Der Regional-Krimi 10: Tod am Gaswerk - Alfred Wallon - E-Book

Der Regional-Krimi 10: Tod am Gaswerk E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Ich sollte den drogenabhängigen Sohn eines bekannten Geschäftsmanns beobachten. Als vorausschauender Problemlöser. Aber ich kam zu spät. Der Junge wurde während des Modular-Festivals im Gaswerk tot aufgefunden.Und plötzlich bekam ich selbst Ärger. Die Typen, die den Jungen aus dem Weg geräumt hatten, waren nun hinter mir her.

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Seitenzahl: 180

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In dieser Reihe bisher erschienen

3501 Thomas Ziegler Überdosis3502 Renate Behr Tod am Dreiherrenstein3503 Alfred Wallon Sprung in den Tod3504 Ulli B. Entschärft3505 Udo W. Schulz Unter Blendern3506 Alfred Wallon Die Escort-Lady3507 Stephan Peters Die Hexe von Gerresheim3508 Uwe Voehl Mörderisches Klassentreffen3509 Andreas Zwengel Mörderisches Windeck3510 Alfred Wallon Tod am Gaswerk3511 Ralph Sander Semper und der tote Vulkanier

Tod am Gaswerk

Der Regional Krimi

Buch 10

Alfred Wallon

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

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© 2024 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Titelbild: Alfred Wallon

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-7579-8556-1

3510v1

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Über den Autor

KapitelEins

Ich war erstaunt, als ich einen Mann vor der Haustür stehen sah, der gerade damit zugange war, die Namen der Hausbewohner akribisch zu studieren. Die Neugier wuchs umso mehr, als ich sah, wie der Mann die Klingel mit meinem Namen betätigte und logischerweise niemand öffnete.

Im ersten Moment überlegte ich mir, umzukehren und das Weite zu suchen. Vielleicht war der Mann ja ein Kollege von Moosgruber, dem Gerichtsvollzieher, der mich immer am Ende des Monats aufsuchte, um einige fällige Geldbeträge zu kassieren, die ich immer noch nicht beglichen hatte. Anfang nächster Woche würde dieser Engpass vorbei sein, aber heute und die nächsten drei Tage musste ich mich finanziell in jeglicher Hinsicht zurückhalten, sonst würde ich meinen Kreditrahmen überschreiten. Was das bedeutete, daran wollte ich jetzt lieber nicht denken. Es würde mich nur runterziehen.

Warum ich immer finanziell knapp zum Ende des Monats bin? Ich bin selbstständig und Privatdetektiv. Mein Name ist Frank Gerber und ich beschäftige mich meist mit kleineren Delikten wie Ermittlungen im persönlichen Umfeld, Beobachtungen und sonstigen Dingen, die für manche Menschen sehr unangenehm sein können, wenn ich die Wahrheit herausfinde. Deshalb mögen mich einige Leute nicht, und ich bin schon öfters mal in Schwierigkeiten deswegen geraten. Aber manchmal muss ich das in Kauf nehmen, wenn man mir ein Honorar in gewisser Höhe in Aussicht stellt, auch wenn ich etwas länger darauf warten muss.

„Wohnen Sie auch hier?“, riss mich plötzlich die Stimme des Mannes aus meinen Gedanken.

„Ja“, erwiderte ich und beschloss, diesmal nicht davonzulaufen. Wenn der Mann tatsächlich einer von Moosgrubers Kollegen war, dann würde er ohnehin morgen wiederkommen, wenn ich eine Ausrede erfand.

„Kennen Sie Herrn Frank Gerber“, fragte mich der Mann weiter.

„Ich glaube schon“, erwiderte ich. „Obwohl andere behaupten, sie würden mich besser kennen als ich selbst. Ich bin Frank Gerber.“

„Sehr gut“, sagte der Mann und streckte sofort seine rechte Hand aus. „Mein Name ist Richard Meixner. Ich würde Sie gerne in einer privaten Angelegenheit sprechen. Sie sind doch als Detektiv tätig, oder?“

„Das stimmt“, sagte ich, während ich den Händedruck kurz erwiderte und dabei feststellte, dass seine Hand unangenehm feucht war. Dennoch fiel mir ein deutlicher Stein vom Herzen. „Was kann ich für Sie tun?“

„Es ist eine familiäre Angelegenheit“, erwiderte Meixner. „Können wir das vielleicht in Ihrem Büro besprechen? Es ist sehr dringend.“

„Natürlich“, antwortete ich, schloss die Tür auf und ging vor. Über die Treppe folgte er mir noch oben, bis wir vor meiner Wohnungstür standen. Dort war auch ein kleines Messingschild an der Tür angebracht, auf dem mein Name mit dem Zusatz Private Ermittlungen eingraviert war. Letzteres hatte nicht unbedingt dazu beigetragen, dass meine Beliebtheit bei den anderen Mietern dieses Hauses ins Unermessliche stieg. Wenn man mit einem Privatdetektiv im gleichen Haus wohnt, wird man instinktiv immer etwas ruhiger und zurückhaltender.

Ich öffnete die Tür und ließ Meixner den Vortritt. Dann folgte ich ihm und schloss die Tür wieder. Meixner tat das, was jeder Besucher immer zuerst machte, wenn er das erste Mal zu einem Gespräch kam. Er suchte mein Büro, was nach außen hin eine gewisse Seriosität vermitteln sollte. Aber wer nach so etwas suchte, würde das bei mir ohnehin nicht finden. Meine Wohnung im 3. Stock der Fichtelbachstraße in Augsburg war eher zweckmäßig als behaglich eingerichtet. Ein großes Wohnzimmer mit angrenzender Küche, separatem Schlafzimmer und Toilette. Wohnaccessoires oder Dekogegenstände waren bei mir Fehlanzeige.

Mein guter Freund Jo Poschmann bezeichnet meine Wohnung immer als simple Junggesellenbude, vergisst dabei aber oft und gerne, dass er auf dem gleichen Level lebt, und das ist noch beschönigend formuliert.

„Nehmen Sie doch bitte Platz, Herr Meixner“, sagte ich schließlich und wies auf die Couch. „Möchten Sie einen Kaffee?“

„Gerne“, sagte Meixner, worauf ich in den Küchenbereich ging und die Kaffeemaschine einschalten wollte. Erst dann erinnerte ich mich daran, dass das Gerät heute Morgen bereits seinen Geist aufgegeben hatte und ich mit dem Kauf eines neuen Automaten noch etwas warten musste.

„Ein Wasser tut es auch, Herr Gerber“, sagte Meixner, der bemerkt hatte, in welcher Lage ich mich befand. „Gar kein Problem.“

Ich beeilte mich, seinen Wunsch zu erfüllen, nahm die Mineralwasserflasche und zwei Gläser und kehrte zurück zu der Couch. Dort füllte ich die beiden Gläser, nahm eines davon und trank einen Schluck, während ich neugierig war, was Meixner von mir wollte. Aufgrund seines Anzuges und der teuren Armbanduhr konnte man durchaus schließen, dass er sich über finanzielle Engpässe keinerlei Sorgen zu machen brauchte. Vielleicht war er ja auch entsprechend großzügig, was mein Honorar anging.

„Wie sind Sie denn auf mich gekommen?“, fragte ich meinen potenziellen neuen Klienten.

„Joachim Poschmann hat mir Ihren Namen genannt, Herr Gerber“, klärte mich Meixner auf. „Wir sind uns vorgestern auf einem Empfang im Goldenen Saal im Rathaus begegnet. Wir kamen ins Gespräch, und so habe ich von Ihnen erfahren.“

„Die Welt ist manchmal kleiner, als man glaubt“, sagte ich. „Was genau kann ich denn für Sie tun, Herr Meixner?“

Anstatt direkt darauf zu antworten, holte er ein silbernes Etui aus seinem Jackett, öffnete es und holte eine Visitenkarte heraus, die er mir dann gab. Ich warf einen Blick darauf. Richard Meixner – Geschäftsführer stand dort. Und der Name der Firma war Robotech, eine durchaus bekannte Firma in Augsburg, mit deren Übernahme mittlerweile sogar chinesische Geschäftsleute geliebäugelt hatten. Ein Mann in solch einer verantwortungsvollen Position suchte einen Privatdetektiv auf? Dann konnte es sich nur um familiäre Probleme handeln, und genau so war es auch, wie ich wenige Sekunden später erfuhr.

„Es geht um meinen Sohn Daniel, Herr Gerber“, rückte Meixner nun mit der Wahrheit heraus. „Ich möchte Sie beauftragen, ein Auge auf ihn zu haben. Er hat seit einigen Wochen einen sehr schlechten Umgang und gibt sich mit Leuten ab, die ich für bedenklich halte.“

„Aha“, sagte ich. „Und wie ist das gekommen?“

„Das weiß ich nicht genau“, sagte Meixner mit einem bedauerlichen Schulterzucken. „Ich weiß, dass bei einem Mann in meiner Position die Familie immer ein wenig zu kurz kommt. David ist siebzehn und kurz vor dem Abitur. Ein kritischer Zeitpunkt, um einfach alles schleifen zu lassen, und nichts anderes tut er.“

„Sie haben mit ihm darüber gesprochen?“, wollte ich wissen.

„Nicht nur einmal“, sagte Meixner. „Aber sämtliche Ratschläge prallen im Moment von ihm ab. Er fehlt des Öfteren in der Schule, und wir erfahren erst davon, wenn wir einen Brief vom Direktor erhalten. Und jetzt hat er den Bogen endgültig überspannt, Herr Gerber. Meine Frau und ich haben in seinem Zimmer Drogen gefunden.“

„Was für Drogen genau, Herr Meixner?“

„Tabletten und Kokain“, antwortete der besorgte Vater. „Natürlich habe ich Daniel das sofort weggenommen und ihm gesagt, dass das so nicht weitergehen kann und auch nicht wird. Wissen Sie, was er stattdessen gemacht hat?“ Er musste sich erst einmal kurz beruhigen und wieder Luft holen, weil er sich so sehr in Rage geredet hatte. „Er hat Fuck you zu mir gesagt, ist einfach aufgestanden und gegangen. Das war gestern Abend, und heute ist er wieder nicht in der Schule gewesen. Offen gestanden wissen meine Frau und ich nicht mehr weiter. Gut zureden hilft da nicht mehr. Ich will wissen, wer die Leute sind, mit denen mein Sohn jetzt abhängt, das nennt man doch so, oder?“ Er sah, wie ich nickte, und fuhr dann fort. „Ich möchte, dass Sie ihn ein paar Tage beobachten und herausfinden, mit wem er sich herumtreibt. Ich bin auch bereit, Sie für Ihre Dienste sehr großzügig zu entlohnen. Ich zahle Ihnen 500 Euro Vorschuss, Herr Gerber. Und wenn Sie es schaffen, dass mein Sohn wieder auf den richtigen Weg zurückfindet, wartet eine attraktive Erfolgsprämie auf Sie.“

„Das, was Sie von mir noch erwarten, ist der Job eines Psychologen oder eines Mediziners, der Erfahrungen mit Drogenabhängigen hat, Herr Meixner“, warf ich sofort ein. „Ich kann nur die anstehenden Ermittlungen durchführen, um die Sie mich jetzt bitten. Für alles andere gibt es Spezialisten.“

„Das ist mir schon bewusst, Herr Gerber“, entgegnete Meixner. „Aber es ist einfach eine unbeschreibliche Hilflosigkeit, zusehen zu müssen, wenn der einzige Sohn sich immer weiter von seinen Eltern entfernt und wir gar nichts dagegen tun können.“

„Ich verstehe. Ich verspreche Ihnen, dass ich mich darum kümmern werde. Was können Sie mir sonst noch über Ihren Sohn Daniel erzählen? Ist er in sozialen Netzwerken aktiv? Welche Freunde hat er? Kennen Sie die Namen? Gibt es ein Mädchen, mit dem er sich trifft?“

„Das wissen wahrscheinlich seine Mitschüler besser als meine Frau und ich“, musste Meixner jetzt zugeben. „Ich habe hier ein Foto von ihm. Vielleicht hilft das ja.“ Während er das sagte, griff er in die Innentasche, holte das besagte Foto heraus und gab es mir. Es zeigte einen Teenager mit etwas blasser Haut und aschblonden Haaren. Er trug Jeans und ein Sweatshirt und blickte auf diesem Foto etwas nervös drein.

„Das Foto ist vor knapp sechs Wochen gemacht worden“, klärte mich Meixner auf. „Meine Frau feierte ihren Geburtstag, aber er hatte nicht so richtig Lust, sich fotografieren zu lassen. Vielleicht auch deswegen, weil er damals schon mit Drogen zu tun hatte und wir das trotzdem nicht bemerkt haben.“

„Was macht er in seiner Freizeit?“, fragte ich. „Wo trifft er sich mit seinen Freunden? Geht er feiern?“

„Natürlich“, sagte Meixner. „Er geht immer erst um 22:00 Uhr weg und kommt manchmal erst wieder nach Hause, wenn die Sonne bereits aufgegangen ist. Das ja heute so üblich. Ach ja, in letzter Zeit ist er oft in der Kantine gewesen. Am Königsplatz ist das. Kennen Sie diesen Club?“

„Ich weiß, dass er existiert, Herr Meixner“, sagte ich. „Aber nicht mehr. Dann muss ich mich da wohl mal umsehen.“

„In zwei Tagen beginnt das Modular-Festival am Gaswerk, Herr Gerber“, fuhr Meixner fort. „Ich weiß, dass er dorthin gehen will. Es wird ja schließlich vom Stadtjugendring organisiert. Deshalb haben wir auch nichts gesagt. Auf solch großen Events besteht auch immer wieder mal die Gefahr, dass man mit Drogen in Berührung kommt.“

„Hat Ihr Sohn eine Freundin?“, fragte ich nochmals, weil ich darauf keine ausreichende Antwort bekommen hatte.

„Auch das wissen meine Frau und ich nicht“, lautete Meixners Antwort. „Wir haben ihn mal danach gefragt, weil es ja normal in diesem Alter ist. Aber er hat nichts dazu gesagt. Ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen, leider.“

Ich hatte nach diesen wenigen Minuten den Eindruck, als wenn Meixner völlig ahnungslos war. Aber so geschieht es oft in Familien, bei denen der Job und das Geld an erster Stelle stehen. Alles andere, was dabei zu kurz kommt, rächt sich irgendwann, manchmal sogar auf dramatische Weise. Ich beschloss, Meixner lieber nichts davon zu sagen, was meine Erfahrungen in diesen Dingen waren, sonst hätte er wahrscheinlich keine Nacht mehr ruhig schlafen können. Auf jeden Fall war es höchste Zeit, sich um diesen Fall zu kümmern, aber ob ich es wirklich schaffen würde, an den Jungen heranzukommen und herauszufinden, mit wem er seine Zeit verbrachte, war alles andere als sicher. Ich würde erst mal recherchieren müssen und sehen, was mir die sozialen Netzwerke über Daniel Meixner anzeigten.

„Ich kümmere mich darum, Herr Meixner“, sagte ich nach kurzem Überlegen. „Ich fange noch heute mit der Recherche an. Wenn ich noch Fragen habe: Wo kann ich Sie am besten erreichen?“

„Wir wohnen im Thelottviertel unterhalb des Hotelturms“, sagte Meixner. „Es ist das neue Haus mit den auffälligen Skulpturen in der Schießstättenstraße. Vielleicht kennen Sie es ja.“

In der Tat kannte ich die Straße und auch das Haus. Aber ich vermied es jetzt lieber, Meixner zu sagen, dass ich in dieser Straße schon einmal meine ganz speziellen Erfahrungen gemacht hatte. Erfahrungen, die mit einem Wissenschaftler, einigen verschwundenen Studenten und einer Rattenplage zu tun gehabt hatten. Das war jetzt zwar schon fast zwei Jahre her, aber ich erinnerte mich noch sehr gut an den Fall, der damals für große Schlagzeilen in der Presse gesorgt hatte. Meixners Prunkvilla war aber erst ein Jahr danach von einem Bauunternehmen aus Thannhausen dort errichtet worden.

„Ich weiß, wo das ist“, sagte ich deshalb nur. „Ich melde mich, sobald ich etwas weiß.“

„Sehr gut“, meinte Meixner mit einem anerkennenden Nicken und holte nun seine Brieftasche hervor. Er zählte fünf Hundert-Euro-Scheine ab und legte sie auf den Tisch, während ich registrierte, dass sich in der Brieftasche noch mehr Geld befand. „Hier ist der versprochene Vorschuss. Bitte erstatten Sie mir täglich Bericht, wie weit Sie mit Ihren Ermittlungen vorangekommen sind.“

„Geht in Ordnung“, versprach ich ihm. Meixner erhob sich und verabschiedete sich wieder mit einem kurzen Händedruck vor mir. Er verließ meine Wohnung, und ich sah vom Balkon, wie er in einen silbergrauen Mercedes einstieg, der sicher mehr kostete, als ich in einem ganzen Jahr verdiente. Ich wusste aber auch, dass mein finanzieller Engpass in diesem Moment erst einmal beendet war, und nur das zählte in diesem Augenblick.

Hätte ich jedoch gewusst, was dieser neue Auftrag für mich an Risiken bedeutete, dann hätte ich ihn besser nicht angenommen. Aber meistens ist es immer so, dass man glaubt, einen ganz normalen Job zu machen, und begreift erst zu spät, welche Probleme man sich damit eingehandelt hat.

* * *

Zwei Stunden später begann sich allmählich ein Bild zu formen. Ich hatte Daniel Meixners Profil bei Facebook entdeckt und konnte mir zumindest einen ersten Eindruck verschaffen, für was er sich interessierte. Nicht alle Bereiche des Profils waren öffentlich zugänglich, aber zumindest half mir das weiter. Bei YouTube entdeckte ich zwei Videos von Daniel, in denen er über seine Musik kurz sprach und Songs in seinem Kanal teilte. All das sagte mir nichts, aber mein Musikgeschmack richtet sich eher danach, dass man beim Anhören nicht gleich halb taub wird. Hip-Hop und Rap waren gar nicht meine Richtung, vor allem dann nicht, wenn man überhaupt nicht verstand, um was es ging, weil diejenigen Künstler so schnell sprachen, dass man ohnehin nur die Hälfte davon mitbekam.

Auf diesem YouTube-Kanal erzählte Daniel auch etwas von einem heute Abend bevorstehenden Music Act in der Kantine am Königsplatz und dass er dort auch hingehen wollte, genauso wie auf das Modular-Festival. Genau das waren die Informationen, die ich brauchte, um jetzt weitere Maßnahmen ergreifen zu können. Bei TikTok entdeckte ich zwar auch noch etwas, was Daniel gepostet hatte, aber in meinen Augen waren das Videos, die wahrscheinlich nur diejenigen begreifen, die etwas mit Gaming zu tun haben. Ich selbst hatte jedoch noch niemals ein Videospiel besessen, und erst recht keine X-Box oder eine Playstation. Für mich waren das alles Dinge, zu denen ich keinen Bezug hatte und auch niemals haben würde. Die Welt da draußen war viel spannender und interessanter, als stundenlang vor einem Computer zu zocken.

In diesem Moment klingelte das Telefon, und ich erkannte die Nummer. Es war mein alter Freund Jo Poschmann, seines Zeichens freier Journalist und rasender Reporter. Er war immer zur Stelle, wenn er eine interessante Story witterte, und er hatte mir auch schon bei den Ermittlungen in zwei brisanten Fällen geholfen.

„Hallo Jo“, sagte ich. „Schön, von dir zu hören. Wie geht’s dir denn?“

„Besser als dir“, erwiderte Jo. Für solche Bemerkungen hatte ich es mir schon mehr als einmal verkneifen müssen, ihm meine Meinung zu sagen, weil er um meine finanziellen Engpässe bestens Bescheid wusste. Dennoch schien er es immer wieder förmlich zu genießen, Salz in offene Wunden zu streuen und zuzusehen, wie ich mich dann ärgerte. Aber diesen Triumph konnte und wollte ich ihm heute nicht gönnen.

„Ich habe gerade einen neuen und sehr lukrativen Auftrag bekommen, Jo“, sagte ich. „Es gibt also keinen Grund zur Klage. 500 Euro Vorschuss in der letzten Monatswoche sind immer eine Wohltat.“

„Und was musst du dafür tun?“, fragte Jo. Wahrscheinlich witterte er bereits eine neue Story und hoffte, daraus Kapital schlagen zu können, wenn ich in einem neuen Fall ermittelte.

„Nur eine normale Personenbeobachtung“, klärte ich Jo auf. „Eigentlich nichts Spektakuläres.“ Ich berichtete ihm kurz von meinem Gespräch mit Richard Meixner, und als ich den Namen des Geschäftsmannes erwähnte und Jo erzählte, dass ich diese Empfehlung praktisch ihm zu verdanken hatte, wurde er auf einmal ganz hellhörig.

„Du weißt schon, wer dein Auftraggeber ist, oder?“, wollte er dann wissen.

„Er ist Geschäftsführer von Robotech, wie ich schon sagte“, antwortete ich. „Wenn du etwas weißt, was ich wissen sollte, dann erzähle es mir, Jo. Für langwieriges Rätselraten habe ich jetzt keine Zeit. Ich muss heute noch jede Menge erledigen.“

„Entspann dich mal, Frank“, sagte Jo, und sein Tonfall klang besonders humorvoll. „Ich will dich keinesfalls überfordern.“

„Du bewegst dich gerade auf sehr dünnem Eis, und das weißt du auch!“, warnte ich ihn. „Also, was ist jetzt?“

„Richard Meixner ist ein bestens bekannter Name in der Augsburger Geschäftswelt“, sagte Jo. „Ich bin ihm kürzlich im Goldenen Saal im Rathaus auf einem Empfang begegnet und hatte den Eindruck, dass er sehr nervös war. Wir kamen ins Gespräch und er fragte, ob ich jemanden kennen würde, der diskrete Ermittlungen anstellt, ohne dass gleich die ganze Welt davon erfährt. Und was ist es denn nun, was ihm so große Sorgen macht?“

„Diskretion ist für dich offensichtlich ein Fremdwort, Jo“, meinte ich daraufhin.

„Jetzt stell dich nicht so an“, warf er mir vor. „Immerhin war es eine Empfehlung von mir. Nur mal so bemerkt.“

„Er hat einen missratenen Sohn, wenn du es genau wissen willst“, entgegnete ich. „Er schluckt Tabletten und nimmt Kokain. Du kannst dir ja denken, dass sich sein Vater deswegen große Sorgen macht.“

„Und du sollst herausfinden, woher er das Zeug bekommt?“, mutmaßte Jo.

„Ja“, bestätigte ich. „Deshalb muss ich auch mal an einen ungewohnten Ort. Daniel Meixner hat in den sozialen Medien gepostet, dass er heute Abend auf einem Konzert in der Kantine ist. Irgend so was mit Hip-Hop und Rap. Ich habe keine Ahnung.“

„Was für ein eigenartiger Zufall!“, hörte ich Jos aufgeregte Stimme. „Ich bin nämlich auch dort. Da treten Alex H. & McRap auf. Ich soll ein Interview mit denen kurz vor Konzertbeginn machen. Den Termin hat mir eben der Manager bestätigt. Deswegen habe ich dich auch angerufen. Ich kann eine Begleitperson mitbringen, und da dachte ich an dich. Auf diese Weise kommst du wenigstens auch mal wieder unter Leute, und das kann ganz gewiss nicht schaden. Was ist? So könntest du Job und Spaß miteinander verbinden.“

Eigentlich war das ein guter Vorschlag, aber ich zögerte dennoch ein paar Sekunden, weil ich Jo gut kenne und weiß, dass er nur schwer zu bremsen ist, wenn seine Neugier geweckt worden ist.

„Einverstanden“, sagte ich schließlich. „Aber du hältst dich aus dem raus, was ich mache. Ist das klar?“

„Mache ich“, sagte Jo. „Großes Ehrenwort. Treffen wir uns vor dem Eingang der Kantine. So gegen 22:30 Uhr. Einverstanden?“

„In Ordnung“, stimmte ich ihm zu und beendete das Telefonat.

KapitelZwei

Abends in der Nähe vom Königsplatz noch einen Parkplatz zu finden, ist alles andere als einfach. Aber ich hatte an diesem Abend Glück und fand in einer Seitenstraße noch eine Möglichkeit, wo ich meinen Wagen abstellen konnte, in der Hoffnung, dass um diese Uhrzeit kein diensteifriger Hilfspolizist mehr unterwegs war, um Strafzettel zu verteilen. Denn den Hinweis, dass diese Straße nur Anwohnern das Parken erlaubte, hatte ich bewusst ignoriert. Ich hoffte nur, dass ich deswegen keinen Ärger bekam, und ging weiter zum Königsplatz.

Der Club Kantine befand sich schräg gegenüber vom Königsplatz, direkt an der Kreuzung Hermanstraße/Halderstraße. Um diese Uhrzeit hatte sich bereits eine Schar von Besuchern vor dem Eingang versammelt, der von einer Horde von muskulösen Türstehern besser bewacht wurde als ein Goldschatz. Ich bemerkte, wie mich die Typen argwöhnisch musterten und sich wahrscheinlich fragten, was ein alter Sack wie ich an diesem Abend hier zu suchen hatte.

Mir war das unangenehm, und ich war deshalb froh, als ich auf der anderen Straßenseite Jo bemerkte. Er winkte mir zu, überquerte die Straße und stand dann schließlich neben mir.

„Lass uns reingehen“, sagte er nur, ignorierte die Warteschlange und ging direkt zu den Türstehern, deren Blicke erneut dokumentierten, was sie von uns hielten. Aber Jo ließ sich davon nicht einschüchtern, sondern zückte sofort seinen Presseausweis.

„Presse“, sagte er. „Ich habe einen Interviewtermin mit Alex H. und McRap.“

Der Türsteher erwiderte gar nichts, sondern blickte fragend zu seinem Kollegen. Offensichtlich hatte ihm niemand etwas davon gesagt, dass sich die Presse angekündigt hatte, und er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Zum Glück wurde dieses Problem aber sehr schnell geklärt, denn der Kollege ging jetzt die Treppe nach unten und kam wenig später mit einem Mann zurück, der sofort auf Jo zuging.

„Jo Poschmann?“, fragte er, und mein Freund nickte. „Ich bin Paul de Bruyn von Stage Entertainment. Kommen Sie mit. Wir haben eine halbe Stunde Zeit für das Interview eingeplant.“ Dabei schaute er auch zu mir. „Und wer sind Sie?“

„Frank Gerber, ein Kollege von mir“, antwortete Jo. „Wir haben unsere Kulturredaktion personell verstärkt.“