Briefe an Olympias und Papst Innocentius - Johannes Chrysostomos - E-Book

Briefe an Olympias und Papst Innocentius E-Book

Johannes Chrysostomos

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Beschreibung

In einer Auswahl der wichtigsten patristischen Werke müssen ohne Zweifel auch die Briefe des heiligen Chrysostomus vertreten sein, denn sie erheben gerechten Anspruch auf unser Interesse als reichhaltige Quellen für die damalige Geschichte der Kirche, als Beiträge zur Charakteristik des ehrwürdigen Verfassers, als ergiebige Fundgruben christlicher Lebensweisheit, ihrer formalen Vorzüge nicht zu gedenken. Selbstverständlich gehören dazu auch die Werke, die Chrysostomos während des Quasimartyriums einer dreijährigen Verbannung verfasst hat, und die sich vielfach zu Erbauungsschriften gestalteten. So ist es besonders mit den Briefen an Olympias, die einen reichen Schatz gesunder Aszese bergen und namentlich das Thema von der Heilsamkeit der Leiden in vielen Variationen und auf die ansprechendste Weise behandeln. Die heilige Diakonissin Olympias hingegen, an welche er siebzehn Briefe gerichtet hat, wird uns als eine in jeder Beziehung hervorragende Persönlichkeit geschildert. Sie war aus edlem Geschlecht, Enkelin des Ablavius, Obersten der kaiserlichen Leibwache unter Konstantin dem Großen. Nachdem sie schon in früher Kindheit ihre noch heidnischen Eltern verlor, hatte sie das Glück, dass die fromme Theodosia, Schwester des heiligen Amphilochus, sich ihrer mütterlich annahm. Als Erbin unermeßlicher Reichtümer, als vielbewunderte Schönheit, und zugleich geschmückt mit den herrlichsten Vorzügen des Herzens und des Geistes, wurde sie schon in zarter Jugend von hochgestellten Männern zur Ehe begehrt.

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Seitenzahl: 218

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Briefe an Olympias und Papst Innocentius

 

JOHANNES CHRYSOSTOMOS

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Briefe an Olympias und Papst Innocentius, J. Chrysostomos

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660154

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort2

An Innocentius von Rom... 4

Einleitung. 4

Erster Brief.6

Zweiter Brief.13

An Olympias. 15

Einleitung. 15

Erster Brief.18

Zweiter Brief.27

Dritter Brief.48

Vierter Brief.72

Fünfter Brief.76

Sechster Brief.80

Siebenter Brief.88

Achter Brief.90

Neunter Brief.91

Zehnter Brief.92

Elfter Brief.93

Zwölfter Brief.94

Dreizehnter Brief.96

Vierzehnter Brief.105

Fünfzehnter Brief.107

Sechzehnter Brief.109

Siebenzehnter Brief.117

Fußnoten. 119

 

Briefe an Olympias und Papst Innocentius

 

Bibliographische Angaben:

 

Vorwort zu den Briefen In: Ausgewählte Schriften des heiligen Chrysostomus, Patriarch von Konstantinopel. Übersetzt von Dr. Matthias Schmitz. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 13), Kempten 1879. Unter der Mitarbeit von: Rudolf Heumann.

 

Titel Version: Briefe an Olympias und Papst Innocentius Sprache: deutsch Bibliographie: Briefe an Olympias und Papst Innocentius Bibliographie: Ausgewählte Schriften des heiligen Chrysostomus, Patriarch von Konstantinopel. Übersetzt von Dr. Matthias Schmitz. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 13), Kempten 1879. Unter der Mitarbeit von: Uwe Holtmann und Rudolf Heumann.

 

 

 

 

Vorwort

 

 In einer Auswahl der vorzüglichsten patristischen Werke müssen ohne Zweifel auch die Briefe des heiligen Chrysostomus vertreten sein. Denn sie erheben gerechten Anspruch auf unser Interesse — als reichhaltige Quellen für die damalige Geschichte der Kirche, als Beiträge zur Charakteristik des ehrwürdigen Verfassers, als ergiebige Fundgruben christlicher Lebensweisheit, ihrer formalen Vorzüge nicht zu gedenken.

Ein Bischof voll apostolischer Kraft, Patriarch von Konstantinopel, unerreichter Meister in der kirchlichen Beredsamkeit, war der heilige Chrysostomus damals Hauptrepräsentant des kirchlichen Rechtes und kirchlichen Geistes. Seine Schicksale laufen vollständig parallel mit den Schicksalen der morgenländischen Kirche jener Zeit: und darum liefern manche seiner Briefe ein getreues Abbild ihres jeweiligen Zustandes. Man sieht hier die Versuche der Staatsgewalt, ränkevoller Weiber und verweltlichter Bischöfe, die Selbstständigkeit der Kirche zu untergraben, sieht besonders durch schismatische, simonistische oder gewaltsam eingedrungene Bischöfe eine namenlose Verwirrung über die Heerde Christi hereinbrechen, sieht aber auch das Volk von den lebhaftesten Sympathien für Chrysostomus erfüllt und das Prinzip der kirchlichen Gemeinschaft, namentlich den innigen Zusammenhang mit dem apostolischen Stuhle auf’s Schönste bewährt.

Und was ist das für ein erhabener und zugleich liebenswürdiger Charakter, der sich in diesen Briefen abspiegelt! Dieser große Mann bleibt unter der Wucht der schwersten Leiden immer derselbe unbeugsame Vertheidiger des kirchlichen Rechtes, immer ein Bischof im vollsten Sinne des Wortes. Die mannigfachen Widerwärtigkeiten eines harten Exils, die Beschwerden der mühseligsten Reisen durch unwirthliche Gegenden, und zwar bei fortwährender Kränklichkeit, die Furcht vor den räuberischen Horden wilder Stämme und vor feindlich gesinnten Bischöfen, der Gram über das Verderben so vieler Gemeinden — Das alles ist nicht im Stande, seine Standhaftigkeit zu erschüttern, noch auch seine Ruhe und sein Gottvertrauen zu stören. Ja, er fühlt sich mitten in seinem Elend stark genug, um nicht nur seine Freunde in Konstantinopel durch ausführliche Trostschreiben zu ermuthigen, sondern auch sich mit großartigen Missionsplänen zu beschäftigen. Der dreizehnte Brief an Olympias gibt Andeutungen, wie sehr er sich die Reinerhaltung des Christenthums unter den Gothen und seine Verbreitung unter den Persern angelegen sein ließ.

Es ist leicht zu begreifen, daß die Briefe eines solchen Mannes, geschrieben während des Quasimartyriums einer dreijährigen Verbannung, sich vielfach zu Erbauungsschriften gestalteten. So ist es besonders mit den Briefen an Olympias, die einen reichen Schatz gesunder Aszese bergen und namentlich das Thema von der Heilsamkeit der Leiden in vielen Variationen und auf die ansprechendste Weise behandeln.

Was die formale Seite der mitgetheilten Briefe angeht, so hat der „Goldmund“ auch hier seine Vorzüge als geistlicher Redner nicht verleugnet. Man vermißt weder die Meisterschaft in der Handhabung der Sprache, noch die oratorische Fülle, noch die wunderbare Fertigkeit in der Durchführung paradoxer Sätze. Zum Verstand und zum Gemüth spricht er mit derselben eindringlichen Kraft. Er zeigt sich auch hier als der feinste Kenner des menschlichen Herzens und als der gediegenste Erklärer der heiligen Schriften. Deßhalb verzeiht man ihm gerne die gewohnte Weitschweifigkeit des Ausdrucks und einige Mängel in der Disposition, die um so eher zu entschuldigen sind, weil er eben einen Brief und nicht eine streng gegliederte Abhandlung schreiben wollte. — Von den 238 auf uns gekommenen Briefen des heiligen Chrysostomus, die sämmtlich aus der Zeit seiner zweiten Verbannung (404—407) stammen, bieten wir hier nur die zwei Briefe an Papst Innozentius und die siebzehn an Olympias. Jene sind mehr als Geschichtsquellen, diese dagegen hauptsächlich als Erbauungsschriften von Werth. Die meisten andern sind weniger bedeutend nach Inhalt und Umfang. Die Zeit der Abfassung ist bei den meisten nicht mit Sicherheit festzustellen, weßhalb sie gewöhnlich in einer lediglich durch das Herkommen sanktionirten Ordnung abgedruckt werden. Wir haben im Allgemeinen die von Montfaucon in der Maurinerausgabe beobachtete Reihenfolge innegehalten und nur nach dem Vorgange einiger Herausgeber dem bei Montfaucon an vierter Stelle mitgetheilten Briefe an Olympias die sechszehnte angewiesen. Soll nämlich in etwa wenigstens die Zeit der Abfassung maßgebend sein, so ist diese Ordnung jedenfalls mehr berechtigt: Das beweis’t die Erwähnung des Buches: ὅτι τὸν ἑαυτὸν μὴἀδικοῦντα οὐδεὶς παραβλάψαι δύναται (Quod nemo laeditur nisi a seipso) und des Aufenthalts in Arabissus (16. Brief an Ol. § 4).

Der Text der Maurinerausgabe ist von Lomler (Rudolfstadt 1840) nach einem bis dahin unbenutzten Codex der Münchener Bibliothek an manchen Stellen verbessert, übrigens wenig verändert worden. Durchgehends nach diesem rezensirten Text ist die vorliegende Übersetzung angefertigt. Wo es zum Verständniß erforderlich schien, sind Anmerkungen, häufiger jedoch kurze erklärende Zusätze in eckigen Klammern beigefügt.

 

 

 

An Innocentius von Rom

 

Einleitung

 

In dem ersten Briefe an Papst Innocentius, geschrieben im Jahre 404, berichtet der heilige Chrysostomus über seine Absetzung und Vertreibung in Konstantinopel.

Daß der große und heilige Bischof, der gewaltige Redner und Abgott des Volkes schon im sechsten Jahre seiner Amtsführung abgesetzt und verbannt wurde, dazu wirkten verschiedene Ursachen zusammen: die Ungnade des Hofes, die Feindschaft des alexandrinischen Bischofs Theophilus, die Erbitterung der von Chrysostomus bestraften oder strenge behandelten Mitglieder seines Klerus und endlich die Rachsucht einiger durch seine Dazwischenkunft abgesetzter Bischöfe.

Anfangs bei Hofe sehr gut angeschrieben, zog er sich allmählig durch seine strengen Predigten, in denen er auch die Laster der Vornehmen auf’s Schärfste rügte, die Feindschaft der Kaiserin zu. Insbesondere konnte sie ihm nicht verzeihen, daß er die Aufstellung ihrer Bildsäule ernstlich tadelte und sich ein anderes Mal (wie erzählt wird) Andeutungen gestattete, wodurch sie mit Herodias in Parallele gesetzt wurde. Es versteht sich, daß eine Menge vornehmer Damen, unter denen Marsa, Castricia und Eugraphia genannt werden, die Kaiserin in ihrer feindseligen Gesinnung bestärkte und Ränke schmieden half gegen den unbequem gewordenen Patriarchen.

Bald ergab sich eine schickliche Gelegenheit, an ihm Rache zu nehmen. Dazu bot nämlich Theophilus von Alexandrien, dem heiligen Chrysostomus schon seit Jahren nicht hold, mit Freuden die Hand. Theophilus sollte sich auf Geheiß des Kaisers in Konstantinopel wegen einiger schwerer Anklagen verantworten, welche von ägyptischen Mönchen, die er ungerechter Weise gebannt und vertrieben hatte, gegen ihn waren erhoben worden. Er kam erst nach Jahresfrist (403), und inzwischen hatte sich, wie er wohl wußte, Chrysostomus bei Hofe mehr und mehr mißliebig gemacht. Das wollte er benutzen.

Begleitet von einer Anzahl ägyptischer Bischöfe, die ihm ganz ergeben waren, zog er im Frühling des Jahres 403 in Konstantinopel ein.1 Durch Bestechungen und durch Intriguen aller Art wußte er sich hier bald eine bedeutende Partei zu schaffen. Nicht bloß am Hofe, sondern auch unter den Geistlichen fand er großen Anhang. Denn die Strenge, mit welcher Chrysostomus gegen ihre Nachläßigkeit im heiligen Dienste, gegen ihre Ueppigkeit und Genußsucht und besonders gegen das anstößige Zusammenleben mit gottgeweihten Jungfrauen eingeschritten war, hatte viele Geistliche gegen ihn erbittert. So kam es, daß zwei abgesetzte Diakonen sich sogar als Kläger gegen ihren Bischof gebrauchen ließen.

Einige Bischöfe aus Kleinasien waren im Jahre 402 auf einem Konzil zu Ephesus, wo Chrysostomus den Vorsitz geführt hatte, wegen Simonie ihres Amtes entsetzt worden. Auch sie halfen die Partei des Theophilus verstärken. Er hatte nun 36 Bischöfe auf seiner Seite, und diese versammelte er zu der berüchtigten Synode ad quercum, vor den Thoren von Chalcedon. Hier fühlte er sich sicherer als in Konstantinopel, wo das Volk dem heiligen Chrysostomus sehr zugethan war. Dieser hatte sich inzwischen mit 42 treugebliebenen Bischöfen ebenfalls zu einer Synode vereinigt. Ueber die von Seiten jenes Afterkonzils an ihn ergangene Vorladung, über seine Weigerung zu erscheinen, seine Absetzung, Vertreibung und schnelle Rückkehr verbreitet sich der erste der beiden mehrerwähnten Briefe. Theophilus machte sich bald heimlich aus dem Staube. Die Synode ad quercum setzte ihre Sitzungen fort; denn Chrysostomus mußte nun einmal unschädlich gemacht werden. Er blieb noch in der Stadt bis nach Pfingsten des folgenden Jahres. Der erste Brief an Innocenz muß bald nach den scandalösen Vorfällen des Ostersamstags geschrieben sein, von denen er eine ergreifende Schilderung gibt. Chrysostomus war inzwischen ein Gefangener in seinem eigenen Hause.

Etwa zwei Wochen nach Pfingsten (404) trat er seine zweite Verbannung an, aus welcher er nicht mehr heimkehrte. — Der zweite Brief stammt aus dem dritten Jahre seines Exils. Damals befand sich Chrysostomus wahrscheinlich in Kukusus, einem Städtchen Cappadociens. — Obgleich die Adresse beider Briefe auf den römischen Bischof Innocentius lautet, redet der Verfasser im Texte zur Mehrheit. Sie sollten jedenfalls auch andern Bischöfen Italiens zugestellt werden. Eine Note bei Palladius besagt: „Dieses Schreiben ist auch gerichtet an Venerius, Bischof von Mailand, und an Chromatius, Bischof von Aquileja.“

 

 

 

 

Erster Brief.

 

1.

 

Dem römischen Bischof Innocentius, meinem ehrwürdigsten Herrn, dem gottseligen Bischof Innocentius Gruß im Herrn von Johannes.  

Zwar glaube ich, daß ihr schon vor Ankunft meines Schreibens von dem Frevel gehört habt, der hier verübt worden ist; denn Das, was hier vorgekommen, ist so schrecklich, daß es fast kein Land in der bewohnten Welt gibt, wo nicht die Kunde von dem entsetzlichen Trauerspiel hingedrungen wäre; und das Gerücht hat diese Ereignisse selbst bis an die Grenzen der Erde hingetragen und überall große Trauer und Klagen hervorgerufen. Weil aber unsere Zustände nicht bloß Wehklagen, sondern auch Besserung fordern, und weil darauf Bedacht zu nehmen ist, diesem gewaltigen Sturm, der die Kirche heimsucht, ein Ziel zu setzen: darum habe ich für nothwendig gehalten, meine ehrenwerthen Herren, die frommen Bischöfe Demetrius, Pansophius, Pappus und Eugenius zu bestimmen, ihre eigenen Gemeinden zu verlassen und sich auf das weite Meer hinauszuwagen, die lange Reise zu unternehmen und zu euch hinzueilen, Alles genau zu berichten und möglichst schnelle Abstellung der Übelstände in’s Werk zu setzen. Auch habe ich ihnen meine ehrenwerthen und theuren Diakonen Paulus und Cyriakus als Begleiter mitgegeben und will nun selbst brieflich das Geschehene in Kürze mittheilen.

Gegen Theophilus, der mit der Leitung der Kirche von Alexandrien betraut ist, waren bei dem gottesfürchtigen Kaiser einige Klagen eingelaufen, weßhalb dieser ihn aufforderte, sich ohne Begleitung hierher zu verfügen. Theophilus erschien aber mit einem Gefolge von ägyptischen Bischöfen in beträchtlicher Anzahl, als ob er von vornherein bekunden wollte, daß er gekommen sei, um Krieg zu führen und einen Kampf zu beginnen. Angekommen in der großen und fromm gesinnten Stadt Konstantinopel hat er es dann unterlassen, nach der Gewohnheit und alt hergebrachten Ordnung die Kirche zu besuchen, er ist nicht mit mir zusammengekommen, hat nicht mit mir gesprochen und hat auch die Gemeinschaft des Gebetes und des heiligen Abendmahles gemieden. Er ist vielmehr, nachdem er das Schiff verlassen hatte, an den Pforten der Kirche vorüber geeilt und hat ausserhalb der Stadt seine Wohnung genommen; und obgleich ich ihn sowohl als seine Begleiter oft und dringend ersuchte, bei mir abzusteigen (es war nämlich Alles in Bereitschaft, Wohnungen und was sonst dazu gehörte), kamen weder sie noch er meiner Einladung nach. Mich erfüllten diese Erfahrungen mit großer Besorgniß und Verlegenheit, da ich nicht einmal einen Grund für diese ungerechte Feindseligkeit zu finden vermochte. Gleichwohl wurde von meiner Seite Nichts versäumt. Ich that, was Pflicht und Anstand erheischten; ich lud ihn wiederholt ein, mich zu besuchen und mir zu sagen, was ihn doch bewogen habe, sofort einen solchen Krieg zu eröffnen und in einer so großen Stadt den Samen der Zwietracht auszustreuen.

Da er sich nun aber nicht verantworten wollte, und andererseits seine Kläger ungestümer wurden, beschied mich der gottesfürchtige Kaiser zu sich und gab mir den Auftrag, mich zur Wohnung des Theophilus zu begeben und zu hören, was gegen ihn vorgebracht wurde. Man legte ihm nämlich gewaltthätige Angriffe, Mord und vieles Andere zur Last. Allein ich habe dieses Richteramt nicht angenommen, sondern sogar mit der größten Entschiedenheit ausgeschlagen. Denn ich kannte gar wohl die Gesetze der Väter; ich ehrte und achtete auch den Mann und ich besaß einen Brief von ihm, des Inhalts, es sei nicht zulässig, die gerichtlichen Klagen und Verhandlungen über die Grenzen der Provinz hinaus zu ziehen, und was in dieser oder jener Provinz vorgekommen, müsse auch in derselben Provinz erledigt werden. Um jetzt aber seine frühern Feindseligkeiten noch zu überbieten, rief Theophilus meinen Archidiakon zu sich, ganz wie ein unumschränkter Herrscher auftretend, und brachte durch dessen Hilfe, als ob die Gemeinde schon verwaist sei und keinen Bischof habe, die ganze Geistlichkeit auf seine Seite. Die Kirchen geriethen in Aufruhr, indem die Geistlichen an den Kirchen sich verführen ließen, und sich anschickten, mich zu verklagen und Klageschriften gegen mich einzureichen. Nachdem er es so gemacht, ließ er mich durch einen Boten vor Gericht fordern, obgleich er die gegen ihn erhobenen Anklagen noch gar nicht widerlegt hatte, — was doch sehr gegen die Kanones und gegen alle Gesetze verstieß.

  

2.

 

Ich wußte sehr gut, daß ich nicht vor einem Gerichte erscheinen sollte (denn dann wäre ich fürwahr tausend Mal zu kommen bereit gewesen), sondern vor einem Feind und Widersacher, wie die frühern und die letzten Vorkommnisse gezeigt hatten. Daher schickte ich zu ihm die Bischöfe Demetrius von Pisinus, Eulysius von Apamia, Lupicinus von Appiaria, und die Priester Germanus und Severus, und ließ ihm durch sie in bescheidener und geziemender Weise die Antwort überbringen: ich wolle nicht einem Gerichte ausweichen, wohl aber dem offenkundigen Gegner und unverkennbaren Feind. Denn der Mann, der schon vor dem Empfang von Klageschriften von Anfang an ein solches Verhalten beobachtet, der sich von der Gemeinschaft der Kirche, der heiligen Kommunion, des Gebetes losgerissen, der den Klerus verführt habe und die Kirche verwüste: ob Das der rechte Mann sei, um den Richterstuhl zu besteigen, der ihm in keiner Weise zukomme? Denn es sei nicht in der Ordnung, daß über Denjenigen, der in Thracien wohne, ein Ägyptier zu Gericht sitze, und Das noch gar ein Mann, gegen den selbst noch eine Anklage schwebe, überdieß des Verklagten Feind und Widersacher! Allein obschon ich damit kund gegeben hatte, daß ich bereit war, mich vor hundert und auch vor tausend Bischöfen von den Anschuldigungen zu reinigen, und meine Schuldlosigkeit zu beweisen (wie ich denn wirklich schuldlos bin), so ging er trotzdem nicht darauf ein, sondern eilte ohne Scheu zu vollenden, was er beschlossen hatte. Während ich abwesend war, an eine Synode appellirte, eine gerichtliche Untersuchung forderte, und mich nicht einem Verhör, sondern nur der offenkundigen Feindseligkeit zu entziehen suchte: ließ er sich trotzdem mit den Klägern ein, löste Diejenigen vom Banne, die ich von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen hatte, nahm von ihnen sogar Anklageschriften an, noch ehe sie sich wegen der ihnen zur Last gelegten Vergehen gerechtfertigt hatten, und ließ von ihnen Denkschriften ausarbeiten — was doch Alles gegen das Gesetz und gegen die Vorschriften der Kanones war. Wozu soll ich noch ausführlicher sein? Er ließ nicht ab, alles Mögliche in’s Werk zu setzen, bis er mich aus eigener Macht und Gewalt aus der Stadt und aus der Kirche vertrieben hatte, obgleich es bis in den späten Abend dauerte, und das ganze Volk hinter mir her zog. Ich wurde von dem Polizeibeamten mitten durch die Stadt gezogen, mit Gewalt geschleppt und abgeführt, in ein Schiff hineingeworfen und während der Nacht hinwegbefördert, ― weil ich zum Zwecke eines gerechten Verhörs an eine Synode appellirt hatte. Wer mag Das ohne Thränen anhören, hätte er auch ein Herz von Stein? Weil nun aber, wie ich schon vorhin sagte, die unheilvollen Zustände nicht bloß beklagt, sondern auch gebessert sein wollen, darum bitte ich eure Liebe dringend, sich zu erheben und unsere Schmerzen mitzufühlen, und Alles aufzubieten, damit dieses Unheil sein Ende finde. Denn damit hörte bei ihnen die Mißachtung aller Gesetze noch nicht auf, sondern es traten zu den alten weitere Vergehen zu Tage. Als nämlich der gottesfürchtige Kaiser sie nunmehr wegen ihres schamlosen Eindringens in die Kirche hinauswies, und viele der anwesenden Bischöfe, denen ihre allem Recht und Gesetz widersprechende Handlungsweise bekannt war, in ihre Gemeinden zurückkehrten und den Besuch jener Menschen scheuten und flohen wie eine Feuersbrunst, die Alles verheert: da wurde ich zwar in die Stadt und in die Kirche zurückgerufen, aus der man mich ungerechter Weise hinausgetrieben hatte (mehr als dreissig Bischöfe führten mich ein, und der fromme Kaiser hatte einen öffentlichen Schreiber dazu abgesandt); Jener aber [Theophilus] suchte sofort das Weite — warum und weßwegen? Ich ging dann zu dem gottesfürchtigen Kaiser und bat ihn, zur Bestrafung der vorgekommenen Vergehen eine Synode zu versammeln. Theophilus war sich seiner Übelthaten bewußt und fürchtete die Untersuchung; darum hat er, während kaiserliche Briefe, überall hingeschickt, Alle von allen Seiten her zusammen riefen, sich ganz heimlich und mitten in der Nacht in ein Schifflein geworfen und so sammt seinem ganzen Anhang die Flucht ergriffen.

  

3.

 

Ich hörte aber trotzdem nicht auf, da mir mein gutes Gewissen Muth und Vertrauen gab, dem gottesfürchtigen Kaiser wieder dieselbe Bitte vorzutragen. Er that, was seine fromme Gesinnung erwarten ließ: er sandte wieder zu ihm, um ihn und alle seine Anhänger wieder aus Ägypten herbeizurufen, damit sie sich wegen der vorgekommenen Ungehörigkeit verantworteten, und nicht etwa Das für eine genügende Rechtfertigung hielten, was so ungerechter Weise, von einer Partei, in meiner Abwesenheit und im Widerspruch mit so vielen Kirchengesetzen in’s Werk gesetzt war. Theophilus ließ sich aber auch durch den kaiserlichen Brief nicht bewegen zu kommen, sondern blieb zu Hause, wozu ihm ein Volksaufstand, d. h. der unzeitige Eifer einiger Leute, die allerdings zu ihm hielten, den Vorwand liefern mußte. Hatte ihn doch vor dem kaiserlichen Briefe eben dieses Volk mit vielen Schmachreden gescholten. Allein Das will ich hier nicht eingehend erörtern; ich habe es nur angeführt, um zu zeigen, daß er auf schuldbaren Handlungen ertappt worden ist. Übrigens habe ich mich auch da noch nicht beruhigt; ich drang vielmehr auf die Abhaltung eines Gerichtes, in welchem regelrecht mit Fragen und Antworten vorgegangen werden sollte; ich erklärte mich nämlich bereit zu zeigen, daß ich mich über Nichts zu verantworten, daß Jene sich aber der ärgsten Übertretungen schuldig gemacht hatten. Es waren von Denen, die früher mit ihm hier anwesend waren, einige Syrer hier zurückgeblieben, die auch das Ganze gemeinsam mit ihm hatten vollbringen helfen. Zu Diesen begab ich mich, bereit mich richten zu lassen, und ich lag ihnen wiederholt an mit dem Verlangen, mir die schriftlichen Eingaben oder die Klageschriften zu geben, oder mich über die Gegenstände der Klagen oder die Person meiner Ankläger zu unterrichten — und es ist mir in keinem Punkte willfahrt, ich bin vielmehr wieder aus der Kirche vertrieben worden. Wie soll ich nun erzählen, was da geschehen ist? Es ist ein Trauerspiel ohne Gleichen. Wo finde ich Worte, es zu schildern? und wer vermöchte es ohne Schauder zu hören?

Während ich auf den Forderungen beharrte, die ich eben erwähnt habe, drang auf einmal eine Schaar von Soldaten in die Kirchen ein, und zwar am großen Sabbath [Ostersamstag], als der Tag sich schon zum Abend neigte, trieb den ganzen Klerus, der zu mir hielt, mit Gewalt hinaus, und umstellte bewaffnet den Altar. Frauen, die schon zum Empfange der Taufe ihre Gewänder abgelegt hatten, ergriffen zur selben Zeit entkleidet die Flucht, durch diesen entsetzlichen Überfall in Furcht gejagt, und eilten von den heiligen Stätten hinweg, ohne daß ihnen auch nur verstattet war, sich anständig zu bedecken, wie es sich für Frauen ziemt. Viele wurden aber auch verwundet und so hinausgetrieben, und voll Blutes wurden die Taufbrunnen, vom Blute röthete sich das geweihte Wasser. Und auch damit hatten die Schrecken ihr Ende noch nicht erreicht. Die Soldaten, von denen Einige, wie ich später erfahren habe, nicht in die heiligen Geheimnisse eingeweiht waren, drangen auch da hinein, wo das Allerheiligste aufbewahrt wurde, sahen Alles, was drinnen war, und das heiligste Blut Christi wurde, wie es eben nur bei einer solchen Verwirrung vorkommen kann, diesen Soldaten über die Kleider ausgeschüttet. Alles Mögliche wurde verübt, wie wenn die Stadt durch Barbaren eingenommen wäre. Das Volk wurde auf das Feld hinausgetrieben, die große Menge der Einwohnerschaft hielt sich ausserhalb der Stadt auf, leer waren an dem hohen Festtag die Kirchen, mehr als vierzig Bischöfe, die nämlich mit mir in Gemeinschaft standen, wurden sammt dem Klerus und Volk muthwilliger Weise und ohne Ursache hinausgejagt. Überall Jammern und Wehklagen und Ströme von Thränen, auf den öffentlichen Plätzen, in den Häusern, auf den Feldern, in jedem Theile der Stadt, überall war man voll von diesen schrecklichen Begebenheiten. Denn wegen des Übermaßes der Frevel trauerten nicht nur Die, welche darunter zu leiden hatten, sondern mit uns trauerten auch Solche, denen Nichts widerfuhr, nicht die Rechtgläubigen allein, sondern auch Häretiker, Juden und Heiden, und wie wenn die Stadt mit Gewalt erstürmt worden wäre, dermaßen herrschte überall Verwirrung, Schrecken und Wehklagen. Und diese Frevel wurden begangen gegen die Willensmeinung des fromm gesinnten Kaisers, bei vorgerückter Nacht; Bischöfe waren die Anstifter, und überdieß an vielen Stellen die Anführer, indem sie sich nicht schämten, statt der Diakonen Unteroffiziere vor sich her schreiten zu lassen. Als es Tag geworden war, wanderte die ganze Bürgerschaft aus dem Gebiet der Stadtmauern hinaus, und feierte gleich zerstreuten Schafen, unter Bäumen und in Schluchten den Festtag.

  

4.

 

Ihr möget euch nun selbst vorstellen, was Alles in Folge dieser Ereignisse geschehen ist. Denn es ist, wie ich schon vorhin bemerkte, ganz unmöglich, Das alles im Einzelnen zu erzählen. Das Schlimmste ist nun, daß diese zahlreichen, überaus großen Frevel und Übelstände auch jetzt noch kein Ende gefunden haben, ja noch nicht einmal Aussicht und Hoffnung auf ein Ende zulassen. Im Gegentheil, Tag für Tag dehnt sich das Unheil aus, und zum Gespött sind wir dem großen Haufen geworden — doch nein, es lacht und spottet kein Mensch, wäre er auch tausendmal ein Verbrecher; Alle trauern, wie gesagt, über diese maßlosen Leiden, über diese unerhörten Frevel. Was soll man von den Wirren sagen, die in den übrigen Kirchen herrschen? Das Unheil hat sich nämlich nicht auf diese Stadt beschränkt, sondern ist sogar bis in das Morgenland vorgedrungen. Denn wenn sich vom Kopfe aus böse Säfte ergießen, leiden darunter die übrigen Glieder; ebenso hat jetzt auch in dieser großen Stadt das Unheil seinen Anfang und seine Quelle, und hat sich nun nach allen Seiten ausgebreitet. Überall ist der Klerus gegen die Bischöfe aufgestanden, haben sich Bischöfe von Bischöfen, Gemeinden von Gemeinden losgesagt, während andere dazu im Begriffe sind; überall ist neues Unheil im Entstehen, und zerstört ist die Ordnung auf der ganzen Welt.

Nachdem ihr nun Das alles vernommen, meine ehrwürdigen und gottseligen Herren, lasset die muthige Entschiedenheit und Sorgfalt walten, die euch zukommt, um diesen großen Freveln, welche die Kirchen verheeren, Heilmittel entgegenzustellen. Denn wenn diese Gewohnheit einreissen sollte, wenn es Jedem nach Belieben freistehen sollte, sich aus so weiter Ferne in fremde Diözesen zu begeben und dort hinauszujagen, wen er will, und aus eigener Machtvollkommenheit zu thun, was ihm beliebt — ja dann hat bald Alles ein Ende, ein unversöhnlicher Krieg wird sich über die ganze Welt verbreiten, indem Jeder den Andern verjagt und selbst wieder verjagt wird. Damit nun nicht eine so große Verwüstung auf der ganzen Erde zur Herrschaft gelange, laßt euch erbitten, durch ein Schreiben zu erklären, daß die Entscheidungen und Maßregeln, die so sehr gegen alles Recht und Gesetz, in meiner Abwesenheit, ganz einseitig, und zwar während ich mich einem Gerichte durchaus nicht entziehen wollte, getroffen worden sind, gar keine Giltigkeit besitzen (wie sie denn auch ihrem ganzen Wesen nach ungiltig sind), und daß Diejenigen, welche solcher Frevel überführt werden, der in den Kirchengesetzen bestimmten Strafe unterliegen. Ich aber, der ich nicht auf irgend einem Vergehen ertappt, noch schuldig befunden, noch überhaupt zur Rechenschaft gezogen bin, — gewähret mir, daß ich mich auch fortan immer eurer Zuschriften, eurer Liebe und alles Andern wie sonst erfreue. Wenn aber die Leute, die derartige Vergehen begangen haben, auch jetzt noch beabsichtigen, Anklagen vorzubringen zur Begründung meiner ungerechten Vertreibung, der weder eine Übergabe der Schriftstücke an mich, insbesondere der Klageschriften, noch eine Mittheilung über die Person der Kläger voraufgegangen ist: so mag ein unparteiisches Gericht gebildet werden, dann will ich mich stellen, mich vertheidigen und meine Schuldlosigkeit betreffs der erhobenen Anklagen nachweisen, wie ich denn auch wirklich schuldlos bin. Denn was jetzt von ihrer Seite geschehen ist, Das liegt ausserhalb jeder Ordnung, jedes Gesetzes und jeder kirchlichen Satzung. Ja was rede ich von kirchlichen Satzungen? Selbst bei den Gerichten der Heiden hat man dergleichen nie gewagt, ja nicht einmal in einem Gericht von Barbaren würden jemals Skythen oder Sarmaten ein solches Urtheil gefällt haben: so einseitig, in Abwesenheit des Verklagten, der sich nicht einem Gericht, sondern dem feindseligen Hasse entziehen will, der tausend Richter anruft, seine Unschuld behauptet und sich bereit erklärt, vor dem Angesicht der ganzen Welt die Anklagen von sich abzuwälzen und in allen Punkten seine Schuldlosigkeit zu beweisen.

Wenn ihr nun Das alles erwogen, und von den Bischöfen, meinen Herren und unsern gottseligen Brüdern, Alles noch genauer vernommen habt, so geruhet mir eurerseits eure eifrige Fürsorge zuzuwenden. Denn dadurch werdet ihr nicht bloß mir willfahren, sondern auch der Gesammtheit der Kirchen eine Wohlthat erweisen, und dafür den verheissenen Lohn von Gott erhalten, der ja Alles thut für den Frieden der Kirchen. Erfreue dich dauernder Gesundheit, und bete für mich, mein ehrwürdigster und heiligster Herr.  Zweiter Brief.

 

 

 

 

Zweiter Brief.

 

1.

 

Dem römischen Bischof Innocentius Gruß im Herrn von Johannes.