13 Herren und eine Dame - Johannes Girmindl - E-Book

13 Herren und eine Dame E-Book

Johannes Girmindl

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Beschreibung

Girmindl beschreibt Personen, deren Unkoventionellsein mit jeder Zeile mehr in den Vordergrund rückt. Liebevoll und in aller Deutlichkeit bekommen sie ihren Platz und somit die Möglichkeit sich zu zeigen.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der schöne Gerhard

Der Herbert

Der Eisenkopf

Der Freddy

Der Mitch

Die Pfeifenraucherin

Der Bücher-Rudi

Der Herr Alfons

Der Kehrer

Der Gogo

Der Willi & der Elch

Der Tipp-Ex

Der Erwin

Einleitung

Im Laufe eines Lebens lernt man die illustresten Gestalten kennen. Nicht gewollt, rein zufällig, treten Menschen in ein Leben, treten aus demselben wieder hinaus und bleiben aber als Erinnerung letztlich abgespeichert. Von Zeit zu Zeit lässt das Gedächtnis es zu und die eine oder andere Person bahnt sich, aus den Weiten der Gehirnwindungen, den Weg an die Oberfläche, verweilt dort für einen kurzen Moment, um dann wieder zu verschwinden; möglicherweise für immer. Was weiß man schon. Bestimmte Typen des Schlages Mensch bleiben einem so also im Gedächtnis, Typen, die man nicht suchen kann, die man findet, die einen finden, die einem über den Weg laufen. Und wie auch vieles anderes, ist es unmöglich, das zu erzwingen. Es mag schon die eine oder andere Gegend geben, das eine oder andere Lokal, in welches man sich setzen kann, in stiller Erwartung wer denn als nächstes bei der Drehtür hereinspazieren würde, nur um darauf zu warten, dass es jemand besonderes sein würde, jemand, von dem man auch anderen erzählen könnte, weil man solche Menschen nun eben nicht jeden Tag trifft. Oder aber es sind Personen, die man schon die längste Zeit über kennt, sich bis vor kurzem dessen gar nicht bewusst war, wie besonders oder anders sie waren oder aber immer noch sind. Menschen, an die man sich nach langen Jahren wieder erinnert, welchen man vor kurzen wieder begegnet ist – flüchtig – welche man für einen kurzen Moment wieder aus der Erinnerung hervorgekramt hat, weil im Radio gerade ein bestimmtes Lied gelaufen ist. Hier sind ein paar solcher Personen. Es gibt sie alle und es gibt sie genauso, wie sie hier dargestellt werden, in ihrer Einzigartigkeit, aus der Erinnerung.

1 – Der schöne Gerhard

Ob der schöne Gerhard in seiner Jugend wirklich einmal, was man landläufig als schön bezeichnet war, sei dahingestellt. Es ist nicht wirklich überliefert, es gibt keine vergilbten Jugendfotos, niemanden der einem diesen möglichen Fakt bestätigen könnte, ja es ist nicht einmal sicher, ob der schöne Gerhard noch lebt. Ich persönlich hab nie von einem Begräbnis gehört und keine Information über ein mögliches Ableben bekommen. Was ich aber weiß ist, dass ich ihn das letzte Mal im Jahr 2010 gesehen habe, und das am St. Patricks Day. Da ist er aber schon im Rollstuhl gesessen.

Der schöne Gerhard war vom Beruf her Fiaker. Jeden Morgen spannte er seine Rösser vor die schwarze, sauber polierte Kutsche, setzte sich auf den Kutschbock und ließ seine Rappen über die Simmeringer Hauptstraße in Richtung Innenstadt traben. Das tat er bei jedem Wetter, und wenn ich hier von jedem Wetter schreibe, dann meine ich das auch. Natürlich gibt es heute die eine oder andere Diskussion zu diesem Thema, ob es nicht zu heiß sei, bei vierzig Grad auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Stephansdom zu stehen und darauf zu warten, dass weitgereiste Touristen und deren Anhang, eine kleine Rundfahrt durch die Wiener Innenstadt machen wollen. Der schöne Gerhard war keiner jener, der eine solche Diskussion zu führen gedachte. Er wusste, dass es seine Pferde gut hatten, denn er war ja für sie verantwortlich. Und wenn er sie nicht gut behandeln würde, dann würden sie auch nicht die Leistung bringen, die er von ihnen und die er auch von sich selbst erwartete. Die Tage im Sommer waren immer lange Tage. Sie begannen früh und endeten spät. Da war es im Winter schon von Vorteil, dass es weitaus später hell und ebenso weitaus früher dunkel wurde. Die Kälte machte den Tieren zwar weniger aus als die Hitze, trotzdem empfanden sie es als angenehm, wieder zurück in den Stall geführt zu werden. Zumindest empfand es der schöne Gerhard so, und Nichts ließ er über seine Tiere kommen.

Aber auch nicht über seinen Whiskey, der sich im bis zum Rand gefüllten Flachmann befand und von dem er überzeugt war, dass es einer der besten, wenn nicht der beste war. Was sich aber wirklich in dem metallenem Behältnis befand, hatte bisher niemand herausgefunden, jeder der kosten hatte dürfen, schien weder begeistert noch enttäuscht zu sein und somit ließ man dem schönen Gerhard seine Freude damit und stieß wieder mit dem nächsten Bier mit ihm an. Wie alt genau der schöne Gerhard war, ist nicht überliefert. Natürlich ändert sich dieser Zustand zumindest einmal im Jahr, ich kann mich aber an keine Gelegenheit erinnern, bei welcher sein Alter ein Thema war. Er war aber, und das kann ich ohne jegliche Beschönigung sagen, nicht mehr der Jüngste. Und trotzdem hatte er, und das mehrere Jahre über, eine mindestens um dreißig Jahre jüngere Freundin. Man kann natürlich sagen: schön für ihn, sich freuen, oder aber darüber nachgrübeln, wieso sich die beiden denn gefunden hatten. Und da ist die Antwort eine recht einfache, eine die quasi auf der Hand liegt. Es waren die Pferde. Klischee hin oder her, die Pferde waren sozusagen der Eisbrecher, der – politisch unkorrekte – Dosenöffner. Ich weiß jetzt nicht mehr wie viele Jahre diese Beziehung gehalten hat, wie lange ich die beiden gemeinsam gesehen habe, waren es zwei, oder drei, oder war die Zeitspanne eine um Vieles kürzere und es kommt mir in der Rückschau nur so lange vor. Auf jeden Fall lief die Sache so lange, bis die junge Pferdeliebhaberin einen Jüngeren hatte; ob der sich für Pferde interessierte, ist nicht überliefert worden. Man muss jetzt aber sagen, dass das dem schönen Gerhard nicht wirklich das Herz gebrochen hat, zumindest zeigte er es nicht. Er war gut aufgelegt wie eh und je, der Schmäh lief und man konnte nicht wirklich behaupten, dass das Ende dieser Beziehung, ihm irgendwie zugesetzt hätte. Wobei, wenn ich so recht überlege, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass es ihm nicht egal gewesen ist, dass die ganzen Schmäh, die Witze und die Grimassen, die er schnitt, nur dazu dienten, für den Moment die ganze Angelegenheit zu vergessen.