Als gäbe es kein Morgen - Johannes Girmindl - E-Book

Als gäbe es kein Morgen E-Book

Johannes Girmindl

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Beschreibung

Was würden Sie tun, wenn Sie erfahren würden, dass Sie nur noch wenige Tage zu leben hätten? Eine Frage, der sich nicht nur Angelika S. stellen muss.

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Inhaltsverzeichnis

Montag

Die Nachricht

Kapitel S

Kapitel K

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel K

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel S

Kapitel K

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel S

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel K

Dienstag

Kapitel M

Kapitel S

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel K

Kapitel S

Kapitel M

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel S

Kapitel K

Mittwoch

Kapitel B

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel K

Kapitel S

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel B

Kapitel K

Kapitel S

Kapitel F

Kapitel M

Kapitel B

Kapitel S

Kapitel K

Die Nachricht

MONTAG

Die Nachricht

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Sie kam an diesem Montagmorgen unerwartet durch das Radio. Was trotz aller Dramatik die Nachricht relativierte, war, dass die Welt sich ohnehin gerade wieder am Rande des Abgrunds befand. Die rechte Faust ballte sich über der nördlichen Halbkugel, der südliche Teil versuchte sich gegenseitig an Unmenschlichkeit zu überbieten, schlachtete sich gegenseitig ab, und der Rest versank in Fluten, Waldbränden, verdorrten Feldern und anderen apokalyptischen Szenarien. Es gab also ohnehin kein Entkommen aus dem Wahnsinn. Die Stimme aus dem Radiogerät hatte kurz und bündig darüber informiert, dass jegliches Leben auf der Erde binnen drei Tagen ausgelöscht sein werde, man diese Information schon Monate im Vorhinein gewusst habe, sich die vereinten Nationen aber – um eine verständliche Panik mit all den zu erwartenden Folgen zu vermeiden – dazu entschlossen hatten, diese Information erst kurz vor Ablauf der Frist zu veröffentlichen. Nein, es gab kein Zurück, nein, es gab keine Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen. Die Zuhörer wurden dazu aufgefordert die letzten Tage und Stunden noch dazu zu nutzen, um mit sich ins Reine zu kommen, etwaige Verwandte zu besuchen, Offenes zu klären. Etwaige Nachlässe seien ein zu vernachlässigendes Thema. Gehen Sie in sich, sagte die Stimme, um nach einem kurzen Moment der Stille wieder die übliche Radiomusik auf die Zuhörer loszulassen.

S

Angelika S drückte ihre Morgenzigarette im Aschenbecher aus. Dann nahm sie einen Schluck von ihrem mittlerweile kalt gewordenen Kaffee. Die Tageszeitung, die sie seit geraumer Zeit vor die Wohnungstür zugestellt bekam, hatte sie offen vor sich liegen. Nicht einmal bis zur Hälfte war sie gekommen. Nun, zahlte es sich überhaupt aus sich jeden Tag zu informieren? Waren die Themen des Tages nicht die gleichen wie am Vortag und folgten in kühler Routine am nächsten Morgen ohnehin wieder? Der letzte Beitrag der Nachrichten aus dem Radio hatte sie aufblicken und kurz inne halten lassen. Wovon war die Rede gewesen, die letzten Tage der Menschheit? War es eine Ankündigung für eine Aufführung gewesen, ein Scherz, damit überprüft werden konnte wie viele Menschen überhaupt zuhörten? Mussten nicht die Telefonleitungen des Senders jetzt glühen ob der vielen Anrufer, die genau das erfahren wollten? Es war eine Nachricht, nichts weiter, eine Nachricht von vielen, die Angelika S nicht sonderlich ernst nehmen konnte. Denn hätte sie auch nur einen geringen Wahrheitsgehalt, wäre sie höchstwahrscheinlich ohnehin verschwiegen worden. Man müsste sich nur einmal all die Panik vorstellen, die ausbrechen würde, die öffentliche Ordnung würde darunter leiden, keine Frage. Die nationale Sicherheit würde in so einem Fall auf dem Spiel stehen. Der Mensch an sich war ja schon lange nichts mehr gewohnt. Schreckliche Ereignisse fanden an weit entfernten Orten der Welt statt, die Berichte aus den Medien glichen Treatments für Katastrophenfilme, und wurde es einem zu viel, konnte man ganz einfach abschalten. Es konnte also nur so etwas wie Werbung gewesen sein, wenn auch, und das musste sie insgeheim zugeben, eine handwerklich gut gemachte. Kurz erinnerte sie sich an diese Episode mit Orson Wells´ Krieg der Welten. Nun, heute würde so etwas wohl nicht mehr funktionieren. Die Menschen hatten mittlerweile schon alles gehört oder gesehen, glaubten grundsätzlich an nichts mehr und wenn, dann an das Falsche. Scharlatane und Rattenfänger hatten Hochkonjunktur und bedienten sich am Vertrauen und der Leichtgläubigkeit ihrer Mitmenschen, füllten ihre Taschen und Konten und ließen die treue Schar an Gläubigen für ihr eigenes Wohl bluten. Andrerseits konnte man auch sagen, dass es im Eigentlichen wie immer war, nur effektiver.

Angelika S erhob sich von ihrem Küchentisch, brachte das Kaffeehäferl zur Abwasch und machte sich in Unterwäsche in ihr Badezimmer auf. Dort entledigte sie sich ihres Slips und stieg unter die Brause, die sie erst, als sie direkt darunter stand, aufdrehte. Sie liebte den kurzen Schock, wenn im ersten Moment eiskaltes Wasser auf ihre Haut traf.

K

Christian K. hatte wieder einmal vergessen seinen Wecker zu stellen. Trotz all der Post-its und Gedächtnisstützen, die er in den Räumen seiner Wohnung angebracht hatte, war es ihm, wie so oft, entfallen, die kleine Eieruhr aufzuziehen. Nun saß er, vornübergebeugt auf seiner Toilette und schlief seit kurz nach sieben Uhr morgens. Die Stimme der Nachrichten-sprecherin war durch die geschlossene WC-Türe leise an sein Ohr gedrungen, technisch also hatte er sie vernommen. Darauf reagieren konnte er nicht, war er doch, kurz nachdem er die Toilette betreten und sich nach Herunterlassen seiner Pyjamahosen gesetzt hatte, in einen tiefen Schlaf der Entspannung gefallen.

B

Seine Gedanken befanden sich seit all den Jahren in einem geschlossenen Raum und kreisten um sich selbst. In keiner Minute, die seit jenen Ereignissen vergangen waren, hatten sie sich losgelöst vom einzigen Zweck ihres Daseins: Rache. Das, was man ihm angetan hatte, suchte nicht nach Vergebung. Er war nicht dazu da, um Ablass zu gewähren, um eine Entschuldigung anzunehmen, um Großzügigkeit walten zu lassen. Seine Daseinsberechtigung war seit besagter Episode seines Lebens nur noch die eine: er musste einen Weg finden, sich Befriedigung zu verschaffen. Seine Gedanken, die immer noch um sich selbst und die eine Sache kreisten, waren dabei ihren Frust zu potenzieren. Mit jeder Umdrehung um ihre eigene Achse, die sie wie Gestirne am Firmament ihre Bahnen ziehen ließen, steigerten sie ihre Bereitschaft, den letzten Weg einer Klärung dieser Angelegenheit zu beschleunigen. Es war an der Zeit, die Sache zu einem Ende zu bringen. Wann, wenn nicht jetzt. Die Umstände und die immer weniger werdende Zeit, die noch verblieb, unterstützten das waghalsige Unterfangen und räumten jegliche Vorbehalte aus dem Weg. Um Überlegungen und vernünftige Abwägungen anzustellen war es nun zu spät. Und warum sollte er in dieser Situation klein beigeben. Die Konsequenzen würden in diesem Fall vernachlässigbar sein. Wenn es überhaupt zu welchen kommen sollte.

F

Sie saß im Auto, als sie die ominöse Nachricht vernahm. Ihr Herz raste. Nicht, dass sie das nicht gewohnt war, ihr Herz begann immer wieder heftig zu schlagen, wenn sie überrascht wurde, positiv wie negativ. Doch diesmal war es anders. Jetzt war es eingetroffen, das, was sie schon so oft in Gedanken durchgespielt hatte. Trockentraining für den eigenen Tod. So oft hatte sie sich überlegt, was sie tun würde, wenn sie wüsste, dass sie nur noch für kurze Zeit zu leben hatte. Sie hatte sich einen genauen Fahrplan zurechtgelegt. Sie würde wissen, was zu tun war. Die Nacht war lange gewesen. Einige ihrer Patienten hatten wieder geläutet, als gäbe es kein Morgen. Sie musste jetzt kurz schmunzeln bei diesem Gedanken: als gäbe es kein Morgen. Wer hatte diesen Satz wohl als erstes gesagt. War dieser Person bewusst gewesen, was er bedeutete? War der Sinn überhaupt je jemandem bewusst gewesen, wenn er oder sie diese Worte aussprach? Sie schaltete das Radio ab und versuchte sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Drei Straßen noch, dann würde sie sich einen der zahlreichen Parkplätze suchen, die zu dieser Zeit leer standen, da der Rest der Bewohner ihres Blocks sich auf dem Weg zur Arbeit befand.

M

Bernhard M hatte den halben Tag verschlafen. Er öffnete müde seine Augen drehte seinen Kopf auf dem Polster zur Wand und vermied so, dass ihm die Sonne durch das geöffnete Fenster direkt ins Gesicht schien. Es war ein langer Abend gewesen. Ein langer Abend vor dem Fernsehgerät und ein langer Abend mit seinen üblichen Begleitern. Die Flaschen auf dem kleinen Wohnzimmertisch hatten tapfer um ihren Platz gekämpft, die letzten hatten es nur bis auf den Teppich geschafft und standen nun im Abseits wie verschmähte Liebschaften. M rieb sich die Augen. Gott sei Dank hatte er vor kurzem das Rauchen aufgegeben. Die Zigaretten hatten das Pochen jeden Morgen in seinem Schädel potenziert. Seitdem er nicht mehr rauchte, konnten die Nächte wieder länger sein. Ms rechte Hand fuhr an seinem Bauch hinab und suchte nach seiner Morgenlatte. Selbst wenn er viel getrunken hatte, begrüßte sie ihn mit verlässlicher Stärke. Er rieb kurz daran um es gleich wieder sein zu lassen, seine Phantasie wollte noch nicht Teil seiner morgendlichen