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Das Festspiel "Die Kinderzeche" wurde vor 125 Jahren als Gesamtkunstwerk konzipiert. Eine Stadt spielt sich selbst. Quellentexte und Bildmaterial bieten eine facettenreiche, 550-jährige Geschichte des Immateriellen Kulturerbes. Die Glaubensspaltung der Bürgerschaft führte zu miteinander konkurrierenden katholischen und evangelischen Schulzechen. Die Evangelische Kinderzeche entwickelte sich zum historisierten Umzug und einem Bürger- und Volksfest. Die älteren Darstellungen der Kinderzeche ab 1897 enthalten nur wenige Seiten zum Werdegang und beinhalten tradierte Irrtümer. Nun liegt eine Gesamtdarstellung einschließlich des Festspiels bis heute vor.
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Seitenzahl: 158
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D´ Dinglschbiller Kinderzech
Vorweg
Was heißt „Kinderzeche“?
Allerlei Vermutungen
Die Wahrheit kam spät ans Licht
Die Stadt stiftet einen Umzug
Die Latein- und Chorschüler ziehen vor 550 Jahren um
1475 Eine Anfrage aus Nürnberg
1475 Antwort der Reichsstadt Dinkelsbühl
Die Reformation beendet den liturgischen Umzug
Die Stadt wird katholisch
Die evangelische Lateinschule
ist
geschlossen
Es begann mit einer katholischen Lateinschulzeche
Beginnt die katholische Lateinschulzeche schon 1552?
Die Lateinschulzeche wird 1610 erkennbar
Das Beweisjahr 1629
Einschneidende Folgen des Kaiseredikts
Ein Pfarrbrief aus Halsbach an den Rat
1629 Der Eintrag der katholischen Stipendiatenpflege
1629 Der Eintrag der katholischen Kirchenpflege
Bei den evangelischen Schweden gab es keine Zeche
Die katholische Lateinschulzeche ist wieder da
1635 Eintrag der katholischen Kirchenpflegerechnung
1635 Eintrag der katholischen Stipendiatenpflegerechnung
Es gab auch eine katholische Kinderzeche
Ab 1646 dürfen die „armen Spitalkinder“ mitzechen
Die katholischen Schulkinder zechen
Die Katholiken feiern in ihren Schulen
Die Katholische Kinderzeche klingt 1816 aus
Die Kinderzechkleidung der Stipendiaten
Unsere Kinderzeche ist evangelisch
Ein Kind der Parität
Unsere Kinderzeche wird 1654 als Kirchenfest geboren
Schulvisitation und Kinderzeche
Die kirchlichen Schulzechen werden städtisch
Die Stadt nimmt die Zechen unter ihre Fittiche
Magister Buttersack will das Zechgeld sparen
Jetzt zahlt die Stadtkammer beide Zechen
Eine städtische Festidee: Schützenfest und Kinderzechen
Die Evangelische Kinderzeche wird ein „historisches“ Bürger- und Volksfest
Wie die Legende vom Kinderbittzug entstand
um 1700 Ein Umzug mit Gesang
um 1700 Die Mädchen ziehen aktiv mit
um 1700 Tanzen und Musizieren gehören dazu
1833 Die Bittlegende wird offizielle Wahrheit
1862 Die Stadt wird nun im „Schicksalsjahr“ 1632 gerettet
Anmerkungen zur Gablersche Chronik
1897 Das Festspiel erschafft eine schöne neue „Wahrheit“
Der Umzug wird historisch
1748 Ein bewaffnetes evangelisches Friedensfest
Die Knaben kostümieren sich kriegerisch
Der Kleine Obrist
Christoph von Schmid erzählt
Das Karmeliterkloster wird Schulhaus
Der Obristenspruch
1822 Der Kleine Obrist deklamiert und singt
1824 Der erste Obristenspruch
1848 Der Obristenspruch bezieht sich auf das Schicksalsjahr
1863 Der Obristenspruch erhält die heutige Fassung
Die Hymne „Schallet heute, Jubellieder“
Ihre Vorläufer
1824 Ein großer Wurf
Die Kleinen Stadtsoldaten
um 1800 Keine prächtige Montur
1809-1847 In der Bayerischen Landwehruniform
1848-1896 In Schwedenuniform
Von den Tambours zur Schwedenmusik
nach 1748 Als erstes kamen die Trommelbuben
1788 Es entstand ein Spielmannszug mit Pfeifern
1803 Jede Schule hatte ihren Tambour
1848 Schwedenuniform für die Knaben
1856, 1863 Der Tambourmajor tritt auf
Die Knabenkapelle
1868/69 Eine Kinderzechmusik wird gegründet
1885 Das Ensemble
1897 Die heutige Knabenkapelle
Musikkapellen zur Kinderzeche
1803 Eine Türkische Musik ist dabei
1854, 1860 Die Stadt zahlt die Musik
Stadtpatriotische Gedichte bereiten den Weg zum Festspiel
1824 Sei uns gegrüßet herrlicher Tag (Autor unbekannt)
1826 Jubelgesangs für die Volksjugend (Nottnagel)
1829 An Dinkelsbühl (Autor unbekannt)
1848 (1862/1863) Fest-Spruch (Unold-Zangmeister)
1856 Gedicht (Sauter)
1862 Zum Kinderzech-Fest (Autor unbekannt)
1862/1863 Obristenspruch (Unold-Zangmeister)
1867 Kinderzechlied (Buff)
1895 Erste Kinderzeche zu Dinkelsbühl (Oechsler)
Kinderzeche und Kommerz
Ein Fest für Erwachsene
1662 Schützenfeste mit Kinderzechen
1703 Ein Hauptfest der Bürgerschaft
1732 Ein Erwachsenenfest
um 1775 Bereits großer Andrang
1818 Ein Jahrmarkt gehört dazu
1848 Die Verwaltung regelt den Markt
Präsente und Kinderzechgucke
vor 1700 Geschenke bei der Katholischen Kinderzeche
1737 Geschenke bei der Evangelischen Kinderzeche
1737 Die evangelischen Bürger_innen geben Geschenke
1848 Geschenke sollen nicht in den Umzug gereicht werden
um 1864 Die Kinderzech-Gucke wird Brauch
Hedwig Neeser erinnert sich an das erste Festspiel 1897
Beschreibungen des Kinderzech-Schulfests
Ein Reisebericht von L. B. Junker (1788)
Die Gablersche Chronik/Unold-Zangmeister (um 1800)
Erinnerungen von Christoph von Schmid um 1780
Aus dem Tagebuch von J. M. Metzger (1803, 1804)
Die Allgemeine Königlich-Baierische Vaterlandskunde (1807)
Anweisungen der Dinkelsbühler Obrigkeit (1848)
Ein Geheft von Lehrer Georg Speidel (1889)
Chronik des 19. Jahrhunderts
1800; 1801 und 1802; 1803
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1804
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Der Umzugsweg 1803
;
Der Umzugsweg 1804; 1805; 1806; 1807; 1809; 1812; 1813; 1814; 1815; 1816; 1817
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Der Umzugsweg 1816; 1818; 1821; 1822; 1823; 1824; 1825; 1826; 1829; 1830; 1832; 1833; 1834; 1839; 1840
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Der Umzugsweg 1839
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Der Umzugsweg 1840; 1844; 1845; 1848; 1851
;
Der Umzugsweg 1856; 1856; 1857; 1858; 1862; 1864; 1865; 1866; 1868; 1869; 1870; 1871; 1873; 1874; 1876; 1882
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um 1885; 1894; 1895; 1896; 1897; 1899.
Gesamtkunstwerk „Die Kinderzeche“
Vom Zug der Chorschüler zum Kulturerbe
Der Weg zum Festspiel
Pfarrer Albrecht schreibt ein Festspiel
Kritik eines Redakteurs
Ludwig Stark entwirft ein Gesamtkonzept
Die Knaben erhalten eine Rokokomontur
Wie Dramaturg Ludwig Starks Festspielaufführung entstand
Ludwig Starks Gedanken zu seinem Volksschauspiel
Die Stadt übernimmt das „Historische Festspiel Kinderzeche“
Manchmal musste die Festspielaufführung ausfallen
Die Ouvertüre von Kreß (Farnbacher, Gebhard)
Die Festspieldichtung „Die Kinderzeche“
Es treten auf: Ratsherren und ein Mädchen mit ihrer Kinderschar
I. Im Sitzungssaal des „Kleinen Rats“ im alten Rathaus (Schrannensaal)
II. Übergabe der Stadt und Sperreuths Einzug (Nachspiel am Altrathausplatz)
Eine Stadt spielt
Das Heimatfest wuchs und wuchs
Ein Zeughaus für die Kostüme
Wie sich der Festzug wandelte
Vom liturgischen Mitziehen über den Schulausflug zum Festzug
Die Haupttage des Festspiels sind am Sonntag und Montag
Die Kleine Kinderzeche am Dienstag ist der eigentliche Haupttag der Kinderzeche
Am Kinderzechmittwoch ist Kindertag
Der Umzugsweg in den ersten Jahrzehnten nach 1897
Die Reihenfolge im ersten Historischen Festzug 1897
Der 100. Historische Festzug im Jahr 1997
Neuerungen auf dem Weg zur heutigen Kinderzeche
Die Historischen Gruppen luxurieren
Die Tänze
Die Reigen der Schulkinder
Die Zunftreigen
Die Schweden lagern vor der Stadt
Auftakt und Zapfenstreich
Kinderzechgedenkhäuser
Altrathausplatz Nr. 10
Bauhofstraße Nr. 13
Turmgasse Nr. 1
Dr.-Martin-Luther-Str. Nr. 1
Allerlei Missgeschicke beim Festspiel
Vor der Zech´
Beim Umzug
Auf der Bühne
Beim Nachspiel
Im Schwedenlager
Schnegganudla-Rezept
Alphabetisches Literatur- und Quellenverzeichnis
Dees is sellasmol in d´ schregglia Kriach gwesst, der schier kaa End nidd gnumma hodd. Dreiß´g Joar häbbes in d´r ganz Gechend g´raibert, und bei d´ Baura is kaa Seila und kaa Moggala im Staal din gwesst und aa kaa Henna und kaa Gäggerli af´m Miescht.
Amol sin d´Schweda kumma, dr Obrischt Schberreit hodd si mit seine Landsknecht af d´ Schwedawies naagleecht. Dia häbba sis gmiadli gmacht und häbba ihr Kanona und Zeldla hiegschtellt, a Feierla gschiert und si ebbes recht Guats broota und si mit Bier volllaafa glässt.
Nochd hodd der Schberreit an Boota zun Rood gschickt, der grod beieinander ghockt is. Er hodd saache glässt, dass er nei will in des Reichsschtäddla, und dees schnell dazua.
Wia dees d´Bircher ghärt häbba, sens nidd schlecht verschrocka, und d´Weiber häbba a Gschraa gmacht und d´Kinderla häbba gfust, wall da Schwed duss vorn Dor gwesst is. A jeds hodd Angscht ghäd, wall kanna gwisst hodd, was werra soll.
D´ Hära vum Rood sin glei in dia Roodsstubba nei und häbba hie und her ieberleecht, was ma do macha kennt.
Aner vo denna Hära hodd gsaachd „neilässa!“, dr anner hodd gmaant „dauslässa!“, un aso is des Taach für Taach ganga, wall dr Kaiser kaan aanziger Soldada schicka gwellt hodd.
Drwall häbba dia Schweda z´schiassa aagfangt aaf dia Dürm und Dora vum Schtäddla.
Wia dr Schberreit ball zwaa Wucha af dr Schwedawies gleecha is, is er ganz narrat worra und hodd´n Birchermaschter saacha glässt, dass er jezz es Schtäddla plindern will und aazindt wenn er amol din is, wall er gar so lang warta mäassa hodd.
Im Schtäddla häbbas z´hungera aagfangt, es hodd kann Weck mehr und erscht recht kaa Schdickla Fleisch geeba, un dr Schtaddhauptmaa hodd ieberall verzählt, dass er sei Pulver ball verschossa hodd und dass dia Dürm und Maura ball hie sin. Do is im Roodhaus dr guate Rood deier gwesst, und in derer Stubba is haaß herganga.
Abbr nochd is d´Lore kumma. Des is dia Dochter vun Dorwächter Hürtin gwesst, der bein Roathaburcher Dor aafbasst hodd, was dia Schweda so macha, und soball si wos griert hodd, hod d`Lore in d´ Roodsstubba nieberlaafa mäassa.
Des Mädli is um dia fuchzeah Johr alt gwesst, hodd zwaa langa Zepf ghät und is a rechta guata Kindsmaad gwesst. Wos ganga is, sin era dia Klaana Kinderla am Kiddl ghängt, walls allawall a neis Gschichtla oder Dänzla gwisst hodd. Jezz is in dera Schtubba din gschtanda un d´Kinderla häbba si aa neigieri neidrickt, walls aa ebbas seha und hera gwellt häbba.
Grod hodd dr Birchermaschter gsacht: „Meine Hära, des hilft alles nix, aus is und gaar is – morcha mäassa mas neilässa!“
Und wia d´ hoha Hära den Haufa Kinderla gseha häbba un ganz still worra sin, do is dr Lore z´mol ebbes in Sinn kumma. Sie hod gsacht, dia Kinderla sin wia d´ Engala, mr ganga hi zu denne Schweda, wenns kumma.
Zerscht häbba die Roodhära nidd gmecht. Abr wos wellas annersch dua?
Am annera Daach hodd dia Wach tatsächli des Werntzdor afmacha mäassa, un dia schwedischa Landsgnechd sin in des Schtäddla nei mit Drummla und Drombeda, mit denne Geil, denne Kanona und Fahna.
D´ Rootsleid häbba des schwaarz Sunndigwand mit dia Spitzakrächali aaghät, sin vur d´ Roodhausdir gschdanna und häbba d´ Hiat raa- und d´ Kepf eizocha. Und dr Birchermaschter hodd´n Obrischt Schberreit d´Schlissel vu dr Reichsschtadd af an rouda Samtkissa hieghalta.
Abbr der is in sein weißa Mandl und sein weißa Huat af sein weißa Gaul dob ghockt wiar a Gschbenscht, hodd beas gschaut und si nidd vu dr Stell griert.
Abbr wos wor jezz des?
A Haufa klaana Buaba und Mädli sin mit dr Lore daherkumma, gsunga häbbas a scheans Kirchaliadla, zerscht leis und allawall lauda. Un nochd sins alle afs Pflaschta nakniad und häbba beddeld, dass dr Schberreit den Schtäddla nix aaduat.
Z´mol hodd d´ Schberreit a blondloggis Bibla gsehn, was an da Hand vu dr Lore gschlorbt is. Do hodd er an sei eigns Bibla dengt, was erscht gschdorba is und was grad so ald so alt gwesst is. Er hodd drauf deit, und d´ Lore hod des Bibla zun Gaul naufglangd.
Er hodds aagschaugt, un wia des blonde Bibla zuadrauli an sein Bart zupft hodd, do is sei Herz weich worra.
Un iebern ganza Blotz hodd er gschria: „Weecha eire Kinderla werd des Schtäddla verschont. Dengds immr dra! D´ Kinda sin dia Retter vu Dinglschbill.“
Un seit derer Zeit mecht dia Schtadd a jeds Johr an Jubltaach und a scheas Fescht: d´ Kinderzech.
Die Kinder-Bittlegende entstand bald nach dem Dreißigjährigen Krieg und variierte im Laufe der Jahrhunderte. Die Sage von der Lore und ihrer Kinderschar gibt es erst seit den letzten Jahrzehnten vor 1900. Durch das dramatische Volksschauspiel Die Kinderzeche in Dinkelsbühl fand sie dann ab 1897 als Kinderzechsage allgemeine Verbreitung in Presse und Schulbüchern.
Die Dinkelsbühler Kinderzeche hat nichts mit einer Kohlenzeche des Ruhrgebiets zu tun, wie mancher Tourist vermutet. Vielmehr kommt die Bezeichnung vom Essen und Trinken der Schulkinder, deren Zeche Kirche und Stadt bezahlten.
Ursprünglich aber hieß sie Schulzeche, da sie in einem bezahlten Kirchenbrauch der Chorknaben der Lateinschule wurzelt. Den liturgischen Brauch führte die Reichsstadt Dinkelsbühl mit Einverständnis des Stadtpfarrers vor rund 550 Jahren ein. So durften die katholischen Latein- und Chorschüler nachweisbar ab 1629 einen Schulausflug mit Zeche machen.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg erlaubte man auch den Evangelischen 1654 eine eigene Lateinschule. Sie führten den Zechausflug in ein Dorfwirtshaus ein, aber bei ihnen durften nicht nur die Knaben der Lateinschule zechen, sondern auch die Buben und Mädchen der Deutschen Schulen. Deshalb schrieb man in den Abrechnungsbüchern bei den Ausgaben wegen der Kinder Schulzeche, was sich zu Kinderzeche abschliff.
Im 19. Jahrhundert begannen die Lokalgeschichtsschreiber, den geschichtlichen Hintergrund des Schulfests zu ergründen und über die Herkunft des Bürger- und Heimatfests zu spekulieren. In der evangelisch-katholischen bayerischen Landstadt beschäftigte die Gemüter nicht zuletzt die Frage, ob die Kinderzeche ursprünglich evangelisch oder katholisch gewesen sei. Beim jährlich aufgeführten Festspiel Die Kinderzeche in Dinkelsbühl nahmen die Verantwortlichen dann bewusst eine historische Irreführung vor. Doch alle diese Fabeleien können als untaugliche Erklärungsversuche abgetan werden.
Die zeitgeschichtlich am weitesten zurückreichende Deutung sucht die Wurzel der Kinderzeche in einem germanischen Frühlings- und Maifest oder gar in einem Jugendfest zur Mittsommerwende, welches dem Sonnengott geweiht war.
Die Kinderzeche sei als katholisches, achttägiges Kirchweihfest des St. Georgsmünsters entstanden oder aber ein evangelisches Fest der Reformationszeit.
Der Schülerausflug gehe auf ein schulisches Rutenfest zurück, nämlich auf das Schneiden der Haselruten zur Züchtigung der Schüler_innen.
Sie habe ihren Ursprung im Auszug der städtischen Hauptmannsschützen zum Schießwasen oder in einem Schützenfest. Die evangelische Kinderzeche habe sich im Dreißigjährigen Krieg von einem gemeinsamen Fest abgespalten, weil die protestantischen Kinder im Schwedenlager auf dem Schießwasen getanzt hätten, was sich die katholischen Kinder beim protestantischen Feind nicht trauten.
Und nicht zuletzt, was das Historische Festspiel 1897 aufgreift und variiert, das evangelische Schwedenheer habe 1632 die katholisch regierte Reichsstadt Dinkelsbühl hart belagert, bis sich schließlich die Stadt auf Gnade und Ungnade habe ergeben müssen. Hierauf seien die evangelischen Schulkinder dem Obristen Sperreuth, in anderer Version dem Schwedenkönig Gustav Adolf, entgegengezogen, um die Vaterstadt durch ihr Flehen zu retten.
In mancher dieser Erklärungen steckt ein Körnchen Wahrheit, denn das heutige Kinderfest hat sich in rund fünfhundertfünfzig Jahren stark verändert. Hingegen gilt seit der Erstaufführung des Festspiels 1897 die heutige Sage von der Stadtrettung durch den Zug der Kinderlore mit Vorschulkindern bei den Bürgern als die ganze Wahrheit. Obgleich der Autor, Dramaturg Ludwig Stark, darlegte, die Figur der Kinderlore sei als Zugeständnis an den Publikumsgeschmack nötig.
Die wahre Geschichte der Kinderzeche wurde spät aufgedeckt, was mit den besonderen Dinkelsbühler Religionsverhältnissen zusammenhängt. Zweifellos ist die verwickelte Geschichte der Kinderzeche vom Ausflug katholischer Lateinschüler über den Ausflug evangelischer Schulkinder und das Nebeneinander zweier konfessioneller Schulfeste bis in das 19. Jahrhundert eng mit dem Bürgerzwist um den rechten Glauben verknüpft.
Im täglichen Leben der städtischen Bürgerschaft und der Landuntertanen war der Glaube Dreh- und Angelpunkt, und der Glaube beherrschte die Innenpolitik des Reichsstadtstaates Dinkelsbühl. Die Reformation wie die gegenreformatorischen Maßnahmen und insbesondere der Dreißigjährige Krieg mit dem paritätischen Dinkelsbühler Friedensschluss beeinflussten das Geschehen wie keinen anderen im Deutschen Reich.
Die erste ausführliche Darstellung veröffentlichte Stadtarchivar Joseph Greiner unter dem Titel Die Kinderzeche in Dinkelsbühl in der Zeitungsbeilage Alt-Dinkelsbühl 1927. Er ging von einem gemeinsamen Schulfest aus und unterschied die getrennte Entwicklung zweier konfessioneller Zechen nicht. Irrigerweise galt ein Rechnungsbeleg vom Jahr 1635 als erster für einen Auszug von Schülern, was die Entstehung der Kinderzeche anlässlich der schwedischen Stadteinnahme durch Obrist Claus Dietrich von Sperreuth 1632 glaubhaft machte. Diese Hypothese war Mitte des 19. Jahrhunderts zur Wahrheit erklärt worden.
Dagegen veröffentlichte der Autor in seiner Buchpublikation Wegen der Kinder Schulzech 1994 Quellenmaterial des Stadtarchivs und wies getrennt gefeierte katholische und evangelische Schulzechen nach. Außerdem belegten zwei Zechzahlungen von 1629, dass die Stadtübergabe an den schwedischen Obristen Sperreuth 1632 nichts mit der Entstehung des Schulfestes zu tun haben kann.
In Joseph Greiners Abhandlung nimmt die Kinderzechgeschichte des 19. Jahrhunderts und die Neue Kinderzeche nach Einführung des Festspiels und des Festzugs 1897 breiten Raum ein. Man blieb im Festspiel bei der Fama, dass Sperreuth die Stadt durch eine regelrechte Belagerung zur Übergabe gezwungen habe. Dies, obwohl Johann Friedrich Schad zwei Jahrzehnte davor in seiner Arbeit Schicksale der Stadt Dinkelsbühl während des 30jährigen Krieges den wirklichen Verlauf der Stadtübergabe dargestellt hatte. Walter Bogenberger veröffentlichte dann in der Festschrift zum Dinkelsbühler Schwedenjahr 1982 in seinem Beitrag Die Einnahme Dinkelsbühls durch die Schweden 1632 detailliert die Eintragungen der sogenannten Evangelischen Religionsakten: Stadtabgeordnete verhandelten mit Sperreuth in dessen Standquartier Weißenburg, der dann ohne einen Kanonenschuss abzugeben, die Stadtherrschaft übernahm.
Die heutige, konfessionell gemeinsam begangene Historische Kinderzeche, wurde vor 125 Jahren federführend von Ludwig Stark erschaffen. Sie wurde im Jahr 1897 mit seinem Festspiel, in dem er Wahrheit und Dichtung mit dem „Mythos“ Kinderlore geglückt zusammenfügt, und einem Historischen Umzug aus der Taufe gehoben. Die jüngere Entwicklung wurde in der Festschrift 1997 des Historischen Vereins Alt-Dinkelsbühl mit verschiedenen Beiträgen festgehalten.
Zur älteren Kinderzeche veröffentlichte der Autor nach seiner Buchveröffentlichung 1994 als Stadtarchivar weiteres Quellenmaterial im Periodikum Alt-Dinkelsbühl, das zusätzliche Erkenntnisse über die Zechen lieferte und sie neu bewerten ließ.
Das älteste, seit 1629 nachweisbare Dinkelsbühler Zechfest war ein Ausflug der Lateinschüler, die zugleich auch Chorschüler in der Pfarrkirche St. Georg waren. Man zog in ein nah gelegenes Dorfwirtshaus nach Segringen und Seidelsdorf, um dort auf Kosten von Stadt und Kirche zu zechen.
Es spricht viel dafür, dass die Wurzeln in einem liturgischen Brauch liegen. Der reichsstädtische Rat führte ihn vor 1475 auf Anregung auswärtiger frommer Leute ein. Er holte dazu nicht die Erlaubnis der Kirche ein, tat es aber einvernehmlich mit dem Stadtpfarrer. Die Stadtkasse zahlte vier Chorschülern der Lateinschule für einen besonderen Kirchendienst vierteljährlich zwei Pfund hiesiger Währung, was umgerechnet im Jahr vier Gulden ausmachte. Dies war genau der Betrag, der später von der Stadt vor Ferienbeginn an den Schulfesten ausgezahlt wurde.
Der neue Brauch war eine kirchliche Prozession der Lateinschüler und andächtiger Bürger_innen: Wenn der Priester das heilige Sakrament zu einem Kranken brachte, sollte er dies im Chorrock und Ornat tun. Ihm voran sollten vier Schüler im Chorrock mit Lobgesang gehen und Fähnlein und Laternen tragen. Dabei sollte ein Glöcklein läuten, um weitere Schüler und auch fromme Leute, die einen Sündenablass haben wollten, zum Mitziehen zu ermuntern.
Den Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem liturgischen Zug der Latein- und Chorschüler und der späteren katholischen Lateinschulzeche gibt ein mysteriöser Vermerk. Nur wenige Jahre nach der ersten Bezahlung des Zechausflugs der Lateinschüler heißt es nämlich bei den Rechnungsbelegen altem Herkommen gemäß. Der Schreiber begründete offensichtlich die neuen Ausgaben mit einer älteren Stiftung. Das kann nur der liturgische Umzug gewesen sein.
1475 Eine Anfrage aus Nürnberg