Die Hexenhammer-Chroniken, Band 2: Netsuke - Markus Kastenholz - E-Book

Die Hexenhammer-Chroniken, Band 2: Netsuke E-Book

Markus Kastenholz

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Beschreibung

In einer alternativen Realität: M’yri-El versucht sich mit Francine Lee zu arrangieren, die ihn gewaltsam in ein magisches Amulett gebannt hat. Mit Hilfe der Caralla ist es ihr in den letzten Jahren gelungen, die Kontrolle über das organisierte Verbrechen der Ostküste zu erlangen. Doch die Caralla werden immer unverschämter, sie will sich von ihnen lossagen – und weiß, das werden sie nicht zulassen. M’yri-El soll ihr dabei helfen.
Ihre erste Verschmelzung führt zu einem Blutbad – und der Cherub findet gewisses Gefallen daran, ist fasziniert von Lees Skrupellosigkeit.
Quentin hat inzwischen die Fährte aufgenommen, um M’yri-El zu befreien und zurückzuholen. Doch Lee schickt Killer aus, um ihn aufzuhalten.
Unerwartete Hilfe bekommt er von Vivian, ihrer Tochter. Vor Jahren hatte er den Auftrag, ihren Mann zu töten …

Der 2.Teil der »Die Hexenhammer-Chroniken« beinhaltet die Teile 4 bis 6.

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Markus Kastenholz

 

 

Die Hexenhammer-Chroniken

 

Band 2

 

Netsuke

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Neuausgabe

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer, 2024

Korrektorat: Thomas Albert

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau (OT), Gemeinde Oberkrämer. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv. Hiermit untersagen wir ausdrücklich die Nutzung unserer Texte nach §44b Urheberrechtsgesetz Absatz 2 Satz 1 und behalten uns dieses Recht selbst vor. 13.07.2023 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Die Hexenhammer-Chroniken 

Netsuke 

Vier 

Fünf 

Sechs 

Weitere Romane von Markus Kastenholz sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung 

 

Das Buch

 

 

In einer alternativen Realität: M’yri-El versucht sich mit Francine Lee zu arrangieren, die ihn gewaltsam in ein magisches Amulett gebannt hat. Mit Hilfe der Caralla ist es ihr in den letzten Jahren gelungen, die Kontrolle über das organisierte Verbrechen der Ostküste zu erlangen. Doch die Caralla werden immer unverschämter, sie will sich von ihnen lossagen – und weiß, das werden sie nicht zulassen. M’yri-El soll ihr dabei helfen.

Ihre erste Verschmelzung führt zu einem Blutbad – und der Cherub findet gewisses Gefallen daran, ist fasziniert von Lees Skrupellosigkeit.

Quentin hat inzwischen die Fährte aufgenommen, um M’yri-El zu befreien und zurückzuholen. Doch Lee schickt Killer aus, um ihn aufzuhalten.

Unerwartete Hilfe bekommt er von Vivian, ihrer Tochter. Vor Jahren hatte er den Auftrag, ihren Mann zu töten …

 

Der 2.Teil der »Die Hexenhammer-Chroniken« beinhaltet die Teile 4 bis 6. 

 

***

Die Hexenhammer-Chroniken

2. Band

 

Netsuke

 

Vier

 

Quentins gelangweilter Blick huschte durch die Autofenster nach draußen, an überfüllten Abfallcontainern vorbei die Wände entlang, die die schmale Gasse begrenzten, in der sein Mietwagen abgestellt war. Hier und da war ein Fenster über ihm erleuchtet, fahler Lichtschein drang durch die Scheiben und brach sich im Gestänge der Feuerleitern.

Zwei Tage waren nunmehr vergangen, dass er sich von Ahasvers im unterirdischen Labyrinth der Hexenhammer-Zentrale verabschiedet hatte. Er hatte auf Unterstützung gleich welcher Art verzichtet. Diese Angelegenheit musste er alleine regeln, das gebot ihm sein Stolz, den man auch Sturheit nennen konnte.

Nur in einem hatte er gern das Angebot des Hexenhammers, ihn zu unterstützen, angenommen: Der Privat-Jet hatte ihn binnen kürzester Zeit in die Nähe von Boston, Massachusetts, gebracht. Ansonsten hätte Quentin einen AMTRAK-Zug nach New York nehmen und dort umsteigen müssen. Nur mit dem Auto zu fahren, wäre noch langsamer gewesen. Doch sowohl der Zug als auch eine Linienmaschine waren für Quentin nicht in Frage gekommen, aus einem einfachen Grund: Sowohl sein Schwert als auch die Walther PPK wären niemals unbemerkt durch die Kontrollen gekommen. Und was er jetzt am Wenigsten gebrauchen konnte, das waren Schwierigkeiten mit den Sicherheitsbehörden.

Gleich am Flughafen hatte er sich einen Mietwagen genommen, einen blauen Chrysler. Als er dafür bezahlte, wurde er von der Blondine hinterm Tresen mit großen, erstaunten Augen angestarrt. Wahrscheinlich war er der erste Kunde seit Jahren, der nicht seine Kreditkarte gezückt hatte. Er zahlte in bar. Und vermutlich war er auch der erste Kunde seit Jahren gewesen, der mit einem großen, länglichen Paket in dem Büro erschien und behauptete, dies sei eine Oboe.

Schon als er auf Logan Airport völlig durchgeschüttelt aus dem kleinen Jet gestiegen war, hatte er es bemerkt: Boston!

Nicht allzu lange hatte er hier gelebt, und doch war ihm die Stadt noch immer ans Herz gewachsen. Fast wie im Schlaf fand er sich auf den Straßen zurecht, während er direkt den Stadtteil Roslindale ansteuerte. Ohne Navigationssystem, das brauchte er nicht. Es war, als wäre er erst gestern hier gewesen, fand er die vertrauten Details von Neuem und machte sich abermals mit ihnen bekannt.

Überstürzt war er nicht weggezogen, nein, er war geflohen, entsann er sich. Wie ein geprügelter Hund war er weggelaufen. Auf und davon, weg von Francine Lee und vor ihrer Rache. Dass er letztlich in San Francisco gelandet war, hatte weder etwas mit dem Flair dieser Stadt zu tun gehabt, noch mit der Tatsache, dass dort der Hexenhammer eine seiner Zentralen unterhielt. Damals hatte er noch gar nicht geahnt, dass es etwas wie den Hexenhammer überhaupt gab. Quentins Gründe waren pragmatischer gewesen: San Francisco war eine der am weitesten von Boston entfernten Städte innerhalb der Vereinigten Staaten.

Ohne den vermasselten Auftrag damals, spukte es ihm durch den Kopf, wäre Boston vermutlich immer noch sein Zuhause gewesen. Er konnte nichts dafür. Ein Splitter seines Gewissens schien noch nicht abgestorben zu sein, und der verbot es ihm nun einmal, Frauen umzubringen.

Mit einem rotorangefarbenern Himmel zwischen den Häusern brach allmählich der Abend herein; versuchte die Nacht, ein schwarzes Cape über das Land zu legen. Die Rechnung ging freilich nicht auf, mittlerweile war es in bewohnten Gebieten nachts kaum weniger hell als am Tag. Reklametafeln, Autoscheinwerfer und Straßenlaternen sorgten für Lichtemissionen, die jedem Astronom kalte Schauder über den Rücken jagten. Der Lärmpegel stand dem in nichts nach.

Unruhig veränderte er seine Sitzposition. Schon seit über einer Stunde wartete er in der Seitengasse von Roslindale auf Jack Wyszinsky.

Falls Quentin seit seinem unehrenhaften Ausschluss aus dem Marine-Corps je Freunde gehabt hatte: Wyszinsky war ihm einer gewesen. Jedenfalls was man so leichtfertig »Freund« nannte. Als Krimineller und Auftragskiller hatte man keine wirklichen Freunde, jeder war sich selbst der Nächste. Wyszinsky hätte Quentin ohne mit der Wimper zu zucken ans Messer geliefert, sobald ein gutes Kopfgeld auf ihn ausgesetzt war. Ebenso wie Quentin ihn.

Jedenfalls bis vor zwei Jahren, als sein Leben aus den Angeln gehoben worden war.

Tatsache war aber auch: Wyszinsky hatte ihm damals, bei seiner Flucht, einen Wagen mit falschen Papieren und falschem Ausweis besorgt. Zwar maßlos überteuert, aber darauf kam es nicht an. In der Not fraß der Teufel bekanntlich Fliegen. Tatsache war ebenfalls: Wäre Wyszinskys Hilfe bekannt geworden, es hätte seinen sicheren Tod bedeutet. Selbst heute noch, da man vorschnell annahm, es sei längst Gras über die Sache gewachsen. Gelegentlich kam aber ein Kamel des Wegs und fraß es ab. Zwei Jahre waren nicht lange genug, etwas komplett zu vergessen.

»Du?«, hatte der zur notorischen Fettleibigkeit neigende Mittfünfziger mit Komplettglatze gefragt, als Quentin vor seiner Haustür aufgetaucht war. Seinen kleinen Schweinsäuglein betrachteten ihn ungläubig, die vier Kinne unter seinem Mund schienen nervös zu zucken. »Du bist doch tot, haben sie gesagt.«

»Die Gerüchte über mein Ableben sind stark übertrieben«, zitierte er Mark Twain mit einem Grinsen. Er wartete die Antwort des Polen nicht ab, sondern schob sich burschikos zwischen ihm und dem Türrahmen ins Haus. Quentin stand nicht der Sinn nach großer Unterhaltung. Er wollte weder seine Lebensgeschichte zum Besten geben, noch die von Wyszinsky hören.

Damals, zu seinen Boston-Zeiten, hatte der Pole ein nicht ganz legales Unternehmen geführt. Im- und Export. Oder was sich eben »Im- und Export« nannte und meist nur ein Deckmantel für unsaubere Geschäfte war: Er ließ Autos stehlen, lieferte sie an Diktatoren oder Warlords in Dritte-Welt-Länder und tauschte sie gegen Drogen für die süchtigen Nasen reicher Stützen der Gesellschaft. Von einem Teil des Geldes, das er damit verdiente, bezahlte er wiederum die Burschen, die für ihn die Karossen klauten, frisierten und umlackierten.

Mittlerweile hatte sich seine Situation grundlegend geändert, wusste Quentin nicht erst seit gestern, als er sich die Zeit genommen hatte, sich im Internet schlau zu machen. Mittlerweile wurden nahezu sämtliche illegale Geschäfte an der Ostküste zentral kontrolliert. Sämtliche kleine oder größere Ganoven waren von Francine Lee gedrängt worden, sich entweder unterzuordnen oder in Rente zu gehen. Andernfalls würden sie es bereuen. Natürlich hatten viele sich geweigert, angenommen, dies sei ein Bluff, überhebliches Gerede. Lee war nur ein kleiner Fisch, der das Maul aufriss und sich aufplusterte. Keiner von ihnen hatte es überlebt.

Immerhin, der Bungalow des Polen war exquisit, und auch die noble Einrichtung ließ darauf schließen, dass er nicht für eine Mahlzeit in Downtown auf der Straße musizieren musste. Allerdings fiel Quentin die Abwesenheit von Leibwächtern auf. Früher war er immer mit einer Karawane unterwegs gewesen, um sein ungemein wichtiges Leben zu beschützen. Die Zeiten hatten sich also wirklich drastisch geändert. Inzwischen war Wyszinsky in den Ruhestand gegangen – und das gewiss nicht freiwillig. Aber immerhin, er durfte die Luft noch immer mit seinem übelriechenden Atem verpesten.

»Wie kann das sein?«, hörte Quentin ihn fragen, während der sich umständlich eine Zigarette anzündete. »Du … du solltest doch den Papst umlegen, nicht? Vor … vor zwei Jahren etwa hab ich das gehört. Kurz, nachdem du hier die Flatter gemacht hast. Einer von diesen Typen in diesen schwulen Kostümen soll dir das Hirn aus dem Schädel geblasen haben …«

»Denkst du ernsthaft, ich lass’ mich von jemandem in Pluderhosen abknallen?« Ungebeten setzte er sich auf das Sofa im Wohnzimmer. Kein langes Drumherumgerede, er wollte es schnellstens hinter sich bringen: »Wo ist Francine?«

»Francine?« Er zuckte mit den Achseln, als kenne er keine Francine.

»Muss ich dich zweimal danach fragen und dir nächstes Mal eine Kugel ins Knie jagen? Oder hättest du’s lieber, wenn sie erfährt, dass du mir damals geholfen hast?«

Wyszinsky wurde nervös, er schwitzte wie ein Schwein. Ihm war zumute, als begegne ihm ein Geist, und gewissermaßen traf das auch zu. Von seiner einstigen Abgebrühtheit war wenig geblieben, seitdem Francine Lee ihm sowohl Zähne als auch Krallen gezogen hatte.

»Das würdest du doch nie tun …« Sein Blick verriet, dass er selbst nicht an diese Worte glaubte. Ihm war klar: Quentin würde das sehr wohl tun. Das und noch viel mehr, falls es nötig war.

»Dann raus damit, wo sie ihren faltigen Arsch verborgen hält. Ich weiß, inzwischen hat sie sich die ganze Ostküste unter den Nagel gerissen. Viele Paten sind entweder spurlos verschwunden oder wurden tot aufgefunden. Bestialisch zugerichtet, einige davon halb aufgefressen. Als wolle man ein Zeichen setzen und den anderen sagen, wenn sie nicht klein beigeben, blüht ihnen das gleiche.« Er hätte sein Schwert gegen ein drei Tage offenes Bud gewettet, sie hatte dabei Hilfe aus der Hölle gehabt. »Du lebst noch, Fettsack – also musst du dich mit ihr arrangiert haben.«

»Was hast du mit Francine zu schaffen?« Die Stimme des Polen bebte, seine Hände zitterten. Er wagte es kaum, Quentin anzusehen und wagte es ebenfalls nicht, ihn nicht anzusehen. »Nach so langer Zeit …«

»Sie hat mir etwas geklaut.« Mehr musste er nicht wissen. Er hätte es ohnehin nicht verstanden.

»Und du willst es zurückhaben?« Sein Lachen ähnelte dem Bellen eines Kettenhunds. »Vergiss es! Sei froh, dass du noch lebst.« Seufzend kam er Quentin hinterher und ließ sich schwerfällig in einen Sessel fallen, was dessen Federn mit einem Kreischen quittierten. »Balthasar, ich geb’ dir einen freundschaftlichen Rat, und diesmal ist er gratis: Lass deine Finger von ihr.«

»Geht leider nicht.«

»Sie hat Helfer.« Die Stimme des Polen war ein mysteriöses Flüstern geworden. Er transpirierte jetzt noch stärker. »Mächtige Helfer. Damals, als sie mir befohlen hat, meine Geschäfte hinzuschmeißen und alles ihr zu übergeben, da kam sie nicht allein. Ich hab Dinge bei ihr gesehen …« Vielsagend winkte er ab. »Das kannst du dir nicht vorstellen!«

Und ob er es sich vorstellen konnte! Er hatte schon mehr als eines jener »Dinge« getötet.

»Helfer … nicht von dieser Welt.« Hart schluckte er.

Seine Vermutung war richtig gewesen. »Dämonen?«

Wyszinsky fuhr sichtlich zusammen. Quentin hatte den Nagel mitten ins Gesicht getroffen. »Woher …?«

»Lass’ das ebenfalls mein Problem sein.«

»Aber …«

Mit einer Geste wischte Quentin jeglichen Einwand hinfort. »Ich muss nur wissen, wo Francine ist. Sie wohnt doch bestimmt nicht mehr in ihrer Villa in West Roxbury?«

»Nein, tut sie nicht«, bestätigte er. »Schon ewig nicht mehr. Aber ich kann’s dir wirklich nicht sagen.«

»Kannst du nicht, oder willst du nicht?«

»Ich kann nicht!«

»Aber du kannst es herausfinden.«

Keine Antwort. Ein wenig schuldbewusst sah Wyszinsky auf seinen Bauch, über dem sich das Hemd spannte – Quentin lag goldrichtig.

»Warum, verdammt, lässt du die Vergangenheit nicht endlich ruhen?« Er klang verärgert.

Als wäre das so einfach … Quentin hätte sich rechtfertigen können, es sei nicht seine Schuld, dass es zu alldem gekommen war. Doch dem war nicht so. Er hatte damals die Vereinbarung nicht eingehalten und letztlich versagt.

Francine Lee war die Tochter einer japanischen Mutter und eines chinesischen Vaters. Vor allem aber war sie alles andere als zimperlich, was ihre Methoden anging. Mehr als einmal hatte sie das unter Beweis gestellt. Gerüchte besagten, ihr erstes Opfer sei ihr eigener Vater gewesen, dessen Opiumkartell sie dadurch übernahm. Keine sehr große Organisation – jedoch ausbaufähig. Das ideale Fundament, um aufzubauen. Vor drei Jahren, da hatte sie nicht nur das hiesige Chinatown regiert, sondern halb Boston inklusive der elitären Nasen von Harvard und dem M.I.T.

Er selbst, Quentin, war neu in der Stadt gewesen. Unehrenhafte Entlassung aus dem Marine-Corps. Irgendein findiger Journalist hatte herausgefunden, weshalb es einige argentinische paramilitärische Verbände plötzlich nicht mehr gab. Selbstverständlich gab der zuständige Politiker nicht zu, dass er den Einsatz der biochemischen Waffen angeordnet hatte. Dafür mussten die Soldaten, die so dämlich gewesen waren, den Befehl auszuführen, ihren Kopf hinhalten. Angeblich hatten sie eigenmächtig gehandelt. Egal … Quentin war nicht mehr nachtragend, er hatte jenem Politiker kurz darauf einen nächtlichen Besuch abgestattet, den dieser nicht überlebt hatte. Kein Grund mehr, sauer zu sein, sie waren quitt.

Er hatte Geld gebraucht und seine Dienste angeboten. Außer zu töten, hatte er nie etwas gelernt, dieses Handwerk allerdings zur höchsten Präzision perfektioniert. Und für einen potentiellen Killer fand sich in der Unterwelt der Ostküste immer ein Platz. Er sollte Francine Lee beweisen, was er konnte. Gegebenenfalls würden weitere gutbezahlte Aufträge folgen, möglicherweise sogar eine Festanstellung bei ihr. Er hatte beschlossen, es darauf ankommen zu lassen.

Ihr Problem war ihre eigene Tochter Vivian, damals neunzehn Jahre alt und bis über beide Ohren verknallt – ausgerechnet in Dino Lorenzos Sohn Toni. Eine Allianz zwischen zwei Syndikaten mochte manchem Paten interessant erscheinen; die Lorenzos schienen nichts dagegen zu haben. Lee dafür umso mehr! Weshalb, dass erschloss sich Quentin nicht ganz und hatte ihn auch nie interessiert. Er hatte nur abzudrücken, mehr nicht.

Er sollte beide töten. Ein Auftrag, den er allein des Geldes wegen angenommen hatte. Er war fast pleite, er brauchte das Geld. Außerdem konnte es nicht schaden, sich einen gewissen Ruf zu schaffen. Und eine Festanstellung bei einem zuverlässigen Arbeitgeber – das war auch nicht schlecht.

Doch er hatte versagt. Vielleicht weil es diesmal keinen General gab, der den Mord zu verantworten hatte. Vielleicht war er auch einfach zu weich, er wollte das nicht generell ausschließen. Toni Lorenzo vom Flachdach eines Hauses aus eine Kugel in den Kopf und danach eine weitere ins Herz zu jagen, war ihm etwa so leicht gefallen wie in der Nase zu bohren.

Vivian in dessen Begleitung abzuschießen – keine Chance. Irgendwie hatte er Skrupel in sich verspürt, obwohl er zuvor der Ansicht gewesen war, dieses Gefühl kenne er nicht. Für mindestens eine Minute hatte der flimmernd rote Punkt des Laserzielsystems seines AWF auf der schluchzenden Frau über ihrem toten Geliebten geruht. Quentins Zeigefinger war nervös geworden, hatte abdrücken und sie ihm hinterherschicken wollen.

Er konnte es wirklich nicht.

Für Geld zu morden war eine Sache. Schon darauf war er nie besonders stolz gewesen. Eine Frau umzubringen hingegen eine ganz und gar andere. Vielleicht war er altmodisch, vielleicht auch weniger professionell, als er annahm, doch wenn er schon je gezwungen sein würde, eine Frau zu töten, dann in einem fairen Zweikampf. Keine Unschuldige, die ihm nichts getan hatte und erst recht nicht aus der Ferne wie ein fettfeister Jäger vom Hochsitz aus, der auf alles knallte, was ihm vor die Flinte geriet, um sich in kaminwarmen Winternächten damit zu brüsten.

Der Rest war Geschichte, und wenngleich es eine überstürzte Flucht für ihn bedeutet hatte, bereute er nichts.

Die Silhouette eines übergewichtigen Mannes, der in der Gasse auftauchte, riss Quentin jäh aus seinen Gedanken. Automatisch wanderte seine Hand zur Pistole in seinem Schoß.

Inzwischen war sie sein einziger Schutz geworden. Die Shàrá-an-Klinge lag auf dem Rücksitz. Ohne den Cherub in Quentin war sie nur ein Schwert. Ein außergewöhnliches Schwert zwar, wie es kein zweites auf der Welt gab. Trotzdem nur ein Schwert, ohne überirdische Macht und lediglich geführt von einer profanen Menschenhand. Lediglich ein Ritual, das M’yri-El und er vollzogen hatten, kurz nachdem dieser sein Herz als neue Heimstatt auserkoren hatte, machte sie überhaupt für die körperliche Welt sicht- und greifbar. Andernfalls wäre sie ebenso sphärisch geblieben wie ihr Besitzer.

Es mochte Wyszinsky sein, der sich ihm da näherte, vielleicht aber auch nicht. Er sollte verflucht sein, wenn er zu vertrauensselig war …

Zielstrebig kam die Gestalt auf ihn zu.

---ENDE DER LESEPROBE---