Texas Ranger 14: Der Ritt nach Laredo - Alfred Wallon - E-Book

Texas Ranger 14: Der Ritt nach Laredo E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Captain Erastus Deaf Smith bekommt den Auftrag, mit einer Kompanie Texas Ranger nach Laredo zu reiten. Laredo ist die einzige Stadt östlich des Rio Grande, die immer noch überwiegend von Mexikanern bewohnt wird. Die Unruhen sollen auf diese Weise beendet werden. Bei dieser heiklen Mission ist ein junger Mann namens John Coffee Hays dabei, dessen Name Jahre später zur Legende wird.

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In dieser Reihe bisher erschienen

4701  Alfred Wallon Tod am Rio Blanco

4702  Alfred Wallon Canoma muss sterben

4703  Alfred Wallon Die erste Rebellion

4704  Alfred Wallon Kampf ohne Gnade

4705  Alfred Wallon Die Helden von Alamo

4706  Alfred Wallon Vergeltung für Alamo

4707  Alfred Wallon Überfall auf Parkers Fort

4708  Alfred Wallon Gefahr am Little River

4709  Alfred Wallon Rinder für Texas

4710  Alfred Wallon Das Fort am Colorado River

4711  Alfred Wallon Entscheidung am Elm Creek

4712  Alfred Wallon Hinterhalt am Trinity River

4713  Alfred Wallon Der Commanchen-Jäger

4714  Alfred Wallon Der Ritt nach Laredo

4715  Alfred Wallon Blutiger Sommer (Frühjahr’25)

4716  Alfred Wallon Tödlicher Herbst (Frühjahr’25)

Der Ritt nach Laredo

Texas Ranger

Buch 14

Alfred Wallon

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

Copyright © 2024 Blitz-Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Redaktion: Alfred Wallon

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-689-84093-8

4714 vom 12.08.2024

Inhalt

Verdächtige Spuren

Pferdediebe

Von Comanchen verfolgt

Major Fuentes Entscheidung

Kampf am Arroyo Chacon

Rückzug der Texas Ranger

Ein Blick in die Vergangenheit

Folgenschwere Konsequenzen

Spuren in der Wildnis

Kampf am Colorado River

Dramatische Stunden

Historische Anmerkungen zum vorliegenden Roman

Über den Autor

Verdächtige Spuren

20. Februar 1837

In der Nähe des Medina River

Am Nachmittag gegen 15:00 Uhr

John Coffee Hays blickte etwas nachdenklich drein, als er am fernen Horizont eine Staubwolke entdeckte. Sofort zog er das Fernrohr aus der Satteltasche, spähte hindurch und stieß einen leisen Pfiff aus, als er die sich im Staub abzeichnenden Konturen von mehreren Reitern sah, die sich dem Medina River von Südwesten her näherten.

„Das gefällt mir nicht“, murmelte er und schaute dabei zu seinem Kameraden Logan B. Henderson, mit dem er zusammen das Gelände erkundete, während der Rest der Kompanie von Captain Erastus Deaf Smith nach einer geeigneten Stelle für ein permanentes Lager direkt am Medina River suchte, von wo dann weitere Aktionen geplant werden sollten. „Ich glaube, ich sehe mir das mal aus der Nähe an, Logan.“

„Captain Smith würde das nicht gutheißen, Junge“, erwiderte der bärtige Texas Ranger Logan B. Henderson. „Du hast doch gehört, was er uns ans Herz gelegt hat, oder? Wir sollen beobachten, aber nicht mehr.“

„Beobachten kann ich nur etwas genau, wenn ich in der Nähe bin“, kommentierte das der junge Mann, der vor zwei Monaten gerade mal zwanzig Jahre alt geworden war, aber trotzdem schon Mitglied der Texas Ranger war. Captain Smith hatte nicht gezögert, als er selbst gesehen hatte, wie gut Hays mit seiner Pistole und der Rifle umgehen konnte. In diesen Zeiten waren die Texas Ranger froh über jeden Mann, der sich ihnen anschloss und der gewillt war, die kleinen Ansiedlungen und Farmen so gut wie möglich vor marodierenden Comanchen-Stämmen und mexikanischen Soldaten zu beschützen.

„Bleib hier!“, sagte Henderson, als er sah, dass der junge Ranger sein Pferd wenden und in die betreffende Richtung reiten wollte. „Verdammt noch mal, hast du nicht verstanden, was ich gerade gesagt habe?“

„Verstanden habe ich das schon“, antwortete Hays, trieb aber dennoch sein Pferd an und ritt in die betreffende Richtung, wo er die Staubwolke zuerst gesehen hatte. Henderson rief ihm mit wütender Stimme etwas hinterher, aber Hays registrierte das nur beiläufig. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab es kaum jemanden, der ihn vom Gegenteil überzeugen oder gar daran hindern konnte.

Er drehte sich kurz im Sattel um und sah, dass Henderson ihm jetzt folgte. Na also, dachte Hays. Warum denn nicht gleich so?

John Coffee Hays war schlank und wirkte ein paar Jahre jünger, als er wirklich war. Für sein Alter hatte er schon einiges hinter sich, und es war für ihn schon seit der Gründung der Republik Texas klar gewesen, dass er sich eines Tages den Texas Rangern anschließen würde. Diesen Wunsch hatte er vor zwei Wochen umgesetzt, als er sich direkt bei Captain Smith zum Dienst gemeldet hatte und dann auch direkt in die Truppe eingegliedert worden war.

Einige seiner Kameraden hatten ihm den Namen Jack gegeben, und daran hatte er sich mittlerweile gewöhnt. Wichtiger war für ihn vielmehr die Tatsache, dass ihn die meisten anderen Ranger trotz seines jugendlichen Aussehens akzeptiert hatten, und die anderen, die noch einige Zweifel hatten, würde er schon bald vom Gegenteil überzeugt haben.

„Hast du es dir doch anders überlegt, Logan?“, rief ihm Hays zu, als er sah, wie Henderson jetzt aufgeholt hatte und neben ihm ritt.

„Greenhorns wie du machen immer noch genügend Fehler“, sagte Henderson. „Schließlich hat der Captain gesagt, dass ich ein Auge auf dich haben soll, bevor du vielleicht noch ...“

„Wer hier auf wen ein Auge haben soll, das wird sich erst noch herausstellen“, fiel ihm Hays ins Wort. „Reden wir später darüber, einverstanden? Jetzt müssen wir erst mal sehen, was diese Kerle vorhaben. Ich bin immer besonders neugierig, wenn ich mehr als zehn bewaffnete Mexikaner durch die Gegend reiten sehe.“

Henderson murmelte etwas Unverständliches vor sich, schwieg dann aber. Er hatte mittlerweile begriffen, dass Hays einen ausgesprochenen Dickkopf hatte, wenn er erst einmal von etwas so sehr überzeugt war, dass er sich von nichts und niemandem aufhalten lassen würde. Captain Smith hatte das auch schon bemerkt und bisher nichts gesagt. Aber wenn diese Sache wegen der Neugier des jungen Rangers schiefging, dann würde Smith ihn vor versammelter Mannschaft so zurechtstutzen, dass Hays diese Lektion hoffentlich lernen würde.

Die beiden Ranger ritten weiter in die Richtung, die die Mexikaner eingeschlagen hatten, achteten aber sorgfältig darauf, dass sie stets unbemerkt blieben. Hays machte sich allerdings schon seine eigenen Gedanken, weil er bemerkt hatte, dass es weitere Hufspuren gab, die allerdings genau in die entgegengesetzte Richtung führten. Es musste sich ebenfalls um einen größeren Reitertrupp handeln, den Hays und Henderson aber gar nicht bemerkt zu haben schienen. Es bereitete ihm einiges Kopfzerbrechen, als er sich vorstellte, dass dieser Trupp die Richtung eingeschlagen hatte, wo Captain Smith und die anderen Ranger gerade ein Lager errichten wollten.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Henderson, der die Hufspuren natürlich auch erkannt hatte. „Sollen wir nicht doch besser wieder zurückreiten und den Captain informieren? Der muss Bescheid wissen, was hier gerade geschieht. Wenn du mich fragst: Hier treiben sich eindeutig viel zu viele Mexikaner in dieser Gegend herum.“

„Das werden wir gleich herausfinden“, erwiderte Hays knapp.

* * *

Eine knappe Dreiviertelstunde später wurde zur Gewissheit, was Hays bereits von Anfang an vermutet hatte. Er und Henderson waren mittlerweile so nahe an den Reitertrupp herangekommen, dass sie weitere Details erkennen konnten.

„Soldaten“, murmelte Henderson mit sehr nachdenklicher Stimme. „Was haben die so weit entfernt vom Rio Grande zu suchen? Geht es jetzt wieder los mit Vorbereitungen für einen neuen Krieg?“

„Keine Ahnung“, erwiderte Hays. „Aber bedenklich ist das schon. Was zum Teufel haben die vor? Wenn die weiter in diese Richtung reiten, werden sie bald auf die ersten Ansiedlungen und Farmen stoßen.“

„Für eine Invasion sind das deutlich zu wenige Soldaten“, erwiderte Henderson. „Aber vielleicht ist das auch nur eine Vorhut, die die Lage erkunden soll. Ich möchte wetten, dass die Garnison in Laredo hinter all dem steckt. Diese verdammten Hunde planen irgendetwas.“

„Dann ist es umso wichtiger, dass Captain Smith und seine Truppe hier in dieser Gegend ein Camp errichten“, fügte Hays hinzu. „Ich glaube, die Texas Ranger müssen hier noch deutlichere Präsenz zeigen, als es schon jetzt der Fall ist.“

„Stimmt“, meinte Henderson. „Jetzt wissen wir ja, dass es Soldaten sind. Wir sollten wieder zurückreiten und dem Captain erzählen, was wir gesehen haben, Jack.“

„Warten wir noch ein wenig“, hielt Hays dagegen. „Ich will wissen, was die Soldaten jetzt noch planen. Die reiten doch nicht einfach ziellos umher, sondern die verfolgen einen Plan. Und genau den möchte ich kennen.“

„Die Spuren der Soldaten und die der anderen Reiter, von denen wir noch nichts wissen, müssten sich gekreuzt haben“, mutmaßte Henderson. „Wenn es keine Mexikaner waren, sondern Leute von uns, dann hätte es mit Sicherheit Ärger gegeben. Aber nichts weist auf einen Kampf hin. Einen Überfall auf texanische Ansiedlungen oder Farmen scheinen die auch nicht geplant zu haben, sonst hätten sie sich vereinigt, um so eine größere Schlagkraft zu erzielen. Das allein lässt mich daran zweifeln, dass hier eine Invasion im Gange ist.“

„Dann könnten diese Soldaten lediglich ein Ablenkungsmanöver gestartet haben“, äußerte nun Hays seine Vermutung. „Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Soldaten über Captain Smiths Pläne bereits Bescheid wissen. Dann könnten diese Soldaten lediglich losgeritten sein, um uns zu täuschen, und in Wirklichkeit ...“ Er brach ab, weil sich seine Gedanken in diesem Moment förmlich überschlugen. „Wir müssen zurück, Logan. Und zwar so schnell wie möglich!“

Henderson hatte sofort begriffen, was Hays damit ausdrücken wollte. Weiterer Worte bedurfte es nicht. Die beiden Texas Ranger wendeten ihre Pferde und entfernten sich, ohne dass sie von den mexikanischen Soldaten bemerkt wurden.

* * *

20. Februar 1837

Im Camp am Medina River

Am späten Nachmittag gegen 17:00 Uhr

Captain Erastus Deaf Smith blickte zufrieden auf das Lager, das er und seine Männer unweit des Ufers errichtet hatten. In knapp fünfzig Yards Entfernung gab es auch eine Wiese, die ideal für die Pferde war. Hier würde sich von nun an das Camp befinden, das die Ausgangsbasis für weitere Aktionen der Texas Ranger darstellte.

Smith wusste, dass es unter der Oberfläche wieder zu brodeln begann. Die Mexikaner und insbesondere ihr Präsident Antonio López de Santa hatten die Niederlage am San Jacinto River im April vergangenen Jahres nicht vergessen, und die ersten Gerüchte machten sich breit, dass die Armee bald wieder einen Vorstoß wagen und auf texanisches Hoheitsgebiet vordringen würde.

Genau deshalb hatte Smith Order aus Houston bekommen, mit seiner Truppe nach Südwesten vorzustoßen und dort das Gebiet genau zu beobachten, indem regelmäßige Erkundungsritte vorgenommen wurden. Deshalb waren die beiden Ranger Logan B. Henderson und Jack Hays von ihm losgeschickt worden. Das war vor zweieinhalb Stunden gewesen, und seitdem hatte er nichts mehr von ihnen gehört.

Das musste aber nichts zu bedeuten haben. Henderson war ein erfahrener Ranger, der schon aufpassen würde, dass der junge Hitzkopf Hays im entscheidenden Moment nicht überreagierte. Hays war erst vor wenigen Wochen zu ihm und seinen Leuten gestoßen und nutzte seitdem jede Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen. Er hatte eine humorvolle und teilweise sehr ironische Art an sich, und manchmal konnte man glauben, dass Hays noch ein Junge war, der den Ernst des Lebens noch nicht begriffen hatte. Aber jeder, der Hays dann näher kennenlernte, begriff sehr rasch, dass der junge Ranger genügend Mut und Entschlossenheit besaß, um auch schwierige Aufgaben schnell und effektiv hinter sich zu bringen.

Die Ranger hatten auf Smiths Anweisung hin einen Corral für die Pferde errichtet und waren jetzt damit zugange, die ersten Hütten zu bauen, damit man dieses Camp auch während des ganzen Jahres benutzen konnte. Damit wollte Smith vor allen Dingen erreichen, dass auf diese Weise die Präsenz der Texas Ranger für alle Mexikaner ein eindeutiges Zeichen war und gleichzeitig auch jeglichen mexikanischen Invasionsplänen Einhalt gebieten sollte.

„Wir kommen gut voran heute“, riss ihn die Stimme von First Lieutenant Nicholas Mosby Dawson aus seinen Gedanken. „Mit etwas Glück bekommen wir die erste Hütte bis morgen Mittag fertig.“

„Gut so“, sagte Smith. „Und das Wetter spielt ja auch noch zum Glück mit.“

„Was glauben Sie, wann die Mexikaner davon Wind bekommen, was wir hier vorhaben, Captain?“, fragte Dawson. „Lange kann das nicht mehr dauern.“

„Vermutlich haben sie das schon bemerkt, Lieutenant“, antwortete Smith. „Aber solange sie uns nicht an unserer Arbeit hindern, soll mir das nur recht sein. Jeder Tag und jede weitere Stunde, in der wir hier unsere Mission durchführen können, ohne dass wir dabei gestört werden, hilft uns, das gesetzte Ziel umso schneller zu erreichen.“

„In Laredo wird man von diesem Vorhaben alles andere als begeistert sein, Captain“, gab Dawson zu bedenken. „Womöglich werden wir sehr bald Besuch bekommen, und dann ...“

„Haben Sie etwa Angst davor, Lieutenant?“, fiel ihm Smith in kritischem Ton ins Wort. „Wir haben die Mexikaner mitsamt ihrem Präsidenten schon einmal aus Texas verjagt, und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass uns das wieder gelingen wird. Die paar Soldaten in der Garnison in Laredo sind keine wirkliche Gefahr für uns.“

Dawson erwiderte nicht direkt etwas darauf, aber Smith konnte ihm ansehen, dass er die Überzeugung seines Captains nicht ganz teilte. Aber das interessierte Smith nicht. Er war hier, um einen Auftrag auszuführen, und er würde sich von niemandem aufhalten lassen, genau diese Anweisungen aus Houston auch so schnell wie möglich umzusetzen.

Auf einmal bemerkte er die beiden Reiter in der Ferne. Es waren Henderson und Hays, die jetzt von ihrem Erkundungsritt zurückkamen.

„Das wurde auch langsam Zeit“, murmelte Smith und wartete gespannt ab, was ihm die beiden Ranger gleich zu berichten hatten.

„Wir haben mexikanische Soldaten entdeckt, Captain“, rückte nun Henderson als Erster mit den Neuigkeiten heraus. „Etwa zehn Meilen nordwestlich von hier.“

„Wie viele?“, fragte Smith, der auf einmal sehr angespannt wirkte.

„Etwa zehn, soweit wir das erkennen konnten“, fügte nun Hays hinzu. „Das ist aber nicht das Einzige, das wir entdeckt haben. Wir haben noch weitere Hufspuren gefunden. Diese Reiter müssen den Mexikanern begegnet sein. Und da es weder Kampfspuren noch sonstige Anzeichen eines gewaltsamen Zusammentreffens gab, nehmen wir an, dass es ebenfalls Soldaten waren.“

„Zwei verschiedene Trupps also“, sinnierte Smith und kratzte sich dabei an der rechten Schläfe. „Und was könnte das zu bedeuten haben?“

Er schaute zuerst Henderson an, weil er ihn aufgrund seiner Dienstdauer für den Erfahreneren von beiden hielt, aber der zögerte mit einer Antwort. Deshalb ergriff nun Hays das Wort, und er formte seine Gedanken klar und deutlich.

„Daraus schließe ich, dass dieser Trupp sich aufgeteilt hat und ebenfalls Erkundungen in dieser Gegend durchführt. Die andere Spur, die wir gesehen haben, führt ungefähr in Richtung Medina River. Es könnte somit sein, dass wir in den nächsten Stunden oder während der Nacht Besuch bekommen, Captain.“

„Das trauen sich diese Hühnerdiebe doch nicht“, antwortete Smith daraufhin. „Die sind höchstens in der Lage, feige aus dem Hinterhalt einige Schüsse abzufeuern. Aber auf einen direkten Kampf werden die es garantiert nicht ankommen lassen.“

„Was wäre denn, wenn uns die Soldaten längst entdeckt haben und uns beobachten, Captain?“, wollte Hays wissen. „Wenn dem so ist, dann dürften sie mitbekommen haben, dass wir hier ein Camp errichten. Ich würde vorschlagen, dass noch mal einige Männer von uns auf die Suche gehen und das Gelände kontrollieren. Vertrauen mag zwar gut sein, aber Kontrolle halte ich für besser.“

„Ist das so?“, fragte Smith. Es passte ihm nicht, dass dieser junge Kerl ihm andauernd klarzumachen versuchte, was seiner Meinung nach die beste Lösung war. Er war sehr von sich überzeugt, und was Smith auch nicht gefiel, war das zustimmende Nicken einiger anderer Ranger.

„Ja, Captain“, sagte Hays und wiederholte seine Bitte noch einmal, aber damit stieß er bei Smith auf taube Ohren.

„Wir werden in der Nacht einige Wachposten aufstellen, ebenfalls bei den Pferden. Das wird ausreichen“, meinte Smith und lehnte damit die Bitte des jungen Rangers ab. „Und da Sie ja besonders misstrauisch sind, werden Sie um Mitternacht zur Wache eingeteilt.“

„Jederzeit und gerne, Captain“, antwortete Hays mit einem Lächeln. Und dieses Lächeln regte Smith noch mehr auf, als es ohnehin schon der Fall war.

* * *

20. Februar 1837

Im Camp der Texas Ranger am Medina River

Kurz nach Mitternacht

Logan B. Henderson gähnte herzhaft, als Jack Hays endlich kam, um ihn abzulösen.

„Gab’s irgendwas, was ich wissen müsste?“, erkundigte sich Hays bei seinem Kameraden.

„Ach was“, winkte Henderson ab. „Es ist bis jetzt alles ruhig geblieben. Ich habe weder Hufschläge noch andere verdächtige Geräusche gehört. Ich denke, der Captain hat recht. Die Mexikaner sind viel zu feige, um einen nächtlichen Angriff zu starten. Die machen sich doch vor lauter Angst in die Hosen, wenn sie uns schon aus der Ferne sehen.“

„Hochmut kommt vor dem Fall“, konnte sich der junge Texas Ranger diese Bemerkung nicht verkneifen. „Dann geh mal, leg dich hin und versuch zu schlafen. Ich kann das jedenfalls nicht.“

„Du machst dir wirklich Sorgen, oder?“

„Die solltest du dir auch machen“, sagte Hays. „Und der Captain erst recht. Das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass die Soldaten in Laredo gewaltig aufpassen müssen, was auf dieser Seite des Rio Grande passiert. Laredo ist schließlich die einzige Stadt, die jenseits des Rio Grande liegt, obwohl diese Stadt noch zum Einflussbereich von Mexiko gehört. Da ist der Ärger doch schon vorauszusehen.“

„Warst du überhaupt schon mal in Laredo?“, fragte Henderson jetzt.

„Ja“, erwiderte Hays. „Das war letzten Dezember. Aber da ist mir auch schon aufgefallen, dass sich die Bevölkerung nicht gerade freundlich verhält, wenn ein Amerikaner in die Stadt kommt. Man ist höflich und zuvorkommend, aber nur so lange, wie du die Menschen anschaust. Sobald du ihnen den Rücken kehrst, sieht das alles ganz anders aus. Deshalb bin ich lieber etwas vorsichtiger, Logan. Außerdem bin ich noch jung und habe noch das ganze Leben vor mir. Und damit das auch so bleibt, halte ich eben Augen und Ohren offen.“

„Wenn du meinst“, fügte Henderson hinzu. „Ich lege mich jetzt jedenfalls aufs Ohr.“ Mit diesen Worten erhob er sich und ging zurück zu der Stelle, wo er sein Lager aufgeschlagen hatte. Hays blickte ihm nur kurz nach, schüttelte aber im Stillen den Kopf darüber, dass Henderson die Tatsache offensichtlich ignorierte, dass die Lage längst nicht mehr so friedlich war, wie die meisten seiner Kameraden glaubten. Das galt nicht nur für ihn, sondern auch für Captain Smith und einige andere Texas Ranger in dieser Truppe.

Hays dagegen war da mehr pragmatisch veranlagt und hielt sich immer wieder vor Augen, dass die Gefahr durch mexikanische Soldaten immer noch vorhanden war, auch wenn nun schon seit einigen Monaten Ruhe herrschte. Das musste aber nicht bedeuten, dass dies auch zukünftig so bleiben würde. Deshalb wollte er auch weiterhin wachsam bleiben und darauf achten, dass in dieser Nacht nichts geschah, was ihn und seine Kameraden möglicherweise in Teufels Küche brachte.

Er verweilte nicht nur an einer bestimmten Stelle, sondern ging zwischen dem Corral und dem Lager auf und ab. Dabei lauschte er immer wieder in die Nacht hinein, aber es waren weder Hufschläge noch sonstige verdächtige Geräusche zu hören.

Hays war nicht der einzige Wachposten, und das gab ihm ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Trotzdem konnte er sich nicht entspannen, weil er immer noch nervös war. Diese Unruhe verstärkte sich sogar noch, ohne dass sich Hays das erklären konnte. Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als besonders wachsam zu bleiben, und er konnte nur hoffen, dass auch die anderen Wachposten sich ebenso verhielten. Es würde eine lange Nacht werden.

Pferdediebe

21. Februar 1837

In der Nähe des Camps der Texas Ranger

Am Ufer des Medina River – kurz vor Sonnenaufgang

Capitan Rodrigo Diaz grinste, als er die Pferdeherde vor der einsetzenden Morgenröte beobachtete. Es war sehr früh, und der Nebel hing noch über den Flussniederungen. Um diese Zeit war es noch friedlich, fast sogar schon idyllisch, wenn man sich die üppige grüne Natur zu beiden Seiten des Medina River vor Augen hielt. Zahlreiche Zypressenbäume und Büsche wuchsen an beiden Ufern des Flusses, und auf dem Wasser schwammen einige Enten.

Diaz und seine Soldaten hatten die Americanos gestern den ganzen Tag über aus der Ferne beobachtet. Dass sie jetzt am Ufer des Medina River ein Camp errichtet hatten, wussten sie längst, denn dieser kleine Fluss und die grünen Wiesen boten einer Pferdeherde geradezu ideale Möglichkeiten, über einen längeren Zeitraum hier zu verweilen.

Für Diaz und seine dreißig Männer bedeutete das nichts anderes, als dass die Texas Ranger ihre Präsenz nordwestlich von Laredo deutlich verstärkten. War dies womöglich der Beginn einer weiteren Eskalation zwischen Texas und Mexiko? Schließlich war erst ein knappes Jahr vergangen, seit Texas seinen Status als Republik proklamiert hatte, und der Kampf um die alte Alamo-Mission und die nur wenige Wochen danach erfolgte Schlacht bei San Jacinto war noch jedem Mexikaner in guter und auch tragischer Erinnerung.⁠1

Santa Anna hatte zwar diese entscheidende Schlacht verloren und demzufolge die Niederlage akzeptieren müssen, aber der Konflikt zwischen beiden verfeindeten Ländern schwelte immer noch weiter, und es bedurfte nur eines oder mehrerer Funken, um sofort wieder einen gewaltigen Flächenbrand zu erzeugen, der in einen weiteren Krieg mündete.

Capitan Rodrigo Diaz und viele andere Menschen, die in Laredo lebten, wussten das. Deshalb galt für sie als oberstes Ziel, dass sie sehr genau beobachteten, ob und wann sich gewisse Dinge wieder zu verändern begannen. Umso früher konnten dann entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

„Wir sollten diesen Gringos zeigen, dass ihre Anwesenheit nicht erwünscht ist, Capitan“, riss ihn die Stimme des jungen Teniente Franco Morales aus seinen vielschichtigen Gedanken. „Wir warten nur noch auf Ihren Befehl, Capitan, dann werden wir zuschlagen.“

„Gleich, Teniente“, erwiderte Diaz mit einer beschwichtigenden Geste. Er wusste, dass der Teniente sehr ungeduldig war und es kaum abwarten konnte, wenn es darum ging, gegen die Americanos, und in diesem Fall gegen die Texas Ranger zu kämpfen. Denn Texas Ranger waren es auch gewesen, die seinen Vater getötet hatten, als dieser zusammen mit der Invasionsarmee von General Martin Perfecto de Cos im vergangenen Jahr nach Texas gekommen war. Es hatte kurze und heftige Auseinandersetzungen damals gegeben, bei denen viele Mexikaner ihr Leben verloren hatten.⁠2

„Ich kann nicht verstehen, dass diese Hunde so ahnungslos sind“, sagte Teniente Morales. „Sie müssten doch eigentlich wissen, dass sie hier nicht willkommen sind, und doch verhalten sie sich so, als würde ihnen die Region rund um Laredo schon gehören.“

„Sollen sie das ruhig glauben“, winkte Diaz ab. „Manche begreifen erst viel zu spät, woher der Wind weht, Teniente. Und das wird auch diesmal so sein. Wir machen es so: Sie und Ihre Männer lenken die Americanos mit einigen Schüssen ab. Hauptsache ist, dass sie so lange in Deckung bleiben müssen, bis wir die Pferde aus dem Corral getrieben haben. Dann kommen wir sofort nach. Ohne Pferde werden sie keine Chance haben, uns zu verfolgen.“

„Si“, stimmte ihm Morales zu. „Sie werden zu Fuß zurückmarschieren müssen. Das ist eine große Blamage für diese großen Helden.“ Er betonte die letzten Worte auf solch ironische Weise, dass kein Zweifel darin bestand, wie er das wirklich gemeint hatte.

Die Pläne des Capitans hatten bis jetzt Erfolg gehabt. Ganz bewusst hatte er seine Truppe in zwei kleinere Kommandos aufgeteilt, um die Texas Ranger zu verwirren. Er und seine Leute hatten die Americanos schon seit einigen Tagen im Blickfeld gehabt, aber die hatten nichts davon bemerkt. Selbst deren Spähreiter schienen mit Blindheit geschlagen gewesen zu sein, als sie das Gelände durchkämmt hatten.

Er hatte es bewusst darauf angelegt, dass ein Teil seiner Leute entdeckt wurde, als diese in Richtung Nordwesten ritten. Es sollte so aussehen, als wenn sie um den Medina River einen weiten Bogen machten und gar nicht auf den Gedanken kamen, dass die Texas Ranger in der Nähe des kleinen Flusses ein dauerhaftes Camp errichteten. Währenddessen hatte sich der andere Teil der Kompanie dort bereits an einer geeigneten Stelle postiert und darauf gewartet, bis die anderen Soldaten sich wieder mit ihnen vereinigten. Das war kurz nach Einbruch der Dunkelheit geschehen, und nun konnten bald die weiteren Planungen umgesetzt werden, um diese verfluchten Texas Ranger so sehr zu demütigen, dass sie so schnell wieder aus dieser Gegend verschwanden, wie sie auch gekommen waren.

„Gut, dann ist alles gesagt“, fügte der Capitan abschließend hinzu. „Sobald wir die ersten Pferde aus dem Corral getrieben haben, beginnt Ihr Teil.“

Teniente Morales bestätigte ihm mit einem kurzen Nicken, dass er alles verstanden hatte, und erhob sich aus seiner Deckung. Diaz sah, dass er sich mit zehn Männern auf den Weg machte und in Stellung ging. Ohne dass die Texas Ranger das mitbekamen, hatten sie bereits das Camp in einem weiten Halbkreis umzingelt.

* * *

21. Februar 1837

Im Camp der Texas Ranger

Kurz nach Sonnenaufgang gegen 6:00 Uhr

Jack Hays fühlte die Kälte der Nacht in seinen Knochen und war dankbar, als am fernen Horizont endlich die aufgehende Sonne die letzten Schatten der Nacht allmählich zu vertreiben begann. Über dem Medina River hingen allerdings immer noch einige dichte Nebel, sodass man nicht weit sehen konnte.

Hays hatte die letzten zwei Stunden in der Nähe einiger Büsche verbracht und von dort aus das Gelände beobachtet. Aber der Morgennebel war zu dieser frühen Stunde besonders tückisch und hing noch über den Wiesen. Davon war auch der Corral mit den Pferden betroffen, sodass Hays einige der Pferde nur als undeutliche Konturen wahrnehmen konnte.

Plötzlich glaubte er, ein Geräusch gehört zu haben. Als wenn jemand versehentlich auf einen trockenen Ast getreten wäre. Vielleicht hatte ein Tier das ausgelöst, aber Gewissheit darüber gab es nicht. Deshalb verließ Hays mit vorgehaltener Waffe seine derzeitige Position und näherte sich mit langsamen Schritten dem Corral, wo sich die Pferdeherde der Texas Ranger befand. Noch verhielten sich die Tiere ganz ruhig. Nichts wies darauf hin, dass sich etwas in der Nähe befand, das die Pferde beunruhigt hätte. Also begann er, sich wieder zu entspannen, ging aber trotzdem weiter in Richtung Corral, weil er ganz sichergehen wollte, dass ihm seine Phantasie nicht irgendetwas vorgegaukelt hatte.

Auf einmal hörte er wieder ein Geräusch. Diesmal kam es von der anderen Seite des Corrals, und es klang so, als wenn jemand bei den Pferden war. Sofort beschleunigte Hays seine Schritte. In diesem Augenblick verzog sich der Nebel nur für wenige Augenblicke, und der junge Texas Ranger bemerkte auf einmal mehrere Gestalten, die sich am Corralgatter zu schaffen machten und es öffneten.

Ein Gedanke jagte jetzt den anderen, als er seine Rifle hochriss. Er wollte gerade seine Kameraden mit einem lauten Alarmschrei alarmieren, aber genau in diesem Moment fielen drüben beim Camp mehrere Schüsse, und das beendete ein für alle Mal die friedliche Stille dieses neuen Tages.

Hays bemerkte auf einmal eine Bewegung hinter sich und wurde umgestoßen. Jemand verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht und wollte nochmals nachsetzen, aber Hays reagierte geistesgegenwärtig, drehte sich zur Seite und trat nach dem Gegner, der ganz plötzlich aufgetaucht war.

„Alarm!“, schrie er, so laut er nur konnte. „Hier drüben beim Corral!“

Derjenige, der ihn hatte bewusstlos schlagen wollen, stieß einen lauten Fluch aus, als er erkannte, dass sein Plan nicht funktioniert hatte. Er versetzte Hays einen gemeinen Tritt in den Unterleib und zog sich dann rasch zurück. Hays stöhnte, als er den Schmerz spürte, und blieb für einige Sekunden lang benommen am Boden liegen.

Hinter ihm am Corral wurden jetzt die Pferde hinausgetrieben. Plötzlich waren mehrere Reiter aufgetaucht, die mit lauten anfeuernden Rufen die Tiere in Galopp versetzten und sie in Richtung Südosten davontrieben. Und das Tragische daran war, dass es Captain Smith und seine Ranger nicht verhindern konnten, denn sie befanden sich gerade selbst unter heftigem Beschuss und konnten weder ihre Deckung verlassen, noch schafften sie es, die Halunken irgendwie aufzuhalten, die Pferdeherde zu stehlen.

Hays fluchte, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Er stand auf, nahm seine Rifle und zielte auf einen der Reiter. Aber er traf das anvisierte Ziel nicht, weil der Halunke sein Pferd gerade nach links dirigiert hatte und die Kugel aus der Rifle des jungen Texas Rangers somit keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Auch drüben im Camp zogen sich die Angreifer ganz rasch zurück, und Hays war klar, warum dem so war. Dieser Angriff auf das Camp hatte lediglich dazu gedient, die Ranger zu beschäftigen, damit sie erst viel zu spät mitbekamen, was in der Zwischenzeit drüben beim Corral geschehen war.

Als Hays zurück zum Camp eilen wollte, bemerkte er einen Körper im Gras. Es war einer seiner Kameraden, Abraham Goshay, den Captain Smith ebenfalls als Wachposten eingeteilt hatte. Auch er schien mit diesem Überfall nicht gerechnet zu haben und war hinterrücks niedergeschlagen worden. Wenigstens war er aber noch am Leben, und das war ein weiterer Beweis dafür, dass die Mexikaner niemals wirklich einen ernsthaften Kampf Mann gegen Mann im Sinn gehabt hatten. Ihr Interesse hatte einzig und allein den Pferden gegolten, und die hatten sie jetzt!

Hufschläge verhallten im Licht der aufgehenden Sonne, und die letzten Schüsse verstummten. Zurück blieb eine ziemlich schockierte und ratlose Rangertruppe, die buchstäblich von den Mexikanern vorgeführt worden war. Auch Hays war wütend darüber, dass man ihn ausgetrickst und er zu spät Alarm geschlagen hatte.

„Diese verdammten Hunde!“, brüllte Captain Smith außer sich vor Wut, als er sah, wie Jack Hays herbeigeeilt kam. „Warum haben Sie nichts bemerkt, Ranger Hays?“ Die letzten Worte klangen sehr vorwurfsvoll, und das konnte Hays natürlich nicht auf sich sitzen lassen.

„Ich habe etwas bemerkt, aber Goshay hat es nicht“, verteidigte er sich. „Er liegt noch da drüben. Man hat ihn niedergeschlagen. Ich habe ein Geräusch beim Corral gehört und wollte nachsehen, als mich plötzlich jemand von hinten ansprang und ebenfalls niederschlagen wollte. Dann fielen die Schüsse, und wahrscheinlich hat keiner mehr meinen Alarmruf mitbekommen.“