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Tommy Lynn Sells so wird vermutet könnte fünfzig oder auch mehr Menschen getötet haben. Er war ein Serienkiller, sadistisch und brutal und dennoch war er ein Mensch wie Du und Ich. Selbstverständlich. Er wurde geboren, lebte nur kurze Zeit und wurde von Menschenhand getötet; obwohl überdenkt man einmal die grundsätzliche Motivation einer Bestrafung, in diesem Fall die Todesstrafe, läßt sich durchaus von staatlich legalisiertem Mord sprechen. Ganz sicher. Was aber, wenn seine Vita nichts anderes zulassen konnte, als ein mörderisches Verhalten? Wie heißt es noch: Urteile nicht über das Leben anderer. Jeder hat einen Weg hinter sich, von dem du nicht weißt, ob du ihn hättest gehen können. War Tommy Lynn Sells nun ein Produkt der modernen Zivilisationen oder eher ein Opfer seiner neuronalen Verschaltungen oder nichts von alle dem? Vielleicht hatte er auch nur... Das Ende dieses Satzes lesen sie im Buch.
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Seitenzahl: 77
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„Wir [Serienmörder] sind Eure Söhne, wir sind Eure Ehemänner – und wir sind in normalen Familien aufgewachsen.“
Ted Bundy
Tommy Lynn Sells
Hirnforschung im 21. Jahrhundert: Das Manifest
Memorandum: „Reflexive Neurowissenschaft“
1. Einleitung
2. Gesellschaftliche Bedeutung
3. Einige Feststellungen und Prognosen des Manifests
4. Die Verortung des Psychischen im Gehirn
5. Methodologische Grundfragen – das Gehirn-Geist-Problem
6. Theoretische Herausforderungen
7. Menschenbild – Gebiet der philosophischen Anthropologie
8. Disziplinäre Zuständigkeit
9. Fazit: Auf dem Weg zu einer reflexiven Neurowissenschaft
Literaturverzeichnis
Dieses Buch handelt über das serielle Töten und einem „klassischen“ Serienmörder so wie wir ihn aus Film und Zeitung kennen:
Wir alle wissen, oder glauben zu wissen, was ein Serienmörder ist. Das multizide1Phänomen des ungebremsten Tötens von Menschen in verschiedenen Ereignissen in bestimmten Zeiträumen mag an dieser Stelle als Definition genügen. Alles andere ist nach meiner Ansicht Wortklauberei und soll dem gesellschaftlichen Anliegen Rechnung tragen auch dieses scheinbar abgründige menschliche Verhalten wenigstens statistisch erklären zu wollen und die hilflosen und phrasenreichen Deutungsversuche der Psychologie, Psychiatrie oder der Neurowissenschaften einigermaßen plausibel erscheinen zu lassen! Ich könnte mich jetzt damit begnügen und das ganze Thema lapidar und lakonisch herunter leiern wie eine tibetische Gebetsmühle, könnte einen Wust an möglichen Ursachen vortragen, angefangen von einer unheilvollen Kindheit mit dem trinkenden Vater und der vergnügungssüchtigen Mutter, einer unsäglich grausamen Pubertät deren Auswirkungen bis ins adulte Dasein reichen, und würde doch nichts damit erklären. Denn das was die zuständigen Wissenschaften vorbringen ist ein Konglomerat an scheinbaren Erkenntnissen und Theorien die, wie so oft, alles erklären sollen und dennoch nichts aussagen.. Die letztendliche Kausalität bleibt im Dunklen. Aber solange von starren Definitionen und statistischen Zahlenspielereien ausgegangen wird kann dieses Phänomen auch nicht erklärt werden.
Das Phänomen des Serienmordes ist kein neues. Ob Jung oder Alt, Mann oder Frau, ob in Los Angeles, Düsseldorf oder in den chinesischen Wudang-Bergen, ob im Mittelalter oder in der Neuzeit: Es reifen Persönlichkeiten heran die in Ihrer weiteren Entwicklung und Ihrem Werdegang zu wahren Tötungsmaschinen mutieren. Was veranlasst diese Menschen dazu, anderen mit bloßen Händen Hoden abzureißen, Ihnen bei vollem Bewusstsein die Augen auszustechen, sie zu foltern und zu quälen um dann aus Ihrer Sicht einen genussvollen und befreienden Tötungsakt zu begehen? Was sind das für Menschen, die mit für uns unvorstellbarer Grausamkeit und widerwärtigster Brutalität töten, die mit eiskalter Präzision einem lockenden Ruf folgen der Tod und Verderben bringt, die mit kalten Augen, hinter denen ein mächtiges Feuer lodert, ihren schaurigen Musterplan in die Tat umsetzen und sich scheinbar über alle Grenzen hinweg zu erheben scheinen? Sie fühlen sich Gott gleich, erhaben zu sein über anderes Leben, sie fühlen sich als Richter: sie lassen Gnade walten oder sprechen den Tod aus; und gleichzeitig sind sie auch der Henker, der Vollstrecker der auserwählt ist, den zuvor in Gedanken gefassten vermeintlichen Schuldspruch zu erfüllen.
Doch was ist nun die Triebfeder, die vermeintliche Ursache oder wenigstens der Auslöser der das ganze Geschehen Realität werden lässt? Gibt es überhaupt eine Ursache? Diese Frage mag a prima Vista etwas merkwürdig erscheinen; aber ist sie bei weitem nicht. Denn Ursache und Wirkung werden im Verlaufe dieses Buches ihre Grenzen verlieren, ihre Polarität wird sich nach und nach auflösen und letztendlich...
Aber bevor ich diesen Satz vollenden kann müssen wir uns auf eine unübersichtliche Reise in die auch bis heute noch größtenteils unbekannten Dimensionen und Tiefen des sogenannten menschlichen Geistes begeben oder zumindest zu dem was Menschen als Geist definiert haben; begeben wir uns zu den vermeintlichen Quellen der menschlichen Psyche oder zumindest zu dem was heute unter der Psyche eines Menschen verstanden werden will. Begeben wir uns auf die Suche nach der unbedingten Information die es augenscheinlich ermöglicht das Menschen zu (willenlosen) Monstern pervertieren so wie es der „ normale“ Mensch deutet. Aber was ist dann Normal? Wer definiert dies? Gibt es überhaupt ein Bewusstsein, einen Geist? Existieren wir als denkende Menschen überhaupt? Ist das, was wir heute als Gesellschaft bezeichnen und die damit einhergehende Kultur vielleicht schon selbst nicht normal? Kann dies möglicherweise schon eine Art Perversion, ein perfider menschenverachtender Auswuchs des menschlichen Geistes sein? Entscheidet ein Serienmörder,ein Pädophiler oder Kindermörder tatsächlich aus dem freien Willen heraus? Unterliegt er Zwängen? Kann ein Mensch frei entscheiden Gutes oder Böses zu tun?
Eifrig bemühen sich Wissenschaftler weltweit das Problem mittels spezieller Hirn-Scan-aufnahmen zu lösen. Ein Trugschluss, wie sich noch herausstellen wird und wie immer ein plumper und infantiler Versuch der (Human)-Wissenschaften von Strukturdefekten auf Verhalten zu schließen und umgekehrt.
Was ist normal?
Normal ist was alle tun oder zumindest die Mehrheit tut!
So könnte man ganz grob und undifferenziert postulieren was der Mensch unter dem Begriff des Normalen versteht. Dies ist natürlich stark vereinfacht und simpel ausgedrückt. Aber ebenso simpel und einfach ist das Normale aus der Kultur-und Zivilisationsgeschichte der Menschheit entstanden. Diente es doch eigentlich und ursprünglich dem Überleben einer Gemeinschaft oder späteren Gesellschaft. Denn was alle taten konnte nicht schaden und mußte nur noch durch rigide Regeln und Gesetze fixiert werden. Dies ging auch über einen langen Zeitraum gut bis allerdings dann einige Menschen auf die Idee kamen das Ganze zu hinterfragen und schließlich zu dem Ergebnis kamen, das Normalität eigentlich nur eine Sache der subjektiven Definition und Ansicht darstellt und keineswegs eine anzuordnende Tugend ist die dann auch noch die abenteuerlichsten sozialen Blüten treibt, wie wir noch sehen werden. Alle sog. sozialen Gruppen wie Familie, Gemeinschaft und die Gesellschaft als höchste Form des Zusammenlebens in einem Staat oder anderem politischen Gefüge erfuhren dann in ihrer weiteren Kultivierung das Vorschriften, Normen, Ge-und Verbote und schließlich Gesetze nur in einem bedingten Rahmen die Fähigkeit des menschlichen Geistes einschränken konnte beides, Normal und eben Un-normal, zu unterscheiden.
Der Literaturwissenschaftler Romanist und Germanist Jürgen Link bemerkte einst "Offenbar erweitern sich die Normalitätsspektren und ihre Spreizung“. Frei übersetzt: Was in früheren Zeiten nicht normal war kann heute als gesellschaftsfähig gelten und ist vom sozialen und kulturellen Hintergrund abhängig. Normal bedeutet nach der menschlichen Definition das etwas die Norm betrifft, also sich typisch und Regelkonform darstellt; ein Maßstab, eine Richtschnur wie die lateinische Übersetzung des Normalen, das Norma bedeutet. Demnach ist das Normale u.a. nicht mehr als eine statistische Größe, die, wie alle Statistik, alles und nichts aussagen kann und in hohem Maße abhängig ist vom Urheber der Zahlenspielerei. Daneben werden noch zwei andere Arten der sog. Norm unterschieden. Zum einen die sog. Ideal-Norm, die einen wünschenswerten Zustand erreichen möchte, und das realistischere Gegenstück der sog. funktionalen Norm, die das Verhalten eines Individuums als der Norm entsprechend angemessen beurteilt. Gesehen werden muß dieses absolut künstliche Adjektiv vor dem sozio-kulturellen Background oder besser gesagt vor dem gesellschaftlichen Hintergrund. Hundefleisch in China zu verzehren gilt dort als normal und würde in unseren Breiten Empörung und entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Allerdings betrachten wir es wiederum als normal wenn eben jene Tiere und andere Lebewesen einen qualvollen und langen Tod sterben in dubiosen Versuchslaboratorien um vermeintlichen Nutzen für Medikamente oder Gesichtscremes zu erzielen. Zwar erfolgt auch hierzulande manchmal ein Aufschrei des Entsetzens; doch geht unser vermeintliches Wohlbefinden und eine schöne Haut doch über das Leben eines „ niederen“ Lebewesens hinaus. Ethik und Moral, um diese hehren philosophischen Begriffe hier schon einmal zu verwenden, waren immer schon recht flexibel und variabel in ihrer (Be-)deutung und praktischen Anwendung und sind stets abhängig vom Deutenden und seiner Umgebung.
Das heute unzählige Menschen durch staatliche Willkür in Armut und höchste Existenz,-und Lebensangst gezwungen werden, wie man unschwer am sog. „Bürgergeld“ Programm ersehen kann, mag auch an dieser Stelle als erster Hinweis für latente und tatsächliche Destruktivität der menschlichen Gesellschaft dienen. Doch auch dazu später mehr.
Serienmörder kommen nicht von ungefähr um es salopp auszudrücken.
Der deutsche Anarchist und Schriftsteller Rudolf Rocker ( 1873-1958 ) der zuletzt in den USA lebte, bemerkte zur menschlichen Gesellschaft bzw. zum Staatswesen folgendes:
Politische Herrschaft strebt immer nach
Uniformität.
In ihrer blöden Sucht, alles
gesellschaftliche Geschehen
nach bestimmten Grundsätzen ordnen
und lenken zu wollen,
ist sie stets darauf erpicht, alle Gebiete
menschlicher Betätigung
einer einheitlichen Schablone zu
unterwerfen. Damit gerät sie in
einen unlösbaren Gegensatz mit allen
schöpferischen Kräften des
höheren Kulturgeschehens, das stets nach
neuen Formen und
Gestaltungen Ausschau hält,
infolgedessen an das Mannigfaltige und
Vielseitige des menschlichen Strebens
ebenso gebunden ist, wie die
politische Macht an die Schablone und die
starre Form gebunden ist“.
RUDOLF ROCKER, Nationalismus und Kultur, Bremen o.J., Bd.1, S.18
Als der große deutsche Lyriker Rainer Maria Rilke (1875-1926) in den Jahren 1899/1900 nach Russland reiste und dort dem russischen Schriftsteller Leo N. Tolstoi (1828-1910) begegnete, war er sehr von der„ russischen Seele“ beeindruckt. Leo Tolstoi mag ihn dann auch in seinem später verfassten Brief an den Schriftsteller und Journalisten Franz Xaver Kappus (1883-1966) beeinflusst haben der von einer sehr tiefsinnigen Psychologie und großem Humanismus geprägt ist.
Ich möchte aus diesen Brief dem Leser ein Zitat nachfolgend zur Verfügung stellen um diese wundervolle und gleichsam einfache
„ Psycho-analyse“ mit als einen Maßstab für dieses Buch zu nehmen. Wie einfach können oft Dinge erklärt oder dargestellt werden ohne schwülstige Manierismen und Terminologien wie es in den Wissenschaften oftmals, nein eigentlich fast immer der Fall ist.
Vielleicht ist alles Schreckliche im tiefsten Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will“
(Rainer Maria Rilke)