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Exzerpt aus dem Jahr 1996 im Fachbereich Archäologie, , Sprache: Deutsch, Abstract: Die Bronzezeit vor mehr als 2000 bis 800 v. Chr. gilt als die erste und längere der Metallzeiten in Europa. In dieser Zeit wurden Werkzeuge, Waffen und Schmuck aus Bronze hergestellt. In einigen Gebieten hatte die Bronzezeit eine andere Zeitdauer. So begann sie in Süddeutschland schon vor etwa 2300 v. Chr. und endete um 800 v. Chr. In Norddeutschland dagegen währte sie von etwa 1600 bis 500 v. Chr. Zu den in Deutschland verbreiteten Kulturen der Bronzezeit gehören die nordische frühe Bronzezeit bzw. frühe Bronzezeit des Nordischen Kreises (etwa 1800 bis 1500 v. Chr.), die nordische ältere Bronzezeit (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.), die nordische mittlere Bronzezeit (etwa 1200 bis 1100 . Chr.) und die nordische späte Bronzezeit (etwa 1100 bis 800 v. Chr.). Der von dem schwedischen Prähistoriker Oscar Montelius (1843–1921) stammende Begriff „Nordischer Kreis“ beruht auf der eigenständischen Entwicklung nördlicher Regionen Europas. Die Texte über die nordische Bronzezeit stammen aus dem vergriffenen Buch „Deutschland in der Bronzezeit“ (1996) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung und entsprechen dem damaligen Wissensstand. Weitere Kulturen der Bronzezeit aus Deutschland werden ebenfalls in Einzelpublikationen vorgestellt.
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Vorwort
Die Bronzezeit vor mehr als 2000 bis 800 v. Chr. gilt als die erste und längere der Metallzeiten in Europa. In dieser Zeit wurden Werkzeuge, Waffen und Schmuck aus Bronze hergestellt. In einigen Gebieten hatte die Bronzezeit eine andere Zeitdauer. So begann sie in Süddeutschland schon vor etwa 2300 v. Chr. und endete um 800 v. Chr. In Norddeutschland dagegen währte sie von etwa 1600 bis 500 v. Chr. Zu den in Deutschland verbreiteten Kulturen der Bronzezeit gehören die nordische frühe Bronzezeit bzw. frühe Bronzezeit des Nordischen Kreises (etwa 1800 bis 1500 v. Chr.), die nordische ältere Bronzezeit (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.), die nordische mittlere Bronzezeit (etwa 1200 bis 1100 . Chr.) und die nordische späte Bronzezeit (etwa 1100 bis 800 v. Chr.). Der von dem schwedischen Prähistoriker Oscar Montelius (1843-1921) stammende Begriff „Nordischer Kreis“ beruht auf der eigenständischen Entwicklung nördlicher Regionen Europas.
Die Texte über die nordische Bronzezeit stammen aus dem vergriffenen Buch „Deutschland in der Bronzezeit“ (1996) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung und entsprechen dem damaligen Wissensstand. Weitere Kulturen der Bronzezeit aus Deutsch-land werden ebenfalls in Einzelpublikationen vorgestellt.
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OSCAR MONTELIUS, geboren am 9. September 1843 in Stockholm, gestorben am 4. November 1921 in Stockholm. Er promovierte 1869, wurde 1888 Professor und war von 1907 bis 1913 Reichsantiquar in Schweden. Montelius teilte 1885 die nordische Bronzezeit in sechs Perioden und 1897 die Eisenzeit in acht Perioden ein. Außerdem prägte er schon im 19. Jahrhundert den Begriff Nordischer Kreis der Bronzezeit, von dem der heutige Name nordische Bronzezeit abgeleitet ist.
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Stabdolche als
Als in Mittel- und Süddeutschland bereits frühbronzezeitliche Kulturen heimisch waren, verharrten in Mecklenburg-Vorpommern noch Bevölkerungsgruppen auf dem technischen Niveau der Jungsteinzeit. Der Fortschritt setzte sich dort erst später durch als in südlicheren Gebieten. So war es im Norden auch schon mit Ackerbau und Viehzucht geschehen, die als Kennzeichen der Jungsteinzeit gelten und dort mit großer Verzögerung eingeführt wurden. Ähnlich erging es in Mecklenburg-Vorpommern dem neuen Metall Bronze, weshalb dort die frühe Bronzezeit einige Jahr-hunderte später als in Mittel- und Süddeutschland einsetzte. Da im Norden auch das Eisen zunächst kaum Beachtung fand, währte dort die Bronzezeit länger als im Süden und die Eisenzeit begann dementsprechend merklich später. In Mecklenburg-Vorpommern gilt die Gliederung der Bronzezeit in sechs Perioden. Diesem Schema zufolge entspricht dort die frühe Bronzezeit der Periode I, die nach heutiger Kenntnis etwa von 1800 bis 1500 v. Chr. dauerte. Jener Abschnitt wird auch als nordische frühe Bronzezeit oder als frühe Bronzezeit des Nordischen Kreises bezeichnet. Der von dem schwedischen Prähistoriker Oscar Montelius (1843-1921) stammende Begriff „Nordischer Kreis“ beruht auf der eigenständigen Entwicklung nördlicher Regionen Europas.
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Über die Anatomie, Körperhöhe und Krankheiten der Menschen aus der frühen Bronzezeit in Mecklenburg-Vorpommern läßt sich nichts sagen. Der Grund hierfür ist, daß die Skelette in den Gräbern im kalkarmen Boden völlig aufgelöst wurden. Auch die Siedlungen, das Leben darin und das Wirtschaftswesen sind bisher kaum erforscht. Pfeilspitzen aus Feuerstein mit eingezogener Basis wie in der späten Jungsteinzeit verdeutlichen, daß Pfeil und Bogen weiterhin eine wichtige Jagdwaffe waren. Hinweise auf zumindest gelegentlich ausgeübte Jagd auf Rothirsche (Cervus elaphus) geben die Werkzeuge und Waffen mit Geweihgriffen. Wichtiger als das Töten von Wildtieren dürften jedoch Ackerbau und Viehzucht für die Ernährung gewesen sein.
Die Keramik bestand teilweise aus einfachen, unverzierten Formen, die entweder keinen oder nur einen Henkel besaßen. Reste von solchen schlichten Tongefäßen wurden in Lemmersdorf und Bagemühl (beide Kreis Uecker-Randow) in Mecklenburg-Vorpommern gefunden. Daneben modellierte man henkellose Schalen und Tassen mit einfacher Form und Verzierung.
In der nordischen frühen Bronzezeit gab es weiterhin Werkzeuge und Waffen aus Feuerstein, Knochen und Geweih. Als besonders typische Waffen dieser Kulturstufe gelten Streitäxte mit einer Klinge aus Felsgestein und hölzernem Schaft sowie aus Feuerstein zurechtgeschlagene Dolche. Besonders prächtig wirken die „Fischschwanzdolche“ mit fischschwanzartigem Griff. Feuersteindolche wurden auch dann noch hergestellt, als man bereits Kupfer- und Bronzedolche eintauschte.
Die Menschen der frühen Bronzezeit in Mecklenburg-Vorpommern deckten ihren Bedarf an Metallerzeugnissen vor
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allem durch Tauschgeschäfte mit Angehörigen der Aunjetitzer Kultur. Von diesen bezogen sie Flachbeile, Randleistenbeile, Randmeißel, Schaftlochäxte, Schaftröhrenäxte, Vollgriffdolche, Stabdolche, Lanzenspitzen und Schmuck. Die Flachbeile hatten die gleiche Form wie die aus Feuerstein zurechtgehauenen Beilklingen der Jungsteinzeit. Flachbeile wurden in Mildenitz-Hornshagen (Kreis Mecklenburg-Strelitz), Jasmund (Kreis Rügen) und in Pantelitz (Kreis Nordvorpommern) gefunden. Bei den Randleistenbeilen überwog der norddeutsche Typ mit geradem Nacken und ausladender bogenförmiger Schneide gegenüber dem sächsischen Typ mit rundem Nacken und weit gebogener, stark gewölbter Schneide.
Von den Schaftlochäxten sind bisher in Mecklenburg-Vorpommern sechs Exemplare gefunden worden. Sie kamen oft in Mooren zum Vorschein und könnten daher als Opfer für Götter bestimmt gewesen sein. Eine reichverzierte Schaftlochaxt wurde in Gägelow (Kreis Nordwestmecklenburg) entdeckt. Die Schaftröhrenäxte ähneln Funden aus Ungarn und sind vermutlich auf dem Tauschweg bis nach Mecklen-burg-Vorpommern und Skandinavien gelangt. Bei den frühbronzezeitlichen Dolchfunden aus Mecklenburg-Vorpommern wird zwischen Vollgriffdolchen des Malchiner Typs und solchen des Aunjetitzer Typs unterschieden. Erstere gelten als einheimische Erzeugnisse, letztere als Im-porte. Beide Typen waren in dem Depot von Malchin (Kreis Demmin) vertreten. Bisher sind - nach Angaben des Schweriner Prähistorikers Horst Keiling - in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 21 Dolche vom Malchiner Typ entdeckt worden. Sie ähneln einander so sehr, daß sie vermutlich in einer einzigen Werkstatt, die jedoch noch nicht lokalisiert werden konnte, gegossen wurden. Die Klinge, der Griff mit-
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Stabdolche und ein Randleistenbeil aus dem Depot von Melz (Kreis Müritz) in Mecklenburg-Vorpommern. Das Randleistenbeil (links) hat einen 71,3 Zentimeter langen Bronzeschaft. Originale im Archäologischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern, Lübstorf
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samt Heftplatte und manchmal auch die Nieten wurden vermutlich in einem Stück angefertigt. Der Griff ist mit Rillen und die Klinge mit einer Mittelrippe verziert. Der spitzovale bis rautenförmige Querschnitt hat große Ähnlichkeit mit den Feuersteindolchen.
Offenbar reichten die Gegengaben der Mecklenburg-Vorpommerner Bevölkerung nicht aus, um sich auf dem Tauschweg ausschließlich mit Metalldolchen auszurüsten. Deshalb wurden weiterhin viele Feuersteindolche hergestellt und teilweise metallene Vorbilder nachgeahmt. Das Neben-einander von Feuerstein- und Bronzedolch ist in Blengow (Kreis Bad Doberan) belegt. Dort lagen in einem Grab ein Feuersteindolch und eine bronzene Dolchklinge. Seltener als die Dolche des Malchiner Typs waren in Meck-lenburg-Vorpommern die Vollgriffdolche vom Aunjetitzer Typ. Letzterer Typ ist im Depot von Malchin und im Depot I von Melz (Kreis Müritz) sowie in Rehna (Kreis Nordwestmecklenburg) nachgewiesen. An zehn Fundorten in Mecklenburg-Vorpommern wurden bronzene Stabdolche entdeckt. Der bedeutendste Fund dieser Art glückte im Depot II von Melz. Dort wurden sechs komplette Stabdolche mit bronzenen Klingen und mit Schäften aus Eschen- und Lindenholz darin, acht Klingen sowie ein komplettes Randleistenbeil mit bronzener Klinge und ebensolchem Schaft geborgen. Eine Altersdatierung von Holzresten der Stabdolche nach der Cl4-Methode ergab einen Mittelwert von 1786 v. Chr. Die Klinge des Randleistenbeils aus Melz wurde vermutlich noch in heißem Zustand auf den Bronzeschaft gezogen
Die Menschen der frühen Bronzezeit in Mecklenburg-Vorpommern tauschten mit den Leuten der Aunjetitzer Kultur, des Sögel-Wohlde-Kreises sowie mit gleichzeitigen Kultu-
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ren in England und Irland begehrte Güter aus. Malchiner Dolche auf der Ostseeinsel Rügen sind vielleicht mit Feuerstein von dort bezahlt worden.
Schmuckstücke gab es in Form von Ösenhalsringen, Spiralröllchen, Bronze- und Steinperlen als Anhänger von Halsketten, Hals- und Armringen mit verjüngten Enden, Manschettenarmbändern (Stulpen), Arm- und Brillenspiralen. Mit Ausnahme der Steinperlen handelte es sich auch hier ausschließlich um Importe.
Bronzene Ösenhalsringe lagen vor allem in Depots. So gehörten zum Depot von Wendhof (Kreis Müritz) 18 Ösenhalsringe. In Nipmerow auf Rügen kamen mehrere recht roh gegossene Ösenhalsringe zum Vorschein. In Gräbern sind solche Schmuckstücke - mit Ausnahme von Twietfort (Kreis Parchim) - nirgends gefunden worden. Aus Twietfort kennt man auch Bronze- und Steinperlen an Halsketten. In den Löchern mancher dieser Perlen steckten noch gezwirnte Fadenreste.
Bei den Hals- und Armringen mit verjüngten Enden waren die unverzierten und besonders dicken Exemplare wohl Metallbarren, die noch weiterverarbeitet werden sollten. Dagegen sind die etwas dünneren und leichteren Stücke vermutlich als Schmuck getragen worden. Die Enden der großen und der kleinen Hals- und Armringe waren stumpf oder spitz gestaltet. Manschettenarmbänder wurden nur an wenigen Plätzen in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt. Die Armspiralen aus Bronzedraht besaßen zehn bis 20 Windungen. Der Draht hatte einen schmalen, dreieckigen oder spitzovalen Querschnitt.
Als Brillenspiralen werden zwei mit einem Bügel verbundene Spiralplatten bezeichnet. Sie ähnelten einer Brille und dienten als dekorativer Hängeschmuck.