Blutiger Schnee - Johannes Girmindl - E-Book

Blutiger Schnee E-Book

Johannes Girmindl

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Beschreibung

Ein Banküberfall, der nicht wie geplant abläuft, eine Geisel, die keine sein möchte und kein Handynetz. Das alles im Winter, der in Meidling ein völlig anderer ist, als in der Obersteiermark.

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Johannes Girmindl, 1978 in Wien geboren. Musiker und Schriftsteller, veröffentlicht im Eigenverlag Tonträger, schreibt unentwegt neue Lieder und Geschichten. Zuletzt erschienen: Simmering (2015), All inklusive (2016).

www.girmindl.at

Inhaltsverzeichnis

Der Epilog

Erster Teil

1 – Der Überfall

2 – Der Plan

3 – Die Geisel

4 – Die Flucht

5 – Die Fahrt

Zweiter Teil

6 – Die Wolken

7 – Die Hütte

8 – Die Schatten

9- Das Messer

10 – Die Waschung

Dritter Teil

10 – Die Angst

11 – Der Fluss

12 – Der Audi

13 – Das Finale

Der Epilog

Der Rabe hatte etwas entdeckt. Er war den halben Tag schon unterwegs gewesen, die Futtersuche gestaltete sich, gerade bei solch einem Wetter, als äußerst schwierig. Der Schneesturm hatte sich kurz nach der Mittagssonne gelegt und die wärmenden Strahlen ließen Zuversicht durch des Rabens Adern fließen. Trotzdem war es eisig kalt, und doch gebar das wärmende Licht den einen oder anderen Funken an Hoffnung. Dann setzte das Tier zum Sturzflug an, landete sanft neben seiner Entdeckung und stolzierte geradewegs auf seine Beute zu. Der Vogel blieb stehen und begann zu picken. Erst das eine Auge, dann das andere. Der Tote sah einen nun aus schwarzen, tiefen Höhlen an, ein stummer und leerer Ausdruck, der so gar nicht zu der hassverzerrten Fratze, die sein Gesicht ausmachte, passen mochte. Die Schneedecke, unter welcher der Körper teilweise begraben lag, hatte etwas Friedliches an sich. Mit ihrer eisigen Konsequenz hatte sie jegliche Spuren eines möglicherweise stattgefundenen Kampfes verwischt. Das getrocknete und mittlerweile gefrorene Blut, war nun eingeschlossen, zwischen den perfekt geformten Schneekristallen. Das Tier schien mit seiner kargen Mahlzeit zufrieden zu sein, denn es erhob sich in die Luft um zu einer Baumgruppe am Fuße einer Erderhebung zu fliegen, dort ließ er sich nieder und seinen Blick über die schneebedeckte Landschaft schweifen.

Erster Teil

1 – Der Überfall

Das Blatt Papier mit der Aufschrift, „Das ist ein Überfall!!! Kein Alarm, Geld in die Tasche!“ war etwas zerknittert. Entweder hatte es Martin Laban in Eile eingesteckt, oder er war doch angespannter gewesen, als er zugeben wollte, und hatte die ganze Zeit über daran herumgefingert. In diesem Moment hätte es aber keinen Unterschied gemacht, wäre das Blatt auch säuberlich gebügelt gewesen. Der Mittzwanziger, standesgemäß im schwarzen Hemd inklusive gelber Krawatte, wurde bleich, als hätte er tagelang schon unter einer Fischvergiftung zu leiden. Seine Hand zitterte ein wenig, als er den Knopf unter seinem Pult drückte. „Kein Alarm“, hatte er gerade die ungelenke Handschrift entziffert und dennoch löste er ihn aus. Zu hören war dieser zwar nicht, zu sehen sehr wohl. Im Büro seines Vorgesetzten leuchtete das rote Signal auf, sodass der den Alarm bestätigen und somit weiterleiten konnte; nachdem er sich selbst vergewissert hatte, dass etwas wohl nicht in Ordnung sei. Ein Blick quer durch den Kassenraum zeigte ihm, dass hier etwas nicht stimmte. Der Mann im schwarzen Anorak hielt eine Waffe in der Hand. Ein zweiter stand neben der Eingangstüre. Er konnte beobachten wie Alfred Zwiller den Kassenmechanismus betätigte und eine große Anzahl an Scheinen in eine dunkelblaue Ledertasche zu schaufeln begann. Alfred Vorner bestätigte den Alarm und verhielt sich still hinter seinem Spion. Es musste nicht sein, dass er sich in das Geschehen auch noch einmischte. Möglicherweise würden die beiden mit gefüllter Tasche ohnehin gleich wieder die Bank verlassen, und so kurze Zeit vor der Pension hatte er einfach keine Lust mehr darauf, den Helden zu spielen. Er hatte noch ein gutes halbes Jahr vor sich, das konnte er vollkommen zufrieden auch in seinem Büro verbringen. Auch wenn es seiner Frau zwischenzeitlich wohl egal war, ob er in etwaige Turbulenzen während der Ausübung seines Berufes verwickelt wurde. Sie verbrachte ihr Leben mittlerweile auf Gran Canaria, bei einer Urlaubsbekanntschaft. Getrennte Urlaube hatten ihre Ehe wieder in die Gänge gebracht, nachdem eine länger Durstrecke hinter den beiden gelegen hatte. Eine halbjährige Paartherapie hatte sie wieder näher zueinander geführt, und einige Änderungen ihrer sonstigen Gewohnheiten zur Folge. Der Schlussstrich kam kurz und bündig, in Form eines Telegramms, mit der knappen, aber aussagekräftigen Botschaft, „Ich komme nicht mehr zurück, Nora“.

Nun kam etwas Leben in die Situation im Kassenraum. Radinka Vukic, 73 und seit den frühen Sechziger Jahren in Wien lebend, betrat die Filiale und hatte den Wachmann, der seinen Dienst vor dem Eingang der Bank tat, im Schlepptau. Er wurde dazu verdonnert, ihren Einkaufswagen nachzubringen, da Radinka Vukic ansonsten nicht durch die etwas knapp bemessene, automatische Türe konnte.

„Es zwickt ma immer den Wagerl ein“, sagte sie, mit übertriebener Betonung auf das L. Sie steuerte auf den einzigen besetzten Schalter zu und blieb knapp hinter Martin Laban stehen.

„Tuns ihna sich beeilen bitte, ich muss weiter.“

In dem Moment, in dem sich Laban umdrehte, erblickte der Wachmann die Waffe in seiner Hand und ließ seine eigene blitzschnell zu seiner Pistole schnellen. Der Schuss streckte ihn zu Boden. Egon Beier, der sich seit dem Betreten der Beiden noch mehr im Hintergrund gehalten hatte, reagierte umgehend, als er die Absicht des Uniformierten bemerkte.

„Jessasmaria.“

„Ok, ok. Ab sofort die Hardcoreversion. Alle halten die Goschn, niemand rührt sich. Du füllst weiter an, und sie stellen sich da her.“

Laban musste mit seiner Nervosität kämpfen. Dass die Situation diese Wendung nahm, war nicht geplant gewesen, jetzt musste er improvisieren. Ein Toter war nicht vorgesehen gewesen. In seinem Büro überlegte unterdessen der Filialleiter, was er nun tun konnte, um sich selbst aus der Gefahrenzone zu bringen. Die Fenster konnte er nicht öffnen, sie waren allesamt gesichert, durch den Kassenraum zu laufen, war wohl auch keine gute Idee. Der Tresorraum im Keller war eine Möglichkeit. Er war so verschließbar, dass er von außen nicht mehr zu öffnen war. Es war eine Überlegung wert.

Der Schuss war ein Zufallstreffer gewesen. Beier hatte noch nie in seinem Leben zuvor eine Waffe bedient. Er hatte, auch aus Ermangelung einer Alternative, einfach abgedrückt. Die Kugel musste direkt das Herz getroffen haben. Ein Blattschuss. Aus dem Hinterhalt.

Die Türschnalle bewegte sich leicht, nur kein Geräusch. Dann geradeaus und die Stufen hinunter zu den Schließfächern. Am Treppenabsatz bemerkte er, dass hinter ihm geschrien wurde und Alfred Zwiller mittlerweile nur wenige Stufen von ihm entfernt denselben Weg eingeschlagen hatte. Auf seinem Weg nach unten begegnete er, der jungen Kollegin, die wohl gerade die Toilette aufgesucht haben musste.

„Frau Bauer, schnell.“

„Was ist los da oben, ich hab einen Knall gehört.“

„Ned reden, wir müssen da rein.“

Laban sprang über den Geldausgabeschalter, drehte sich zu Beier um und rief ihm zu: „Du bleibst da, lass kan einer. Setz dir des Kapperl von dem Trottel auf und sag, es is zua wenn wer kommt.“ Dann hetzte er dem flüchtenden Kassier nach. Er selbst wollte keinen Schuss abgeben, nicht einmal einen zur Warnung. Er wusste, dass wenn er von seiner Waffe gebrauch machen würde, es, im Falle einer Festnahme, noch schlimmer um ihn stand. Somit stand er kurz darauf vor einer verschlossenen Stahltür im Schließfachraum. Er versuchte zwar, sie zu öffnen, gab aber gleich wieder auf, da er die Sinnlosigkeit seiner Aktion erkannte.

2 – Der Plan

„Das ist narrensicher, ihr könnts mir das ruhig glauben.“

„Möglich, ist ohnehin egal, wir brauchen die Marie.“

„Und was mach ich dabei?“

„Du machst gar nix, du bist unser Alibi. Wir waren bei dir, die ganze Nacht und ham unsern Spaß ghabt.“

„Ja, das kann ich mir vorstellen. Und wenn die Kieberer kommen?“

„Dann sind wir alle im Bett und schnarchen.“

„Klingt gut, hoffentlich haut das auch hin.“

„Sicher, was kann da sonst schon passieren. Schau, wir ziehen das durch, verstecken das Geld und dann kommen wir her, lassen uns volllaufen, damit die glauben, wir sind von gestern noch fett.“

„Klar, das hab i schon verstanden. Und wenns mi fragen, was los war?“

„Na dann erzählst du ihnen, dass wir da waren, a bissl Party gemacht haben und dann sind wir zu dritt ins Bett, das wirst ja wohl schildern können.“

„Das kann i sicher, wäre ja ned das erste Mal.“

„Na eben.“

„Und wenn euch was passiert?“

„Geh bitte, was soll schon passieren? Wir gehen dort rein und in drei Minuten sind wir wieder draußen. Bis die Kieberei da ist, sind wir schon längst weg.“

Die Idee selbst, war schnell am Tisch, die Notwendigkeit einer Finanzspritze nicht zu leugnen gewesen, und da