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Wo in der deutschen Bibel "Gott" steht, gibt es im Original viele unterschiedliche Namen, wie El, Elohim, El-eljon oder Jahwe. Daneben werden noch Aschera, Jahwes Frau, das goldene Kalb und die Kupferschlange, die alle auch noch im Tempel zu Jerusalem angebetet werden. Auch gibt es für das berühmte "Ich bin, der Ich bin" eine ganz einfach Erklärung. Weiter werden die Nephilim, Asasel, dem jedes Jahr zum Versöhnungstag geopfert wird, Asmodäus, Lilit und der Gottessohn Satan behandelt, ebenso wie fremde Götter, denen teilweise unter König Salomo sogar in Jerusalem eigene Tempel erbaut werden. Jahwe hat sehr viele unterschiedliche Erscheinungsformen: u.a. als Hochstapler, Eifersüchtiger, Schrecken, Unbestechlicher, Sklavenhalter, Arzt, Lügner, Betrüger, namenloser Raufbold und auch als reuiger Mensch. Die Persönlichkeit von Jahwe ist derart unterschiedlich, dass man von einem leider nicht ganz erfolgreichen Möchte-gerne-Schöpfergott vor der Sintflut, danach von einem zwielichtigen Vagabunden auf der Suche nach Bundesgenossen und zuletzt von einem unmenschlichen Diktator während des Auszugs sprechen muss. Mit diesem Ansatz zeichnet der Autor ein völlig neues aber in sich stimmiges allerdings erschreckendes Bild des angeblichen höchsten Gottes.
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Seitenzahl: 194
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Ich danke allen Menschen,
die dazu beigetragen haben,
dass dieses Buch erscheinen konnte.
Ich widme dieses Buch allen Menschen,
die sich nicht vorschreiben lassen wollen,
was sie glauben sollen.
1.
Jahwe und die Götter des Alten Testaments
1.1 Die Elohim
1.2 Der Gott Sems
1.3 El-eljon, der allerhöchste Gott
1.4 Adonai – der Herr
1.5 Beni ha Elohim – die Gottessöhne
1.6 Aschera – Jahwes Frau
1.7 Aschera – die Himmelskönigin
1.8 El – Gott oder die Macht
1.9 El-Bet-El – der Gott von Bet-El
1.10 Jahwe, Elohim und El sind nicht identisch
1.11 Jahwe, der Ewige, der Allmächtige, der Gott der Götter
1.12 Der Gott der Israeliten und der Hebräer
1.13 Wem gehört Jahwe eigentlich?
1.14 „Ich bin der ich bin“
1.15 Das goldene Kalb
1.16 Jah oder Jeh
1.17 Jahwes Engel
1.18 Jahwes Angesicht
2.
Sonstige Götter, Geister, Engel und Dämonen
2.1 Nahasch, die Paradieses-Schlange
2.2 Nehuschtan, die Schlange
2.3 Die Kerubim mit dem flammenden Schwert
2.4 Die Nephilim
2.5 Asasel, der böse Geist der Wüste
2.6 Bocksgeister und Dämonen
2.7 Asmodäus, der böse Geist
2.8 Lilit, das Nachtgespenst
2.9 Satan, der Engel des Verderbens
2.10 Satan, der Gottessohn
2.11 Die Engelshierarchien
2.12 Fremde Götter
3.
Jahwes Erscheinungsformen
3.1 Jahwe, der Gott Sems
3.2 Jahwe, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs
3.3 Jahwe, der namenlose Raufbold
3.4 Jahwe, der Ewige
3.5 Jahwe, der Totschläger
3.6 Jahwe, der Vollstrecker des Strafgerichts
3.7 Jahwe, der Größte aller Götter
3.8 Jahwe, der Allmächtige
3.9 Jahwe, der Herr über Herren
3.10 Jahwe, der Gott der Götter
4.
Jahwes Persönlichkeit und Charakter
4.1 Jahwe, der Überhebliche
4.2 Jahwe, der Größenwahnsinnige
4.3 Jahwe, der Hochstapler
4.4 Jahwe, der Eifersüchtige
4.5 Jahwe droht und verflucht
4.6 Jahwe verbreitet Furcht und Schrecken
4.7 Jahwes Zorn und Rache
4.8 Jahwe, der Böswillige
4.9 Jahwe, der Friedensstifter
4.10 Jahwe, der Mörder
4.11 Jahwe, der Völkermörder
4.12 Jahwe, der Unbestechliche
4.13 Jahwe, der Vergessliche
4.14 Jahwe, der Sklavenhalter
4.15 Jahwe, der Sklavenbefreier
4.16 Jahwes Aussehen
4.17 Jahwe, der Arzt
4.18 Jahwe, der Gottesmacher
4.19 Jahwes gebrochene Versprechungen
4.20 Jahwe, der Gesetzesbrecher
4.21 Jahwe, der Kulturvandale
4.22 Jahwe, der Lügner
4.23 Jahwe, der Betrüger
4.24 Jahwe, der Agent provocateur
4.25 Jahwe ist doch nur ein reuiger Mensch
5.
Jahwe im Laufe der Zeitepochen
5.1 Der Jahwe der Schöpfung und des Paradieses
5.2 Der Jahwe nach der Vertreibung aus dem Paradies
5.3 Der Jahwe der Sintflut
5.4 Der Jahwe des Turmbaus zu Babel
5.5 Der Jahwe von Abraham, Isaak und Jakob
5.6 Der Jahwe des Aufenthaltes in Ägypten
5.7 Der Jahwe der ägyptischen Plagen
5.8 Der Jahwe des Auszugs
5.9 Die Unvereinbarkeit der unterschiedlichen Jahwe-Erscheinungen
Abkürzungen
Jahwe ist ein wahrer Verwandlungskünstler, je nachdem, wo und wie er auftritt, nennt er sich anders und schmückt sich mit den unterschiedlichsten Attributen, allerdings ist er auch stolz darauf, dass praktisch keiner seinen wahren Namen kennt. In der Deutschen Übersetzung gehen viele der Feinheiten verloren, da fast überall einfach das Wort ‚Gott’ steht. Manchmal wird es allerdings auch mit Macht, Kraft, Allmächtiger und Herr übersetzt. Aber aufgepasst: Nicht überall, wo Gott draufsteht, ist Jahwe drin! Vielfach wird gerade in der Ur- und Frühzeit mit Jahwe geradezu ein Etikettenschwindel betrieben.
Beginnen wir mit unserer Untersuchung dort, wo das AT mit der Schöpfung der Welt beginnt. Dort ist allerdings von Jahwe weit und breit nichts zu sehen und zu hören, denn die allseits bekannte Erschaffung von Himmel und Erde bewerkstelligen andere, nämlich die Elohim.
(Gen 1,1) Im Anfang schuf Gott [elohim] Himmel und Erde.
Was hier im Deutschen mit Gott übersetzt ist, heißt im hebräischen Original »Elohim« und ist ganze eindeutig eine Mehrzahlform und bedeutet: Herrscher, Richter, Götter, Göttinnen, Gotteswerke, Gottähnliche oder göttliche Besitztümer. Dieses Wort Elohim kommt insgesamt 985-mal im AT vor.
Alleine aufgrund dieser Tatsache kann man eigentlich nicht mehr von einem Eingottglauben sprechen. Doch damit nicht genug.
(Gen 1,26) Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. (27) Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.
Es wird also hier ganz klar ausgesagt, dass die Götter [elohim] die Menschen als Mann und Frau erschufen, als ihr Abbild. Folglich gab es auch männliche und weibliche Götter unter den Elohim.
Danach segneten die Götter Mann und Frau und trugen ihnen auf, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren und die Erde untertan zu machen. Mit dem ersten Teil des Verses endet die sogenannte erste Schöpfungsgeschichte. Mit dem zweiten Teil dieses Verses beginnt die zweite Schöpfungsgeschichte:
(Gen 2,4a) Das ist die Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden.
(Gen 2,4b) Zur Zeit, als Gott, der Herr [Jahwe-elohim], Erde und Himmel machte.
Dort, wo im Deutschen »Gott, der Herr« steht, finden wir im Hebräischen erstmalig den Namen Jahwe in Verbindung mit Elohim. Dieses Wesen, das weiterhin als Jahwe-elohim aufscheint, hat offensichtlich keine Ahnung, was das Götterkollektiv, das sich nur schlicht und einfach Elohim nennt, in den ersten 35 Versen erzählt und gemacht hat, denn er erzählt die Story von der Erschaffung der Welt und des Menschen total anders, bzw. stellt sie so dar, als hätte er überhaupt erst den Menschen erfunden. Er beginnt mit der Erschaffung seines Menschens »Adam« – alleine und ohne Frau. Erst im Nachhinein kommen laut Jahwe die Pflanzen und Tiere dazu.
Damit sind wir aber wieder bei einem Grundproblem der Bibel angelangt, dass nämlich viele Stellen einander widersprechen. Wenn wir annehmen, dass diese Schrift wirklich von einem und nur einem einzigen Wesen (nennen wir es der Einfachheit halber Jahwe) inspiriert oder diktiert ist, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Jahwe an Gedächtnisschwund leidet, will man ihm nicht unterstellen, dass er absichtlich gegenteilige Aussagen eingebaut hat. Bei einer Klassenarbeit würde so etwas als schwerer Fehler betrachtet werden.
Gehen wir allerdings davon aus, dass verschiedene Teile des AT von verschiedenen menschlichen Autoren verfasst worden sind, die sich nur auf göttliche Inspiration berufen, um ihren Machwerken mehr Bedeutung zu verleihen, dann hat das AT aber nur den Stellenwert von Belletristik und sollten als solches gekennzeichnet und verkauft werden. Geschieht dies nicht, so ist das schlicht und einfach Täuschung der Kunden und damit eine Form von Betrug.
Kommen wir wieder zurück zum Gott der zweiten Schöpfungsgeschichte: Jahwe-elohim. Es wird allgemein behauptet, dass sein Name entweder »ich bin, der ich bin« bzw. Jahwe sei. Als nüchtern denkender Mensch des 21. Jahrhundert ist es für mich weder verständlich noch nachvollziehbar, dass sich eine Mehrzahl von Göttern selbst mit »ich« bezeichnet und sich als Kollektiv noch dazu einen Eigennamen gibt. Möglicherweise hat sich der Eloah (= Einzahl von Elohim) namens Jahwe von der Gemeinschaft der Elohim weggeschlichen, oder er wurde sogar aus der Gemeinschaft der Elohim ausgestoßen. Jedenfalls versucht er sein eigenes Süppchen zu kochen. Dazu hat er sich ein Volk ausgewählt, dem er seine Story erzählt. Um anerkannt zu werden, hat er diesem Volk geschmeichelt, indem er ihm weismacht, dass es das auserwählte Volk Gottes (welchen Gottes?) sei.
Offensichtlich gefällt es diesem kleinen, damals absolut unbedeutenden Nomadenstamm oder dessen Nachkommen, die als Sklaven in Ägypten ihr Dasein fristen, dass sie etwas Besonderes seien. Obwohl Jahwe die Versprechen, die er seinem Gottesvolk macht – wie ich gezeigt habe – bei weitem nicht einhalten kann, halten sie ihrem Idol die Treue und berufen sich heute noch auf ihr Auserwähltsein. Jeder Firmenchef, Herrscher oder General würde von seinen Untergebenen längst abgesetzt oder abgewählt werden, hätte er sich ähnlich verhalten wie Jahwe.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Jahwe so unendlich stolz auf seinen Namen ist, dass er nahezu sechstausendmal im AT genannt wird und dass er von seinem Volk sogar verlangt, dass nicht nur er, sondern auch sein Name alleine schon hochgehalten und nicht missbräuchlich verwendet werden soll. Dieser Kult der Namensverehrung wird im Laufe der Jahre derart übersteigert, dass um die Zeitenwende der Name überhaupt nur noch vom Hohepriester der Juden und nur mehr einmal im Jahr und nur noch im Allerheiligsten des Tempels ausgesprochen werden darf.
Aber nicht immer ist er so publicitygeil und egozentrisch auf seinen Namen fixiert, denn es gibt etliche Stellen, wo Jahwe sich nicht mit seinem Namen vorstellt, unter anderen Namen oder sogar anonym auftaucht.
Noach hat bekanntlich drei Söhne, Sem, Ham und Jafet. Ham selbst hat vier Söhne, Kusch (Äthiopier), Mizraim (Ägypter), Put (Libyer) und Kanaan. Erstaunlich ist, dass von Jahwe nie behauptet wird, er wäre ein Gott von Adam, Set, Enosch, Noachs oder irgendeinem anderen der vorsintflutlichen Urväter. Umgekehrt betrachtet aber auch Noach ihn nicht als seinen Gott, denn sonst hätte er ja alle drei Söhne seinem Gott unterstellen müssen. Nein, ganz im Gegenteil, Noach deklariert Jahwe einzig und alleine zum Gott Sems. Noch erstaunlicher ist aber, dass er Sem nicht die beiden anderen Söhne, Ham und Jafet, unterordnet, sondern nur einen seiner Enkel, Kanaan.
(Gen 9,24) Als Noach aus seinem Rausch erwachte und erfuhr, was ihm sein zweiter Sohn angetan hatte, (25) sagte er: Verflucht sei Kanaan. Der niedrigste Knecht sei er seinen Brüdern. (26) Und weiter sagte er: Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems, Kanaan aber sei sein Knecht. (27) Raum schaffe Gott für Jafet. In Sems Zelten wohne er, Kanaan aber sei sein Knecht.
Obwohl behauptet wird, dass Jahwe der Gott Sems und damit aller Semiten wäre, sprechen sowohl die Fakten, als auch die weiteren Erzählungen im AT dagegen, denn keiner der neun Söhne Sems bekennt sich zu Jahwe, und auch während der nächsten acht Generationen fehlt von Jahwe jede Spur. Es sieht eher danach aus, dass man diese Aussage, Sem betreffend, später eingefügt hat, um zu zeigen, dass Jahwe schon seit alters her der Gott der Vorfahren von Abraham, Isaak und Jakob ist. So scheint Jahwe als Gott Sems eher eine literarische Fiktion zu sein.
Für Juden wie für Christen ist der Gott des AT wenn schon nicht der einzige existierende Gott, so doch der höchste aller Götter. Liest man das AT aufmerksam durch, so stellt man ganz leicht fest, dass Jahwe nicht der allerhöchste Gott sein kann. Die folgenden Verse schildern dies ganz offensichtlich.
(Gen 14,18) Melchisedek, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester des Höchsten Gottes. (19) Er segnete Abram und sagte: Gesegnet sei Abram vom Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, (20) und gelobt sei Gott der Höchste, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat. Und Abram gab ihm den Zehnten von allem. (21) Der König von Sodom sagte zu Abram: Gib mir die Leute zurück, die Habe behalte! (22) Abram entgegnete dem König von Sodom: Ich erhebe meine Hand zum Herrn, dem Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde: (23) Keinen Faden und keinen Schuhriemen, nichts von allem, was dir gehört, will ich behalten. Du sollst nicht behaupten können: Ich habe Abram reich gemacht.
(Num 24,15) Und er begann mit seinem Orakelspruch und sagte: Spruch Bileams, des Sohnes Beors, Spruch des Mannes mit geschlossenem Auge, (16) Spruch dessen, der Gottesworte hört, der die Gedanken des Höchsten kennt, der eine Vision des Allmächtigen sieht, der daliegt mit entschleierten Augen: (17) Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel. Er zerschlägt Moab die Schläfen und allen Söhnen Sets den Schädel.
Dieser allerhöchste Gott wird im Original mit el-eljon bezeichnet. Der Gott Abrahams ist aber Jahwe-elohim oder in der Kurzfassung el-jehovah.
Die Faktenlage ist ganz offensichtlich. Wenn zwei Herrscher friedlich aufeinander treffen, dann wird der niederrangige dem höherrangigen huldigen und seinen Tribut abliefern. Da Abram Melchisedek den Zehnten von allem gibt, was er besitzt, ist klar, dass der König von Salem die mächtigere Persönlichkeit ist. Außerdem steht dezidiert geschrieben, dass Melchisedek der Priester des höchsten Gottes ist. Wenn jedoch Jahwe der höchste Gott war, dann wären beide Priester desselben Gottes gewesen, also Kollegen, dann wäre es unverständlich und sinnlos, dass einer dem anderen Tribut zollt.
Noch offenkundiger zeigt sich diese Unterordnung in den folgenden Versen:
(Dtn 32,8) Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest; (9) der Herr [jahwe] nahm sich sein Volk als Anteil, Jakob wurde sein Erbland. (10) Er fand ihn in der Steppe, in der Wüste, wo wildes Getier heult. Er hüllte ihn ein, gab auf ihn acht und hütete ihn wie seinen Augenstern, (11) wie der Adler, der sein Nest beschützt und über seinen Jungen schwebt, der seine Schwingen ausbreitet, ein Junges ergreift und es flügelschlagend davonträgt. (12) Der Herr [jahwe] allein hat Jakob geleitet, kein fremder Gott [el] stand ihm zur Seite.
Wenn Jahwe und El-Eljon identisch und gleichzeitig auch der höchste Gott wäre, dann wäre es einerseits verwunderlich, dass dieser Gott sich nicht die ganze Menschheit als „sein Volk“ genommen hat. Da sich aber Jahwe nur den Stamm Jakobs als „sein Volk“ genommen hat, geht daraus klar hervor, dass er sich für alle anderen Völkerschaften als nicht zuständig erachtet. Betrachten wir mal die Völkerschaften im Groben, so haben wir – nach biblischer Lesart – neben den Semiten die Hamiten und die Jafetiten. Zu den Semiten gehören viele, viele Völkerschaften, eine kleine davon sind die Kinder Abrahams. Obwohl Abraham angeblich Jahwe als seinen Gott betrachtet, betrachtet umgekehrt – wie wir gesehen haben – Jahwe nicht alle Kinder Abrahams als sein Volk. Jahwe kümmert sich nicht um die Ismaeliten, immerhin sind das die Nachkommen des Erstgeborenen von Abraham. Er kümmert sich auch nicht um die Nachkommen von Isaaks Erstgeborenen Esau, sondern nur um die des Zweitgeborenen Jakob. Noch kümmert er sich um die Nachkommen der sechs Söhne der Ketura, Abrahams zweiter Frau, noch um die Nachkommen der Nebenfrauen Abrahams.
Vermutlich hat Jahwe erst beim berühmten Kampf Jakobs mit Gott (Gen 32,23-33) versucht, Herrschaft über das Haus Jakob zu erlangen. Alles, was von der Zeit davor erzählt wird, ist offensichtlich rückwirkende Korrektur der Geschichte. Und aus diesem Kampf wollte Jahwe als Sieger hervorgehen, aber nicht einmal einen unbewaffneten Mann konnte er bei seinem Überraschungsangriff in der Nacht niederringen. Klar, dass Jakob keinen Anlass sah, sich diesem Wüstengeist unterzuordnen.
Wie wir in der Fortsetzung des sogenannten Liedes des Mose sehen, hielten sich Jakob bzw. sein Volk Israel nicht an die Gebote von Jahwe.
(Dtn 32,18) An den Fels, der dich gezeugt hat, dachtest du nicht mehr, du vergaßest den Gott [el], der dich geboren hat. (19) Da sah der Herr [jahwe], dass er geschmäht wurde von seinen Söhnen und Töchtern, die seinen Zorn erregten. (20) Und er sagte: Ich will mein Gesicht vor ihnen verbergen und dann sehen, was in Zukunft mit ihnen geschieht. Denn sie sind eine Generation des Aufruhrs, Söhne, in denen die Untreue sitzt. (21) Sie haben meine Eifersucht geweckt durch einen Gott [el], der kein Gott [el] ist, mich zum Zorn gereizt durch ihre Götter aus Luft - so wecke ich ihre Eifersucht durch ein Volk, das kein Volk ist, durch ein dummes Volk reize ich sie zum Zorn.
Auch hier bringt Jahwe ganz deutlich zum Ausdruck, dass er selbst nicht der Schöpfer von Adam bzw. indirekt von Jakob bzw. dem Volke Israel ist, denn er verwendet in Vers 18 das Wort „el“ für Gott. Im Vers 21 ereifert sich Jahwe schon wieder ob seines Konkurrenten „el“, den die Israeliten offensichtlich ihm vorziehen. Jedenfalls finden wir in den folgenden Versen einen wutschnaubenden, zornigen, hasserfüllten und eifersüchtigen Jahwe, der perfide Rachpläne gegen sein Volk schmiedet. Sein Verhalten erinnert mehr an die Reaktion eines pubertierenden Jungen, dessen Liebe von der Angebeteten verschmäht wurde, denn an das Verhalten eines fürsorglichen Vaters, geschweige denn eines über alle Zweifel erhabenen Gottes, und schon gar nicht eines Gottes, der der höchste aller Götter sein soll. Doch genießen wir diesen Wutausbruch im Originalwortlaut:
(Dtn 32,22) In meiner Nase ist Feuer entbrannt. Es lodert bis in die unterste Totenwelt, verzehrt die Erde und was auf ihr wächst und schmilzt die Fundamente der Berge. (23) Immer neue Not bürde ich ihnen auf, ich setze gegen sie alle meine Pfeile ein. (24) Sie werden ausgemergelt durch den Hunger, verzehrt durch die Pest und die verheerende Seuche. Den Zahn der Raubtiere lasse ich auf sie los, dazu das Gift der im Staube Kriechenden. (25) Auf der Straße raubt das Schwert die Kinder und in den Zimmern der Schrecken. Da stirbt der junge Mann und das Mädchen, der Säugling und der Greis. (26) Ich könnte sagen: Sie sollen nicht mehr sein, kein Mensch soll später noch an sie denken, (27) müsste ich nicht auch ihren Feind angreifen, der meinen Zorn erregt, ihre Gegner, die sich nicht täuschen sollen, die nicht sagen sollen: Unsere Hand ist erhoben, der Herr [jahwe] hat nichts von allem getan. (28) Doch diesem Volk fehlt es an Rat, ihm mangelt es an Verstand. (29) Wären sie klug, so begriffen sie alles und verstünden, was in Zukunft mit ihnen geschieht. (30) Wie kann ein einziger hinter tausend herjagen, und zwei zehntausend in die Flucht schlagen, es sei denn, ihr Fels hat sie verkauft, der Herr [jahwe] hat sie preisgegeben? (31) Doch der Fels unserer Feinde ist nicht wie unser Fels; das beweisen unsere Feinde. (32) Ihr Weinstock stammt von dem Weinstock Sodoms, vom Todesacker Gomorras. Ihre Trauben sind giftige Trauben und tragen bittere Beeren. (33) Ihr Wein ist Schlangengift und Gift von ekligen Ottern. (34) Liegt dies nicht bei mir verborgen, in meinen Vorratskammern versiegelt (35) bis zum Tag der Strafe und Vergeltung, bis zu der Zeit, da ihr Fuß wanken wird? Doch der Tag ihres Verderbens ist nah, und ihr Verhängnis kommt schnell. – (36) Ja, der Herr [jahwe] wird seinem Volk recht geben und mit seinen Dienern Mitleid haben. Er wird sehen: Jede Hand ist ermüdet, es gibt nur noch Unterdrückte und Hilflose. (37) Und er wird sagen: Wo sind ihre Götter [elohim]? Wo ist der Fels, bei dem sie Schutz suchten? (38) Die das Fett ihrer Schlachtopfer essen, die den Wein ihrer Trankopfer trinken - die sollen vortreten und euch helfen. Dieser Fels soll ein Schutzdach über euch sein.
Nachdem Jahwe sich mit diesen Sätzen so richtig hineingesteigert hat, wird er überheblich und maßt sich Weltenherrscherallüren an. Das klingt dann so:
Im Vers 43 findet sich weder im Original noch in den meisten deutschen Übersetzungen das Wort „Götter“. Offensichtlich haben katholische Bibelübersetzer als Fleißaufgabe die Götter der anderen Völker dem alttestamentarischen Gott huldigen lassen. In der revidierten Lutherbibel (1984) lautet die Stelle:
LUT (Dtn 32,43) Preiset, ihr Heiden, sein Volk; denn er wird das Blut seiner Knechte rächen und wird an seinen Feinden Rache nehmen und entsühnen das Land seines Volks!
Diese offensichtliche Ergänzung vermittelt mir den Eindruck, als wollte man aus christlicher Sicht die Mächtigkeit des alttestamentarischen Gottes dadurch stärken und erhöhen, dass sich vor diesem Gott klarerweise alle Götter aller anderen Völker niederwerfen, allerdings bedarf es erst eine dezidierte Aufforderung dazu. Freiwillig machen die anderen Götter dies nicht, und wahrscheinlich sind sie auch dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Ein weiterer deutlicher Hinweis darauf, dass die Elohim nicht identisch sind mit Jahwe, ergibt sich aus den Aussagen in Gen 9, wo Gott [elohim] den Bund mit Noah eingeht.
(Gen 9,5) Wenn aber euer Blut vergossen wird, fordere ich Rechenschaft, und zwar für das Blut eines jeden von euch. Von jedem Tier fordere ich Rechenschaft und vom Menschen. Für das Leben des Menschen fordere ich Rechenschaft von jedem seiner Brüder. (6) Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird durch Menschen vergossen. Denn: Als Abbild Gottes [elohim] hat er den Menschen gemacht.
Betrachten wir alle Stellen im AT, wo es um Mord, Krieg oder sogar Völkermord geht, da weiß Jahwe nichts von dieser oben zitierten Aussage. Ganz im Gegenteil, er fordert sein Volk auf zu töten, zu morden und ganze Völkerschaften zu vernichten, inklusive Frauen, Kinder und Greise. Offensichtlich sind die Elohim und Jahwe nicht identisch.
1.4 Adonai – der Herr
Adonai bedeutet einfach nur »Herr«. So spricht Sara ihren 89-jährigen Mann Abraham mit »Herr« an. Aber auch die Hethiter sprechen Abraham so an, als er von ihnen eine Grabstätte für Sara kaufen will. Auch sein Knecht spricht ihn so an. Aber auch Rahel spricht ihren Vater Laban so an. Interessanterweise nennt Jakob seinen Bruder, den er um das Erstgeburtsrecht und den Segen betrogen hat ganz unterwürfig Herr und sich selbst »ebed« also Diener bzw. Sklave.
(Gen 18,12) Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren? Auch ist mein Herr [adonai] doch schon ein alter Mann!
(Gen 23,6) Hör uns an, Herr [adonai]! Du [Abraham] bist ein Gottesfürst in unserer Mitte.
(Gen 24,9) Da legte der Knecht seine Hand unter die Hüfte seines Herrn [adonai] Abraham und leistete ihm in dieser Sache den Eid.
(Gen 31,35) Rahel aber sagte zu ihrem Vater: Sei nicht böse, mein Herr [adonai]!
(Gen 32,5) Er [Jakob] trug ihnen auf: Ihr sollt Esau, meinem Herrn [adonai], sagen: So sagt dein Knecht Jakob: Bei Laban habe ich mich aufgehalten und bin bis jetzt ausgeblieben.
An vielen Stellen finden wir den Doppelausdruck »Jahwe-Adonai«. Interessanterweise findet sich im folgenden Vers sogar zweimal der Ausdruck »adonai«, einmal auf Jahwe und einmal auf den Pharao bezogen.
(Gen 39,2) Der Herr [jahwe-adonai] war mit Josef, und so glückte ihm alles. Er blieb im Haus seines ägyptischen Herrn [adonai].