Die Forts am Bozeman Trail 03: Gebrochene Verträge - Alfred Wallon - E-Book

Die Forts am Bozeman Trail 03: Gebrochene Verträge E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Dies ist das dritte Buch in der Serie Die Forts am Bozeman Trail Im Juni 1866 finden Friedensverhandlungen in Fort Laramie statt. Eine Delegation aus Washington ist angereist, um die Sioux und Cheyenne davon zu überzeugen, dass sie die Goldsucher auf deren Weg nach Montana nicht angreifen sollen. Die Verhandlungen erweisen sich als schwierig und führen wenig später zu blutigen Auseinandersetzungen. Die Printausgabe umfasst 238 Buchseiten Eine Exklusive Sammlerausgabe des Titels als Taschenbuch können Sie nur direkt über den Versabdshop des Blitz-Verlages beziehen.

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In dieser Reihe bisher erschienen:

3201 Alfred Wallon Blaurock-Patrouille

3202 Alfred Wallon Der Sioux-Killer

3203 Alfred Wallon Gebrochene Verträge

3204 Alfred Wallon Das Fetterman-Massaker

3205 Alfred Wallon Fort Phil Kearny in Gefahr

3206 Alfred Wallon Der Hayfield Kampf

3207 Alfred Wallon Die Wagenkastenschlacht

3208 Alfred Wallon Rückzug der Blauröcke

GEBROCHENE VERTRÄGE

DIE FORTS AM BOZEMAN TRAIL

BUCH DREI

ALFRED WALLON

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

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Copyright © 2020 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier

Redaktion: Jörg Kaegelmann

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Illustrationen: Wiktoria Matynia/123RF.com

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten.

www.blitz-verlag.de

3203 vom 13.09.2024

ISBN: 978-3-95719-333-9

INHALT

Vorwort

Kapitel 1: Der Auftrag

Kapitel 2: Ankunft in Fort Laramie

Kapitel 3: Fleet Foots Tod

Kapitel 4: Red Clouds Ankunft

Kapitel 5: Flucht aus Montana

Kapitel 6: Friedensverhandlungen

Kapitel 7: Carringtons Ankunft

Kapitel 8: Fort Phil Kearny

Kapitel 9: Der Überfall der Sioux

Historische Anmerkungen des Autors

Über den Autor

VORWORT

„... Dieser Krieg hat nicht hier in unserem Land begonnen; diesen Krieg haben die Kinder des Großen Vaters über uns gebracht, die gekommen sind und uns unser Land ohne Bezahlung wegnahmen und die in unserem Land viele böse Dinge tun. Der Große Vater und seine Kinder sind daran schuld ... Es ist unser Wunsch gewesen, friedlich in unserem Land zu leben und Dinge zu tun, die zum Wohl und Nutzen unseres Volkes sind, doch der Große Vater hat es mit Soldaten besetzt, die nur unseren Tod wollen.

Manche von unseren Leuten, die von hier fortgingen, weil sie woanders besser zu leben hofften, und andere, die nach Norden gingen, um zu jagen, wurden von den Soldaten dennoch angegriffen. Und jetzt, da sie zurückkommen möchten, stellen sich ihnen die Soldaten erneut entgegen und hindern sie daran, heimzukommen.

Ich glaube, dass es einen besseren Weg gibt. Wenn Menschen in Streit geraten, ist es für beide Seiten besser, ohne Waffen zusammenzukommen und zu verhandeln und eine friedliche Lösung zu finden ...“

Sinte-Galsehka (Spotted Tail) von den Brulé-Sioux

KAPITEL 1: DER AUFTRAG

Fort Laramie

15. Dezember 1865

Gegen 10:00 Uhr morgens

„Diese gesamte Aktion von General Connor hat zu nichts geführt. Es hat nur Dutzende von Menschenleben und jede Menge Material gekostet.“

Die Miene von Colonel Henry Maynadier, dem Kommandanten von Fort Laramie, wirkte sehr nachdenklich, als er den Scout Jim Bridger anschaute, der vor einigen Monaten Connors Truppen begleitet und seine eigenen negativen Erfahrungen gemacht hatte.

„Red Cloud und Dull Knife amüsieren sich wahrscheinlich darüber, dass General Connor den Kürzeren gezogen hat“, fuhr er fort. „Zum Glück konnte noch ein weiterer Nachschubtransport Fort Connor erreichen. Aber die Moral der Truppe ist am Boden, Mister Bridger. Selbst der neue Kommandant Williford wird das nicht mehr ändern können. Erst recht nicht, wenn er meint, Fort Connor jetzt in Fort Reno umbenennen zu müssen.“

„Und was wollen Sie tun, Sir?“, fragte Bridger. „Noch weitere Truppen als Unterstützung in dieses Fort senden?“

„Das würde auf Dauer nichts bringen“, meinte Maynadier und ging zu dem großen Tisch, auf dem er eine Karte ausgebreitet hatte. „Wir müssen unsere Präsenz in der gesamten Powder-River-Region auf Dauer verstärken, und das geht nur, wenn wir so schnell wie möglich weitere Forts dort errichten. Spätestens im kommenden Sommer muss das erfolgen. Sonst setzen wir die ganzen Goldsucher und Abenteurer, die es nach Montana zieht, nur einem unnötigen Risiko aus.“

„Die Häuptlinge der Sioux und Cheyenne werden das nicht dulden, Sir“, gab Bridger zu bedenken und strich sich dabei gedankenverloren über seinen grauen Bart. „Es wird nur zu weiteren blutigen Kämpfen kommen. Wollen Sie das wirklich?“

„Es geht schon längst nicht mehr darum, was ich will, Mister Bridger“, brummte Colonel Maynadier. „Entscheidend ist, welche Pläne die Regierung in Washington gefasst hat. Und dass der Strom der Goldsucher nach Montana ohnehin nicht mehr aufzuhalten ist. Was wir bis jetzt erlebt haben, ist erst der Beginn ...“

„Es gab Gerüchte, dass in Nebraska bereits erste konkrete Maßnahmen stattfinden“, sagte Bridger und bemerkte, wie der Colonel sehr überrascht dreinblickte. Als hätte Bridger jetzt ein streng gehütetes Geheimnis herausgefunden. „Colonel, mittlerweile pfeifen es die Spatzen schon von den Dächern, dass Henry B. Carrington in diesen Plänen eine entscheidende Rolle spielt. Ist doch so, oder?“

„Ja“, gab der Kommandant von Fort Laramie schließlich zähneknirschend zu. „Sie wissen doch, dass die Mission von Gouverneur Newton Edmunds nicht viel gebracht hat?“

„Sicher weiß ich das“, nickte Bridger. „Wäre ich dabei gewesen, dann hätte ich sofort erkannt, dass es nichts bringt, mit bestimmten Indianern Verträge abzuschließen, die im Stamm aber selbst kaum etwas zu sagen haben. Man muss mit den Kriegshäuptlingen darüber verhandeln – die treffen letztendlich die Entscheidungen. Und von denen hat keiner an diesen Verhandlungen teilgenommen. Oder noch krasser ausgedrückt – das Ganze war eine einzige Lachnummer, wenn Sie es genau wissen wollen, Sir!“

„Ich weiß das, Mister Bridger“, erwiderte Colonel Maynadier. „Aber in Washington glaubt man tatsächlich, dass jetzt in der Powder-River-Region neue und friedliche Zeiten anbrechen. Dabei sind die neuen Verträge, die Edmunds mit den Brulé, den Hunkpapa, den Oglala und den Minneconjou abgeschlossen hat, völlig unbedeutend. Und was schreibt die Presse darüber? Genau das Gegenteil. Hier, werfen Sie mal einen Blick auf eine Ausgabe der Washington Post ...“ Er ging zu seinem Schreibtisch und holte eine Zeitung, die er Bridger anschließend reichte. „Hat zwar etliche Wochen gedauert, bis die Zeitung Fort Laramie erreicht hat. Aber Sie können schwarz auf weiß lesen, welcher Unsinn dort verbreitet worden ist ...“

Bridger warf einen Blick auf die Zeitung und registrierte sofort den Leitartikel auf der ersten Seite – und vor allem die große Überschrift: DURCHBRUCH AM POWDER RIVER – FRIEDENSVERTRAG MIT ALLEN STÄMMEN VEREINBART! Stirnrunzelnd las er weiter, was dort geschrieben stand:

... Endlich sind die Indianer befriedet. Nie wieder müssen solch kostspielige Expeditionen wie die von General Patrick E. Connor stattfinden, um einige widerspenstige Indianer mit einem Aufwand von über einer Million Dollar zu töten. Dabei haben tragischerweise Hunderte unserer Soldaten ihr Leben verloren, viele unserer Siedler wurden von den Wilden niedergemetzelt und ihr Besitz zerstört ...

„Diese Idioten“, murmelte Bridger fassungslos. „Keiner von denen war jemals hier. Niemand kennt die Verhältnisse vor Ort.“

„Solange es uns nicht gelingt, solche Häuptlinge wie Red Cloud, Dull Knife oder Sitting Bull an den Verhandlungstisch zu holen, so lange wird es auch keine Ruhe in der gesamten Region geben. Und jetzt kommen Sie ins Spiel, Mister Bridger. Sie sind ein erfahrener Scout und kennen die Indianer. Das gilt auch für Ihren Freund James Beckwourth. Sie beide wären genau die richtigen Männer vor Ort, um die Dinge in Bewegung zu bringen.“

„Das meinen Sie jetzt nicht wirklich ernst?“, lautete Bridgers Antwort. „Für ein Selbstmordkommando wie dieses müssen Sie schon einen Dümmeren finden. Auf so was lasse ich mich nicht ein. Jeder Weiße, der sich im Gebiet des Powder River aufhält, riskiert in diesen Tagen nur seinen Skalp. Es hat schon genügend Tote gegeben. Ich möchte nicht einer von denen sein.“

„Es gibt Wege und Mittel, Sie etwas deutlicher zu überzeugen, Mister Bridger“, fügte der Colonel mit einem Unterton hinzu, der Bridger ganz und gar nicht gefiel. „Sie sollten sich das wirklich mal gründlich durch den Kopf gehen lassen ...“

„War das jetzt eine Drohung, Colonel Maynadier?“ Bridgers Stimme nahm plötzlich einen gereizten Unterton an, und in seinen Augen begann es wütend zu funkeln. „Das dürfte Ihnen nicht gelingen. Ich habe weder einen Vertrag bei der Armee unterschrieben, noch mich sonst irgendwie schriftlich verpflichtet. Suchen Sie sich einen anderen Dummen, der für Sie die Kastanien aus dem Feuer holt. Ich werde es jedenfalls nicht sein. Und Beckwourth ganz bestimmt auch nicht.“

„Schade“, erwiderte Maynadier seufzend. „Dann muss ich eben andere Wege gehen. Aber es wäre mir bedeutend lieber, Sie dabei zu haben.“

„Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, dann überzeugen Sie Washington irgendwie davon, dass es besser ist, die Füße still zu halten. Sobald Carrington das geplante Vorhaben im kommenden Sommer in die Tat umsetzt, wird es einen Flächenbrand aus Blut und Gewalt geben.“

„Nicht unbedingt“, warf der Kommandant ein. „Deswegen will ich ja alle friedfertigen Mittel ausnutzen und den Indianern Gelegenheit geben, nach Fort Laramie zu kommen. Hier werden die nächsten Verhandlungen stattfinden.“

„Sie glauben wirklich, dass Red Cloud und Dull Knife hierher kommen?“ Bridger schüttelte mit einem bitteren Lächeln den Kopf. „Colonel, das wird niemals geschehen.“

„Vielleicht nicht, wenn Weiße als Unterhändler diese Einladung überbringen“, meinte Maynadier. „Wenn es aber Männer sind, die zum gleichen Stamm gehören, dann sind die Chancen weitaus größer.“

„Was meinen Sie damit genau?“

Der Colonel erwiderte nicht gleich etwas darauf, sondern trat hinüber zum Fenster seines Quartiers und winkte Bridger zu sich. Draußen trieb der Wind weitere Schneeflocken vor sich her, aber die Soldaten führten dennoch im Innenhof ihr tägliches Exerzieren durch. Beobachtet von einer Gruppe von Indianern, die allesamt einen heruntergekommenen und erbärmlichen Eindruck machten. Es waren Sioux – aber sie hatten sich längst für die Seite der Weißen entschieden und lebten seitdem in einer Welt, die ihnen anfangs noch fremd gewesen war. Jetzt aber versuchten sie, ihren Vorteil daraus zu gewinnen, indem sie Geschäfte mit beiden Seiten machten. Jeder wusste das, aber niemand unternahm etwas dagegen.

„Laramie-Bummler!“, entfuhr es Bridger heftiger, als er das eigentlich geplant hatte. „Um Himmels willen, was haben Sie vor, Colonel? Sie wollen doch nicht etwa mit diesen zwielichtigen Halunken zusammenarbeiten?“

„Sie haben ja kein Interesse, Mister Bridger“, lautete Maynadiers Antwort. „Deshalb sind Big Mouth, Big Ribs, Eaglefoot, Whirlwind und Little Crow die einzig mögliche Alternative. Man kennt sie, und man wird auf sie hören, wenn sie dieses Friedensangebot zu ihrem Stamm bringen. Selbstverständlich werde ich diesen Unterhändlern freie Hand geben, wenn sie den Stamm notfalls zum Verhandeln überreden müssen.“

„Sie wollen den Frieden kaufen?“, fragte Bridger. „Ausgerechnet mithilfe dieser Halunken, die notfalls ihre eigene Großmutter anbieten würden, wenn es ihnen Vorteile brächte?“

„Wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, dann schon“, antwortete Maynadier. „Sie haben bereits Ihre Entscheidung getroffen, Mister Bridger – und wie schon gesagt, ich akzeptiere sie. Aber ich werde nicht untätig bleiben, wenn noch eine andere Möglichkeit besteht, um irgendwie einen Frieden zu erreichen. Wenn Sie jetzt gehen, dann schicken Sie mir bitte die fünf Indianer gleich zu mir. Ich will, dass sie noch heute losreiten.“

Bridger sagte nichts mehr dazu. Wozu auch noch? Maynadier hatte schon längst seine Entscheidung getroffen. Wütend verließ er die Kommandantur und schlug die Tür dabei heftig hinter sich zu.

* * *

„Wenn ich dich so anschaue, dann hab ich den Eindruck, du denkst jetzt so ähnlich wie ich“, meinte Bridger.

„Und ob.“ James Medicine Calf Beckwourth spuckte verächtlich aus, als er die fünf Sioux-Indianer aus der Kommandantur kommen sah. Gefolgt von Colonel Henry Maynadier, der immer noch auf sie einredete und sich zum Schluss mit einem Händedruck von ihnen verabschiedete. „Ausrechnet diese Herumtreiber mit so einer wichtigen Aufgabe zu betrauen, grenzt schon an blanke Unwissenheit. Da kann nichts Gutes dabei rauskommen.“

„Wem sagst du das?“, brummte Bridger, während er mit Beckwourth vor dem Stalltor stand und beobachtete, was nun weiter geschah. „Dir hat Maynadier den Job als Unterhändler doch bestimmt auch angeboten, oder?“

„Sicher hat er das“, erwiderte Beckwourth und kratzte sich dabei nervös an der rechten Schläfe. „Aber ich hab ihm gesagt, dass ich für solche Himmelfahrtskommandos zu alt bin.“

„Nicht nur du“, fügte Bridger hinzu. „Weißt du, manchmal gibt es Tage, an denen ich mir wünschte, ich wäre noch mindestens dreißig Jahre jünger und wieder mit der Rocky Mountain Fur Company auf dem Oberen Missouri unterwegs.“

„Das waren andere Zeiten, Jim“, meinte Beckwourth. „Aber sie kommen nicht wieder. Auch wir alten Säcke müssen uns nach der neuen Zeit richten – selbst wenn uns das nicht gefällt. Trotzdem sollten wir nicht alles schlecht sehen. Wenn die fünf Rothäute es schaffen sollten, Red Cloud und Dull Knife zu Friedensverhandlungen zu bewegen, dann wäre das verdammt gut.“

„Aber das wäre nur ein trügerischer Frieden“, gab Bridger zu bedenken. „Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest: Es sind weitere Truppen in die Powder-River-Region unterwegs. Angeführt von Colonel Henry B. Carrington. Du hast sicher schon von ihm gehört, oder?“

„Dieses und jenes“, meinte Beckwourth schulterzuckend. „Und der soll jetzt die Kastanien aus dem Feuer holen?“

„Indem er weitere Forts entlang des Bozeman Trails errichtet“, rückte Bridger nun mit dem heraus, was er selbst in Erfahrung gebracht hatte. „Was glaubst du, wie die Kriegshäuptlinge darauf reagieren werden, wenn sie das herausbekommen?“

„Sie werden gewiss nicht zu Friedensverhandlungen kommen“, schlussfolgerte Beckwourth. „Weißt du was, Jim?“ Seine Miene nahm von einer Sekunde zur anderen plötzlich einen sehr ernsten Ausdruck an. „Ich glaube, es wäre besser, wenn wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Es gibt da draußen jenseits des Horizontes noch das eine oder andere Tal, in dem man noch ungestört leben und jagen kann.“

„Aber wer weiß, wie lange noch?“, entgegnete Bridger seufzend. „Nein, ich denke, wir werden hier noch gebraucht. Lass uns zumindest bis zum kommenden Frühjahr abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Dann können wir immer noch entscheiden, was wir tun.“

Beckwourth überlegte einen kurzen Moment und nickte dann schließlich. Seine Blicke richteten sich auf die fünf Sioux-Indianer, die zwischenzeitlich ihre Pferde geholt hatten und aufgesessen waren. Sie ritten langsam zum Tor des Forts, das jetzt geöffnet wurde. Zwischenzeitlich war der Schneefall etwas stärker geworden und die Sicht noch eingeschränkter. Als die Indianer durch das Tor geritten waren, konnten Bridger und Beckwourth den kleinen Reitertrupp nur noch konturenhaft wahrnehmen.

„Komm, lass uns zurück ins Quartier gehen“, riss Bridger die Stimme seines Gefährten aus den Gedanken. „Ich hab unter meiner Pritsche noch eine Flasche Whisky stehen. Ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, diesen guten Tropfen zu genießen. Du bist eingeladen, Jim.“

„Gute Idee“, meinte Bridger und spürte auf einmal die Kälte des stärker einsetzenden Windes in seinen Knochen. Er war mittlerweile in einem Alter, wo man die Vorzüge einer warmen Stube genoss und – wenn es sich irgendwie vermeiden ließ – darauf verzichtete, sinnlose Jobs zu übernehmen.

20. Dezember 1865

In der Powder-River-Region, gegen Mittag

Sie wussten, dass man sie schon seit Tagen beobachtete. Auch wenn es noch zu keiner direkten Begegnung gekommen war, spürten die fünf Sioux-Indianer, dass man sie schon seit geraumer Zeit entdeckt hatte und sie seitdem nicht mehr aus den Augen ließ.

Big Mouth wusste, dass es ein gutes Zeichen war, dass sie bis jetzt noch nicht angegriffen worden waren. Auch wenn er und seine vier Gefährten von den meisten anderen Mitgliedern ihres Stammes dafür verachtetet wurden, dass sie dem Weg des weißen Mannes folgten und die Lebensweise ihrer Vorfahren schon fast vergessen hatten.

Der stämmige Sioux-Indianer, der seinen Namen zurecht trug, weil er sehr gut verhandeln konnte, ließ seine wachsamen Blicke über die winterliche Region schweifen. Hin und wieder hatten er und seine Begleiter einen einsamen Reiter auf einer Hügelkuppe gesehen, der dort stumm verharrte und ihnen dadurch zeigte, dass man sie von nun an nicht mehr aus den Augen ließ.

„Warum kommen sie nicht näher?“, meinte der hagere Little Crow, der jüngste der fünf Sioux. Er wirkte ungeduldig und nervös und konnte das vor seinen Gefährten nicht verbergen.

„Sie werden kommen, wenn sie es für richtig halten“, beschwichtigte ihn Eaglefoot. „Wir müssen einfach nur abwarten.“

Er sah, dass Little Crow von diesen Worten nicht ganz überzeugt war. Aber nicht zuletzt die tadelnden Blicke von Big Ribs und Whirlwind taten ihr Übriges, dass Little Crow jetzt seine Nervosität unter Kontrolle hatte. Er war derjenige unter den Laramie-Bummlern, der sich am längsten im Fort aufhielt und demzufolge jetzt die größten Sorgen hatte, sich den Hass seiner einstigen Stammesangehörigen zuzuziehen, weil er und einige andere Sioux sich auf die Seite der Blaurock-Soldaten geschlagen hatten.

In diesem Moment gerieten die Dinge in Bewegung. Auf dem gegenüberliegenden Hügel tauchte jetzt nicht nur ein einzelner Reiter auf – sondern gleich zehn. Sie hatten ihre Pferde nicht gezügelt und beobachteten die fünf Sioux, sondern trieben ihre Tiere jetzt an und ritten genau auf sie zu.

„Bleibt ruhig!“, rief Big Mouth seinen Gefährten zu. „Sie werden uns nicht angreifen!“

Seine Worte schienen Little Crow nicht ganz zu überzeugen, aber er tat das, was Big Mouth ihm und den anderen geraten hatte. Alle blickten den näherkommenden Reitern entgegen. Es herrschte eine fast schon unerträgliche Stille, die nur von den trommelnden Hufschlägen der heranreitenden Krieger unterbrochen wurde.

„Es sind Brulé-Krieger“, sagte Big Mouth. „Das ist gut. Spotted Tail wird sehr bald erfahren, was wir ihm zu sagen haben ...“

Seine Miene war ausdruckslos, als die Brulé-Krieger ihre Pferde zügelten. Er ließ sich nicht anmerken, was er dachte, sondern hob die rechte Hand zum Gruß und wartete ab, bis einer der Krieger das Wort an ihn richtete.

„Was wollt ihr hier?“

Die Stimme des Kriegers klang drohend und verhieß im ersten Moment nichts Gutes.

„Wir kommen im Auftrag des Blaurock-Häuptlings aus Fort Laramie“, antwortete Big Mouth. „Wir haben eine Botschaft für Spotted Tail.“

„Spotted Tail will nichts von den Blaurock-Soldaten wissen!“, lautete die Antwort des Brulé-Kriegers. „Reitet zurück und sagt dem weißen Häuptling, dass es nichts zu bereden gibt.“

„Wer bist du, dass du über so etwas zu entscheiden hast?“, ergriff nun Big Ribs das Wort und trieb sein Pferd an, sodass es direkt neben dem Tier von Big Mouth zum Stehen kam. „Wir kennen noch nicht einmal deinen Namen ...“

„Ich bin Dark Arrow“, sagte der Brulé-Krieger mit mühsam unterdrückter Wut. „Und ich sage es noch einmal – kehrt um!“

„Der Soldatenhäuptling von Fort Laramie will, dass Spotted Tail und viele andere Häuptlinge nach Fort Laramie kommen sollen“, sprach Big Mouth jetzt weiter, ohne sich vom ablehnenden Verhalten des anderen entmutigen zu lassen. „Willst du es sein, von dem man später sagen wird, dass er zu dumm war, um zu erkennen, wie wichtig diese Einladung war? Du wirst zum Gespött des ganzen Stammes werden, wenn du jetzt verhinderst, dass wir mit Spotted Tail sprechen können!“

Big Mouths Worte ließen Dark Arrow jetzt nachdenklich werden. Er überlegte einen kurzen Moment, bevor er wieder das Wort ergriff.

„Gut – kommt mit“, sagte er. „Wir bringen euch zu Spotted Tail. Aber wenn ihr lügt, dann werdet ihr das büßen müssen. Ihr gehört nicht mehr länger zu uns. Ihr denkt und sprecht mit den Augen der Weißen. Ich glaube euch nicht.“

„Du und alle anderen werden bald erkennen, dass wir die Wahrheit sagen“, meinte nun auch Little Crow, der nicht länger schweigen wollte. „Es wird bald wieder Frieden herrschen in diesem Land – und es wird auch für euch bessere Zeiten geben. Wenn Spotted Tail und die anderen Häuptlinge nach Fort Laramie kommen, wird es in eurem Volk niemanden mehr geben, der hungern muss. Ihr werdet Vorräte und viele andere Dinge bekommen. Wir haben es selbst gehört, wie der Soldatenhäuptling das gesagt hat. Deshalb hat er uns losgeschickt. Weil diese Botschaft viel zu wichtig ist, als sie nur einem Weißen anzuvertrauen.“

So nervös Little Crow zu Beginn auch gewesen war – aber seine geschickt formulierten Worte gaben schließlich den Ausschlag dafür, dass Dark Arrows Skepsis sich allmählich legte. Er wendete sein Pferd und ritt los. Das war auch das Zeichen für Big Mouth und die anderen, ihm zu folgen. Sie wurden dabei von den übrigen Brulé-Kriegern flankiert. Zumindest jetzt hatte sich die anfangs noch hitzige Stimmung wieder gelegt.

Big Mouth und seine Gefährten wussten aber auch, dass dies noch nichts Endgültiges zu bedeuten hatte. Der erste Kontakt war friedfertig verlaufen – aber welches Ende diese Mission letztendlich nehmen würde, das wusste in diesen Minuten noch keiner ...

* * *

Spotted Tails Gedanken beschäftigten sich seit mehr als einer Stunde nicht mit den neuesten Entwicklungen auf dem Bozeman Trail, sondern einzig und allein mit dem Gesundheitszustand seiner Tochter Fleet Foot. Er zuckte jedes Mal zusammen, wenn er bemerkte, wie sich der schmächtige Körper seiner Tochter bei jedem Hustenanfall aufbäumte und ihr kalten Schweiß auf die Stirn treten ließ.

Besorgt schaute er hinüber zum Lager, wo das Mädchen lag und von seiner Mutter umsorgt wurde, während der Medizinmann gutturale Gesänge von sich gab und hin und wieder ein dunkles Pulver ins brennende Feuer warf, das einen kräuterähnlichen Geruch verströmte und zur Heilung beitragen sollte. Spotted Tail wünschte sich inständig, dass die Gebete des Medizinmannes Black Owl und die Kräuter, die er verbrannte, irgendwie den Gesundheitszustand von Fleet Foot verbesserten. Aber er hatte den Eindruck, als wenn das Fieber gestiegen war und es Phasen gab, in denen der Geist des Mädchens bereits auf Wanderschaft gegangen war – in eine Welt, zu der nur diejenigen Zugang hatten, die die Schwelle zwischen Leben und Tod bereits überschritten hatten.

Er bemerkte den besorgten Ausdruck in den Augen seiner Frau und hätte ihr gerne Trost gespendet. Aber das Schicksal des Mädchens lag in den Händen des Großen Geistes – und vielleicht trugen der Tanz und die Gesänge des Medizinmannes dazu bei, dass es noch eine Chance für Fleet Foot gab.

„Geht hinaus!“, riss ihn die Stimme des alten Black Owl aus seinen Gedanken. „Jetzt! Sofort! Die Geister und ich müssen ungestört bleiben!“

Niemand wagte es, einem Mann wie Black Owl zu widersprechen. Der alte Medizinmann besaß gute Kenntnisse über Krankheiten und Kräuter und hatte schon viele Menschen den Klauen des Todes entrissen, weil er im richtigen Moment die richtigen Pflanzen und Kräuter verabreicht hatte.

„Mach sie gesund“, murmelte Spotted Tail, während er seiner Frau zuwinkte, ihm zu folgen. „Ich werde dir viel dafür geben, wenn ...“

„Es geht nicht um Geschenke!“, unterbrach ihn der Medizinmann. „Es geht um viel mehr. Und jetzt geht!“

Seine Stimme nahm jetzt einen drängenden Tonfall an. Spotted Tail und seine Frau verließen daraufhin das Tipi. Im Gegensatz zu der wohligen Wärme, die dort herrschte, spürte Spotted Tail von einem Augenblick zum anderen die Kälte des Winters, die allgegenwärtig war. Er zog die Decke noch fester um seine Schultern und schaute zu seiner Frau.

„Geh zu den anderen Frauen“, befahl er ihr. „Du darfst jetzt nicht allein sein.“

„Und du?“

„Ich werde warten müssen“, antwortete er und gab ihr mit einer knappen, aber umso deutlicheren Geste zu verstehen, dass er jetzt und hier nicht weiter darüber sprechen wollte. Sie akzeptierte das und wandte sich ab. Zurück blieb ein Häuptling, der innerlich zerrissen war. Fleet Foot war sein Ein und Alles, und dass sie so krank war, ließ ihn kaum einen klaren Gedanken fassen.

Er war so in sich gekehrt, dass er die aufgeregten Rufe am anderen Ende des Lagers nur beiläufig registrierte. Dann aber schob er seine Sorgen wieder in den hintersten Winkel seiner Gedanken und achtete stattdessen mehr auf das Jetzt und Hier. Auch er entdeckte nun die Reiter, die sich dem Lager der Brulé-Sioux näherten. Es waren Krieger, die heute Morgen aufgebrochen waren, um auf die Jagd zu gehen. In den Wintermonaten mussten sie immer größere Ausritte unternehmen, um Wildspuren zu entdecken. Da der Winter in diesem Jahr ungewöhnlich früh begonnen hatte, mussten sich alle um zusätzliche Fleischvorräte kümmern, wenn sie keinen Hunger leiden wollten.

Dann entdeckte Spotted Tail die Indianer, die mit den Spähern kamen. Seine Züge wirkten angespannt, als er erkannte, wen die Späher ins Lager brachten. Es waren Sioux-Indianer, aber sie trugen zum größten Teil die Kleidung der Weißen. Zwei von ihnen kannte er. Es waren Little Crow und Whirlwind – und an einen weiteren Sioux erinnerte er sich ebenfalls. Auch wenn er dessen Namen vergessen hatte.

Mit vor der Brust verschränkten Armen wartete er geduldig ab, während die Späher nun die ersten Tipis des Lagers erreichten. Weitere Krieger, Frauen, Kinder und Alte kamen nun zur Mitte des Platzes geeilt, um den herum die meisten Tipis errichtet waren.

Seine Blicke ruhten auf Dark Arrow, dem Anführer der Jäger. Der ergriff auch sofort das Wort.

„Diese Leute sagen, dass sie eine wichtige Nachricht für dich haben, Spotted Tail“, sagte Dark Arrow so laut, dass es jeder der Umstehenden klar und deutlich hören konnte. „Ich weiß nicht, ob es Lügen sind – das musst du entscheiden. Solchen erbärmlichen Hunden wie denen sollte man nicht vertrauen. Sie leben nach den Gesetzen der Weißen und helfen den Blaurock-Soldaten!“

Spotted Tail bemerkte, dass einer der Sioux nach seinem Gewehr greifen wollte. Aber Little Crow hinderte ihn daran.

„Ich bin Big Mouth!“, sagte der vorderste der Sioux-Indianer. „Der Soldatenhäuptling Maynadier hat eine wichtige Botschaft für euch. Eine Botschaft des Friedens, die für alle Stämme in diesem Land gilt.“

„Dann sprich – ich höre!“, sagte Spotted Tail. „Von Frieden haben schon viel zu viele gesprochen. Und es hat ihn dennoch nie gegeben. Außer leeren Worten und Versprechungen, die nur den Tod gebracht haben.“

„Diesmal ist es anders“, erwiderte Big Mouth. „Alle Häuptlinge sollen nach Fort Laramie kommen, um mit den Weißen über einen neuen und dauerhaften Frieden zu reden. Alle Stämme sollen nicht mehr hungern und leiden. Die Weißen werden ihnen helfen, wenn sie nicht genug zu essen haben. Es wird keine Kämpfe mehr geben. Das hat der Soldatenhäuptling versprochen. Ich kenne ihn, und ich glaube ihm!“

„Nach dem, was alles geschehen ist, kann ich nicht glauben, dass der Soldatenhäuptling von Frieden spricht – und dass er es ehrlich meint“, erwiderte Spotted Tail. Sein Tonfall klang sehr skeptisch und ablehnend. „Warum will er auf einmal jetzt einen Frieden mit uns aushandeln? Ich glaube, dass er sich davor fürchtet, dass seine Soldaten von Red Clouds und Dull Knifes Kriegern bald aus diesem Land vertrieben werden – und die Brulé werden bereit sein, wenn dieser Tag kommt.“

„Das ist ein falscher Weg, Spotted Tail“, sagte Whirlwind. „Die Zeiten haben sich geändert. Die Weißen sind hier und werden nicht mehr weggehen. Wir leben in Fort Laramie, und wir wissen, was dort geschieht. Die Weißen sind so zahlreich wie die Blätter an den Bäumen. Wenn du zehn von ihnen tötest, kommen mindestens hundert andere, um deren Plätze einzunehmen. Und sie haben die besseren Waffen, vergiss das nicht.“

Spotted Tails Augen funkelten wütend, als er das hörte.

„Mit wem wollt ihr noch darüber sprechen? Mit allen Stämmen?“

„Das ist der Auftrag, den uns der Soldatenhäuptling gegeben hat“, sagte Big Mouth. „Und ich bin sicher, dass es uns gelingen wird, die Häuptlinge aller Stämme davon zu überzeugen, dass der Frieden von Dauer ist. Alles, was sie tun müssen, ist nach Fort Laramie zu kommen und ein Papier zu unterzeichnen.“

„Papier!“, seufzte Spotted Tail. „Die Weißen und ihr Papier! Für mich hat das keinen Wert. Wenn mir ein Mann sein Ehrenwort gibt, dann ist das für mich ein Vertrag, den ich einhalte.“

„Die Weißen verstehen das nicht“, meinte Big Mouth. „Wenn es aber hilft, dass dieser Frieden Wirklichkeit wird, dann solltet ihr alle euer Zeichen auf dieses Papier setzen. So bald wie möglich.“

„Mit wem habt ihr schon darüber gesprochen?“, wollte Spotted Tail wissen.

„Du und dein Stamm – ihr seid die Ersten“, antwortete Big Mouth. „Wir werden aber auch zu den weiteren Dörfern anderer Stämme ziehen und ihnen das gleiche sagen wie dir. Der Soldatenhäuptling weiß, dass dies seine Zeit braucht – und die bekommt ihr auch. Aber ihr solltet kommen, sobald der Winter zu Ende ist.“

Spotted Tail wollte gerade etwas darauf erwidern, als er hinter sich hastige Schritte hörte.

Er drehte sich um und sah den alten Medizinmann näherkommen. Seine Miene war ernst, aber nicht hoffnungslos.

„Fleet Foot braucht Zeit“, sagte er. „Aber ich denke, sie wird es schaffen. Das Fieber beginnt zu sinken. Du kannst wieder hoffen, Spotted Tail.“

Der Brulé-Häuptling atmete erleichtert auf, als er diese Worte vernahm. Dutzende von Gedanken gingen ihm in diesen Sekunden durch den Kopf. Dann wandte er sich wieder an die Sioux-Indianer.

„Ich werde kommen“, sagte er nach kurzem Überlegen. „Aber erst, wenn ich sicher bin, dass meine Tochter Fleet Foot wieder ganz gesund ist. Jetzt, wo sie mich braucht, werde ich sie keinen einzigen Tag allein lassen. Sag das dem Soldatenhäuptling.“

„Was soll ich ihm sagen, wie lange er warten muss?“, fragte Big Mouth.

„So lange, bis ich Gewissheit habe“, erwiderte Spotted Tail. „Ich habe eure Worte verstanden und bin bereit, nach Fort Laramie zu kommen. Aber ich werde entscheiden, wann dieser Tag ist.“

Big Mouth und seine Gefährten erkannten, dass es ihnen nicht mehr gelingen würde, Spotted Tail davon zu überzeugen, zu einem früheren Zeitpunkt nach Fort Laramie zu kommen. Ihn jetzt zur Eile zu drängen, hätte genau das Gegenteil bewirkt. Also akzeptierten sie diese Entscheidung. Auch wenn dies eine Verzögerung für Colonel Maynadiers Pläne bedeutete.

„Lasst uns aufbrechen“, sagte er schließlich und hob die rechte Hand zum Abschied. „Wir haben noch einen langen Ritt vor uns.“

Er war der Erste, der sein Pferd wendete und losritt. Die anderen fünf Sioux-Indianer folgten ihm. Spotted Tail blickte ihnen nur kurz nach, dann galt sein Interesse wieder dem alten Medizinmann.

„Wie lange wird es dauern, bis Fleet Foot wieder gesund wird?“, wollte er von Black Owl wissen.

„Es wird viel Zeit vergehen“, antwortete der Medizinmann. „Du musst Geduld haben, Spotted Tail. Vielleicht einige Tage – aber womöglich noch länger. Ich werde jeden Tag nach ihr schauen. Aber du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Denke an deine Tochter – und nicht an die leeren Versprechungen dieser Ausgestoßenen!“

In den letzten Worten klang jede Menge Verachtung mit an. Black Owl machte keinen Hehl daraus, dass er die fünf Laramie-Bummler nicht mochte. Für ihn waren sie Männer, denen man nicht vertrauen durfte. Sie lebten bei den Weißen, sie hatten Waffen von ihnen und trieben Handel damit. Dabei dachten sie nicht an das Wohl der Völker, mit denen sie einmal zusammengelebt hatten. Es war nicht mehr der Weg des Roten Mannes, sondern der Weißen.

KAPITEL 2: ANKUNFT IN FORT LARAMIE

16. Januar 1866

Zehn Meilen nordwestlich von Fort Laramie

Am frühen Nachmittag

Der Wind war in der letzten halben Stunde stärker geworden. Gleichzeitig hatte es wieder zu schneien begonnen, und nun trieb der Wind einen Schneeschleier nach dem anderen vor sich her und ließ kaum noch zu, dass man weiter als hundert Yards sehen konnte.

Jim Bridger murmelte einen Fluch, während er sich den breitkrempigen Hut tiefer in die Stirn zog. Selbst der dicke Pelzmantel, den er trug, vermochte die beißende Kälte – die sich durch den pfeifenden Wind noch vergrößerte – nicht vollends abzuhalten. Es war ein lausiges Wetter, bei dem man noch nicht einmal einen Hund vor die Tür jagte.