Vom jungfräulichen Stande - Johannes Chrysostomos - E-Book

Vom jungfräulichen Stande E-Book

Johannes Chrysostomos

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In dem langen Traktat "De Virginitate" (Vom jungfräulichen Stande) verteidigt Johannes Chrysostomos kühn seine Präferenz für das Zölibat, entlarvt und verurteilt aber gleichzeitig den schlimmen Irrtum der Marcioniten und Manichäer, die die Ehe insgesamt als Sünde verdammten. Sie irrten seiner Meinung nach in der Annahme, dass die Enthaltsamkeit von der Ehe ihnen einen Platz im Himmel verschaffen würde, denn selbst wenn man ihnen zugestehen würde, dass die Ehe eine Sünde war, müsste man bedenken, dass nicht diejenigen, die sich der Sünde enthielten, sondern diejenigen, die Gutes taten, die höchsten Belohnungen dafür erhalten würden. Das Zölibat der Ketzer, wie z.B. der Manichäer, basierte auf der falschen Vorstellung, dass alle erschaffenen Dinge böse seien und der Schöpfer selbst ein der höchsten Gottheit untergeordnetes Wesen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 190

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

Vom jungfräulichen Stande

 

JOHANNES CHRYSOSTOMOS

 

DIE SCHRIFTEN DER KIRCHENVÄTER

 

 

 

 

 

 

Vom jungfräulichen Stande, J. Chrysostomos

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849660147

 

Cover Design: Basierend auf einem Werk von Andreas F. Borchert, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35892522

 

Der Text dieses Werkes wurde der "Bibliothek der Kirchenväter" entnommen, einem Projekt der Universität Fribourg/CH, die diese gemeinfreien Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Die Bibliothek ist zu finden unter http://www.unifr.ch/bkv/index.htm.

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Einleitung. 2

1. Der jungfräuliche Stand der Ketzer hat keinen Lohn zu gewärtigen.4

10. Wer die Ehe verdammt, thut Abbruch auch dem jungfräulichen Stand.12

20. Es ist nicht recht, den jungfräulichen Stand zu verachten, selbst wenn es für die Verächter desselben gefahrlos sein würde.23

30. Warum Paulus, wenn die Ehe ehrenvoll ist, die Fastenden ermahne, sich des Beischlafs zu enthalten.32

40. Aus der Ehe entsteht eine große und unvermeidliche Knechtschaft.44

50. Solche Genüsse werden sowohl im alten, als im neuen Testamente verboten.60

60. Die Jungfrauschaft erheischt Nichts, was nicht in ihren Kräften läge.70

70. Die Nüchternheit ist sowohl nützlicher als auch angenehmer, denn die Schwelgerei.78

80. Was die Wohlanständigkeit und Beharrlichkeit sei.89

84. Mit Recht ist uns für die gleichen  guten Werke ein geringerer  Lohn in Aussicht gestellt als den Alten.93

Fußnoten. 95

 

 

Vom jungfräulichen Stande

 

Bibliographische Angaben:

 

Einleitung: Vom jungfräulichen Stande In: Ausgewählte Schriften des heiligen Chrysostomus, Erzbischof von Konstantinopel und Kirchenlehrer. Übersetzt von Dr. Chrysostomus Mitterrutzner. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 3), Kempten 1890. Unter der Mitarbeit von: Uwe Holtmann.

 

Titel Version: Vom jungfräulichen Stande (BKV) Sprache: deutsch Bibliographie: Vom jungfräulichen Stande (De virginitate) In: Ausgewählte Schriften des heiligen Chrysostomus, Erzbischof von Konstantinopel und Kirchenlehrer. Übersetzt von Dr. Chrysostomus Mitterrutzner. (Bibliothek der Kirchenväter, 1 Serie, Band 3), Kempten 1890. Unter der Mitarbeit von: Uwe Holtmann.

 

 

Einleitung

 

Wir haben schon in der Lebensskizze unseres Heiligen angemerkt, daß er das vortreffliche Werklein „über die Jungfrauschaft“ oder „über den jungfräulichen Stand“ wahrscheinlich als Diakon geschrieben habe.1 Daß Chrysostomus wirklich der Verfasser dieses Büchleins sei, bezeugt er selbst in der XIX. Homilie über den ersten Brief des hl. Paulus an die Korinther (Nr. 6) mit folgenden Worten: „Wenn wir uns hier nicht weiter über den jungfräulichen Stand verbreiten, so dürfte uns Niemand der Nachlässigkeit beschuldigen; denn wir haben ein ganzes Buch über diesen Gegenstand herausgegeben: und da wir dort Alles auf das Genaueste und Sorgfältigste behandelt haben, so hielten wir es für überflüssig, dasselbe hier noch einmal zu thun.“

In diesen Worten ist uns auch ein Fingerzeig über den Ort gegeben, wo Chrysostomus diese Scbrift verfaßt habe. Da es nämlich keinem Zweifel unterliegt, daß er die fraglichen Homilien in Antiochien — er bezeugt es selber — verfaßt habe, so muß auch die Schrift „über den jungfräulichen Stand“ entweder in Antiochien selbst, oder in der benachbarten Einsamkeit geschrieben worden sein.Ueber den speziellen Inhalt des Werkes erwähnen wir kurz Folgendes. Chrysostomus erhebt in den 84. Kapiteln, in die er das Buch eingetheilt hat, die Jungfrauschaft nicht nur mit den herrlichsten Lobsprüchen, sondern gibt auch den Jungfrauen die vortrefflichsten Lehren, in diesem heiligen Stande heilig zu leben. — Um die Würde des jungfräulichen Standes richtig zu stellen, bekämpft er zuerst jene Häretiker, welche die Ehe verdammten, und zeigt, daß der jungfräuliche Stand diesen, in Folge ihrer verkehrten Ansicht, nicht nur nichts fromme, sondern sogar höchst nachtheilig sei (Kap. 1—11). Dann empfiehlt er den hehren, aber auch schwierigen jungfräulichen Stand — denn er gehört zu den evangelischen Räthen — in den wärmsten Worten (Kap. 12—13; vergl. 10—11). Im Verlauf der Rede löst er die gewöhnlichen Einwürfe; Warum denn Gott die Ehe eingesetzt habe, da der jungfräuliche Stand den der Verehelichten weit übertreffe? Warum Gott das Weib erschaffen habe, wenn es weder für die Ehe, noch zur Erzielung von Nachkommen da sei? Ob denn das Menschengeschlecht nicht aussterben müßte, falls alle Menschen ehelos zu leben erwählten (Kap. 14)? Um diese Schwierigkeiten endgiltig zu lösen, geht der heilige Verfasser auf die Erschaffung und den vollkommenen Urzustand des ersten Menschen zurück und lehrt, daß Adam, so lange er mit seiner Gehilfin Eva im Zustande der ursprünglichen Gerechtigkeit ausharrte, auch in vollkommener Jungfräulichkeit lebte und durch den Stachel des Fleisches nicht gequält worden sei; allein nachdem die ersten Menschen Gottes Gebot übertreten, seien sie dem Tode und dem Verderben verfallen und nicht bloß jenes glücklichen Lebens, das sie im Paradiese genossen, sondern auch des Ruhmes der Jungfräulichkeit verlustig gegangen; so sei die Sünde, der Ursprung und die Quelle des Todes, auch zugleich die Veranlassung zur Ehe geworden. Uebrigens werde das Menschengeschlecht nicht durch die Ehe, sondern durch den Segen Gottes fortgepflanzt und erhalten, und Gott hätte, wären die Menschen nicht in die Sünde gefallen, dasselbe auch auf eine andere Weise zu mehren vermocht. Daraus zieht er den Schluß, daß die Ehe zwar ihren Ursprung in der Sünde habe, aber an sich nichts Böses sei und nun von Gott in seiner Nachsicht den Menschen, besonders den schwächern und unenthaltsamern, gestattet werde, mehr um der Wollust zu steuern, als um die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes zu fördern: übrigens vermindere nicht die Jungfräulichkeit, sondern die Sünde unser Geschlecht (Kap. 14—19). In den folgenden Kapiteln (19—24) werden die Gegner des jungfräulichen Standes mit den kräftigsten Gründen bekämpft. Der ganze übrige Theil der Schrift enthält eine genaue Erklärung des siebenten Kapitels im ersten Korintherbrief und die triftigsten Beweise, daß es weit vorzuziehen sei, Jungfrau zu bleiben, als in den Ehestand zu treten. Chrysostomus schildert in glühenden Farben einerseits die verschiedenartigen Sorgen, Beschwerden und Mühseligkeiten des ehelichen Lebens, andererseits die Ruhe, den Frieden, die Wonne, kurz alle zeitlichen Vortheile, sowie den herrlichen zukünftigen Lohn des jungfräulichen Standes (Kap. 24—84). Im letzten Kapitel (84) wendet er sich an das ganze Menschengeschlecht, und beschwört diejenigen, die ein Weib haben, so zu wandeln, als hätten sie keines, diejenigen aber, die sich der Ehe enthalten, nebst der Jungfräulichkeit auch alle übrigen Tugenden fleißig zu üben, um nach dem Hinscheiden aus diesem Leben nicht vergeblich zu jammern.

 

Fußnoten:

 

1.       Chrysostomus wurde im Alter von beiläufig 37 Jahren (also i. J. 381) vom Bischof Meletius zu Antiochia zum Diakon und fünf Jahre später von dessen Nachfolger Johannes zum Priester geweiht. 

 

 

1. Der jungfräuliche Stand der Ketzer hat keinen Lohn zu gewärtigen.

 

 Das vortreffliche Gut des jungfräulichen Standes verabscheuen die Juden; es ist auch kein Wunder, da sie sogar den aus einer Jungfrau geborenen Christus verschmähten: die Heiden bewundern ihn und staunen darüber: Eifer dafür hat allein die Kirche Gottes. Denn die Jungfrauen der Ketzer möchte ich nicht einmal so nennen; erstens weil sie nicht keusch sind; denn sie sind nicht Einem Manne verlobt, wie jener heilige Brautwerber Christi es will, wenn er sagt: „Ich habe euch Einem Manne verlobt, als keusche Jungfrau euch Christo darzustellen.“1 Denn wenn dieses auch von der ganzen Versammlung der Kirche gesagt ist, so umfaßt diese Rede doch auch Jene. Wie können also diejenigen keusch sein, welche nicht Einen Mann lieben, sondern einen anderen Gott, der es nicht ist, einführen? Für’s erste also sind sie aus diesem Grunde nicht Jungfrauen; zweitens aber, weil sie, indem sie die Ehe verdammen, auf dem Wege dazu gekommen sind, sich der Ehe zu enthalten. Denn da sie dieselbe für sündhaft erklären, so haben sie sich den Lohn der Jungfrauschaft im Voraus benommen. Denn es ziemt sich ja nicht, daß diejenigen gekrönt werden, welche das Laster vermeiden, sondern nur, daß sie nicht der Strafe verfallen; und das kann man nicht blos aus unseren Gesetzen ersehen, sondern es ist auch in jenen der Draußenstehenden so festgesetzt. „Wer einen Mord verübt“, heißt es, „der soll getödtet werden“: es wird aber nicht auch beigefügt: „Wer keinen Mord verübt hat, der soll geehrt werden.“ „Der Dieb soll bestraft werden,“ nicht aber auch: „Wer fremdes Gut nicht geraubt hat, soll eine Belohnung erhalten“: und während sie den Ehebrecher tödten, haben sie den, welcher fremde Ehen nicht untergrub, keiner Ehre würdig erachtet. Denn Lob und Bewunderung verdienen nur jene, welche sich der Tugend befleissen, nicht diejenigen, welche das Laster fliehen: den für diese ist es schon Ehre genug, daß sie keine Strafe erleiden. Deßhalb hat auch unser Herr demjenigen, welcher unbesonnen und grundlos seinem Bruder zürnt und ihn einen Narren heißt, mit der Hölle gedroht,2 hat aber denjenigen, welche nicht grundlos zürnen und sich des Schmähens enthalten, nicht das Himmelreich in Aussicht gestellt, sondern von ihnen etwas Anderes verlangt, was mehr und größer als das ist, indem er sagt: „Liebet euere Feinde.“3 Und da er zeigen wollte, daß es etwas gar Geringes und Unbedeutendes sei und keine Belohnung verdiene, wenn man die Brüder nicht hasse, so sagt er, nachdem er etwas viel Größeres befohlen, nämlich sie zu lieben und ihnen Gutes zu thun, daß selbst dieses nicht hinreiche, um einen Lohn zu verdienen. Denn wie könnten wir das, da wir hierin nichts vor den Heiden voraushaben? Wollen wir also eine Belohnung aussprechen, so muß noch etwas weit Größeres dazu kommen. „Denn nicht bloß deßhalb,“ sagt er, „halte dich der Krone für würdig, weil ich dich nicht zur Hölle verdamme, der du dich des Schmähens und des Zornes gegen deinen Bruder enthältst. Denn ich fordere nicht bloß ein solches Maaß freundlichen Sinnes; sondern, wenn du dir auch kein Schimpfwort erlaubst, und du ihn sogar zu lieben behauptest, so stehst du noch tief und stellest dich neben die Zöllner. Willst du vollkommen und des Himmels würdig erscheinen, so bleibe nicht dabei stehen, sondern steige weiter hinauf und nimm einen höhern Flug der Gedanken, als die Natur selbst ist; das besteht aber darin, daß du die Feinde liebest.“ Da nun für uns das allseitig feststeht, so mögen die Häretiker aufhören, sich vergeblich zu quälen; denn sie werden keine Belohnung empfangen, nicht als ob Gott ungerecht ist — das sei ferne —, sondern weil sie selbst unwissend und gottlos sind. Was nun? Es wurde bewiesen, daß für die bloße Flucht der Sünde kein Lohn in Aussicht gestellt sei; Sie aber halten die Ehe für sündhaft und fliehen sie deßhalb: wie werden sie also für die Meidung der Sünde eine Belohnung fordern können? Denn wie wir, falls wir nicht ehebrechen, keine Krone verdienen, Ebenso wenig auch sie, weil sie nicht heirathen. Denn es wird derjenige, der an jenem Tage über uns Gericht halten wird, sie also anreden: „Ich habe nicht denjenigen Ehren verheißen, die sich bloß der Laster enthielten (denn das ist in meinen Augen gering); sondern ich werde diejenigen, welche jegliche Tugend geübt, in die ewige Erbschaft des Himmels einführen. Wie verlangt also ihr, die ihr die Ehe für unrein und sündhaft gehalten, für die Flucht vor der Sünde Belohnungen, welche für jene bestimmt sind, welche Gutes gethan?“ Denn darum stellt er die Lämmer auf die rechte Seite, belobt sie und führt sie in’s Himmelreich ein,4 nicht weil sie nichts Fremdes geraubt, sondern weil sie auch das Ihrige Andern mitgetheilt haben: und denjenigen, welchem fünf Talente anvertraut worden, belobt er, nicht weil er sie nicht vermindert, sondern weil er das Anvertraute vermehrt und das Pfund doppelt zurückgebracht hat. Wie lange werdet ihr also nicht aufhören, umsonst zu laufen, euch vergeblich zu mühen, vergeblich zu kämpfen und Luftstreiche zu führen?5 Aber wenn doch nur vergeblich! obgleich es schon als nicht geringe Strafe erscheint, daß diejenigen, welche viel gearbeitet haben und einen höhern Lohn, als ihre Arbeiten waren, erwarten, an jenem Tage des Ruhmes unter die Ruhmlosen eingereiht werden.

 

2. Der jungfräuliche Stand der Ketzer hat sogar Strafe zu gewärtigen.

 

Nun ist aber das nicht das einzige Unglück, nicht der einzige Verlust, der sie trifft, daß sie keinen Gewinn ziehen, sondern sie werden noch etwas weit Schwereres zu erdulden haben: das unauslöschliche Feuer, den nimmer sterbenden Wurm, die äußerste Finsterniß, Trübsal und Angst. Wir müßten also zahllose Zungen und die Macht der Engel besitzen, um Gott für seine Sorgfalt gegen uns würdigen Dank zu erstatten; oder vielmehr, auch so wäre es nicht möglich. Denn wie könnten wir das? Das Beschwerliche des jungfräulichen Standes ist für uns und die Häretiker gleich, ja vielleicht für sie noch viel größer, die Frucht der Bemühungen ist aber ungleich; denn auf sie warten Bande, und Thränen, und Heulen und unaufhörliche Peinen: auf uns aber das Loos der Engel, leuchtende Lampen, und das höchste aller Güter, der Umgang mit dem Bräutigam. Warum ist denn aber der Lohn für die gleichen Bemühnngen ein entgegengesetzter? Weil jene den jungfräulichen Stand gewählt haben, um Gott ihre eigene Satzung entgegenzustellen; wir aber diesen erwählen, um dessen Willen zu thun. Denn daß Gott wünsche, alle Menschen möchten sich der Ehe enthalten, dafür gibt derjenige Zeugniß, durch den Christus redet: „Ich wünsche,“ sagte er, „daß alle Menschen so seien, wie ich bin“,6 nämlich enthaltsam. Allein der Heiland hat um uns zu schonen, und weil er wußte, daß der Geist zwar willig, das Fleisch aber schwach sei,7 die Ehelosigkeit nicht in ein zwingend Gebot eingeschlossen, sondern die Wahl uns selbst überlassen. Denn wäre sie Vorschrift und Satzung, so würden die, welche sie hielten, keine Ehre erlangen, sondern nur hören: „Ihr habt gethan, was zu thun euere Pflicht war“;8 und die Uebertreter würden keine Verzeihung erhalten, sondern die Strafe der Gesetzübertreter erdulden. Nun aber hat er mit den Worten: „Wer es fassen kann, der fasse es“,9 jene nicht verdammt, die es nicht können, denen aber, die es können, einen schweren und großen Kampf in Aussicht gestellt. Darum sagt auch Paulus, in die Fußtapfen des Meisters tretend: „Was aber die Jungfrauen betrifft, so habe ich kein Gebot vom Herrn, einen Rath aber gebe ich.“10

 

3. Die Verachtung der Ehe ist eine teuflische Bosheit.

 

Nun aber haben weder Marcion, noch Valentinus, noch Manes diese Mäßigung beobachtet; denn aus ihnen redet nicht Christus, der seine Schäflein schont und für dieselben sein Leben hingibt, sondern jener Menschenmörder und Vater der Lüge. Deßhalb haben sie Alle, die auf sie hörten, zu Grunde gerichtet, indem sie sie dieselben hier mit unnützen und unerträglichen Lasten beluden, dort aber mit sich in das für sie bereitete Feuer hineinzogen.

 

4. Die Jungfrauen der Ketzer sind sogar elender, als die der Heiden.

 

O ja, ihr seid noch schlimmer daran, als die Heiden! Denn obgleich die Strafen der Hölle die Heiden erwarten, so genießen sie doch wenigstens hier ein Vergnügen, dadurch, daß sie Ehen eingehen, und daß sie Geld besitzen, und die übrigen Freuden des Lebens; ihr aber habt auf beiden Seiten Qualen und Trübsal, hier freiwillig, dort gegen euren Willen zu tragen. Den Heiden wird Niemand für ihr Fasten und den jungfräulichen Stand weder Belohnung noch Strafe ertheilen; ihr aber werdet für das, wofür ihr unermeßliches Lob hofft, die härtesten Strafen erleiden und mit den Uebrigen hören müssen: „Weg von mir in’s ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist“11 — mit diesem euren Fasten, mit dieser eurer Jungfräulichkeit! Denn weder das Fasten, noch die Jungfräulichkeit sind an sich gut oder böse, sondern sie werden das Eine und das Andere erst durch die Absicht derjenigen, welche sie üben. Den Heiden bringt diese Tugend keinen Gewinn; denn sie gehen des Lohnes verlustig, weil sie sich ihr nicht aus Gottesfurcht unterzogen; ihr aber, die ihr dieselbe geübt, nachdem ihr mit Gott Krieg geführt, und sien Werk verdammt habt, werdet nicht nur eures Lohnes verlustig, sondern auch noch gestraft werden. Und was die Lehren betrifft, so werdet ihr mit ihnen auf gleicher Linie stehen, weil ihr ebenso, wie die Heiden, den wahren Gott verworfen und eine Vielgötterei eingeführt habt. Was aber euer Leben betrifft, so werden jene besser durchkommen, als ihr; denn jenen gereicht blos dieses zum Nachtheil, daß sie nichts Gutes erlangen, euch aber, daß ihr Strafe erduldet: und jenen war es gestattet, in diesem Leben Alles zu genießen, ihr aber entbehret der beiderseitigen Vortheile. Kann es wohl eine härtere Züchtigung geben als die, statt der Belohnung für Anstrengung und Mühe Strafen zu erhalten? Der Ehebrecher, der Betrüger, wer im fremden Eigenthum schwelgt und seinen Nächsten beraubt, hat doch einigen Trost — er ist zwar kurz, aber sie haben ihn doch, — weil sie für das bestraft werden, was sie hier genossen; wer sich aber freiwillig der Armuth unterzieht, um jenseits bereichert zu werden: wer sich den Mühen der Jungfräulichkeit unterzieht und jenseits mit den Engeln Reigen aufzuführen; welch’ unsäglichen Schmerz muß er aus einem so unerwarteten Ereignisse schöpfen, wenn er plötzlich und gegen alle Erwartung dafür gestraft wird, wofür er eine herrliche Belohnung gehofft hat! Denn ich glaube, daß ein solcher nicht minder durch sein Gewissen als durch das Feuer werde gepeiniget werden, wenn er sich erinnert, daß diejenigen, welche mit ihm die gleichen Werke vollbracht, bei Christus verweilen, er hingegen für das, wofür jene unaussprechlichen Freuden genießen, die äußersten Strafen erleide und, nachdem er ein strenges Leben geführt, härter als Schwelger und Lüstlinge gezüchtiget werde.

 

5. Der jungfräuliche Stand der Ketzer ist sogar schimpflicher als Ehebruch.

 

Ja, die Enthaltsamkeit der Häretiker ist schlimmer als jegliche Wohllust. Denn diese fügt blos den Menschen ein Unrecht zu; jene aber kämpfet wider Gott und verletzt die unendliche Weisheit. Solche Schlingen legt der Teufel seinen Verehrern. Denn daß der jungfräuliche Stand der Häretiker eine Erfindung seiner Bosheit sei, das behaupte nicht ich, sondern derjenige, welcher dessen Fallstricke kennt. Was sagt dieser nun? „Der Geist aber sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten Einige vom Glauben abfallen und irreführenden Geistern und Teufelslehrern Gehör geben werden, die mit Scheinheiligkeit Lügen reden, gebrandmarkt in ihrem eigenen Gewissen; die verbieten zu heirathen und Speisen zu genießen, welche Gott geschaffen hat.“12 Wie könnte also Jemand Jungfrau sein, der vom Glauben abfällt, Irrlehrer anhört, und den Dämonen gehorcht, und die Lüge ehrt? Wie könnte Jemand jungfräulich sein, der ein gebrandmarktes Gewissen hat? Denn eine Jungfrau muß nicht bloß dem Leibe, sondern auch der Seele nach rein sein, wenn sie den heiligen Bräutigam aufnehmen will. Wie aber könnte diese mit so vielen Brandmalen behaftete rein sein? Denn wenn es schon nothwendig ist, sogar die zeitlichen Sorgen von diesem Brautgemach ferne zu halten, weil es unmöglich ist, mit ihnen die Wohlgestalt zu erhalten, wie aber wäre es möglich, die Zierde der Jungfrauschaft zu bewahren, wenn sich im Innern gottlose Gedanken herumtummeln?

 

6. Die Jungfrauen auf Seiten der Ketzer beflecken nicht nur die Seelen, sondern auch die Leiber.

 

Wenn auch ihr Leib unversehrt bleibt, so ist dennoch das Beste verdorben, die Gesinnung der Seele. Was nützt es aber, daß die Umzäumung noch steht, nachdem der Tempel zerstört ist? Oder was frommt es, wenn die Stelle des Thrones rein, der Thron selbst aber mit Schmutz bedeckt ist? Aber auch so gibt es noch etwas zu sühnen; denn die Lästerung und die gottlosen Reden werden zwar im Innern erzeugt, bleiben aber nicht im Innern der Seele, sondern verunreinigen, durch den Mund gesprochen, die Zunge, beschmutzen das Ohr, das sie aufnimmt, und zerfressen, wie ein tödtliches Gift, das in die Seele gefallen, ärger noch als jegliche Motte die Wurzel, und verderben mit ihr zugleich den ganzen übrigen Körper. Wenn nun die Jungfrauschaft darin besteht, daß man sowohl dem Leibe, als der Seele nach rein sei; wie kann jene eine Jungfrau sein, die nach beiden Seiten hin unrein und fluchbelastet ist? — „Aber sie zeigt mir doch ein bleiches Gesicht, abgemagerte Glieder, eine elende Kleidung und einen sanften Blick.“ Was nützt aber das, wenn das innere Auge schamlos ist? Denn was ist schamloser, als dieser Blick, welcher die äußern Augen verleitet, die von Gott geschaffenen Dinge als schlecht zu betrachten? „Die ganze Schönheit der Königstochter ist von innen“;13 diese aber verkehrt die Reihenfolge der Worte indem sie äußerlich in Schönheit erprangt, innerlich aber voll Schmutz ist. Denn das ist eben die Schandthat, daß diejenige, welche die größte Bescheidenheit gegen die Menschen zur Schau trägt, gegen Gott, ihren Schöpfer, die höchste Wuth äußert, und daß diejenige, welche einen Mann sich nicht einmal anzusehen getraut, — wenn es etwa einige solche unter ihnen gibt, — den Beherrscher der Menschen mit unverschämten Augen anblickt und gegen den Allerhöchsten Schändliches redet; sie hat ein buxfarbiges und todtenähnliches Antlitz. Sie verdienen deßhalb viele Thränen und Klagen, weil sie nicht umsonst, sondern auch zum Verderben ihres eigenen Hauptes sich solche Qualen aufluden.

 

7. Bei der Jungfrau ist nicht auf das Kleid sondern auf das Herz zu sehen.

 

Aermlich ist das Gewand; aber nicht in den Kleidern, sondern in Leib und Seele ist die Jungfräulichkeit. Denn wenn wir den Philosophen nicht nach dem Haare, nicht nach dem Stock, und nicht nach dem Mantel, sondern nach seinen Sitten und seinem Geiste bemessen; den Krieger nicht nach dem Oberkleide, oder dem Panzer, sondern nach seiner Stärke und seinem Mannesmuth: wie ungereimt wäre es nicht, wenn wir einer Jungfrau, einem so bewunderungswürdigen und alles Menschliche übersteigenden Wesen, das struppige Haar, den gesenkten Blick und das schmutzige Kleid ohne weiters und oberflächlich zur Tugend anrechnen wollten, ohne ihre Seele entblößt und daraus ihre Neigungen sorgfältig erforschet zu haben? Das aber gestattet der nicht, welcher die Gesetze dieses Kampfes festgestellt hat; denn er befiehlt, jene, welche sich in diesen Kampf stürzen, nicht nach dem Kleide, sondern nach dem Glauben und der Seele zu schätzen. „Denn wer“, heißt es, „sich im Wettkampfe übt, enthält sich von Allem“:14 von Allem, was die Gesundheit der Seele beschädigt; und „Niemand wird gekrönt, wenn er nicht gesetzmäßig gekämpft hat.“15 Welches sind nun die Gesetze dieses Kampfes? Höre, was wieder er, oder vielmehr durch ihn Christus, der Urheber des Kampfes spricht: „Ehrbar ist die Ehe, und unbefleckt das Ehebett.“16

 

8. Die Verachtung gegen Verheirathete schadet der Jungfräulichkeit.

 

„Was geht nun das mich an“, entgegnet sie, „die ich der Ehe entsagt habe?“ Gerade das, du Unglückliche, ist dein Verderben, daß du meinst, diese Lehre berühre dich nicht. Dadurch, daß du die Sache so sehr verachtest, hast du die Weisheit Gottes beschimpft und die ganze Schöpfung geschmäht. Denn ist die Ehe unrein, so sind auch alle aus ihr entsprungenen Wesen unrein, also ihr selber nicht rein; denn ich möchte nicht sagen: Die Menschennatur. Wie ist also die Unreine eine Jungfrau? Denn auch diese zweite, ja noch eine dritte Art von Schmutz und Unreinigkeit ist von euch ausgedacht worden, und ihr, die ihr die Ehe als etwas Schändliches flöhet, wurdet gerade durch diese Flucht von Allen die Schändlichsten, indem ihr eine Jungfrauschaft erfunden, die schimpflicher ist, als Hurerei.

Wo soll ich euch also eine Stelle anweisen? Bei den Juden? Das werden diese aber nicht dulden; den sie halten sowohl die Ehe in Ehren, als bewundern sie auch die Schöpfung Gottes. Oder bei uns? Aber ihr wollt ja Christus nicht hören, der durch Paulus spricht: „Ehrbar ist die Ehe, und unbefleckt das Ehebett.“17 Es bleibt also nur übrig, daß ihr bei den Heiden eine Stelle einnehmt. Aber auch diese werden euch abweisen als Solche, die gottloser sind als sie selbst. Denn Plato sagt, daß derjenige gut war, der dieß Alles gemacht hat;18 und, daß kein Guter wegen irgend einer Sache Mißgunst empfinde. Du aber nennest ihn böse und den Schöpfer böser Dinge. Doch fürchte dich nicht; du hast Genossen deiner Lehre; den Teufel und seine Engel, oder besser gesagt: nicht einmal diese; denn auch bei diesen, die dich zu diesem Wahnsinn verführten, darf man nicht die selbe Gesinnung vermuthen. Denn daß siewissen, Gott sei gut, kannst du aus ihrem Rufe entnehmen, indem es bald heißt: „Wir wissen, wer du bist: der Heilige Gottes“;19 bald: „Diese Menschen sind Diener des höchsten Gottes“, die euch den Weg des Heiles verkünden.“20