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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Als Dietmar Gürtler gegen zwanzig Uhr das Haus betrat, in dem er, seine Eltern und sein Bruder Andreas lebten, erwartete ihn sein Vater schon unter der Tür zum Wohnzimmer. »Du warst wieder mit der Hungerleiderin zusammen, stimmt's?«, fuhr Johannes Gürtler seinen Sohn aggressiv an. Die Augen des Vierundfünfzigjährigen funkelten streitsüchtig. Zu lügen hatte keinen Sinn, und lügen wollte Dietmar auch gar nicht, denn es wäre ihm wie ein Verrat an der geliebten Frau vorgekommen. »Ja, ich war den ganzen Nachmittag mit der Dagmar unterwegs«, kam seine ehrliche Antwort. Trotzig erwiderte er den Blick seines Vaters. Die Zornesader an Johannes Gürtlers Stirn schwoll an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass die mir net ins Haus kommt!«, polterte er los. »Wir brauchen keine, die uns auf der Tasche liegt. Die Frau, die du mal heiratest, muss was mitbringen. Ich hab' mich neulich mit dem Huber-Peter besprochen. Seine Tochter wär …« Dietmar fiel seinem Vater ins Wort: »Über die Huber-Gisela brauchst du mit mir net sprechen, Papa. Die mag ich net. Und wenn s' in Gold gefasst wär, würd ich die net wollen. Ich lieb Dagmar. Und ich werd net von ihr lassen, bloß weil du andere Vorstellungen hast.
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Seitenzahl: 125
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Als Dietmar Gürtler gegen zwanzig Uhr das Haus betrat, in dem er, seine Eltern und sein Bruder Andreas lebten, erwartete ihn sein Vater schon unter der Tür zum Wohnzimmer.
»Du warst wieder mit der Hungerleiderin zusammen, stimmt’s?«, fuhr Johannes Gürtler seinen Sohn aggressiv an. Die Augen des Vierundfünfzigjährigen funkelten streitsüchtig.
Zu lügen hatte keinen Sinn, und lügen wollte Dietmar auch gar nicht, denn es wäre ihm wie ein Verrat an der geliebten Frau vorgekommen. »Ja, ich war den ganzen Nachmittag mit der Dagmar unterwegs«, kam seine ehrliche Antwort. Trotzig erwiderte er den Blick seines Vaters.
Die Zornesader an Johannes Gürtlers Stirn schwoll an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass die mir net ins Haus kommt!«, polterte er los. »Wir brauchen keine, die uns auf der Tasche liegt. Die Frau, die du mal heiratest, muss was mitbringen. Ich hab’ mich neulich mit dem Huber-Peter besprochen. Seine Tochter wär …«
Dietmar fiel seinem Vater ins Wort: »Über die Huber-Gisela brauchst du mit mir net sprechen, Papa. Die mag ich net. Und wenn s’ in Gold gefasst wär, würd ich die net wollen. Ich lieb Dagmar. Und ich werd net von ihr lassen, bloß weil du andere Vorstellungen hast. Ist’s denn notwendig, dass sie reich ist und viel Mitgift einbringt? Ich möcht’ sagen nein, es ist net notwendig. Denn wir haben mehr als genug. Die Dagmar ist motiviert und kennt sich aus. Sie bringt alle Voraussetzungen mit, die von einer künftigen Bäuerin auf dem Gürtlerhof erwartet werden.«
»Aber sie hat nix – und damit ist sie auch nix«, schrie Johannes Gürtler. »Du musst eine heiraten, die was mitbringt.«
»Ich werd die Frau heiraten, die ich liebe, Papa!«, stieß Dietmar trotzig hervor. »Wir müssen unseren Reichtum net durch eine Heirat vermehren. Und ich werd keine Frau heiraten, die ich net mag und die obendrein hässlich ist, nur weil sie eine große Mitgift bekommt. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Papa. Die Zeiten, in denen die Eltern bestimmt haben, wer wen heiratet, sind vorbei.«
Jeder Zug im Gesicht Johannes Gürtlers war Spiegelbild des Zorns, der ihn fest im Griff hatte. »Ich werd dich zwingen, die Finger von der Hungerleiderin lassen, Sohn. Und glaub mir’s, ich werd verhindern, dass sich das Weibsbild bei uns einschleicht. Um was anderes geht’s der doch gar net. Die will net dich, die will Reichtum und Ansehen erringen. Du bist nur das Mittel zum Zweck.«
»Ich liebe die Dagmar und sie liebt mich!«, erklärte Dietmar kategorisch. »Und ich werd zu ihr stehen, mag kommen, was mag. Und drohen brauchst du mir auch net, denn das zieht bei mir net.«
Mit vor Wut flackernden Augen stand sein Vater vor ihm. Er versuchte, mit seinem zwingenden Blick Druck auf seinen ältesten Sohn auszuüben.
Der aber bot ihm Paroli, indem er dem wütenden Blick standhielt. Als sich aus der Küche aber auch seine Mutter lautstark zu Wort meldete, hatte Dietmar Mühe, die Beherrschung zu bewahren.
»Wir sitzen am längeren Hebel als du, Dietmar!«, rief sie. »Überleg’ dir’s also genau, was dir wichtiger ist. Der Hof oder die Hungerleiderin.«
Seine Brauen schoben sich zusammen. »Was soll denn das heißen?«, fragte er.
»Das wirst du schon sehen«, erwiderte sein Vater. »Ich sag nur so viel: Auf dem Gürtlerhof wird die Steiner-Dagmar net Fuß fassen. Die Mama und ich haben uns net ein Leben lang abgerackert, um auf unsere alten Tage zuzuschauen, wie eine …«
»Mir reicht’s!«, knirschte Dietmar. Er ließ seinen Vater einfach stehen und ging auf sein Zimmer. Auf das Abendessen verzichtete er. Ihm war der Appetit vergangen.
Zuerst verspürte er nur Zorn. Er verwandelte sich nach und nach in Traurigkeit darüber, dass seine Eltern das Menschliche, also Verständnis, Entgegenkommen und Respekt, so sehr hintan stellten. Sie ignorierten seine Gefühle. Sie sahen nur die Mitgift derjenigen, die einmal als Bäuerin auf dem Hof einziehen sollte. Je größer diese war, umso besser. Gefühle blieben außen vor.
Zuletzt brandete Verzweiflung in ihm auf. Mit dem Segen seiner Eltern konnte er nicht rechnen, wenn er nicht von Dagmar abließ. Er liebte seine Eltern. Wegen seiner Liebe zu Dagmar würde es aber zum Bruch mit ihnen kommen …
Er wusste sich nicht mehr zu helfen. Er saß in seinem Zimmer im Dunkeln und starrte auf das hellere Rechteck des Fensters. Er hatte selbst keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war, seit er sein Zimmer aufgesucht hatte.
Das war ja auch nicht der erste heftige Streit mit seinen Eltern, wegen seiner Liebe zu Dagmar, die ihnen nicht gut genug war. Er griff nach seinem Smartphone, das auf dem Tisch lag, und wählte Dagmars Nummer.
Sie meldete sich sogleich, mit einer Stimme, die sehr gepresst, geradezu weinerlich klang: »Dein Vater hat mich vorhin angerufen und mir geraten, das Techtelmechtel mit dir – so hat er sich ausgedrückt –, zu beenden. Ich soll mir bloß net einbilden, dass ich mich auf den Gürtlerhof einschleichen könnt, hat er geschrien. Wenn das net aufhört, dann wird er den Hof net dir, sondern deinem jüngeren Bruder überschreiben, und dich wird er enterben.«
Dietmar hörte Dagmar schniefen und befürchtete gleich, dass sie sogar weinte. Es brach ihm das Herz und seine Verzweiflung schlug wieder in Zorn um. Er musste sich selbst hart an die Kandare nehmen, um nicht nach unten zu stürmen und seinen Vater zur Rede zu stellen. »Das hat er gesagt«, entrang es sich ihm.
»Ja. Und so, wie er es gebrüllt hat, meint er es auch«, weinte Dagmar. »Was hab’ ich deinem Vater denn getan, weil er so sehr gegen mich ist? Begreift er denn net, dass wir zwei zusammengehören? Weiß er denn net, was Liebe ist?«
»Für ihn gibt’s einen einfachen Grund, Schatz«, murmelte Dietmar. »Er will mich mit der Huber-Gisela verheiraten, weil die, wenn man ihrem Vater glauben darf, eine riesige Mitgift von daheim mitkriegt, wenn s’ mal heiratet.«
»Es geht deinem Vater also nur ums Geld«, kam es mit kläglich dünner Stimme durch die Leitung. »Damit kann ich leider net dienen. Vielleicht ist’s wirklich besser, wir beenden die Sach’. Wenn du’s net tust, Dietmar, macht dein Vater seine Drohung wahr und du verlierst den Hof.«
Dietmar lachte bitter auf. »Ich weiß, was ich tu’, Schatz. Das ist mir eben klar geworden. Soll er den Hof dem Andreas geben. Ich will ihn gar net. Ich hab’ die Nase voll. Mich hat er vorhin auch angegangen, als hätt’ ich sonst was verbrochen, nur weil ich net von dir lass’.«
»Aber, du kannst doch net …«
Dietmar ließ sie nicht ausreden.
»Doch, ich kann und ich werd! Ich pfeif’ auf den Hof. Und weil das so ist, hält mich auch nix mehr hier in Feldkirchen. Pack’ zusammen, Schatzl, was du brauchst, um zwei oder drei Wochen überbrücken zu können. Ich hol’ dich in einer Stunde ab.«
»Was hast du denn vor?«
»Das sag’ ich dir, sobald wir Feldkirchen den Rücken gekehrt haben. Vertrau’ mir einfach.«
»Du willst einfach verschwinden? Sang- und klanglos? Das – das kannst du doch net machen, Dietmar. Willst du net doch noch mal mit deinem Vater reden? Vielleicht hat er das mit dem Hof doch net so gemeint. Möglicherweise wollt’ er uns nur einschüchtern.«
»Nein, Schatzl. Mein Vater hat sich festgelegt, und davon bringen ihn keine zehn Pferde mehr weg. Ich hab’s satt, mich ständig mit ihm zu streiten. Dass ich mich von dir trenne, das kann er vergessen. Früher oder später würd’s sowieso richtig krachen deswegen, und dann gäb’s für mich auch kein Bleiben mehr auf dem Hof. Und das vermeid’ ich, indem ich heut’ noch die Konsequenzen zieh’.«
»Meinst du wirklich?«
»Es ist mein bitterer Ernst. In einer Stund’, Schatzl. Mit deinen Eltern kannst du ja drüber reden. Du kannst sie beruhigen, wir werden mit ihnen den Kontakt halten.«
»Gut. In einer Stunde also. Ich liebe dich, Dietmar.«
»Ich tät’ mein Leben für dich geben, Schatzl. Und das sag’ ich net nur so. Bis dann also.«
*
Er hatte sich entschlossen und es gab für ihn kein Zurück mehr. Er wusste, dass seine Eltern jeden Tag früh zu Bett gingen, um am Morgen mit den Hühnern wieder aufzustehen. Sein Bruder war nicht zu Hause. Dietmar vermutete, dass er mit einigen seiner Freunde in den Nachbarort zum Kegeln gefahren war.
Der Siebenundzwanzigjährige holte eine große Reisetasche vom Schrank herunter und begann Unterwäsche und Socken, Hemden und T-Shirts, einige Pullover und eine Weste, Wasch-, Rasier- und Zahnputzzeug einzupacken. Obendrauf verstaute er noch zwei Jeans, zog den Reißverschluss zu, ging zur Tür und lauschte angespannt.
Im Flur war es stockfinster. Die Stille im Haus war geradezu lastend. Eine ganze Weile stand er so da, atmete ganz flach und lauschte. Schließlich konnte er sich sicher sein, dass seine Eltern zu Bett gegangen waren.
Er zog seine Jacke an, prüfte, ob er seine Papiere und die Autoschlüssel eingesteckt hatte, nahm die Reisetasche, verließ sein Zimmer und machte im Flur Licht. Das war nicht verräterisch. Es war öfter vorgekommen, dass er nachts noch einmal nach unten in die Küche gegangen war, weil er Hunger hatte oder einfach nur ein Glas Milch oder Wasser trinken wollte.
Die Stufen aus Holz ächzten manchmal unter seinem Gewicht. Dann war er unten, verließ sogleich das Haus und spürte, wie sich bei ihm die Anspannung legte. Er ließ die verbrauchte Luft aus seinen Lungen, ging zu seinem Auto, verstaute das Gepäck auf dem Rücksitz und klemmte sich hinter das Steuer.
Wenige Minuten später bremste er den Kleinwagen vor dem Haus ab, in dem Dagmar und ihre Eltern wohnten. Sämtliche Jalousien waren heruntergelassen, aber bei zwei Fenstern schimmerte durch die Ritzen zwischen den Lamellen Licht. Dietmar hielt vor der Hoftür an und stieg aus.
Da ging auch schon die Haustür auf, Licht flutete ins Freie, eine Gestalt trat ins Türrechteck und warf einen langen Schatten auf den gepflasterten Weg, der von der Gartentür zur Haustür führte. Es war Dagmar. Sie schien schon auf ihn gewartet zu haben. Gefolgt von ihrem Vater, der einen großen Koffer hinter sich herzog, verließ sie das Haus.
Er ging ihnen entgegen, nahm Dagmar in die Arme und murmelte: »Wir sind net auf meinen Vater angewiesen, und auf den Hof verzicht’ ich gern, wenn ich dich dafür krieg’. Wir beide haben uns und wir schaffen es auch, uns selbst was aufzubauen.« Er gab ihr einen Kuss, sie drängte sich an ihn und sie spürten gegenseitig die Wärme ihrer Körper. Für kurze Zeit vergaßen sie sogar den Ärger mit seinen Eltern.
Dagmars Vaters holte sie aus ihrer verliebten Versunkenheit, indem er sagte: »Ist das net ein bissel überstürzt, Dietmar? Einfach so – bei Nacht und Nebel – zu verschwinden. Hast du deinen Eltern wenigstens ein paar Zeilen geschrieben?«
Das verliebte Paar löste sich voneinander.
»Nein, wozu auch?«, antwortete Dietmar. »Für meinen Vater werd ich nach dem heutigen Abend sowieso gestorben sein. Unabhängig davon will ich von mir aus nix mehr hören und sehen. Meine Eltern haben mir lang’ genug zugesetzt wegen der Dagmar. Jetzt zieh’ ich einen Schlussstrich.«
In der Haustür erschien jetzt Dagmars Mutter.
»Wohin willst du denn?«, fragte der Vater der jungen Frau.
»Das weiß ich selber noch net. Irgendwo werden wir schon landen. Wir werden euch Bescheid sagen – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ihr es für euch behaltet.«
»Ich weiß net«, murmelte Dagmars Vater skeptisch. »Mir gefällt das net. Wovon wollt ihr denn leben? Ihr habt keine Wohnung. Euer ganzes Hab und Gut passt in den Kofferraum deines Autos. Das kann net gut gehen.«
»Ich hab’ einige Ersparnisse«, erwiderte Dietmar. »Etwas Bargeld hab’ ich dabei, außerdem meine Bank-Karte. Das reicht, um uns über Wasser zu halten, bis wir irgendwo Arbeit finden.«
Dietmar nahm Dagmars Koffer und verstaute ihn im Kofferraum. »Viel ist’s wirklich net, was wir bei uns haben«, gab er bedrückt zu verstehen.
»Das ist nicht wichtig, schlimmer ist: Dein Vater wird dich enterben ... Ist es dir das wert, dass du …«
»Ja!« Es kam wie aus der Pistole geschossen und klang entschieden und endgültig. Dietmar trat vor Dagmars Vater hin und reichte ihm die Hand. »Servus, Walter. Ich versprech’ dir, dass ich auf deine Tochter gut aufpassen werd. Es soll ihr an nix mangeln. Sie und ich, wir kommen auf die Füß’. Und wie gesagt: Finden wir den Platz, an dem wir uns wohlfühlen und an dem wir leben können, erfährst du’s sofort.«
»Da ich euch wahrscheinlich net umstimmen kann, bleibt mir nur, euch Glück zu wünschen.« Walter Steiner ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie. »Auf Wiedersehen. Und gebt auf euch Acht.«
Jetzt kam auch Dagmars Mutter heran, ihre Augen glitzerten feucht. Wortlos ging sie zu ihrer Tochter hin und umarmte sie, schluchzte und wandte sich Dietmar zu. »Dass das alles mal so kommen würd hat kein Mensch ahnen können, als ihr euch vor einem Jahr kennengelernt habt. So manche andere Beziehung wär an den ganzen Umständen längst gescheitert. Ihr zwei aber seid stark, und ich bin überzeugt, dass ihr es schafft, euch zusammen was aufzubauen. Behüt’ euch Gott, Dietmar. Solang’ eure Liebe so stark ist, hält sie allen Anfeindungen stand.«
Sie und Dietmar umarmten sich, dann verabschiedete sich Walter Steiner von seiner Tochter. Auch ihm standen die Tränen in den Augen.
Und als sie wenig später davonfuhren, bemerkte Dietmar neben sich auf dem Beifahrersitz leises Schluchzen. Dagmar fiel der Abschied von ihren Eltern anscheinend doch sehr, sehr schwer. Aber er war fest entschlossen, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Er murmelte tröstend: »Wir beide finden irgendwo einen guten Platz, an dem wir bleiben. Deine Eltern werden net aus der Welt sein. Wir können sie besuchen und umgekehrt werden sie hin und wieder auch zu uns kommen. Du wirst es sehen, Schatz, alles wird gut und wir werden glücklich sein. Mein Vater wird unsere Beziehung ab sofort nimmer stören, und ich kann endlich befreit aufatmen, weil es mir gelungen ist, mich von zu Haus’ abzunabeln.«
»Du gibst viel auf. Meinst du, deine Liebe zu mir ist auf Dauer groß genug, um damit fertig zu werden?«
Ein rascher Seitenblick zu ihr und er versicherte: »Davon bin ich ganz fest überzeugt.«
Keiner von ihnen ahnte, wohin das Schicksal sie verschlagen sollte. Keiner konnte wissen, was ihnen die Zukunft bescheren würde. Aber sie waren jung und stark und vor allem Dietmar war davon überzeugt, allen Herausforderungen trotzen zu können.
Ohne ein besonderes Ziel vor Augen zu haben lenkte er den Wagen nach Süden, in Richtung München. Sie fuhren auf einer kurvenreichen Landstraße und nur selten kam ihnen ein anderes Auto entgegen. Manchmal sahen sie in einiger Entfernung die Lichter kleiner Ortschaften. Zwischen den beiden jungen Menschen herrschte Schweigen. Jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt. Leise lief das Autoradio.
*
Sie übernachteten in der Nähe von München auf einem Parkplatz. An Schlaf war in dem engen Auto kaum zu denken. Sie waren auch viel zu aufgewühlt, um Ruhe finden zu können. Das einzige beruhigende waren die Nähe des anderen und die innige Zuneigung, die sie miteinander verband.
Am Morgen fühlten sie sich wie gerädert. In der Raststätte duschten sie, frühstückten anschließend und berieten dann, in welche Richtung sie sich wenden wollten. Sie entschieden sich, in Richtung Garmisch-Partenkirchen zu fahren.