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Geburt einer Horror-Serie: YUGA-TOTH
In einer nahen Zukunft werden in Argentinien die Rinderherden dezimiert. Jede Nacht werden mehr Tiere abgeschlachtet – und ihnen fehlt jegliches Blut. Grund genug für den Polizisten Corelli, zu ermitteln. Er holt sich besondere Hilfe: Charon, den letzten reinblütigen Vampir, der seine große Liebe gefunden hat und als Schriftsteller Erfolge feiert. Von den Menschen will er nicht viel wissen, doch da Corelli ihn erpresst, willigt er schließlich ein. Das Phänomen hat schnell einen Namen: Chupacabra („Ziegensauger“), ein Fabelwesen, das des Nachts das Vieh der Bauern anfällt.
Gleichzeitig stehen auch im fernen Rom die Zeichen auf Sturm. Die Ritterin des Michaelsordens, Rebecca, spürt sie. Und sie weiß, sie irrt sich nicht, als ein mysteriöser Fremder ihre Vermutung bestätigt und ihr ein Schwert überlässt, um das drohende Böse damit zu bekämpfen.
Es dauert nicht lange, da erreichen die Chupacabras auch Europa.
Und sie sind nicht allein …
Das Böse gibt seinen wahren Namen preis: YUGA-TOTH!
Auftaktband LOVECRAFTS GRAB.
Verfasst von einem Autor, der vor Einfällen nur so sprüht: Markus Kastenholz in Bestform!
Die bizarrste Endzeit-Reihe aller Zeiten – ein Geheimtipp! Der bekannte Horror-Autor MARKUS KASTENHOLZ lässt es krachen. Die Reihe umfasst bisher drei Bände, die einen in sich geschlossenen Ersten Teil bilden. Weitere Bände sind in Vorbereitung!
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Markus Kastenholz
YUGA TOTH
-Das Auge der Finsternis-
Band 1
Lovecrafts Grab
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, mit einem Motiv von Steve Mayer by eedebee (KI), 2024
Korrektorat: Maria Altberg
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Yuga-Toth
Lovecrafts Grab
Asche zu Asche
1. Kapitel
1
2
3
2. Kapitel
4
5
3. Kapitel
6
7
8
4. Kapitel
9
10
11
5. Kapitel
Der Mann aus Providence
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
Epilog
Weitere Romane von Markus Kastenholz sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Geburt einer Horror-Serie: YUGA-TOTH
In einer nahen Zukunft werden in Argentinien die Rinderherden dezimiert. Jede Nacht werden mehr Tiere abgeschlachtet – und ihnen fehlt jegliches Blut. Grund genug für den Polizisten Corelli, zu ermitteln. Er holt sich besondere Hilfe: Charon, den letzten reinblütigen Vampir, der seine große Liebe gefunden hat und als Schriftsteller Erfolge feiert. Von den Menschen will er nicht viel wissen, doch da Corelli ihn erpresst, willigt er schließlich ein.
Das Phänomen hat schnell einen Namen: Chupacabra („Ziegensauger“), ein Fabelwesen, das des Nachts das Vieh der Bauern anfällt.
Gleichzeitig stehen auch im fernen Rom die Zeichen auf Sturm.
Die Ritterin des Michaelsordens, Rebecca, spürt sie. Und sie weiß, sie irrt sich nicht, als ein mysteriöser Fremder ihre Vermutung bestätigt und ihr ein Schwert überlässt, um das drohende Böse damit zu bekämpfen.
Es dauert nicht lange, da erreichen die Chupacabras auch Europa.
Und sie sind nicht allein …
Das Böse gibt seinen wahren Namen preis: YUGA-TOTH!
Auftaktband LOVECRAFTS GRAB.
Verfasst von einem Autor, der vor Einfällen nur so sprüht: Markus Kastenholz in Bestform!
Die bizarrste Endzeit-Reihe aller Zeiten – ein Geheimtipp! Der bekannte Horror-Autor MARKUS KASTENHOLZ lässt es krachen. Die Reihe umfasst bisher drei Bände, die einen in sich geschlossenen Ersten Teil bilden. Weitere Bände sind in Vorbereitung!
***
- Das Auge der Finsternis –
Band 1:
Ein viertes Königreich wird auf Erden sein,
das von allen anderen Königreichen verschieden sein wird.
Es wird die ganze Erde auffressen
und sie zertreten und sie zermalmen …
Es führt gegen die Heiligen Krieg und besiegt sie …
Und in jener Zeit wird der heilige Michael auftreten,
der große Fürst, der für die Söhne seines Volkes auftritt.
Es wird eine Zeit der Bedrängnis sein, wie sie noch nie gewesen ist,
seitdem irgendeine Nation entstand bis zu jener Zeit.
Buch Daniel, Kapitel 7 Vers 23
*
Argentinien, Pampa
21. Mai 2016, 23:19 Uhr
Laut vernehmlich blies Carlos Moosgruber hellen Zigarettenrauch hervor; fast so heftiger Rauch wie vor knapp drei Wochen, als im fernen Rom ein neuer Papst gewählt worden war. Nicht, dass es Moosgruber sonderlich interessiert hätte, er war bekennender Atheist – er hatte es jedoch zur Kenntnis genommen.
Der Rauch stieg hoch und verflüchtigte sich in den nächtlichen Himmel der unendlich erscheinenden Pampa, den riesigen Weidegründen, die Argentinien wie eine grüne Lunge mit grünen Venen und Adern durchzogen.
Ihm war elend zumute. Letzte Nacht hatte er kaum geschlafen und sich stattdessen ruhelos von einer Seite auf die andere gewälzt. Normalerweise war das nicht weiter ärgerlich, die Zeit für ein Nickerchen fand sich fast immer, auch tagsüber. Als schlimm empfand er es hingegen, dass er ausgerechnet heute zur Nachtwache eingeteilt war. Keine Frage, es wäre ihm ein Leichtes gewesen, zum Arzt nach Arias zu fahren und sich krankschreiben zu lassen. Jeder andere hätte das getan. Und wenn man den richtigen Arzt aufsuchte, konnte man auch im vornherein damit rechnen, krankgeschrieben zu werden. Immerhin – wenn der eine Arzt sich weigerte, ging man zu einem anderen …
Doch besonders zum jetzigen Zeitpunkt wäre es Moosgruber wie Feigheit vorgekommen, diesen Schritt zu gehen. Nein, das durfte er nicht, sein Ehrgefühl hätte dagegen rebelliert. Da musste er durch, sosehr ihm auch der Sinn der bewaffneten Wachen nicht ganz einleuchtete und sosehr er auch der festen Überzeugung war, diese Aufgabe war nicht Teil des Jobs, für den er bezahlt wurde.
Er gähnte. Im Lagerfeuer vor ihm zuckten hohe, wilde Flammen bei jedem leichten Windzug, der durch die kleine Unendlichkeit der Pampa zog. Monströse Schatten streiften um das kleine Camp. Schatten, die allmählich lebendig zu werden und sich zusammenzurotten schienen, um sich auf die fünf Peones zu stürzen, sobald ihre Wachsamkeit nachließ. Natürlich bildete er sich das nur ein; obwohl er fast sein ganzes Leben in der Pampa verbracht hatte, hatte sie nichts an ihrer Faszination und gleichzeitigen Bedrohlichkeit verloren.
Gelegentlich ertönte gelangweiltes Muhen des Viehs; von Weitem erscholl der Ruf eines Nachtvogels. Nicht zu vergessen das ohrenbetäubende Schnarchen seiner drei Kameraden aus dem Zelt hinter ihm. In ihren Schlafsäcken konnten sie sich noch eine Stunde ausruhen, dann lag es an ihnen, sie abzulösen.
Moosgrubers nachdenklicher, versonnener Blick wanderte nach rechts zu Domingo. In dem großen, zottelig-schwarzen Tier hatten sich so viele Hunderassen vereint, dass selbst ein erfahrener Züchter nicht den Stammvater erkannt hätte. Der Kopf des Hundes ruhte schlaff auf den Beinen. Dennoch waren seine Instinkte hellwach, schien er den Blick auf seinem Fell zu spüren und sah ihn prompt fragend an. Als keine Reaktion folgte, entspannte sich der Hund wieder, ohne wirklich zu schlafen.
Humorlos lachte der Peone auf, während sein Blick weiter auf dem Feuer ruhte.
Ihre bewaffnete Nachtwache sollte weitere Übergriffe am Vieh verhindern. Seit einigen Wochen wurden bereits tote Rinder aufgefunden, fast jeden Morgen. Manchmal handelte es sich nur um einige wenige, doch es wurden von Mal zu Mal mehr. Vorgestern waren es schließlich dreiundzwanzig Stück gewesen. Nicht ausschließlich aus dem riesigen Bestand von Donna Maria, auch die anderen Viehbarone der Gegend mussten Verluste hinnehmen. Das fiel zwar kaum ins Gewicht, doch wie hieß es so treffend? Wehret den Anfängen …
Keiner konnte auch nur erahnen, wie hoch die Ausfälle ansteigen mochten, deshalb war es allemal besser, lieber zu früh als zu spät darauf zu reagieren. Zumal die Tiere weder eines natürlichen Todes gestorben waren, noch waren sie von einem bekannten Raubtier geschlagen worden. Die tiefen Biss- und Krallenwunden, die sich in den toten Kühen fanden, passten nicht zur hiesigen Fauna, weder zu ihren Zähnen, noch zu ihren Klauen. Dagegen sprach ebenfalls, dass die Tiere nicht gefressen, nicht einmal angefressen worden waren. Der oder die Täter schienen sie auf den ersten Blick nur aus purer Freude umgebracht zu haben – nicht, um den Hunger zu stillen.
Cattle Mutilation, hatte ein dämlicher Zeitungsreporter diese Vorkommnisse in seinem regionalen Blättchen genannt. Das hatte nur eines zu bedeuten: Er war mit seinem Latein ebenfalls am Ende und hatte deshalb tief in der pseudowissenschaftlichen Literatur gekramt. Angeblich sollte es oben in den USA zu ähnlichen Viehverstümmelungen wie hier gekommen sein. Die angeblichen Täter: Außerirdische!
Dessen Artikel zufolge entfernten die angeblich immer wieder Tieren mit skalpellartigen Werkzeugen innere und äußere Organe, um damit gentechnische oder sonstige Experimente durchzuführen. Aber das war kein Wunder. Außerirdische mussten immer dann herhalten, wenn man nicht mehr weiter wusste. Das hatte seine Gründe: Man konnte der Allgemeinheit hervorragend das eigene Versagen schönreden; die Ergebnislosigkeit war nicht in der eigenen Unfähigkeit begründet, sondern beruhte auf übernatürlichen Kräften, die man nicht beeinflussen konnte.
Moosgruber grinste in sich hinein und warf seine kaum gerauchte Zigarette in hohem Bogen davon; die Kippe traf einen großen Stein, zerschellte daran und fiel funkensprühend zu Boden.
Außerirdische … schüttelte er mitleidig den Kopf, nur für sich allein. Wo auch immer es die geben mochte, falls sie überhaupt existierten … Was sollten die ausgerechnet hier in der Pampa? Die Burschen, die das ernsthaft behaupteten, hatten definitiv zu viel fern oder zu tief ins Glas gesehen. Denn warum zur Hölle sollten die die Kühe grausam niedermetzeln und zumindest die Kadaver als Spuren hinterlassen? Die hatten gewiss weitaus effizientere Möglichkeiten, die toten Kühe verschwinden zu lassen. Vielleicht völlige Auflösung, vielleicht beamten sie sie auch auf Nimmerwiedersehen in ein Schwarzes Loch.
Moosgruber verdächtigte eher Wölfe, die aus einem privaten Zoo geflohen waren. Oder auch einige große Raubkatzen wie Tiger. Einige Reiche, die nicht mehr wussten, wohin mit ihrem vielen Geld, hielten sich exotische Tiere zur Belustigung. Nicht ganz legal, aber hier scherte das niemanden, erst recht nicht die Polizei, die für ein Bündel Dollar gern nicht nur ein Auge zudrückte, sondern gleich beide. Wenn es auf ungeklärte Weise einigen jener Tiere gelang, auszubrechen, so war das für deren Besitzer bestenfalls Grund genug, beim nächsten Tierfänger neue zu bestellen. Auf eigene Faust würde sie wahrscheinlich keiner jagen und zurückbringen lassen.
Außerdem hatte Moosgruber selbst einige der toten Kühe in Augenschein genommen. Skalpellartige Schnittstellen hatte er nicht entdeckt, auch keine entfernten Organe. Dafür fehlte ihnen fast das gesamte Blut.
Abermals blickte Domingo auf, leise knurrte er. Nun vernahm auch Moosgruber die leisen Schritte hinter sich. Es war kein Grund für ihn zu erschrecken, stattdessen wandte er sich um.
Im Flammenlicht zeichnete sich die Silhouette eines großen, hageren Mannes ab, der sich ihm seufzend näherte. Er trug Poncho und Hut, ebenso wie Carlos. Nur das Gewehr mit Laserzieloptik fehlte.
„Verdammter Locro“, knirschte Rodriguez. Ein Ausdruck von tiefster Qual hatte sich in sein Gesicht eingemeißelt, während er den Hund kurz im Nacken kraulte und sich dann neben ihm niederließ. Rodriguez’ skeptischer Blick wanderte hinüber zu dem Topf, in dem sich die Reste ihrer Abendmahlzeit befanden, die Variante eines hiesigen Eintopfs. Selbst jetzt noch verströmten sie ein penetrantes Aroma, das ihn allein beim Gedanken, es gegessen zu haben, erneut schlecht werden ließ. „Man sollte Gonzalez dafür vierteilen.“
Moosgruber lachte krächzend. Gonzalez war einer ihrer Kameraden, er hatte das Teufelszeug gekocht. Er war noch ein junger Mann, dies war seine erste Anstellung, und da er behauptet hatte, er könne kochen, hatten sie sein Angebot, für das Abendessen zu sorgen, gern angenommen. Was sie nicht bedacht hatten: Gonzalez war Mexikaner und kochte generell auf der Grundlage von Chili. Eigentlich kochte er fast ausschließlich Chili! Ein derart scharfes Essen vertrug kein argentinischer Magen, ohne dagegen zu rebellieren.
Wohl wissentlich hatte sich Moosgruber gar nicht erst darauf eingelassen. Seine Großeltern waren von Österreich nach Argentinien ausgewandert, und die deutschsprachigen Auswanderer hatten vorwiegend untereinander geheiratet. Seine Mutter war gebürtige Deutsche, nur er hatte sich in der Familie unbeliebt gemacht, denn seine Frau war Italienerin. Jedenfalls war sein Magen noch weitaus empfindlicher als der argentinische Durchschnittsmagen. Er hatte sich mit einigen belegten Broten begnügt, und selbst der Hund hatte es vorgezogen, sich ein Kaninchen zu jagen, als den Topf zu leeren.
Breit griente er Rodriguez an und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie elendig es auch ihm ging, wenngleich aus anderen Gründen.
„Scheiße.“ Demonstrativ rieb sich sein Kamerad den Magen. „Wird höchste Zeit, selbst kochen zu lernen … Aber wozu ist man eigentlich verheiratet?“
„Dann müsstest du deine Frau mitnehmen. Könnte für uns ganz spaßig werden, wenn ich es mir recht überlege …“ Erneut grinste er, doch es fiel alles andere als begeistert aus.
Und auch Rodriguez ging es zu schlecht, um sich wirklich zu amüsieren.
Auch gut, sagte sich Moosgruber und widmete sich seiner eigenen Qual. Eigentlich wollte er nur eines: schlafen. Mindestens acht Stunden lang wollte er nichts hören und nichts sehen, weder das Schnarchen der anderen, noch das Sirren von Stechmückenflügeln, während das Ungetier auf ihm landete. Jetzt drohten ihm bei jeder Gelegenheit die Augen zuzufallen, und sein Kopf fühlte sich an wie in Watte gepackt.
Soeben wollte er nach seinem Tabakbeutel und den Blättchen greifen, um sich abzulenken – da erstarrte er in seiner Bewegung. Er hatte etwas gehört.
„Was ist?“ Rodriguez kannte ihn lange genug, um die Veränderung an ihm zu bemerken.
Keine Reaktion. Stattdessen horchte Moosgruber, sandte er all seine vom Leben in der freien Natur geschärften Sinne aus und absorbierte die Impressionen begierig wie ein Schwamm.
Das Zirpen der Grillen im hohen Gras … das monotone Schnarchen aus dem Zelt, das fast alles übertönte … Domingos Schnaufen … das sporadische Muhen des Viehs in der Nähe … Insekten, die vom Feuer angelockt wurden und knisternd darin verglühten …
Doch da war noch etwas!
Ganz deutlich vernahm er es, ohne es identifizieren zu können. Ein Laut in der Ferne, den er nicht bestimmen konnte, sosehr er sich auch den Kopf darüber zerbrach, worum es sich handeln mochte. Ein Laut, der ihm fremd war und der ihn beunruhigte.
„Hörst du das?“, wollte er von Rodriguez wissen, und seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern mit einem hektischen, beunruhigenden Unterton.
„Ich höre gar nichts außer meinem verdammten Magen, der …“
„Pscht!“, fuhr er ihm ärgerlich ins Wort und konzentrierte sich weiter auf ihre Umgebung.
Ja, kein Zweifel. Etwas war wirklich da draußen. Mit jeder Sekunde verstärkte sich dieser Eindruck in ihm, und wie von ungefähr langte seine Hand zur Seite, bekam sein Gewehr zum Greifen und zog es an sich. Vorsichtshalber, er hatte keine Ahnung, was sie erwartete. Es war auch weniger das, was er mit seinen Ohren hörte, als vielmehr was er fühlte …
Seltsamerweise jetzt erst bemerkte es endlich auch der Hund. Irgendetwas stimmte hier nicht. Aufmerksam sah Domingo auf und reckte sich, kam flink auf die Füße. Seine Nackenhaare stellten sich auf, leises Knurren entrang sich seiner Kehle, und seine Muskeln spannten sich wie eine Bogensehne, die einen tödlichen Pfeil abschießen wollte.
Auch das Vieh wurde nun plötzlich unruhig, und diese Nervosität griff auf Moosgruber schneller über, als ihm recht war. Er hatte sich also doch nicht getäuscht. Das Blöken der Rinder häufte sich und nahm kontinuierlich zu. Immer mehr Tiere scharrten erregt mit den Hufen.
Endlich konnte er deutlicher hören, was seine Aufmerksamkeit geweckt hatte, wenngleich er es sich weiterhin nicht erklären konnte: Es war ein seltsames Rauschen, fast als würde sich eine Windbö in einem Sonnenschirm verfangen. Nein, korrigierte er sich rasch, es hörte sich anders an. Fast wie … Nein, schüttelte er insgeheim den Kopf und registrierte kaum, wie er aufstand, das Gesicht weiterhin in die Dunkelheit hinaus gewandt. Nur seine Hände machten sich selbständig: Sie entsicherten das Gewehr.
„Weck’ die anderen“, entschied er, fast wie in Trance.
Rodriguez kannte ihn als verantwortungsbewussten Menschen, dem Schlaf heilig war. Grundlos hätte Moosgruber diesen Befehl nicht gegeben, es musste etwas dran sein. Widerspruchslos eilte er zum Zelt und verschwand darin.
Das Rauschen wurde jetzt unentwegt lauter, schwoll an und wurde schließlich zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen, das niemand mehr überhören konnte.
Nicht nur das Vieh schrie wie toll, auch Domingo begann nun lauthals zu bellen. Grimmig bleckte er die Zähne und zog die Lefzen hoch. Er war jederzeit bereit, sich auf den unbekannten Angreifer im Dunkeln zu stürzen, ganz gleich, um wen es sich handeln mochte.
Wie versteinert stand Moosgruber da, verfolgte das immer näher kommende Geräusch und begriff endlich, wonach es sich anhörte: flappende Schwingen!
Er bekam keine Gelegenheit, darüber nachzudenken. Hinter ihm ertönte ein klatschender Laut. Er fuhr herum und entdeckte im Zwielicht des Lagerfeuers und der Schatten pechschwarze, schemenhafte Konturen, die zu einem Körper gehörten. Soeben bahnte sich diese Kreatur einen Weg durch die Zeltplane und drang ins Innere ein.
Rodriguez und die drei anderen Peones schrien gellend auf. Das Timbre ihrer Stimmen lag irgendwo zwischen Angst, Überraschung und Entsetzen.
Für Moosgruber, der viel zu überrascht war, um irgendetwas zu tun, außer im Schock dazustehen, hatte es den Anschein, als schlage der unbekannte Eindringling ungestüm um sich. Zwei Schüsse wurden abgefeuert, doch es war weder klar, wer geschossen hatte, geschweige denn, ob jemand – oder wer – getroffen wurde.
Der Hund kläffte nun so laut, als stünde er Satans leibhaftigen Horden gegenüber. Nichts hielt ihn mehr auf seinem Platz. Er schnellte los, direkt auf das Zelt mit den anderen Peones zu. Ob Domingo etwas ausrichten konnte, ob er es überhaupt erreichte – Moosgruber kam nicht dazu, es zu verfolgen.
Ein Grollen erscholl, übertönte das durchdringende Rauschen und ließ ihn erneut herumfahren.
Er blickte geradewegs in ein kohleglühendes Augenpaar und in nagelgroße, elfenbeinern blitzende Zähne inmitten eines tumben schwarzen Molochs.
Sein Herz schien auszusetzen. Er war kein Soldat, nur ein einfacher Viehhirte, der zwar mit einer Waffe umzugehen verstand, jedoch über keinerlei militärische Ausbildung verfügte.
Noch bevor er auch nur daran denken konnte, sein Gewehr hochzureißen, geschweige denn abzudrücken, spürte er an seiner Kehle einen unmenschlichen Schmerz.
Cordoba, Argentinien
22. Mai 2016
„Charon?“
Der stämmige Mann unbestimmbaren Alters in einem grauen T-Shirt, grauen Jogginghose und Strümpfen reagierte nicht.
Er schien völlig in seine Arbeit vertieft zu sein, lichtjahreweit von der Realität entfernt, während seine Finger über die altmodische Computertastatur hasteten und sein starrer Blick den Monitor fixierte. Er verzichtete auf die Computer mit Spracherkennung, das sei „neumodischer Schnickschnack“, behauptete er. Nur mühsam sei es ihm erst vor einigen Jahren gelungen, auf Computer umzusteigen, und seine Finger seien schneller als seine Zunge.
Leises Klappern erfüllte den Raum, ein unregelmäßiger Rhythmus, deutlich schneller als ein Herzschlag. Fast hektisch …
Demonstrativ stemmte Elisabetha die Fäuste in die Hüften. Es war jedes Mal dasselbe, wenn ihr Mann hier im Keller ihres Hauses schrieb. Geradezu begraben zwischen hohen Regalwänden, in denen sich mehr Bücher türmten, als man in einem Menschenleben lesen konnte, schien dann nur noch sein Körper hier zu sein. ‚Schreibmodus‘, nannte er das und war für ihn vermutlich nur eine Ausrede, in seiner eigenen, von ihm selbst erdachten Welt zu versinken und die Realität zu vergessen. Gott zu sein in seinen Fantasien. Personen erschaffen, mit ihnen tun und lassen, wonach ihm war – und sie notfalls auch sterben zu lassen. Wenn er schrieb, dann schrieb er wirklich und tat nichts anderes. Keine Briefe beantworten, nicht essen, nicht trinken, nicht schlafen … Sogar ihr Liebesleben litt deutlich darunter. Wenn er sich im Schreibmodus befand und die Welt unterging, dann ohne ihn.
Zum Glück schrieb er nicht immer.
„Schatz!“ Ihre Stimme wurde lauter und auch ein wenig schärfer.
Erneut keine Reaktion von ihm. Sie hasste das!
„Schatz!“
„Ja?“
Na endlich!
Unmutig wischte sich Charon zwei widerspenstige Haarsträhnen aus der Stirn, als erwache er nur sehr zaghaft aus seiner Trance. Momentan machte er ganz und gar nicht den Eindruck eines nahezu unsterblichen Wesens, das des Nachts besser sah als eine Eule, besser hörte als ein Luchs und sich sogar schneller bewegte als ein Gedanke, wenn es sein musste. Momentan wirkte er einfach nur müde. Nicht körperlich, sein Körper brauchte keinen Schlaf. Wohl aber sein Geist, und der war seit mindestens zweiundsiebzig Stunden non-stop in DIE EWIGE NACHT, seinen neuen Roman, vertieft.
Automatisch griff Charons rechte Hand zur Tasse neben sich. Er führte sie zum Mund und nippte daran, um seine Lippen zu befeuchten. Angewidert verzog er das Gesicht. Der Espresso war längst kalt geworden. Eigentlich mochte er ohnehin keinen Espresso, nur hasste er den hierzulande so beliebten Matetee noch mehr, da zog er das kleinere Übel vor.
Selbst er konnte nicht rund um die Uhr menschliches Blut trinken, so schmackhaft und nährstoffreich es auch sein mochte und sosehr es auch seine Vitalität beflügelt hätte. Doch dazu hätte er sich vermutlich einige Exemplare der Spezies Homo sapiens sapiens halten, züchten und regelmäßig anzapfen. Diese Idee war illusorisch. Hier im Keller befand sich sein Arbeitszimmer und seine Bibliothek. Nicht genügend Platz für die Käfige …
„Was ist?“ Fahrig sah er auf, und jetzt erst entdeckte Elisabetha, dass sein Gesicht eingefallen war, dicke dunkle Ränder um die Augen drückten aus, wie elend ihm zumute sein musste. Glücklicherweise musste sie sich darüber keine Sorgen machen, er regenerierte sich immerzu ausgesprochen schnell.
„Oben ist Besuch für dich“, sagte sie. Ihre blauen Augen blitzten auf, ihr dunkles Haar umfloss ihre Schultern.
„Jetzt?“, wollte er wissen. „Ich bin im Schreib…“
„Bist du neuerdings der Papst, dass du Audienztermine vergibst?“
„Hör’ mir mit dem auf …“ Abwinkend stellte er die Tasse wieder hin.
„Esist Commissario Corelli …“ Sie hasste Momente wie diese, in denen sie sich vorkam wie ein kleines Mädchen. Vielleicht erinnerte es sie nur daran, dass sie das mit ihren dreiunddreißig Jahren im Vergleich zu ihm auch war. Umso schmerzhafter war es für sie.
„Corelli?“ Knurrend speicherte Charon den Text ab und fuhr den Computer herunter.
DIE EWIGE NACHT musste warten – vorerst! Es gab wenig, das er mehr verabscheute, als seine Arbeit zu unterbrechen, besonders wenn er in den letzten Kapiteln angelangt war und alles auf den unvermeidlichen Showdown hinauslief. Wahrscheinlich würde es ewig dauern, bis er wieder ins Geschehen eintauchen konnte, doch irgendwie würde er auch das schaffen.
Blitzschnell stand er plötzlich auf seinen Füßen, hatte er sich aus seinem schweren Bürosessel hinauskatapultiert und kam hinter dem wuchtigen Schreibtisch im Kolonialstil hervor: geschmeidig wie eine hungrige Raubkatze, die sich ihrer Beute näherte. Wenngleich er die letzten vierzehn Jahre ein vermeintlich beschauliches Leben führte, hatte sein Körper wenig von der Eleganz verloren, die eine der auffallendsten Wesenszüge seiner Rasse war.
„Was will denn der hier?“, wollte er wissen, und Unmut darüber, gestört zu werden, war aus seiner Stimme herauszuhören. „Der sollte doch in der Pampa Geister jagen …“
„Wahrscheinlich geht’s genau darum“, vermutete sie mit leuchtenden Augen, die er am liebsten trunken geküsst hätte.
„Meinst du?“ Fragend hob er eine Braue.
„Sieht ganz so aus. Natürlich habe ich ihn gefragt … und ebenso natürlich hat er es mir nicht sagen wollen. Das sei großes Staatsgeheimnis …“ Aufmunternd zwinkerte sie Charon zu. „Tja … mein über alles geliebter Ehegatte war ja leider so unvorsichtig, vor Corelli zuzugeben, dass er älter ist, als in seiner Geburtsurkunde steht. Jetzt hat er dich in der Hand und kann mit dir tun und lassen, was er will …“
„Genau wie du“, lächelte er verschmitzt, um dann wieder ernst zu werden: „Er hat nun mal leider rausgefunden, dass mit meinen Papieren einiges faul ist“, knurrte Charon achselzuckend; niemand ärgerte sich darüber mehr als er, der es gewohnt war, unabhängig zu sein. „Als er mich dann auf einem Foto bei Gettysburg, beim Civil War, entdeckt hat und ich seitdem scheinbar keinen Tag älter geworden bin …“ Er seufzte. „Was hätte ich denn tun sollen?!“
„Dasselbe was du zu Gettysburg-Zeiten mit jemandem getan hättest, der hinter dein Geheimnis gekommen ist.“
Charon bleckte die Zähne zu einem wölfischen Grinsen. Für einen Augenblick, während er seiner Frau einen Kuss auf den Hals hauchte, hätte er sich gewünscht, zusammen mit ihr für einen kurzen Moment in der Vergangenheit zu verweilen und sich verklärt als ‚gute, alte Zeit’ an sie zu erinnern. Mühsam überwand er sich und beließ es bei dem einen Kuss, obwohl alles in ihm nach mehr verlangte. Kein Wunder nach einem dreitägigen Schreibmodus, in dem auch das auf der Strecke geblieben war.
Außerdem musste er sich duschen und umziehen, in diesem Aufzug wollte er sich niemandem zeigen, der nicht ohnehin all seine Geheimnisse kannte.
Die alten Zeiten waren ohnehin vorüber, und Elisabetha bedauerte das vermutlich sogar, obwohl oder gerade weil sie die alten Zeiten nicht miterlebt hatte. Ob sie gut gewesen waren, wagte Charon zu bezweifeln. Indem man sie nur mit kleineren Schäden an der eigenen Seele überstanden hatte, neigte man rasch dazu, sie zu verklären.
Die neue Identität, die er damals angenommen hatte, als Elisabetha und er sich entschieden hatten, ein Paar zu werden, bot hingegen auch unbestrittene Vorteile: Mittlerweile rauchte er sogar nicht länger wie ein Schlot, was er vorwiegend ihr zu verdanken hatte, auch wenn es ihm gesundheitlich nicht schadete: Sein Organismus regenerierte sich schneller, als er rauchen konnte. Darüber hinaus machte er seitdem unter dem Namen ‚Charles Winthers‘ Furore als Schriftsteller: Historischer Horror. Er war den Top-Sellern in den Listen dicht auf den Fersen, und er wäre noch erfolgreicher gewesen, hätte er sich nicht so dicht an die Realität und an seine eigenen Erfahrungen gehalten. Das bedeutete, dass durchschnittlich jedes zehnte seiner Bücher auf dem Index landete, eben weil es schonungslos realistisch war.
Sein Agent in Boston war bei einigen Szenen zwar einem Schreikrampf nahe, eben weil er ahnte, dieser Roman würde nicht in den normalen Regalen der Buchläden liegen, sondern nur ‚unterm Tisch‘ verkauft werden, doch vorsorglich hatte sich Charon eine Vertragsklausel einarbeiten lassen, dass er Inhalte nur in gegenseitiger Absprache änderte. Er konnte mit den indizierten Büchern sehr gut leben und konnte sie finanziell auch verschmerzen: Sie waren für ihn beste Werbung!
Besser man sprach schlecht von ihm als überhaupt nicht.
*
„Tut mir wirklich leid, Sie zu stören“, meinte Adrian Corelli, als Charon nach einer erfrischenden Dusche und mit nach Waschmittel duftender Kleidung das Wohnzimmer betrat. Das Wohnzimmer lag im Erdgeschoss der kleinen Villa am Rande von Cordoba, die er und Elisabetha gekauft hatten, um dort ein ruhiges Leben zu führen, solange nicht einer von beiden starb. Die Wahrscheinlichkeit, dass das nicht Charon sein würde, lag hoch.
Der Kripo-Beamte Ende vierzig schoss von der Ledercouch hoch, auf der er es sich nicht wirklich gemütlich gemacht hatte. Er kam zwei Schritte auf ihn zu, sodass sie sich die Hand geben konnten.
Corellis Händedruck war fest. Schon bei seiner ersten Begegnung mit ihm hatte Charon das an ihm geschätzt, ohne dass sie deshalb freilich Freunde geworden wären. Nicht nur diese Tatsache verhinderte, dass sie auf unterschiedlichen Seiten standen, sondern auch ihr Pakt. Aber wenigstens respektierten sie sich.
„Tun Sie sich keinen Zwang an“, meinte Charon und bot dem dunkelhaarigen Mann mit grauen Schläfen und Schnauzer wieder den Platz an, den dieser bereits mit seinem Hintern angewärmt hatte. Daneben, ebenfalls auf der Couch, lag ein Aktenkoffer, den der Beamte dort platziert hatte.
Das fiel Charon sofort auf. Er war es gewohnt, auf sämtliche Details zu achten, und das lag nicht nur an seinem neuen Schriftsteller-Beruf, diese Eigenart war ihm schon früher zuteil gewesen. Dementsprechend entging es ihm auch nicht, dass der Commissario schwitzte: vermutlich die Aufregung. Nicht jeden Tag saß er mit einem leibhaftigen Blutsauger zusammen.
Charon selbst ließ sich müde in den Ohrensessel fallen und schlug die Beine übereinander. Er war wirklich müde, die Dusche hatte nicht die geringste Abhilfe geschaffen, sondern ihn nur noch schlapper gemacht. Nun, da der Schreibprozess unterbrochen war, machte sich der Raubbau bemerkbar, den er die letzten drei Tage mit seinem Körper betrieben hatte.
Abwartend berührten die Fingerspitzen der einen Hand die der anderen; er ließ Corelli im eigenen Saft schmoren, ohne ihn auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er musterte ihn mit seinen dunklen Augen wie die Spinne, die die Fliege mit den Worten begrüße „Willkommen in meinem Netz.“
Quälend lange Sekunden saßen beide schweigsam so da. Charon beschloss, ihm entgegenzukommen, auch wenn er es vermutlich bereuen würde:
„Ich hoffe, Sie haben einen triftigen Grund für Ihren Besuch, Commissario.