aufwachte, hatte es kräftig geschneit, sodass ich den Drachen im Schuppen ließ. An unserem Treffpunkt waren schon viele Kinder zugange. Charly war mit dem Bau eines Schneemanns beschäftigt. Fritzchen hatte nicht mitkommen wollen. Seine Hand war immer noch bandagiert und er hatte in letzter Zeit wenig Lust zum Spielen.

Zu zweit war unser Werk schnell geschafft, drei dreckig weiße Kugeln aufeinandergestellt, nur mit viel Fantasie als menschliche Gestalt erkennbar. Wir allerdings waren zufrieden mit dem Ergebnis und schauten uns nach einer anderen Beschäftigung um. Ein Stück weiter, auf dem Nachbarfeld, schien einiges los zu sein. Eine ganze Gruppe von Kindern hatte sich da versammelt. Es gab viel Gelächter und Geschrei. Neugierig stapften wir durch den hohen Schnee, um nachzuschauen, was für so viel Spaß sorgte.

Ein kleiner rotbäckiger Junge, der ganz aufgeregt war, erklärte uns das Spiel. In den Ackerfurchen waren tiefe Schneewehen und es ging darum, mit einem Bauchklatscher die tiefste Kuhle in den Neuschnee zu machen.

Mein dicker Freund war sofort Feuer und Flamme. Er wollte unbedingt der Nächste sein. Schnell suchte er sich eine unberührte zugeschneite Stelle. Alle beobachteten gespannt, wie er nun einige Schritte zurückging, um Anlauf zu nehmen.

„Na los, Dicker“, schrien sie. „Mach schon!“

Charly lief los, und er hätte bestimmt gewonnen. Doch vergessen im Herbst, begraben unterm Schnee, lag diese Sichel auf Nabelhöhe.

Neulich traf ich nach langer Zeit wieder einmal Fritzchen, ausgerechnet am Kiesloch, das längst zum Badesee geworden ist. Es war im Januar. Die Wasserfläche war zugefroren. Kinder vergnügten sich auf Schlittschuhen.

Fritzchen, im Lauf der Jahre zu einem großen, stämmigen Mann geworden, kam freudestrahlend auf mich zu. Er streckte mir die Rechte mit den drei Fingern entgegen und ich drückte sie herzlich. Er sei jetzt verheiratet, erzählte er, und Vater der kleinen Charlotte, wobei er stolz auf ein kleines Mädchen zeigte, das sich gerade unbeholfen an einer Pirouette versuchte und auf dem Hintern landete. Es begann zu weinen. Da verabschiedete er sich schnell. Schon auf dem Weg zu ihr drehte er sich noch einmal um und rief lachend: „Übrigens, der Alte ist tot!“

„Gut so“, dachte ich, als ich ihm hinterhersah, denn er lachte wie ein Sieger und ging sicher übers Eis.

Helmut Blepp, geboren 1959 in Mannheim, Studium Germanistik und Politische Wissenschaften, selbstständig als Trainer und Berater für arbeitsrechtliche Fragen. Lebt mit seiner Frau in Lampertheim an der hessischen Bergstraße. Veröffentlichungen: vier Lyrikbände; zahlreiche Beiträge in deutschsprachigen Zeitschriften und Anthologien.

*

Zusammen

Mit dir bin ich durch den Sand gelaufen,

war im Büdchen Bonbons kaufen,

kämmte mit dir unsre Puppen

wir versteckten uns im Schuppen.

In Poesiealben geschrieben,

sich zum ersten Mal verlieben.

Auch an ziemlich dunklen Tagen

brauchte ich nicht zu verzagen!

Endlos Telefon blockieren,

gemeinsam kann uns nichts passieren!

Reden bis tief in die Nacht.

Mann, was haben wir gelacht!

Gemalt, geschminkt, getanzt, geweint

durch viele Jahre stets vereint.

Gleiche Mützen, gleiche Schuh,

liebe Pia, das warst du!

Dörte Müller,geboren 1967, hatte das große Glück, eine Freundin zu haben, die sie durch die Kindheit und Jugend begleitet hat. Nach vielen Jahren hat sie sie mithilfe der modernen Technik wiedergefunden.

*

Was ist Freundschaft?

Es war ein regnerischer Augusttag. Ich kam gerade aus der großen Pause vom Schulhof in meinen Klassenraum. Ich sollte mich vielleicht erst einmal vorstellen. Ich heiße Grace und gehe in die vierte Klasse. Heute war ein besonderer Tag. Die neuen Erstklässler kamen auf unsere Schule. Jeder neue Schüler und jede neue Schülerin bekam einen Paten oder eine Patin, die dem oder der halfen, sich in der Schule zurechtzufinden. Die Paten dienten zum Beispiel als persönliche Ansprechpartner. Heute bekamen die Kinder meiner Klasse auch Patenkinder.

Ich war sehr aufgeregt, als mitten in unserer Mahnstunde die Tür zum Klassenraum aufsprang. Viele kleine Erstklässler kamen in den Klassenraum. Die meisten waren mindestens zwei Köpfe kleiner als ich. Meine Lehrerin las die Namen aller Kinder aus meiner Klasse vor und danach die Namen der Patenkinder. Ich wurde Patenkind eines kleinen Mädchens namens Lena. Sie war fast zweieinhalb Köpfe kleiner als ich. Ihr Haar war lang und blond und ihre Augen blau. Meine Klasse wurde aufgefordert, die neuen Schüler in der Schule herumzuführen und ihnen alles zu zeigen. Also machten Lena und ich uns auf den Weg durch die Schule. Lena hörte gut zu und sprach nicht viel. Irgendwann brach ich die Stille.

„Also du bist Lena“, sagte ich zu ihr.

„Ja, und du bist Georgia“, sagte die kleine Lena, als wir auf den Schulhof abbogen.

„Nein, Grace“, korrigierte ich sie. „Hier ist der Schulhof. Hier kannst du mit deinen Freunden spielen.“

„Hast du Freunde?“, fragte Lena mich.

„Ja. Ich finde, Freundschaft ist wichtig“, antwortete ich.

„Was ist Freundschaft?“, fragte das Mädchen und ich war erstaunt. Wusste dieses Mädchen wirklich nicht, was Freundschaft war?

„Weißt du, was Freunde sind?“, fragte ich es.

„Nein, kannst du es mir erklären?“, fragte die Erstklässlerin und tat mir leid. Ich wollte es dem Mädchen gerade erklären, als die Schulglocke klingelte und den Schulschluss ankündigte.

„Ich erkläre dir das morgen“, sagte ich zu Lena und zusammen gingen wir unsere Schultaschen holen und dann nach Hause.

Ich lag zu Hause auf meinem Bett und dachte an die kleine Lena, die nicht wusste, was Freunde oder was Freundschaft war. Der Gedanke daran, dass sie einfach nicht wusste, was das war, machte mich irgendwie traurig. Wie konnte man nicht wissen, was Freundschaft war? Das war schrecklich. Was würde ich tun, wenn ich keine Freunde hätte, fragte ich mich. Keine Ahnung. Aber wie sollte ich Lena erklären, was Freundschaft war? Konnte man so etwas überhaupt erklären? Ich würde es morgen versuchen müssen.

An diesem Tag verabredete ich mich später noch mit meinen Freunden zum Eisessen. Wir saßen auf unserem Schulhof auf einer Tischtennisplatte und jeder hatte ein Eis oder ein Milchshake in der Hand. Wir sprachen über die weiterführende Schule, die wir im nächsten Jahr besuchen würden und über unsere Patenkinder. Ich erzählte meinen Freunden, dass die kleine Lena keine Freunde hatte.

„Ich soll ihr erklären, was Freundschaft ist, aber finde einfach nicht die richtigen Worte“, sagte ich.

„Sag dem Mädchen doch einfach, wie du dich fühlst, wenn du mit uns zusammen bist“, antwortete meine Freundin Ann.

„Gute Idee. Und sag der Kleinen auch, dass sie schon Freunde finden wird“, sagte John aus meiner Klasse.

„Okay, danke“, bedankte ich mich.

Der nächste Tag war angebrochen und ich lief gerade zur Schule. Als ich auf den Schulhof kam, sah ich Lenas Klasse, nur Lena nicht, obwohl es schon fünf vor acht war. Also ging ich in meine Klasse. Ich würde sie in der Pause suchen. Das tat ich auch und fand Lena schließlich: Sie saß abseits ihrer Klasse auf einer Turnstange und sah einsam aus. Ich ging zu ihr hin.

„Hi, Lena“

„Hi.“

„Ich habe heute eine Antwort auf deine Frage.“

„Ja?“, fragte Lena ungeduldig.

„Freunde sind Personen, mit denen du viel Zeit verbringst. Man unternimmt lustige Dinge. Wenn du Freunde hast, bist du niemals alleine. Du gehörst dazu und sie helfen dir, wenn du Hilfe brauchst. Du kannst deinen Freunden vertrauen und dich immer auf sie verlassen. Manchmal gibt es auch Streit, aber das ist normal. Deine Freunde sind immer für dich da und alle halten zusammen“, antwortete ich.

„Das sind Freunde?“, fragte Lena traurig.

„Ja, das sind Freunde. Man fühlt sich wohl und hat mit Freunden viel Spaß. Meine Freunde sind für mich wie eine zweite Familie. Ich bin mit meiner ganzen Klasse befreundet. Mit manchen mehr und mit manchen weniger“, erzählte ich ihr.

„Ich habe keine Freunde.“

„Du wirst hier bestimmt Freunde finden.“

„Wie denn? Soll ich durch die Gegend rennen und rufen: Wer will meine Freundin sein?“, fragte Lena.

„Nein, natürlich nicht. Du könntest aber mal bei den Spielen deiner Klasse mitmachen. Geh doch zu den anderen, Seil springen“, schlug ich vor.

„Was, wenn ich keine Freunde finde und, so wie jetzt, für immer alleine bin?“, fragte die kleine Lena.

„Du findest bestimmt welche“, sagte ich zu ihr.

Tatsächlich sprang sie von der Stange und ging zu ihrer Klasse, um Seil zu springen. Zuerst wirkte sie unsicher, doch dann, als sie mit mehreren Kindern in einem Seil stand, strahlte Lena. Sie lachte. Ich konnte sehen, dass sie das Gefühl hatte, dazuzugehören. Lächelnd drehte ich mich um und ging zu meiner eigenen Klasse.

Später sah ich Lena noch einmal in der großen Pause. Sie saß nicht mehr abseits, sondern sprach mit einem anderen Mädchen. Sie hatte wohl eine Freundin gefunden. Als mich das Mädchen sah, rannte es auf mich zu. Dann umarmte es mich, was mich verdutzte.

„Danke! Ich habe Freunde gefunden und du bist auch einer von ihnen!“, sagte das Mädchen. Ich hatte das Gefühl, rot zu werden.

Lena fand immer mehr Freunde und war von nun an glücklich, Freunde zu haben.

Loana Giesler schreibt gerne Geschichten.

*

Der chinesische Kochtopf

Gerne höre ich auch heute noch auf den Rat des Ehepaares Lindner. Ob die Probleme klein oder groß sind, die Lindners finden immer einen Ausweg.

Sabine und Robert Lindner sind weit über 80 Jahre alt. Im Herzen aber sind sie jung und modern geblieben. Herr Lindner hatte einen Beruf, in dem er in der ganzen Welt herumkam. Er lebte viele Jahre mit seiner Frau in Asien und Südamerika. Heute wohnen die beiden am Münchner Stadtrand, direkt am Ufer des Starnberger Sees. Ein breiter Weg führt zu der geräumigen Villa.

Ich sitze in einem schwarzen Ledersessel und betrachte das Kaminfeuer. Kein Wohnzimmer strahlt eine solche Gemütlichkeit und Geborgenheit aus wie dieses. Und ich war schon in vielen Wohnzimmern zu Gast.

Herr Lindner schenkt mir einen französischen Rotwein ein, wir stoßen alle an, und Frau Lindner bemerkt: „Es wird höchste Zeit, dass wir mal wieder gemeinsam einen netten Abend verbringen.“

Herr Lindner steht auf, was ihm große Mühe bereitet. Wie so viele Senioren hat auch er Schwierigkeiten mit seinen Beinen. Sie tragen ihn nicht mehr so gut.

Er geht zum Kamin, bückt sich und greift nach dem Korb, um Holz zu holen. Ich springe auf, um ihm die Arbeit abzunehmen. Aber schon steht Sabine Lindner neben mir und bittet uns, beide wieder Platz zu nehmen, denn sie möchte Brennholz holen. Sie lässt sich nicht von mir helfen.

Als sie wieder das Zimmer betritt, geht ihr Mann auf sie zu, bedankt sich bei ihr und drückt ihr ein Küsschen auf die Wange.

Ich bin gerührt. Es ist jedes Mal eine Freude für mich zu sehen, wie glücklich und harmonisch die beiden immer noch sind – nach so vielen Ehejahren.

Ich trinke einen Schluck Wein und frage sie: „Was ist eigentlich das Geheimnis eurer glücklichen Ehe?“

Beide lächeln sich an und Robert antwortet: „Ein Geheimnis gibt es da sicher nicht. Die Ehe ist ein Bündnis, das gehegt und gepflegt werden muss. Für manche ist die Ehe beziehungsweise die Liebe lediglich ein Boogie-Woogie der Hormone. Wenn solche Bindungen dann scheitern, muss man sich nicht wundern.“

Sabine nickt und fährt fort: „Leider sind die meisten Menschen nicht auf die Ehe vorbereitet. Robert und ich waren es auch nicht. Als wir vor über 60 Jahren heirateten, hatten wir keine Ahnung. Wir wussten nicht, wie man über seine Gefühle und Empfindungen spricht, wie man Kritik einsteckt und Kritik übt, ohne den anderen gleich in Bausch und Bogen zu verdammen. Oder wie man konstruktiv streitet und es schafft, auch mal nachzugeben, Probleme auch mal eine Weile im Raum stehen zu lassen, um einen günstigeren Augenblick zu ihrer Bewältigung abzuwarten. Die ersten Jahre waren deshalb ziemlich schwierig und der Haussegen hing oft schief.“

Robert geht in die Küche. Er kramt aus dem hintersten Eck einen Gegenstand hervor, bringt ihn mit ins Wohnzimmer, reicht ihn mir und sagt: „Vielleicht gibt es doch ein Geheimnis unserer glücklichen Ehe – dies hier hat eine Menge dazu beigetragen.“

Gespannt wartet er auf eine Reaktion von mir. Ich bin jedoch ratlos. Was er mir in die Hand gedrückt hat, ist ein ganz gewöhnlicher Kochtopf. Er ist nicht schön, die Farbe bereits an einigen Stellen abgeblättert. Sabine lacht und erzählt: „Dieser Topf ist schon sehr alt. Ich habe ihn bei einem alten Chinesen in Schanghai gekauft. Dieser Mann sagte zu mir, in Europa sei die Ehe mit einem heißen Topf zu vergleichen, den man auf eine kalte Platte stelle und der nach und nach abkühle. In fernöstlichen Ländern sei die Ehe ein kalter Topf, den man auf eine heiße Platte stelle, sodass er sich langsam erwärme und immer heißer werde. Diese Worte haben mir damals sehr gut gefallen, bis heute habe ich sie nicht vergessen.“

Robert unterbricht Sabine und stellt klar: „Nicht, dass unsere Ehe zu Anfang ein kalter Topf gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Aber ich glaube, dass viel zu viele Menschen lediglich darauf hoffen, dass sich die Anfangshitze möglichst lange hält, anstatt immer wieder kräftig nachzuheizen. So verstehe ich die Ehe: die Freundschaft vertiefen, sich immer näher kommen, sich immer besser verstehen lernen.“

Verträumt beobachte ich, wie die lodernden Flammen auf die gerade aufgelegten Holzscheite übergreifen.

Sabine unterbricht die Stille: „Wir reden oft über Ehe und Partnerschaft. Und wenn jemand Schwierigkeiten hat, so wie du, versuchen wir ihm zu helfen.“ Dabei schaut sie mir tief in die Augen.

Robert legt seine Hand auf meine Schulter und sagt: „Ich finde es wichtig, auch von anderen Menschen zu hören, welche Probleme sie haben. Zu sehen, wie sie damit umgehen, das hilft auch uns weiter.“

Ich bin nicht in der Stimmung, jetzt über die Schulprobleme meiner Kinder zu sprechen. Auch nicht über die voraussichtliche Kündigung unserer Mietwohnung und schon gar nicht über meine momentane Ehekrise. Da kann mir keiner helfen, denke ich mir, da muss man eben durch.

Also trinke ich mein Glas leer, stehe auf, gehe wie ein Tiger in seinem Käfig nervös auf und ab und sage etwas vorwurfsvoll: „Das alles hört sich recht einfach an, ist jedoch, wie alles Üben, eine schwierige Arbeit. Es erfordert eine Menge Geduld.“ Ich bedanke mich für den netten Abend und möchte mich verabschieden.

Frau Lindner reagiert überhaupt nicht und holt noch eine zweite Flasche Rotwein aus der Küche.

Herr Lindner kommentiert trocken: „Setz dich.“

Seine Frau reicht mir die Flasche und den Korkenzieher.

Ich öffne die Flasche, gieße allen die Gläser nach und lasse mich in den Sessel fallen. Ich fühle mich unausgeglichen und ausgelaugt vom beruflichen und häuslichen Ärger.

Der Hausherr deutet mit seinem Zeigefinger auf die Vitrine mit den vielen Schnitzereien, Statuen und Vasen. „Jedes Stück teilt eine Geschichte mit“, sagt er. „In welches Land sollen wir dich heute entführen? Nach Burma, Thailand, Indonesien, Indien, Guatemala, Peru ...?“ Er greift sich aus der Vitrine eine Holzfigur, hält sie in den Händen, betrachtet sie immer wieder von allen Seiten und dann erzählen beide über Indonesien.

Das klingt alles so echt, als ob ich damals selbst dabei gewesen wäre. Ich schließe meine Augen, und manchmal habe ich das Gefühl, als könnte ich sogar die Gerüche der Speisen, von denen sie mir erzählen, wahrnehmen. So vergesse ich für einige Stunden meine Sorgen. Wie machen die beiden das nur? Die Erzählungen wirken auf mich wie eine Hypnose und Seelenmassage zugleich.

Nach etwa drei Stunden verabschiede ich mich von meinen Freunden und trete den Heimweg an.

Zu Hause fragt mich meine Frau: „War es nett? Haben die beiden wieder über ihre Auslandsabenteuer gesprochen?“

Ich nicke mit dem Kopf: „Ja, es war wieder sehr schön. Diesmal haben sie mich mit nach Indonesien genommen. Aber sie haben mir auch eine kleine Geschichte über einen chinesischen Kochtopf erzählt. Diese Erzählung gefiel mir am besten. Willst du sie hören?“

Verständnislos schaut meine Frau mich an, wobei sie erwidert: „Heute nicht mehr. Ich bin schon zu müde. Vielleicht morgen. Dann erzähle ich dir auch eine Geschichte über Kochtöpfe, Bestecke, Teller, Tassen und Gläser, die ich heute abgespült habe, während du dich amüsiert hast. Ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“

Ich bin noch nicht müde. Zu viele Gedanken wirbeln in meinem Kopf herum. Dabei denke ich an einen kühlen Kochtopf und wünsche mir, er möge sich noch einmal erwärmen und vielleicht sogar sehr heiß werden.

Hermann Bauer: geboren 1951, lebt in seiner Geburtsstadt München. Seit 1988 Veröffentlichungen von Kurzgeschichten, Reisereportagen, Märchen und Lyrik in Büchern, Anthologien, Zeitschriften, Zeitungen und Kalendern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und als Übersetzung in Vietnam. Seit 2014 schreibt er auch Theaterstücke. Tritt gelegentlich auch als Kabarettist und Gospelsänger auf. www.shen-bauer.de.

*

Wenn Freundschaft ...

Wenn Freundschaft verbindet,

man eine vertraute Seele findet,

dich nimmt, wie du bist,

dich, wenn du fort bist, vermisst.

Wenn Freundschaft versteht,

den schweren Weg mit dir geht,

dich beflügelt und stützt,

dich wertschätzt, beschützt.

Wenn Freundschaft bestärkt,

deine Größe bemerkt,

dann vertraue darauf

und pass gut auf sie auf.

Michaela Goßmann, geboren 1984, Lehrerin in Mainz.

*

Brieffreundschaft

Melanie hatte heute viel erlebt. Sie war bei dem schönen Wetter mit ihrer Freundin Alicia im nahen Schwimmbad. Das war toll. Den ganzen Tag frische Luft. Das machte auch müde. Deshalb ging sie nach dem Abendbrot auch bald ins Bett. Erst kam Papa zum Gutenachtsagen, dann Mama. Als Mama sich zu Melanies Gesicht beugte, um ihr den Gutenachtkuss zu geben, fragte Melanie, ob sie denn auch eine Freundin habe.

„Ja, ich habe eine Freundin, die kennst du auch. Es ist Christel. Und ich habe dann noch eine Freundin, die du nicht kennst.“

„Wer ist denn deine andere Freundin und warum kenne ich sie nicht?“, wollte Melanie wissen.

„Meine andere Freundin heißt Barbara. Barbara ist meine Brieffreundin und wohnt in Norddeutschland.“

„Und wie bist du an eine Brieffreundin in Norddeutschland gekommen?“, wollte Melanie wissen.

„Die habe ich im Urlaub vor vielen Jahren kennengelernt. Wir haben uns zufällig in einem Café in einer kleinen Stadt und uns dann noch öfters im Urlaub getroffen. Als wir dann abreisen mussten, haben wir unsere Adressen ausgetauscht, seitdem schreiben wir uns regelmäßig einmal im Monat. Barbara weiß ganz viel von unserer Familie. Sie weiß, wo wir wohnen und wer alles zu unserer Familie gehört. Sie weiß, dass wir ein Kind haben, nämlich dich, und wann du geboren wurdest. Barbara weiß, was ich arbeite und in welche Schule du gehst und so weiter ...“

„Und von ihr weißt du auch so viel?“, fragte Melanie.

„Ja, ich weiß auch ganz viel von ihrer Familie. Barbara hat zwei Kinder, ein Mädchen, die Clara, und einen Jungen, den Marcel. Die sind etwa so alt wie du. Vielleicht lernst du sie ja mal kennen.“

Melanie war ganz aufgeregt. An schlafen war nun nicht mehr zu denken. Melanie wollte immer mehr von der Brieffreundin von Mama wissen. Und schließlich sagte sie: „Ich möchte auch gern eine Brieffreundin haben. Aber wie komme ich an eine Freundin, die vielleicht auch in einer anderen Stadt wohnt?“

„Also heute ist es schon spät genug, heute zerbrechen wir uns darüber nicht mehr den Kopf. Jetzt wird erst mal geschlafen. Morgen sehen wir dann weiter. Vielleicht fällt uns etwas ein.“ Mama drückte Melanie einen dicken Kuss auf die Wange, deckte sie nochmals zu, vergaß dabei auch das Kuschelbärchen nicht, knipste das Licht aus und lehnte die Tür an.

Melanie wollte noch nachdenken, kam aber nicht weit, sondern schlief dann bald ein.

Am nächsten Morgen war die Brieffreundin sofort wieder Gesprächsthema beim Frühstück.

„Papa, hast du denn nicht eine Idee, wie ich an eine Brieffreundin weit weg kommen könnte?“, fragte Melanie mit einem halben Brötchen im Mund, sodass Papa erst gar nicht richtig verstand, was sie sagte.

„Du weißt doch, dass man nicht mit Essen im Mund spricht“, ermahnte Papa seine Tochter. „Kaue erst mal richtig, dann schluck den Bissen runter und wiederhole bitte deine Frage.“

Melanie kaute, schluckte und fragte dann noch einmal.

„Mir ist etwas eingefallen“, sagte Papa.

„Und was?“

„Du schreibst mit Mama, sagen wir ... drei Zettel. Die dürfen aber nicht größer sein als vielleicht eine Postkarte. Und darauf schreibst du deine Anschrift, deine Telefonnummer und auch, dass du eine Brieffreundin oder einen Brieffreund suchst. Dazu vermerkst du auch noch, wie alt du bist, was du gerne machst und in welche Klasse du gehst. Den Rest machen wir dann zusammen.“

Melanie setzte sich gleich hin und schnitt aus Papier Zettel im Format einer Postkarte aus. Dann bat sie Mama, mit ihr zusammen die Zettel zu beschreiben. Es dauerte schon eine ganze Weile, bis drei Zettel mit all den Informationen beschrieben waren. Der Vormittag verging.

Papa war derweilen verschwunden. Er war in ein Spielwarengeschäft gegangen und hatte dort drei Luftballons gekauft. Und dann erinnerte er sich daran, dass doch ein Drogeriemarkt gerade heute ein neues Geschäft eröffnet und dass dort Luftballons gefüllt werden. Er fragte dort, ob sie ihm nachher drei Ballons mit Gas füllen würden.

Die nette Verkäuferin sagte Ja und Papa eilte nach Hause.

Nach dem Mittagessen verriet Papa, wie es weitergehen würde. „Wir nehmen jetzt mein altes Hemd und schneiden aus dem Rücken- oder Vorderteil drei Stücken. Die Stücke sind so etwa 20 mal 20 Zentimeter. Aber bitte, wenn’s geht, gleichmäßig schneiden.“

„Und was soll das werden?“, fragte Melanie.

„Warte es ab“, antwortete Papa.

Mama ahnte schon, was nun passieren würde.

„Nun brauchen wir nur noch Schnur. Ich glaube, im Schuppen liegt noch ein Knäuel.“

Mama ging in den Schuppen und tatsächlich, ein großes Knäuel dünner Schnur lag auf dem Tisch. Sie griff sich das Knäuel und kehrte zu Papa und Melanie zurück.

„Jetzt passiert Folgendes“, sagte Papa, „jetzt binden wir an jede Ecke deines Tuches eine Schnur an, die so etwa dreißig Zentimeter lang ist. Die vier Enden der Schnüre verknoten wir am Ende miteinander. Und jetzt der Knaller: Die Zettel rollen wir ganz eng zusammen und binden sie mit einer extra Schnur an die Knotenschnüre an. Und so entsteht ein kleiner Fallschirm, an dem ein eingerollter Zettel hängt. Klar?“

„Klar“, antworteten Melanie und Mama.

Sie knoteten und rollten und knoteten und rollten und knoteten und rollten. Dann waren drei kleine Fallschirme mit Post fertig.

„Ja, und wie kommen die Fallschirme in die Luft, Papa?“, wollte Melanie nun wissen.

„Pass auf, wir nehmen deine Zettelrolle und legen den Fallschirmstoff genau mit der Mitte auf die Spitze deiner Rolle. Dann drücken wir den Stoff um deinen Zettel und schieben das Ganze in den Luftballon. Ich habe extra welche besorgt, die ein wenig größer sind und deshalb auch eine größere Öffnung haben.“

Melanie, Mama und Papa schoben jeder einen Fallschirm in einen Luftballon. Tatsächlich, es ging.

„So, und nun gehen wir zur Drogerie und lassen ihn mit Heliumgas füllen. Die Verkäuferin hat es mir vorhin versprochen.“

Gesagt, getan. Die Verkäuferin füllte alle drei Ballons mit dem Gas, bis sie bald zu platzen schienen.

„Schön festhalten“, forderte Papa seine zwei Ballondamen auf. Er selbst hielt seinen Ballon auch ganz fest.

Sie liefen mit ihren Ballons quer durch die Stadt und die Menschen, die ihnen begegneten, schmunzelten oder meinten zu ihnen, dass sie wohl zu einem Geburtstag gehen würden.

Am Stadtpark angekommen, gab Papa den Befehl zum Start von drei gefüllten Ballons. Melanie war ganz aufgeregt und auch Papa strahlte über das ganze Gesicht. Mama hatte, wohl weil sie so aufgeregt und belustigt über den Start der Ballons von Melanie und Papa war, ganz vergessen, ihren Ballon loszulassen. Erst als sie ihren Blick vom Himmel wandte, bemerkte sie ihren Ballon in der Hand. Sofort ließ sie ihn los und schon stieg der letzte der drei Ballons hoch in den Himmel auf.

Melanie flüsterte leise vor sich hin: „Lieber Ballon, flieg ganz weit weg und mache bitte, dass ich eine ganz tolle Brieffreundin oder einen ganz tollen Brieffreund bekomme. Das wäre schön!“

Die Ballons stiegen höher und höher und bald waren sie nicht mehr zu sehen.

Irgendwann platzten die Ballons und die Zettel an den Fallschirmen fielen heraus. Während des Fallens öffnete sich der Fallschirm und die Zettel schwebten auf die Erde herab.

Melanie wurde nach drei Tagen ungeduldig und jedes Mal, wenn der Briefträger kam, flitzte sie sofort zum Briefkasten und schaute nach, ob ein Brief für sie dabei war.

Aber nichts, keine Nachricht für sie. So ging das fast zwei Wochen.

Dann aber schlug das Glück gleich doppelt bei ihr ein. Zwei Briefe, einer von einer Annemarie aus Bayern und einer von Jens aus Schleswig Holstein lagen im Briefkasten. Sofort wurden die Briefe geöffnet und mit ganz schnellen Schritten sauste Melanie ins Haus. Sofort zeigte sie die Post ihrer Mama.

Mama las ihr die Briefe vor und Melanie wollte sofort Antwortschreiben anfertigen, aber Mama bremste sie und sagte, dass man sich da ruhig etwas Zeit lassen könne.

Inzwischen kam auch Brief Nummer drei an. Ihn hatte ein Mädchen mit Namen Melanie, ja, das Mädchen hieß auch Melanie, geschrieben. Na, da gab es in Zukunft sicherlich viel auszutauschen, eine Brieffreundin mit gleichem Namen. Das war ja toll.

Ja, so wird Melanie nun ein paar Tage warten und dann die Antwortbriefe schreiben. Viel will sie Annemarie und Jens mitteilen und natürlich auch Melanie. Vielleicht halten diese Brieffreundschaften viele Jahre, so wie bei Mama.

Ihre Briefe schickt sie aber nicht mehr mit dem Luftballon. Jetzt schickt sie sie mit der ganz normalen Post.

Charlie Hagistwurde 1947 in Berlin-Steglitz geboren. Nach Grund- und Oberschule absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Während seiner Tätigkeit in der Personalabteilung des Hauses bildete er sich zusätzlich zum Personalfachkaufmann (IHK) weiter. Ehrenamtlich war er als Richter am Amtsgericht Berlin-Tiergarten, am Sozialgericht Berlin und danach am Landessozialgericht Berlin tätig. Charlie Hagist ist verheiratet, hat einen Sohn.

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Freundschaft

Es gibt Menschen, die machen unsere Welt zu etwas Besonderem, einfach dadurch, weil es sie gibt.

---ENDE DER LESEPROBE---