Flammen über Arizona - Alfred Wallon - E-Book

Flammen über Arizona E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Rauchende Colts und ganze Männer! Entdecken Sie jetzt die historische Western-Reihe „Das Gesetz des Westens“

Klappentext: Als eine Gruppe Mimbreno-Apachen sich dazu entschließt, die Weißen aus Arizona zu vertreiben, ruft das den tollkühnen Revolverhelden Roy Kincade auf den Plan. Dieser kommt bald einer Bande von skrupellosen Waffenhändlern auf die Spur, die die Apachen bewaffnen und ihnen so ihren zerstörerischen Feldzug erst ermöglichen. Um das Morden zu beenden, nimmt Kincade die Spur der Waffenhändler auf. Doch ehe er sich versieht, findet er sich in einer lebensbedrohlichen Falle wieder …

Über die Serie Das Gesetz des Westens Freuen Sie sich regelmäßigaufdie spannendsten Western-Abenteuer diesseits des Mississippi! EK-2 Publishing hat für „Das Gesetz des Westens“ die ganz großen Koryphäen des Western-Genres versammelt. Alfred Wallon, Peter Dubina und viele weitere Autoren katapultieren sie direkt ins Geschehen und bescheren Ihnen ein unvergessliches Leseerlebnis. Laden Sie Ihren Revolver und satteln Sie Ihren Hengst, denn es geht auf eine spannende Reise in den rauen Wilden Westen!

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Alfred Wallon

 

 

 

 

Flammen über Arizona

Historische Western-Reihe „Das Gesetz des Westens“

 

EK-2 Militär

 

 

Ihre Zufriedenheit ist unser Ziel!

 

 

Liebe Leser, liebe Leserinnen,

 

zunächst möchten wir uns herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Buch erworben haben. Wir sind ein kleines Familienunternehmen aus Duisburg und freuen uns riesig über jeden einzelnen Verkauf!

 

Mit unserem Label EK-2 Militär möchten wir militärische und militärgeschichtliche, sowie historische Themen sichtbarer machen und Leserinnen und Leser begeistern.

 

Vor allem aber möchten wir, dass jedes unserer Bücher Ihnen ein einzigartiges und erfreuliches Leseerlebnis bietet. Daher liegt uns Ihre Meinung ganz besonders am Herzen!

 

Wir freuen uns über Ihr Feedback zu unserem Buch. Haben Sie Anmerkungen? Kritik? Bitte lassen Sie es uns wissen. Ihre Rückmeldung ist wertvoll für uns, damit wir in Zukunft noch bessere Bücher für Sie machen können.

 

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Nun wünschen wir Ihnen ein angenehmes Leseerlebnis!

 

Ihr Team von EK-2 Publishing

 

Flammen über Arizona

von Alfred Wallon

 

Gedrungene Körper huschten durch das kniehohe Präriegras. Von Hass erfüllte Augen richteten sich auf die kleine Farm, die sich im Licht des fahlen Mondes unten im Tal abzeichnete.

Niemand der Bewohner ahnte, dass in den nächsten Minuten der Tod seine knöchernen Finger ausstrecken würde. Niemand ahnte, dass die breitschultrigen Gestalten mit den blauschwarzen Haaren Rache und Vergeltung suchten. Tod den Weißen, den Landräubern, die in die Apacheria gekommen waren!

Einer der Krieger stieß den kläffenden Ruf eines Coyoten aus, bevor er sich erhob und in die Runde blickte. Seine scharfen Augen erkannten schemenhafte Gestalten, die durch das Gras schlichen.

Langsam kam Nebel auf und benetzte das Gras, bis es feucht wurde. Morgendämmerung, die Stunde der Apachen! Dies war die Zeit, wo der Schlaf am tiefsten und die Träume am süßesten waren.

Der Krieger huschte lautlos durch das Gras. Niemand hörte und sah ihn. Er war eins mit der Wildnis, in der er lebte und die sein Zuhause war. Er würde sie bis aufs Blut verteidigen.

Hass stand in den schwarzen Augen geschrieben, als er seine Kriegslanze umklammerte. Die Weißen mussten sterben, denn sie waren Eindringlinge im Land, das dem roten Mann gehörte!

Ein tödlicher Kreis umgab die kleine Farm. Nebel verbarg die gedrungenen Gestalten, die jetzt bis auf wenige Yards an die Farm herangekommen waren.

Sie waren zu allem entschlossen. An diesem Morgen war der Tod auf die Morrison-Farm gekommen, und er kam still und heimlich …

 

*

 

Draußen pfiff der Wind und zerrte an den hölzernen Fensterläden. In der Ferne heulte einsam ein Coyote. Ben Morrison wachte von einer Sekunde zur anderen auf und lauschte in die Nacht.

„Was hast du, Ben?“, fragte ihn seine Frau Sarah, die von Bens hastigen Bewegungen ebenfalls aufgeschreckt war. „Warum schläfst du nicht weiter?“

Der grauhaarige Farmer winkte ab und lauschte nochmals.

Und da hörte er es wieder. Das kurze bellende Kläffen, das neben dem Pfeifen des Windes an seine Ohren klang.

Ben Morrison machte nicht viele Worte, sondern stand einfach auf. Staunend sah ihm seine Frau zu, wie er in seine abgewetzten Hosen fuhr und sich das verwaschene Baumwollhemd überstreifte.

„Ich werde mal rausgehen, Sarah“, sagte er. „Ich muss nach dem Rechten sehen.“

Sarah Morrison wurde bleich. Sie ahnte die Gedanken ihres Mannes, wagte sie aber nicht auszusprechen.

„Bleib hier, Ben“, flüsterte sie mit leiser Stimme. „Hier im Haus bist du sicher.“

„Das ist unser Land”, unterbrach sie Morrison heftig, „und ich werde es gegen alles verteidigen, gegen Coyoten und Apachen!“

Nun war es heraus. Das Wort, das Sarah Morrison schon gefürchtet hatte, und das in diesem Landstrich von Arizona die Menschen in Angst und Schrecken versetzte. Apachen! Chiricahuas! Die Farmersfrau erinnerte sich an die Worte des Lieutenants aus Tucson, der sie beide gewarnt hatte, hier draußen zu bleiben.

In der Apacheria gärte es seit Wochen, und es war zu gefährlich, auf dieser einsamen Farm zu bleiben. Marodierende Kriegerbanden machten seit vielen Wochen das Land unsicher und überfielen weiße Farmen. Die Fackel des Krieges hatte sich entzündet.

All das ging Sarah Morrison in Sekundenschnelle durch den Kopf, während sie zusah, wie sich ihr Mann die abgegriffene Winchester nahm, die über dem Kaminsims hing. Der grauhaarige Farmer klemmte sich die Waffe unter den Arm und steckte auch eine Handvoll Patronen mit ein.

„Ich bin bald wieder zurück, Sarah“, sagte er leise. „Du darfst erst wieder öffnen, wenn du mich draußen hörst, hast du das verstanden?“

Sarah hielt es nicht mehr in ihrem Bett zurück. Sie eilte auf ihren Mann zu und schlang die Arme heftig um ihn, während Tränen über ihr Gesicht liefen.

„Sie werden nur plündern wollen, Ben“, versuchte sie es noch einmal. „Lass sie doch im Stall ein Maultier oder eine Kuh mitnehmen. Hauptsache sie verschwinden wieder.“

Sarah Morrison glaubte selbst nicht an das, was sie von sich gab, aber irgendwie schien sie noch zu hoffen, dass Ben hier im Haus blieb.

Der Farmer befreite sich aus den Armen seiner Frau und ging schweren Schrittes zur Tür. Dann drehte er sich noch einmal um.

„Schließ die Tür hinter mir und verriegele sie, Sarah“, bat er. „Und wenn ich nicht mehr zurück komme, dann weißt du, was du zu tun hast. Mary darf nicht in die Hände dieser Bestien fallen.“

Beim Gedanken an seine kleine neunjährige Tochter wurde Morrisons Stimme weicher, aber seine Entscheidung stand fest. Er musste hinaus gehen und nachsehen. Wenn es wirklich Chiricahuas waren, dann würden sie sich nicht nur mit Vieh begnügen. Und er würde um das Leben seiner Familie kämpfen!

Langsam öffnete er die Tür einen Spalt weit und glitt hinaus in die Nacht. Augenblicke später verstummten seine Schritte. Sarah schob den Querbalken vor und betete leise, während in der Ferne wieder das Heulen eines Kojoten erklang. Und der Wind pfiff immer noch …

 

*

 

Ben Morrison hastete geduckt vom Eingang seines Hauses weg. Augenblicke später erreichte er den Zaun, der den kleinen Corral umgab. Seine beiden Tiere schienen irgendwie nervös zu sein. Eines der Pferde stieß ein aufgeregtes Wiehern aus.

Der Farmer hob die Winchester an und spähte hinaus in die Nacht. Er versuchte, im dämmrigen Zwielicht, das allmählich der Morgendämmerung wich, etwas Verdächtiges zu erkennen, aber nach wie vor blieb alles still.

Und doch wusste Ben Morrison, dass sie da waren. Die Pferde hatten sie schon gewittert, und das war ein sicheres Zeichen. Der Farmer krampfte die Fäuste unwillkürlich fester um den Schaft seines Gewehres. Er hatte schon viel von den Grausamkeiten der Chiricahuas gehört, und er hatte genau gewusst, was es hieß, am Rande des Apachenlandes zu siedeln. Einer seiner Nachbarn, die Carson-Familie, war erst letzte Woche von einem Trupp indianischer Mörder umgebracht worden. Die Farm hatten sie niedergebrannt und das Vieh gestohlen. Und Willy, den kleinen Sohn der Carsons, hatten sie mitgenommen!

Trotz all dieser Umstände hatte es Ben Morrison abgelehnt, mit seiner Familie die Farm zu verlassen. Das Land war seine Existenz, und er hatte sich geschworen, es nicht aufzugeben. Immer wieder hoffte er, dass die Auswirkungen des bevorstehenden Krieges an ihm vorbeigingen. Jetzt wusste er, dass es soweit war!

Morrison wandte den Kopf, als er drüben am Stall ein leises Geräusch vernahm. Hatte sich dort jemand am Tor zu schaffen gemacht? Der Farmer hob den Lauf der Winchester an. Er wusste, dass sie zunächst im Stall nachsehen würden, denn dort waren seine Kühe.

Und dann sah Ben Morrison den breitschultrigen Schatten, der ganz plötzlich aus dem Nichts aufzutauchen schien. Ein schriller und zugleich markerschütternder Schrei lähmte seine Sinne. Noch bevor er den Stecher der Winchester durchziehen konnte, traf ihn etwas am Kopf. Ein zuckender Schmerz durchfuhr ihn, der sein weiteres Denken von einer Sekunde zur anderen auslöschte. Als er auf dem staubigen Boden vor dem Corral aufschlug, war er schon tot. Blut lief ihm die Stirn herunter, aber das spürte er schon nicht mehr.

Der breitschultrige, stämmige Chiricahua-Krieger warf nur einen kurzen Blick auf den getöteten Weißen, dann wandte er sich ab. Seine Augen glitten hinüber zu dem kleinen Farmhaus, hinter dem sich nun die ersten Strahlen der wärmenden Sonne abzeichneten. Diese Stunde, zwischen Nacht und Morgengrauen, das war die Stunde der Apachen.

 

*

 

„Mamy, was war das für ein Schrei?“

Sarah Morrison fuhr erschrocken herum. Im Eingang des Nachbarraums stand die kleine Mary. Ihre Augen waren vor Angst aufgerissen und man sah, dass sie in ihrem dünnen Nachthemdchen fror.

„Wo ist Daddy?“

Die Frage des Mädchens klang nun schon fast wie ein Hilfeschrei. Sarah Morrison hatte den Kriegsschrei des Indianers gehört, und sie spürte, dass ihr Mann nicht mehr zu ihr zurückkommen würde.

In ihren Augen glitzerten Tränen, aber es blieb keine Zeit mehr zum Weinen. Jetzt musste sie vor allen Dingen das Versprechen einlösen, das sie Ben gegeben hatte.

Rasch eilte sie auf Mary zu und hob sie hoch. Ihre Arme schlossen sich um das kleine Mädchen, das seine Mutter mit fragenden Blicken ansah. Auch sie schien irgendwie zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war, etwas, das die Wärme der Familie aus dem Gleichgewicht zu bringen schien.

„Daddy ist gleich wieder da“, versuchte Sarah Morrison Mary zu trösten. „Wir beide werden jetzt auf ihn warten, ja?“

Sie trug Mary hinüber in ihr eigenes Schlafzimmer und schob sie unter das Bett.

„Mary, Liebling, wir machen ein kleines Spielchen, ja? Du bleibst jetzt so lange da unten, bis Daddy oder ich dich wieder rufen. Komm auf keinen Fall eher da raus, hast du das verstanden? Sei ein braves Mädchen und tue, was deine Mutter dir sagt, ja?“

Mary blickte ihre Mutter nur aus weit aufgerissenen Augen an. Instinktiv spürte sie, dass viel für sie davon abhing, wenn sie tat, was man ihr sagte. Deshalb kroch sie unter das Bett und blieb dort still liegen.

Sarah Morrison schloss die Tür zum Schlafzimmer hinter sich zu und eilte wieder nach vorn. Jetzt strömten ihr die Tränen nur so übers Gesicht. Ben war tot, ermordet irgendwo da draußen von diesen wilden Bestien, und er würde nie mehr zu ihr zurückkehren.

Ihre Miene wurde ausdruckslos, als sie zur Kommode eilte und dort eine Schublade öffnete. Da lag der alte Walker-Colt drin, den Ben noch besaß. Sarah nahm ihn an sich. Sie sah, dass er noch geladen war. Nun sollten diese verfluchten Apachen nur kommen!

Als hätten die Gegner das geahnt, kratzte es plötzlich an der Eingangstür. Sekunden später wich das Kratzen einem heftigen Klopfen. Die Farmersfrau schrie vor Angst laut auf und zog den Abzugshahn des Colts unwillkürlich durch. Der Schuss bellte auf, und die Kugel schlug in die Tür ein. Das heftige Klopfen ließ nach.

Im selben Moment klirrte hinter ihr die Fensterscheibe, und Sarah sah im Licht der aufgehenden Sonne einen gedrungenen Körper, der sich im Fensterrahmen abzeichnete. Sofort fuhr sie herum und drückte ein zweites Mal ab.

Diesmal traf sie ihr Ziel. Der Apache, der sich schon über die Fensterbrüstung geschwungen hatte und mit einem Messer in der Hand auf sie zustürzen wollte, wurde mitten im Sprung von einer unsichtbaren Hand gestoppt. Die Kugel traf ihn hoch in der Brust und schleuderte ihn zurück. Er taumelte und fiel zu Boden, wo er regungslos liegen blieb.

Sarah Morrison blieb keine Zeit mehr, um den Schrecken zu überwinden, den ihr der getötete Apache versetzte. Wieder tauchte jemand am Fensterrahmen auf. Diesmal waren es zwei Krieger, und einer von ihnen zielte mit einem Karabiner auf sie. Die Farmersfrau wusste, dass sie jetzt sterben würde, und sie konnte nichts dagegen tun.

Der Chiricahua drückte ab, bevor Sarah Morrison ihre eigene Waffe hochreißen konnte. Die Kugel traf sie in die rechte Schulter und lähmte ihren Arm. Der schwere Colt entglitt ihren Fingern, als sie zu Boden stürzte.

Als sie sich wieder hochzurappeln versuchte, waren die beiden Krieger schon über ihr. Sarah blickte in grell bemalte Gesichter, die sie mit dunklen Augen teuflisch anzugrinsen schienen. Der eine sagte etwas zu dem anderen in gutturaler Sprache, und der andere nickte stumm.

Dann griff einer von ihnen nach Sarahs Kleid und riss es entzwei. Die Farmersfrau schrie wie von Sinnen, als sich einer der beiden Krieger über sie beugte.

 

*

 

Roy Kincade roch den Rauch, bevor er ihn sah. Er war auf dem Weg nach Tucson, als sein Instinkt ihm eine Warnung zurief.

Augenblicke später sah er im Licht der aufgehenden Sonne am fernen Horizont dunkle Rauchwolken in den Morgenhimmel emporsteigen. Roy zügelte unwillkürlich sein Pferd. Dahinten musste etwas Schreckliches geschehen sein, und Roy ahnte schon, um was es sich dabei handelte. Die Chiricahuas mussten wieder einmal zugeschlagen haben!

In diesem Frühjahr war Arizona ein Hexenkessel der Indianerunruhen. Seit ihr oberster Chief Mangas Coloradas vor ungefähr einem Jahr in Fort McLean von Soldaten der California Volunteers heimtückisch ermordet worden war, brannte die Fackel des Krieges lichterloh. Einsame Siedlungen und abgelegene Ranches waren das Ziel der wütenden Indianer. Cochise und Victorio mit ihren Chiricahua- und Mimbrenoguerillas schlugen erbarmungslos zu, um den Tod ihres großen Führers zu rächen.

Roy Kincade wusste, dass die Armee schon fast hilflos war, so schnell und unbarmherzig schlugen diese harten Krieger zu. Sein alter Freund Lieutenant Taylor hatte ihn nach Tucson gerufen, weil Roy seine eigenen Erfahrungen mit rebellierenden Indianern gemacht hatten. Natürlich erhoffte er sich von ihm auch in dieser ausweglosen Situation einen Rat.

All das ging Roy in Sekundenschnelle durch den Kopf, als er die Rauchwolken am Horizont sah. Roy hielt sofort auf eine Gruppe von Palo-Verde-Bäumen zu, damit man ihn nicht entdeckte. Wenn noch Chiricahuas in der Nähe waren, dann musste er vorsichtig sein, wenn er am Leben bleiben wollte.

Roy Kincades Augen schweiften über das karge Land. Es schien menschenleer zu sein, und doch hatte der Tod eine Meile entfernt zugeschlagen. Er wartete noch ab, bis er sicher war, dass er weiterreiten konnte und hielt dann auf den Rauch zu.

Als er näher kam sah er, was geschehen war. Von einer Anhöhe aus blickte er hinunter auf eine kleine Farm, die ein Bild der Zerstörung bot. Die Stallungen waren total niedergebrannt, und das Haus selbst qualmte noch.

Roy lenkte den Morgan-Hengst langsam in die Senke hinab. Als er am Corral vorbeiritt, sah er den Farmer. Er lag auf dem Rücken, und sie hatten ihn skalpiert. Alles andere als ein schöner Anblick.

Drüben bei den Stallungen gab es nicht mehr viel zu tun. Der Schuppen war ein Raub der Flammen geworden, und schwarz verkohlte Kadaver lagen in den Trümmern. Das Vieh, das sie nicht mitgenommen hatten, hatten die Chiricahuas einfach abgeschlachtet, genau wie die Menschen, die auf dieser Farm lebten.

Die Frau lag nicht weit vom Hauseingang entfernt. Sie war halbnackt, und die Kleider hingen ihr in Fetzen herunter, ihr Kopf war blutig, und Roy wusste, dass sie noch die Hölle erlebt haben musste, bevor die Chiricahuas sie umgebracht hatten.

Roy zügelte das Pferd und stieg ab. Gedankenverloren blieb er vor der toten Frau stehen und starrte in ihr Gesicht, das noch den Schmerz der letzten Stunden widerspiegelte. Roy Kincade fluchte leise.

Dann hörte er plötzlich das leise Wimmern, und er riss sofort den Kopf herum. Da war es wieder, und es schien direkt aus dem qualmenden Haus zu kommen. Jemand musste noch am Leben sein, und er war direkt da drinnen.

Roy zögerte keine Sekunde mehr. Er stürmte auf den Eingang zu und verschaffte sich freie Bahn. Rings um ihn herum züngelten die Flammen empor und leckten nach ihm. Roy folgte dem Wimmern, bis er schließlich das kleine Mädchen fand, das sich unter dem Bett verborgen hatte. Ihre Augen waren voller Angst weit aufgerissen, als sie ihn entdeckte, aber die Furcht vor dem Feuer war noch größer.

Roy verlor nicht viele Worte. Er bückte sich und riss das Mädchen in seine Arme. Sie schlang sofort die Arme Hilfe suchend um seinen Hals und presste sich fest an ihn. Dann machte Roy sofort kehrt, weil die Hitze mittlerweile schon fast unerträglich geworden war. Geduckt hastete er zurück zum Hauseingang, während hinter ihm die Dachbalken einzustürzen drohten.

Mit einem Riesensatz hechtete er ins Freie. Gerade noch rechtzeitig, bevor die Dachbalken über dem Eingang zusammenbrachen.

Gierig pumpte Roy die frische Luft in seine Lungen. Das kleine Mädchen in seinen Armen wimmerte immer noch leise, auch als Roy ihm beruhigend über den Kopf strich.

„Es ist ja alles gut …“ flüsterte er mit weicher Stimme. „Ich bin ja bei dir“.

„Wo sind Mommy und Daddy?“, rief das Mädchen jetzt mit flehenden Worten. „Mister, wo sind sie?“

Roy drückte schnell den Kopf des Mädchens an seine Schulter, damit es nicht in die Richtung blickte, wo seine ermordete Mutter lag. Das war bestimmt ein Anblick, den die Kleine ihr ganzes Leben lang nicht vergessen würde, und deshalb wollte es Roy verhindern.

„Deine Eltern sind weit weg an einem anderen Ort, wo es ihnen gut geht“, erwiderte Roy mit holprigen Worten und entfernte sich ein paar Schritte von der Stätte des Todes. „Du musst jetzt sehr tapfer sein.“

Er setzte das Mädchen an einer Stelle ab, von der sie die Toten nicht mehr sehen konnte.

Das Mädchen im Nachthemd blickte ihn mit trauriger Miene an.

„Du meinst sie kommen nicht mehr wieder?“, fragte sie. „Sind sie im Himmel?“

Roys Gesichtsausdruck war bitter.

„Ja“, erwiderte er, „aber sie sehen dich auch jetzt, und sie wollen, dass du wieder lachst, verstehst du? Wie heißt du denn überhaupt?“

„Mary Morrison“, erwiderte die Kleine und blickte zu Boden. „Und du?“

Roy nannte ihr seinen Namen und bat sie dann, dort still sitzenzubleiben, bis er seine traurige Arbeit beendet hatte.

Mary versprach es ihm, und Roy ging daraufhin zu seinem Hengst und zog am Sattel einen kurzen Klappspaten hervor. Die Eltern der kleinen Mary mussten unter die Erde gebracht werden, denn er wollte sie nicht den Bussarden überlassen, die jetzt am Himmel ihre weiten Kreise zogen und auf ihre Beute warteten.

Roy holte aus dem abgebrannten Stall die Reste einer Pferdedecke, die vom Feuer halbwegs verschont geblieben war und wickelte die toten Morrisons darin ein. Dann legte er sie in das Grab, das er geschaufelt hatte und schüttete es wieder zu. Es war eine harte Arbeit, die ihn viel Schweiß kostete, aber irgendjemand musste es schließlich tun. Mit dem Spaten klopfte er den Erdhügel zurecht und errichtete dann an der Kopfspitze ein kleines Kreuz, das er aus den verkohlten Balken des Hauses zusammengefügt hatte.

Als er fertig war, sah er nach Mary, die sich die ganze Zeit über nicht von der Stelle gerührt hatte.

Gemeinsam gingen sie zum Grab. Roy nahm den Hut ab, sprach ein paar Worte, und die kleine Mary schmiegte sich eng an ihn.

Dem Mädchen fehlte mit ihren neun Jahren zwar die Erkenntnis des plötzlichen Todes, aber sie begriff, dass sie ihre Eltern nie mehr wiedersehen würde, und dass jetzt ein neuer Abschnitt in ihrem Leben begann.

„Hast du noch Verwandte?“, fragte Roy sie, als er mit dem Mädchen zu seinem Pferd ging. „Onkel oder Tante?“

Mary schüttelte stumm den Kopf.

„Dann reiten wir nach Tucson“, entschied Roy. „Jemand muss sich schließlich um dich kümmern. Ich werde dich zu guten Leuten bringen, die für dich sorgen werden.“

Er hob Mary in den Sattel und stieg dann selbst auf. Er warf einen letzten Blick auf den Grabhügel und gab dem Tier die Zügel frei. Zurück blieben die Überreste einer zerstörten Farm.

 

*

 

In den Frühjahrstagen des Jahres 1866 war Tucson ein Schmelztiegel verschiedener Rassen. Eine ehemalige Missionsstation, die jetzt von ungefähr 3 000 Spielern, Kneipenbesitzern, Kaufleuten, Fuhrunternehmern, Goldgräbern und Geschäftsleuten bevölkert war.

Die nahe gelegene Garnison in Camp Crant hatte alle Hände voll zu tun, um irgendetwas gegen die aufrührerischen Chiricahuabanden zu unternehmen, die draußen das Land unsicher machten. Schon viele hatten ihre Ranches und Farmen verlassen, und suchten Zuflucht in der Stadt oder der Garnison. Aber es gab auch Männer wie Ben Morrison, die auf die Warnungen nicht hören wollten und deshalb ihr Leben lassen mussten.

Als Roy Kincade die ersten Häuser der Stadt erreichte, herrschte hier ein ständiges Kommen und Gehen. Fuhrleute trieben ihre Pferde an, und ein kleiner Trupp Soldaten verließ nach Westen zu die Stadt.

Mary war die letzten Meilen in seinem Arm eingeschlafen, und das war auch gut so. Die Strapazen und Schrecken der letzten Stunden waren zu viel für sie gewesen, sie hatte jetzt Ruhe nötig, und vor allen Dingen Menschen, die gut zu ihr waren.

Roy lenkte seinen Morgan-Hengst auf die kleine Methodistenkirche zu, deren Turm aus einer Seitenstraße empor ragte. Vor dem Kirchenportal zügelte er das Tier und stieg ab. Während er Mary vorsichtig aus dem Sattel hob, wachte das Mädchen auf. Noch bevor Roy dazu kam, etwas zu sagen, tauchte im Eingangsportal der Kirche ein hünenhafter rotbärtiger Mann in schwarzer Soutane auf.

„Gott zum Gruße mein Sohn”, sagte der Mann, der eher als Rausschmeißer in ein Bordell gepasst hätte als in eine Kirche. „Ich bin Father Honus McLaughlin. Was kann ich für dich tun?“

„Für die kleine Mary Morrison hier sehr viel“, antwortete Roy. „Ihre Eltern wurden von marodierenden Chiricahuabanden getötet und die Farm niedergebrannt. Sie hat als Einzige überlebt“.

Das Gesicht des rothaarigen Priesters verzog sich. Er nahm das Kind aus Roys Armen entgegen und drückte es sofort an sich.

„Ich werde dafür sorgen, dass das Kind in gute Hände gerät“, sagte er dann zu Roy. „Mister, es sind schlechte Zeiten angebrochen, das sage ich Ihnen. Diese roten Heiden töten Unschuldige und rauben alles, was sie in die Finger bekommen. Der Herr möge sie dafür im Fegefeuer verbrennen!“

„Passen Sie gut auf Mary auf, Pater“, fügte Roy hinzu und ging zurück zum Pferd. „Ich muss jetzt weiter nach Camp Crant.“

„Dann nehmen Sie Sich in Acht, Mister“, rief der Pater hinter Roy her. „Arizona ist im Moment ein Land, wo Hunde und Katzen die einzigen sind, denen es nicht an den Kragen geht. Komm, kleine Mary. Du und ich, wir beide werden es uns jetzt mal ein wenig gemütlich machen. Was hältst du denn davon?“

Roy hörte die letzten Worte Pater McLaughlins nicht mehr. Seine Gedanken waren schon bei Camp Crant und bei Lieutenant Mark Taylor, der bestimmt schon auf ihn wartete.

 

*

 

„Diese verdammten Apachen sind einfach nicht zu fassen!“, rief General Carleton erregt und schlug dabei mit der Faust so heftig auf den Tisch, dass die wenigen Papierstapel, die sich darauf befanden, ziemlich durcheinander gerieten. „Seit fast einem Jahr geht das so. Meine Herren, Washington drängt allmählich auf eine Entscheidung, und wir müssen etwas unternehmen!“

„Ich pflichte Ihnen bei, General“, fügte Major Wilkins hinzu, der am Fenster stand und einige Augenblicke hinaus geschaut hatte. „Aber Cochise und seine verfluchten Chiricahuabastarde sind einfach nicht zu schnappen. Da draußen ist die Apacheria, ihr Land.“

„Seit fast zwei Jahren bin ich in diesem gottverdammten Land“, fluchte der alte General und blickte seine Offiziere der Reihe nach an. „Und immer noch rebellieren diese Burschen. Fest steht jedenfalls, dass es so nicht mehr weitergehen kann und darf. Wir müssen zuschlagen, und zwar diesmal endgültig.“

„Tucson ist voll zum Überlaufen“, fuhr Captain Donahue fort. „In den letzten Wochen kamen Dutzende von Flüchtlingen, und die Stadt quillt über wie ein Hexenkessel. Und das alles wegen lumpiger 300 Krieger, die das Land in einen Krieg stürzen wollen.“

„Wir befinden uns bereits im Krieg, Captain Donahue“, meldete sich nun Lieutenant Mark Taylor zu Wort, der bis jetzt geschwiegen hatte. „Vom Jornada del Muerte bis El Paso ist die Hölle los. Am Rio Grande brennen ganze Siedlungen nieder und das alles nur, weil gewisse Leute der Meinung waren, Mangas Coloradas müsste aus dem Weg geräumt werden. Die Folgen sind jetzt wohl klar zu sehen, Gentlemen.“

Captain Donahue und Major Wilkins wollten aufbegehren, aber der grauhaarige General schnitt ihnen das Wort ab. Er wusste, dass Lieutenant Taylor es nicht billigte, was seinerzeit mit dem Führer der Apachen geschehen war.

„Ich gebe ja zu, dass es nicht richtig war, diesen alten Apachenbastard hinterrücks umzulegen, aber damals hat sich die Regierung erhofft, dass damit die Unruhen beendet werden, und zwar ein für alle Mal. Nun gut, dieser Cochise ist doch gerissener, als ich selbst geglaubt habe. Aber Lieutenant, eins ist wohl sicher. Diese 300 Krieger werden wohl irgendwann aufgeben müssen. Wir sind in der Übermacht.“

„Und bis dahin werden noch etliche Weiße sterben müssen“, fügte Lieutenant Taylor hinzu. „Nicht zuletzt deswegen, weil in letzter Zeit gewissenlose Geschäftemacher die Chiricahuas mit Waffen versorgen. Erinnern Sie sich noch an den Überfall auf die Postkutschenstation bei Lane' s Crossing vor gut drei Wochen? Da hatten die Indianer Gewehre, und die wussten sie auch zu benutzen. Das ist das Problem, das wir lösen müssen, Gentlemen“. Der junge Lieutenant wurde zusehends energischer. „300 Chiricahuas und 300 Gewehre – das Land verbrennt.“

„Ich gebe zu, Lieutenant Taylor hat nicht unrecht“, pflichtete ihm Major Wilkins bei. „Aber unsere Scouts tappen im Dunkeln. Cochise ist ein geschickter Hundesohn. Nach jedem Überfall verschwinden sie in der Apacheria und lachen uns förmlich aus, wenn wir sie suchen und nicht finden“.

General Carleton hörte sich die Worte seiner Offiziere mit ruhiger Miene an. Seit er vor gut drei Jahren das Kommando im Arizona-Territorium übernommen hatte, waren ihm die Chiricahua- Guerillas ein Dorn im Auge, aber bis zu dieser Stunde hatte er immer noch keinen Weg gefunden, um diese Probleme ein für alle Mal zu lösen.

Taylor wollte gerade dazu etwas sagen, als sein Blick zufällig aus dem Fenster fiel. Eine neue Patrouille ritt in diesem Augenblick in Camp Crant ein. Und bei ihnen war ein Mann, bei dessen Anblick er erleichtert aufatmete – Roy Kincade.

„Gentlemen“, ergriff Taylor erneut das Wort. „Ich glaube, es gibt eine Möglichkeit, wie wir den Waffenhändlern auf die Schliche kommen können …“

 

*

 

„Verdammte Hitze“, knurrte Rafe Darrel und wischte sich mit der Handfläche den Schweiß aus der Stirn. Seinem Partner warf er einen vielsagenden Blick zu, während er das einsame Land beobachtete. „Wann kommen diese verfluchten Indianer denn endlich, Troy? Die Sonne brennt mir fast das Hirn kaputt …“

Troy Buchanan schob sich seinen Stetson tiefer ins Gesicht, um der sengenden Hitze zu entgehen, aber das verschaffte ihm nur wenig Erleichterung. Er schraubte den Verschluss der schweren Feldflasche auf und nahm einen kleinen Schluck. In dieser Hitze musste man mit Wasser sparen. Auch Darrel trank nur ganz wenig.

„Du wirst sie nicht sehen, wenn sie kommen“, belehrte Buchanan seinen Partner. „Sie sind auf einmal da, wie aus dem Boden geschossen, und ich sag dir eins – die Burschen beobachten uns bestimmt schon längst …“

Er schaute nach hinten zu den Felsen, wo sie den Planwagen abgestellt hatten, bei dem Jenkins und Wayne noch Wachposten bezogen.

„Die wollen doch was von uns, oder?“, schimpfte Darrel, und er hatte Mühe, die Wut in seiner Stimme zurückzuhalten. „Wenn die ihre Gewehre haben wollen, dann sollen sie auch endlich kommen. Ich habe nicht die Geduld dieser Wüstenfüchse, Troy. Alles was ich will, ist das Gold, was sie uns versprochen haben.“

„Victorio wird sein Versprechen einlösen, Rafe“, antwortete Buchanan. „Und jetzt hör endlich auf zu unken. Gleich ist es soweit. Ich spür 's förmlich, dass gleich der Erste Apache auftaucht.“

„Du mit deinem verdammten Instinkt. Man könnte fast glauben, dass du einer von ihnen bist.“

Buchanan grinste kurz.

„Man muss die Apacheria kennen, wenn man hier überleben will. Die Kleinigkeiten sind es, auf die es ankommt. Schau mal rüber zu den Ocotillo-Kakteen, Rafe. Hast du eben den Vogel gesehen, der dort weggeflogen ist? Ich verwette meinen Kopf, dass da ein Chiricahua hockt und uns beobachtet. Und da drüben bei den Palo-Verde- Bäumen auch. Ich …“

Der dunkelhaarige Mann im hellen Staubmantel wollte noch mehr sagen, brach dann aber ab, als plötzlich die hageren untersetzten Gestalten auftauchten. Wie von einer Sekunde zur anderen waren sie plötzlich da. Darrel fuhr erschrocken zusammen.

„Mein Gott, du hast recht“, stammelte er, „Troy, sie sind da“.

Buchanan beobachtete die gedrungenen Gestalten der Apachen, die auf der Stelle verharrten und keine Anstalten machten, näher zu kommen. Sie blieben einfach bei den Kakteen stehen und starrten stumm die weißen Eindringlinge an, wie bronzene Statuen, die jeden Moment zum Leben erwachen würden.

Der Mann im Staubmantel drehte sich um und winkte den beiden anderen beim Planwagen. Das war das Zeichen dafür, dass sie nun näher kommen sollten. Während Jenkins und Wayne den Wagen näher heran lenkten, beobachtete Buchanan die Indianer aus zusammengekniffenen Augen.

„Warum kommen die nicht näher?“, fragte Darrel, der sich keinen Reim daraus machen konnte. Buchanan hatte ihn das erste Mal mit in die Apacheria genommen, weil er ein sicherer Schütze war, aber die Chiricahuas kamen ihm doch ein wenig unheimlich vor.

„Das gehört alles mit zum Spiel“, belehrte ihn Troy Buchanan. „Gleich taucht Victorio auf, und dann kommen wir zum Geschäft“.

Noch ehe Buchanans Worte verhallt waren, sahen die beiden Männer Victorio. Der Häuptling der Mimbreno-Apachen, der diesmal auch einige Chiricahuas dabei hatte, stand mit Stolz verschränkten Armen zwischen seinen Kriegern und musterte mit verächtlicher Miene die Weißen, die nur 50 Yards entfernt standen.

Victorio war ein großer und muskulöser Bursche. Langes blauschwarzes Haar fiel ihm ungezähmt in die Stirn. Stechende Augen musterten die Revolvermänner, die gekommen waren, um mit ihm zu handeln.

„Sei gegrüßt, großer Häuptling“, richtete Buchanan jetzt das Wort an Victorio. „Wir sind pünktlich gekommen und haben die Gewehre für dich mitgebracht. Komm und sieh sie dir an. Du wirst feststellen, dass sie okay sind.“

Der Mimbreno-Apache erwiderte überhaupt nichts, sondern wartete ab, bis der Planwagen neben Buchanan und Darrel zum Stehen kam. Abwartend schaute er zu, wie die beiden anderen Weißen die Plane abdeckten und längliche Kisten hervorholten. Gespannt wartete er ab, bis eine der Kisten geöffnet war und bläulich schimmernde Gewehrläufe zum Vorschein kamen. Über sein zerfurchtes Gesicht huschte ein leichtes Grinsen. Er gab drei anderen Kriegern einen Wink, ihm zu folgen, und gemeinsam stapften die Indianer nun auf den Planwagen zu.

Buchanan beobachtete, wie Victorio eines der Gewehre in die Hand nahm und es kritisch in Augenschein nahm. Der Mann im hellen Staubmantel zog eine Schachtel Patronen aus der Tasche und warf sie Victorio zu.

''Winchester-Gewehre, Victorio“, sagte er dann. „Damit kannst du die Weißen aus eurem Land treiben. Schieß und du wirst sehen, dass Du jedes Ziel triffst.“

„Du willst, dass wir euch Wasicuns verjagen und bist selbst ein Weißer“, sagte Victorio, und seine dunklen Augen beobachteten Buchanan genau. „Was bezweckst du damit?“

„Ich bin euer Freund“, erwiderte Buchanan und verfluchte im Stillen diesen Apachenbastard dafür, dass er ihm solche Fangfragen stellte. „In diesem Land ist Platz für alle, und deswegen wollen meine Freunde und ich dir und deinem Stamm helfen.“ Er versuchte zu lächeln, aber es misslang.

Victorio lachte trocken auf. Er lud die Winchester, riss sie dann an die Schulter und zielte kurz. Sekunden später drückte er ab, und ein Schuss bellte auf. Hundert Yards weiter brach ein dürrer Zweig von einem Palo-Verde-Baum ab. Die anderen Krieger stießen schrille Schreie aus, als sie sahen, dass ihr Häuptling sein Ziel getroffen hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---