Zeitgenossen im Visier - Ernst Probst - E-Book

Zeitgenossen im Visier E-Book

Ernst Probst

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In keine Schublade stecken lässt sich der Wiesbadener Autor Ernst Probst. Anfangs schrieb er gewichtige Werke über die Urzeit, Steinzeit und Bronzezeit. Danach verfasste er kurze und längere Biografien vor allem über berühmte Frauen aus den Bereichen Geschichte, Religion, Politik, Wirtschaft, Luftfahrt, Wissenschaft, Medizin, Film, Theater, Literatur, Malerei, Fotografie, Musik, Tanz, Feminismus, Sport, Mode, Kosmetik, Medien und Astrologie. Hinterher folgten Publikationen über Dinosaurier, Raubkatzen, den Höhlenbären und das Mammut. Später kamen Taschenbücher mit Aphorismen hinzu. Mit „Zeitgenossen im Visier“ legt Probst erstmals ein kleine Sammlung mit Glossen aus eigener Feder vor.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Null-Euro-Job Heute war – wieder mal – eine lange Liste dringender Aufgaben zu erledigen. Doch ich kam kaum damit voran, weil immer wieder entweder die Glocke der Haustüre oder das Telefon läutete und die Lautstärke fälschlicherweise suggerierte, es handle sich um noch Wichtigeres. Unangemeldet an der Haustür standen: Zwei Angehörige einer Sekte, die seit Jahren vergeblich hoffen, meine Frau zu einer anderen Religion zu bekehren. Der Mitarbeiter einer karitativen Gesellschaft, der sich turnusgemäß erkundigte, ob ich zahlendes Mitglied sei, was ich erneut bejahte.  Ein Handwerker, der „zufällig“ in der Gegend war und den günstigen Einbau neuer Fenster anbot. Der Vertreter einer Staubsaugerfirma, der seine sündteuren Geräte über den grünen Klee pries. Ein Mann vom Land, der sackweise Äpfel oder Kartoffeln offerierte. Der Scherenschleifer, der preiswert Scheren und Messer schärfen wollte. Ein Student, der wortreich Abonnements von Zeitschriften anbot, die mich nicht im Geringsten interessierten. Jedem sagte ich gleich, dass ich wenig Zeit habe. Aber die ungebetenen Herrschaften ließen sich oft davon nicht abschrecken, selbst wenn mittlerweile im Haus das Telefon merklich hörbar schrillte. Herrschte mal gerade an der Haustüre Ruhe, dann rappelte meistens das Telefon.  Ein Versicherungsvertreter wollte einen Besuchstermin mit mir vereinbaren, um zu checken, ob ich zu teure Versicherungen abgeschlossen hätte. Der Mitarbeiter eines Meinungsforschungsinstitutes hätte gerne etwa 30 Minuten lang ein Interview mit mir geführt. Eine Kfz-Versicherung und eine Telefongesellschaft boten einen niedrigeren Tarif an. Meine Hausbank fragte wegen eines höheren Geldbetrages an, der auf meinem Konto eingegangen war, wie ich diesen anzulegen gedenke. Ein Geschäftsmann versuchte, mich für den teuren Eintrag meiner Homepage in seine Suchmaschine zu begeistern. Ein Vertreter wollte wissen, ob ich in der nächsten Ausgabe eines Adressbuches erwähnt werden wolle. Zwei Leute hatten auf dem Flohmarkt für wenig Geld Antiquitäten gekauft und wollten von mir wissen, um was es sich dabei handle und was diese Objekte wert seien. Eine Dame mit netter Stimme wollte erfahren, ob ich in nächster Zeit ein Auto kaufen wolle. Selbst zu vorgerückter Stunde kurz vor und nach Mitternacht riefen noch Leute an, die angeblich vorher keine Zeit hatten. Zwischendurch spuckte das Faxgerät Unwichtiges aus. Jemand wies – wieder einmal – auf seinen Faxabrufdienst hin, obwohl ich schon mehrfach gebeten hatte, mir keine solchen Faxe mehr zu schicken. Eine Zeitschrift, bei der ich eine kostspielige Anzeige aufgeben sollte, faxte 5 Seiten. Der Briefträger brachte an diesem Tag keinen einzigen interessanten Brief, sondern nur Reklame und Bettelbriefe.  Drei Büroartikelversender schickten dicke Kataloge. 

Eine Firma lud mich zu einem Kongress ein, an dem ich für „nur“ 999 Euro teilnehmen hätte können. Zwei Vereine in weit entfernten Bundesländern wünschten Spenden für Tombolas. Außerdem kamen an jenem Tag mehr als 500 E-Mails – teilweise mit gefährlichen Computerviren, übelster Pornografie, gemeinen Betrugsversuchen und uninteressanter Werbung. Erschöpft sank ich spätabends nach einem mehr als 15-stündigen Arbeitstag als Selbstständiger auf die Wohnzimmercouch und sah einen Fernsehbeitrag über Ein-Euro-Jobs an. Ich selbst hatte an diesem speziellen Tag einen Null-Euro-Job! Morgen sieht es sicherlich wieder anders aus!

Werbung mit fremden Namen Ehedem gingen die Fußballfans von Borussia Dortmund ins Westfalenstadion, heute pilgern sie zum Signal-Iduna-Park. Einst marschierten die Anhänger von Bayern München ins Olympiastadion, jetzt kommen sie in die Allianz Arena. Früher zog es die Anhänger des 1. FCN ins Frankenstadion, von 2006 bis 2012 gingen sie ins EasyCredit-Stadion. Andernorts sind das Rhein-Energie-Stadion (Köln), die HDI-Arena (Hannover) oder die WWK-Arena (Augsburg) das Ziel der Freunde des runden Leders. Wenn man bestimmte Stadionnamen liest oder hört, reibt man sich die Augen oder traut seinen eigenen Ohren nicht mehr. Das sind doch keine Bezeichnungen für ein Fußballstadion! Viele Fans reagieren sauer auf diese Ausdrücke, die für alles werben, nur für Fußball nicht.  Es ist leider auch in Deutschland zur Mode geworden, für viel Geld vertraute Namen aufzugeben und dafür neue, ziemlich sinnlose Bezeichnungen zu verwenden. Man kann gegen diese Praxis sagen was man will, letztlich siegt doch der schnöde Mammon.  Vielleicht stehen wir erst am Anfang dieser seltsamen Modeerscheinung? Vielleicht kommen irgendwann auch die Politik, die Wirtschaft und die Kirchen auf den Geschmack. Dann heißt der „Deutsche Bundestag“ möglicherweise „Deutsche Bank-Forum“, der Frankfurter Rhein-Main-Flughafen „Opel-Airport“ und der Kölner Dom „4711-Dom“.  Unter Finanznot leidende Leute könnten künftig als Nachahmer auftreten. Man heißt dann als Werbeträger für große Firmen oder Parteien zum Beispiel Alfred AOL, Anton CDU, Bernd CSU, Christian FDP, Erich SPD, Hans Audi, Max BMW, Otto Eon, Robert Honda oder Stefan Daimler. Da man hierfür Jahresverträge abschließen könnte, wäre es möglich, dass man im Laufe eines langen Lebens sehr oft den Namen wechselt.  Manche notleidenden Zeitungen haben schon vor einigen Jahren damit angefangen, dass Firmen den Sportteil oder den Wetterbericht präsentieren, so als könnten diese Blätter dies nicht mehr selbst aus eigener Kraft. Ähnlich machen es Fernsehsender bei Sportübertragungen und Spielfilmen.  Wer weiß, welche Blüten diese Werbung mit fremden Namen noch hervorbringt?

Zu den Menschen, deren Leistungen zu selten oder zu wenig gewürdigt werden, zählen viele tüchtige Ehefrauen. Sie hören selbst im hohen Alter mit der unbezahlten Hausarbeit nicht auf. Manches Lob kommt für jene, die es verdient hätten, zu spät. Nachrufe oder Trauerreden enthalten oft Lobeshymnen, über die sich der Adressat zu Lebzeiten sehr gefreut hätte. Ich frage mich auch, warum man erst nach dem Tod eine Straße oder einen Platz nach einer verdienstvollen Persönlichkeit bezeichnet. Zu seinen Lebzeiten wäre es besser gewesen.

Ernst Probst, geboren am 20.

---ENDE DER LESEPROBE---