Dir bleibt nur die Angst - Linda Howard - E-Book

Dir bleibt nur die Angst E-Book

Linda Howard

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Egal, wo sie sich versteckt, er wird sie finden ...

Als Carlin Reed in den kleinen Ort Battle Ridge in Wyoming kommt, bringt sie Schwierigkeiten mit. Das kann jeder sehen. Doch Zeke Decker hat sich noch nie vor Schwierigkeiten gefürchtet. Auf seiner Ranch - und in seinen Armen - findet Carlin Zuflucht und Schutz. Zeke lässt sich auf Carlins Bedingungen ein: Bargeld, Vorhängeschlösser und keine Fragen. Denn längst hat sie sein Herz erobert. Doch dann holt die Vergangenheit Carlin ein und die beiden müssen sich entscheiden. Sie können sich trennen und nie wiedersehen. Oder sie können gemeinsam den Kampf gegen einen Wahnsinnigen aufnehmen ...

Jetzt erstmals als eBook - spannend und voller Leidenschaft!

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 564

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

Rezepte

Über die Autorinnen

Weitere Titel von Linda Howard

Impressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-‍heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an:be-heartbeat.de/newsletter

Viel Freude beim Lesen und Verlieben!

Dein beHEARTBEAT-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über dieses Buch

Als Carlin Reed in den kleinen Ort Battle Ridge in Wyoming kommt, bringt sie Schwierigkeiten mit. Das kann jeder sehen. Doch Zeke Decker hat sich noch nie vor Schwierigkeiten gefürchtet. Auf seiner Ranch – und in seinen Armen – findet Carlin Zuflucht und Schutz. Zeke lässt sich auf Carlins Bedingungen ein: Bargeld, Vorhängeschlösser und keine Fragen. Denn längst hat sie sein Herz erobert. Doch dann holt die Vergangenheit Carlin ein und die beiden müssen sich entscheiden. Sie können sich trennen und nie wiedersehen. Oder sie können gemeinsam den Kampf gegen einen Wahnsinnigen aufnehmen ... 

Linda HowardLinda W. Jones

Dir bleibt nur die Angst

Aus dem amerikanischen Englisch von Marion Balkenhol

Am Donnerstag, dem 21. April 2011 verloren wir unsere beste Freundin Beverly Beaver, die unter dem Pseudonym Beverly Barton schrieb. Kein Tag ist seither vergangen, an dem wir nicht an sie gedacht haben, ihre Stimme gehört, ihr Lachen, und uns wieder einmal klargemacht haben, dass wir zwar sehr viele Erinnerungen haben, die aber nie ausreichen werden. Dieses Buch hier ist daher für dich, Beverly. Wir lieben und vermissen dich. Sorg dafür, dass sich alle da oben im Himmel benehmen und auf ihre Manieren achten.

Prolog

Libby Thompson verschränkte ihre pummeligen Arme und versuchte, eine strenge Miene aufzusetzen, was nicht leicht war in Anbetracht der unleugbaren Traurigkeit, die sie empfand. »Sieh mich nicht so an, A. Z. Decker. Diese Hundeaugen haben seit deinem neunten Lebensjahr nicht mehr bei mir funktioniert.« Dabei hatte er auch damals schon keine Hundeaugen, und jetzt erst recht nicht, aber sie hatte vor langer Zeit gelernt, dass der Trick im Umgang mit ihm darin bestand, ihn nie merken zu lassen, wie verdammt einschüchternd er war, wenn er genervt und hartherzig aussah, so wie in diesem Augenblick.

Zeke schaute auf Libbys Taschen hinunter, einem Sammelsurium aus abgelegten Gepäckstücken von drei verschiedenen Herstellern und in drei unterschiedlichen Farben: Rot, Braun und Schwarz. Sie waren so vollgestopft, dass sie sich ausbeulten und ihre Reißverschlüsse zu sprengen drohten. In diesen Taschen war alles, was sie besaß.

»Ich habe dir zwei Wochen Vorlauf gegeben«, sagte sie in ihrem sachlichsten Tonfall, denn wenn sie auch nur einen Deut nachgeben würde, hätte er sie im Handumdrehen überredet zu bleiben. Sie konnte in ihrer Wachsamkeit nicht nachlassen, nicht einmal eine Minute lang. Man musste sich nur bewusst sein, dass er Probleme allein schon durch Starrsinn zu lösen glaubte, was großartig war, wenn er für einen arbeitete, und nicht so toll, wenn man diese sture Entschlossenheit gegen sich hatte.

»Ich habe versucht, Ersatz zu finden«, knurrte Zeke und funkelte sie anklagend an, als wäre sein Misserfolg ihre Schuld.

»Ach ja?« Sie schnaubte. »Du hast eine Anzeige im Battle Ridge Weekly aufgegeben.« An dem Punkt war ihr klar geworden, dass er sie nicht ernst genommen hatte, als sie ihm sagte, sie würde gehen, denn sonst hätte er zahlreiche Anzeigen in den Zeitungen größerer Städte aufgeben müssen. Sosehr sie ihn auch mochte, das hatte sie wirklich auf die Palme gebracht. Wenn er glaubte, er könnte sie wie alle anderen kujonieren, dann würde er seine Wahrnehmung der Welt neu gestalten müssen.

»Noch zwei Wochen«, versuchte er auszuhandeln.

Sie schnaufte frustriert. In ihren siebenundfünfzig Jahren hatte sie schon vieles erlebt und sich nie unterkriegen lassen, auch als sie in jungen Jahren Witwe wurde und allein mit einem kleinen Kind dastand, das sie unterstützen musste. Doch seitdem sie ihre Arbeit hier auf der Decker-Ranch angetreten hatte, war ihre Fähigkeit gefragt, Zeke immer ein Stück voraus zu sein. Als Dreikäsehoch war er ein pausbackiger, bezaubernder Teufelsbraten gewesen, als kleiner Junge mit Zahnlücken ein dürrer, charmanter Teufelsbraten, und seit seiner Zeit als Teenager war er ein Herzensbrecher mit einer guten Portion Sturheit. Er bekam immer seinen Willen, aber diesmal konnte sie das einfach nicht zulassen.

Sie hatte seit ungefähr dreißig Jahren auf dieser Ranch gearbeitet, zuerst Teilzeit und später, als Zekes Mutter wieder heiratete und nach Arizona zog, in Vollzeit. Sie hatte mit Jenny ihre eigenen Zimmer hier gehabt, gleich neben der Küche. Sie kannte das Haus, als wäre es ihr eigenes, kannte Zeke, als hätte sie ihn zur Welt gebracht. Auch seine Schwestern waren Teil ihres Lebens, doch sie waren beide älter, und in deren Leben hatte Libby nicht so eine große Rolle gespielt wie in Zekes. Über dreißig Jahre lang hatte sie gekocht, geputzt und ihn gehätschelt, wenn er es brauchte. Sie hatte ihn bemuttert, hatte die Rancharbeiter bemuttert, und ihn über alle Maßen verwöhnt. Und jetzt schloss sie dieses Kapitel ab.

Sie seufzte, und ihr Blick wurde ein wenig weicher. »Zeke, ich lasse dich nicht gern im Stich, das weißt du, aber ich habe Jenny versprochen, am kommenden Wochenende bei ihr zu sein. Sie weiß nicht mehr ein noch aus, da Tim die meiste Zeit geschäftlich unterwegs ist, die drei Kinder machen sie fertig, und das nächste ist unterwegs. Sie ist meine Tochter, und sie braucht mich.«

»Ich brauche dich«, maulte er. Dann verhärtete sich sein Unterkiefer, als er sich schließlich ein für alle Mal der Realität stellte, dass sie fortging. »Okay. Scheiße – okay. Ich komm schon zurecht.«

»Das weiß ich.« Libby trat auf ihn zu, tätschelte eine Wange, stellte sich dabei auf Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die andere. Sie zog sich zurück und ging wieder zum Geschäftlichen über. »Ich glaube, Spencer kennt sich in der Küche aus, und der tut’s auch, bis du einen Ersatz findest. Ich habe ein paar Kochbücher auf dem Küchentisch gelassen. Das Rezept für mein Schmorgericht steht in dem grünen.« Er hatte ihr Schmorgericht schon immer gern gemocht. Sie war ziemlich traurig, dass sie es ihm nie wieder kochen würde, aber wenigstens war das Rezept noch da, also könnte es irgendjemand machen.

»Danke.«

Er klang nicht sehr dankbar, sondern noch immer tierisch angepisst. Tja, wenn schon, ihr Entschluss stand fest. Sie überging seine schlechte Laune und fuhr fort. »Ich habe die Kühltruhe mit Eintopf, einer Auflaufform mit Lasagne und Maisbrot gefüllt. Ein großer Topf mit Huhn und Klößen steht für heute Abend im Kühlschrank. Wenn das alles aufgegessen ist, kannst du dir entweder eine andere Haushälterin suchen, oder du kriegst deinen Arsch hoch und suchst dir eine neue Frau. Das ist das, was du wirklich brauchst.«

Damit war sie auf der sicheren Seite, denn Ehe war ein Thema, dem Zeke geflissentlich aus dem Weg ging. Er hatte es ein Mal versucht, und es hatte nicht funktioniert. Nach seiner Denkweise müsste er schon ganz schön bescheuert sein, wenn er sich der Tortur eines zweiten Versuchs unterziehen würde. Er war kein Mönch, alles andere als das, und wenn er sich aufraffen würde, eine andere Frau zu suchen, stände er im Nu wieder vor einem Pfarrer; er sah jedenfalls nicht übel aus mit den breiten Schultern, den grünen Augen und dem dichten hellbraunen Haar. Die richtige Frau würde sich der Herausforderung stellen, ihm auf halbem Weg entgegenzukommen – falls er nach einer Frau suchte, was er nicht machte. Warum sollte er auch, wenn er doch Sex haben konnte, wann er wollte, und Libby hier an der häuslichen Front stand und sich um alle Angelegenheiten des Haushalts kümmerte? Er wollte jetzt nur eine Köchin und Haushälterin, und das war ein himmelweiter Unterschied.

Nicht viele Frauen wären auf einer Ranch mitten in der Walachei von Wyoming glücklich. Die nächste Stadt, Battle Ridge, war eine Fahrstunde entfernt und neuerdings ohnehin eine Geisterstadt. Na ja, nicht so richtig; es gab noch Läden, aber vor zehn Jahren hatten zweitausend Menschen dort gewohnt, jetzt nur noch etwa die Hälfte.

Und der Bus kam nur zweimal in der Woche durch. Libby hatte vor, ihn zu nehmen.

»Jetzt komm schon, verdammt«, sagte er und griff nach der ausgebeulten roten Tasche. »Wird Zeit, dich in die Stadt zu bringen. Du hast recht, wir werden schon irgendwie zurechtkommen, bis ich jemanden als Ersatz für dich einstelle. Niemand wird verhungern, und ich kann meine Wäsche verdammt noch mal selber waschen.« Er schnappte sich auch die braune Tasche und überließ Libby die schwarze, kleinste.

Sie kam nicht dagegen an. »Du weißt, du könntest deine Mutter anrufen ...«, sagte sie mit weicherer Stimme.

»Nein«, unterbrach Zeke sie scharf. Na ja, sie hatte gewusst, das war ein Rohrkrepierer. Er hätte gern einen Besuch von seiner Mutter, aber wenn sie kam, dann würde ihr Mann – Larry – auch mitkommen. Zeke missgönnte seiner Mutter nicht das Glück, aber er und Larry waren nie miteinander ausgekommen. Ein paar Tage waren alles, was er aushalten konnte; auf keinen Fall würde er sie um einen Aufenthalt bei ihm bitten, der womöglich wochenlang dauern könnte.

»Dann eine deiner Schwestern.«

»Nein.« Dieses Nein war nicht ganz so barsch wie das erste. »Die beiden haben eine Familie, Kinder, einen Job. Keine von beiden könnte sich so lange freinehmen, um hierzubleiben.«

»Kat könnte ...«

Zeke schnaubte. »Sie hat ein eigenes Geschäft zu führen. Warum sollte sie es aufgeben, um hier zu arbeiten?«

»Trotzdem könnte sie etwas kochen, was du einfrieren kannst, für Notfälle. Du müsstest es nur über dich bringen, sie zu bitten.« Kat war eine verdammt gute Köchin, weshalb ihr kleines Restaurant in Battle Ridge so gut ging; sie und Zeke waren Cousine und Vetter ersten Grades, daher würde sie helfen, wenn sie konnte, obwohl ihr Terminplan dermaßen ausgefüllt war, dass er sich keineswegs auf ihre Hilfe verlassen konnte, die Rancharbeiter die ganze Zeit zu verköstigen.

Libby hielt Zeke die Haustür auf, da er beide Hände voll hatte, und er trat auf die Veranda hinaus. Sechs Rancharbeiter warteten neben dem Laster, um sich von der Frau zu verabschieden, die vielen von ihnen eine zweite Mutter geworden war. Für zwei Männer war sie die erste wirklich fürsorgliche Mutter, die sie überhaupt erlebt hatten. Kein Lächeln war auf den wettergegerbten Gesichtern zu sehen.

»Wie gesagt, wir kommen schon zurecht.« Mit zusammengekniffenen Augen schaute Zeke zu Spencer hinüber, der von einem Fuß auf den anderen trat und ebenso schuldbewusst wie verwirrt aussah, denn er wusste nicht, womit er den mürrischen Gesichtsausdruck seines Vorgesetzten verdient hatte. »Obwohl wir von Glück sagen können, wenn Spencer uns nicht allen eine Lebensmittelvergiftung einbrockt.«

»Alles wird sich finden. Das ist immer so«, sagte Libby optimistisch. Sie prüfte, ob ihre Frisur richtig saß, und stellte sich dann noch einmal auf die Zehenspitzen, um Zeke auf die Wange zu küssen. »Ich komme hin und wieder mal zu Besuch«, sagte sie und ging die Stufen hinunter, um sich von den Rancharbeitern zu verabschieden.

Zeke war nicht ganz so optimistisch wie Libby. Während er sie in die Stadt fuhr, versuchte er, auf ihren Plauderton nicht knurrend zu reagieren, versuchte, sich für sie zu freuen, aber – verflucht!

Sie würde ihm fehlen. An eine Zeit ohne sie konnte er sich nicht erinnern. Diese Frau war eine treibende Kraft, klein und füllig, mit einer Art, die andere Menschen anzog. Andere Frauen fanden sich mit dem Älterwerden ab, Libby jedoch tönte ihre Haare jede Woche in einer anderen Farbe – jetzt waren sie leuchtend rot – und kommandierte alle herum, machte Pläne, mit ihren Enkeln eine Fahrt im Heißluftballon zu unternehmen, und stapfte im Allgemeinen mit Vollgas durch das Leben. Gleichzeitig hatte sie das liebevollste Herz, das er je erlebt hatte.

Verdammt! Er konnte Libby nicht ersetzen. Jemand anders mochte vielleicht ihre Arbeit erledigen, aber niemand konnte sie ersetzen.

Man sollte meinen, bei der angespannten Wirtschaftslage wäre es leicht, jemanden einzustellen, aber die Leute gingen fort, statt sich auf die Hinterbeine zu stellen und darum zu kämpfen, ihr Leben intakt zu halten. Battle Ridge war voll leer stehender Häuser, an den meisten hing ein Schild »zu vermieten« oder »zu verkaufen«, und keine Spur von Mietern, geschweige denn tatsächlichen Käufern. Geschäfte machten dicht, Familien brachen ihre Zelte ab und zogen in den Süden, wo die Winter nicht brutal zuschlugen, wo man zwar immer noch arbeitslos wäre, aber zumindest nicht erfrieren würde.

Er würde es versuchen. Bisher hatte er sich nicht groß Gedanken gemacht, denn bis zur letzten Minute hatte er gedacht, Libby würde ihre Pläne aufgeben und bleiben. Die Vorstellung, er könnte keinen Erfolg haben, ärgerte ihn, aber er war Realist genug, um zu erkennen, dass er gerade jetzt schlechte Karten hatte.

Eine Frau dazu zu bewegen, in die Walachei zu kommen für viel Arbeit und wenig Lohn – er war kein Geizkragen, aber niemand wurde durch seine Arbeit auf der Decker-Ranch reich –, war nicht so leicht, wie sie anscheinend glaubte. Es klappte eben nicht immer alles. Wenn Gott eine Tür zumachte, öffnete Er nicht unbedingt ein geeignetes Fenster. Nein, dachte Zeke, er war ziemlich beschissen dran.

Carlin ging rasch an ihren Tisch, das Gesicht in Falten gelegt, ihr Herz raste. Sei vernünftig, sagte sie sich immer wieder und versuchte, sich zu beruhigen. Sie war einfach nur paranoid; ihre Fantasie machte Überstunden. Im Staat Texas gab es Tausende, vielleicht Hunderttausende Toyotas in diesem bestimmten Blau. Nur weil ihr einer anscheinend von ihrer Wohnung zur Arbeitsstelle gefolgt war und nur weil der Fahrer – den sie kaum hatte erkennen können, als sie einen prüfenden Blick in ihren Rückspiegel geworfen hatte – dunkelhaarig war, bedeutete das noch lange nicht, dass Brad sie aufgespürt hatte. Unmöglich.

Das erschreckend vertraute Fahrzeug war weitergefahren, als sie in die Tiefgarage des Gebäudes abgebogen war. Niemand war ihr gefolgt. Hier war sie absolut sicher. Verdammt, sie durfte nicht mehr zulassen, dass dieser Psychopath in ihre Gedanken eindrang! Hatte er nicht schon genug getan?

Er war der Grund, warum sie ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt hatte. Sie hatte ihren Job gekündigt, war nach Dallas gezogen – gut vier Fahrstunden von Houstons Außenbezirk entfernt, in dem sie fast ein Jahr lang gelebt hatte – und hatte ihre Sorgen hinter sich gelassen ... hoffte sie. Sie arbeitete hier seit drei Monaten, und Brad hatte nicht einmal angerufen. Auf jeden Fall war er nicht hin und wieder ohne Vorwarnung vor ihrer Wohnung aufgetaucht, wie vor ihrem Umzug.

Er konnte unmöglich wissen, wo sie wohnte oder wo sie arbeitete. Das redete sie sich ständig ein. Unmöglich.

Sie hatte Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, als sie umzog, hatte alle ausstehenden Rechnungen bezahlt, bevor sie die Stadt verließ, und niemandem gesagt, wohin sie ging, nicht einmal ihren Arbeitskollegen in der Kücheneinrichtungsfirma, in der sie die Rechnungsabteilung geleitet hatte. Ihre Post wurde an ein Postfach auf der anderen Seite von Dallas weitergeleitet statt an ihre neue Wohnung. Sie war mitten in der Nacht aufgebrochen – buchstäblich – und hatte nur mitgenommen, was in ihren Wagen passte. Sie würde nicht behaupten, dass Brad sie womöglich nicht doch finden konnte, aber sie war sehr sorgfältig vorgegangen und hatte gehofft – und gebetet –, dass er, sobald sie fort war, seine Aufmerksamkeit woandershin lenken würde. Dabei hatte sie Gewissensbisse gehabt, denn welche Frau hatte Brad verdient? Den würde sie ihrer ärgsten Feindin nicht wünschen ... na ja, vielleicht doch, wenn sie eine ärgste Feindin hätte, aber so aus dem Stegreif fiel ihr keine ein, die sie derart verabscheute.

Wenn ihr nur jemand zugehört hätte, wenn auch nur ein Cop auf ihrer Seite gewesen wäre, würde sie vielleicht noch in Houston arbeiten. Sie war ja so naiv gewesen! Sie war sich sicher gewesen, die Behörden würden sich um Brad kümmern, sobald sie eine Beschwerde eingereicht hatte. Aber wenn ein Cop eine Frau stalken will und weiß, wie er seine Spuren vertuscht, kann man nicht viel tun, außer neu anzufangen. Und das hatte sie gemacht.

Vom Fenster aus sah sie eine Wolkenfront am Horizont; noch hatte es nicht angefangen zu regnen, doch nach dem Wetterbericht war Regen zu erwarten. Carlin streifte ihren roten Regenmantel ab und hängte ihn an einen Haken in ihrer Arbeitsnische. Sie mochte diesen Regenmantel so sehr, dass sie sich beinahe über einen Herbstschauer freute, nur damit sie ihn anziehen konnte. Inzwischen waren ihre Nerven so zerrüttet, dass sie sich nicht mit Regen oder Straßenverkehr oder auch nur einem Anruf abgeben wollte. Wenn ihr Telefon jetzt klingelte ... wenn es nun Brad wäre? Wenn er nicht nur herausgefunden hätte ... Nein, sie musste aufhören, an ihn zu denken. Sie hatte jemanden gesehen, der sie an ihn erinnerte, mehr nicht. Nichts war passiert.

Jina Matthews, die in der Nische gegenüber arbeitete, hatte auch keinen guten Tag. Sie war am Telefon, ihre Miene angespannt. Sie und ihr Freund hatten in letzter Zeit häufig gestritten, und es sah so aus, als wäre Jina am Ende ihrer Kräfte. Sie stieß ein paar deftige Wörter aus und drückte dann mit dem Daumen auf einen Knopf an ihrem Telefon. Sie schaute quer über den Gang zu Carlin hinüber und lächelte schief.

»Wie gut hat es doch getan, als man noch einen Hörer aufknallen konnte. Auf einen Knopf zu drücken bringt einem einfach nicht dieselbe Genugtuung.« Ihr Telefon, auf Vibration gestellt, brummte über den Schreibtisch, als ein weiterer Anruf hereinkam. Jina nahm es zur Hand, warf einen Blick auf das Display und stieß wieder auf den Knopf. »Wenn es nicht die Trenntaste ist.« Sie beugte sich vor und sprach mit dem stillen Telefon. »Ruf alle an, die du willst, Idiot. Ich kann dich nicht hören«, sang sie mit Fistelstimme.

Unwillkürlich musste Carlin lachen. Jina lächelte, obwohl Wut, Traurigkeit und Frustration sich noch deutlich auf ihrem Gesicht abzeichneten.

Jina war hinreißend. Sie war blond wie Carlin und ungefähr genauso groß, aber da hörte die Ähnlichkeit auch schon auf. Carlin wusste, dass sie ganz annehmbar aussah, sogar überdurchschnittlich gut, aber sie würde nie umwerfend sein. Jina schon. Männer drehten sich buchstäblich auf der Straße nach ihr um und gafften sie an. Leider hatte sie einen entsetzlichen Männergeschmack, eine eigenartige und selbstzerstörerische Neigung zu schlimmen Jungs. Ende der Woche hätte sie wahrscheinlich einen neuen Freund, und vielleicht würde sie diesmal eine klügere Wahl treffen. Sie hatte sich ihre Männer weiß Gott aussuchen können, warum sie also auf Idioten stand statt auf anständige Jungs, blieb ein Rätsel.

Jinas Telefon brummte noch zweimal, und jedes Mal wies sie den Anruf zugunsten ihrer Arbeit ab. Zwei Stunden lang bearbeiteten sie Rechnungen für die Versicherungsgesellschaft, der dieses Gebäude in der Innenstadt von Dallas gehörte. Der Job war die meiste Zeit langweilig – na schön, die ganze Zeit –, aber die Bezahlung war anständig. Carlin schätzte sich angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage glücklich, den Job zu haben. Sie hatte keinen leitenden Posten wie in Houston, aber diese Firma war viel größer als ihre frühere, und es gab Aufstiegsmöglichkeiten, wenn sie eine Weile blieb, sich nichts zuschulden kommen ließ und nichts vergurkte. Wenn sie sich auf eine Tätigkeit konzentrierte, hielt sie sich aus purer Sturheit daran, bis sie ihre Sache gut machte. In der Rechnungsstelle zu arbeiten, war nicht glanzvoll, na und? Es deckte die Kosten. Hin und wieder hatte sie daran gedacht, wieder eine Schule zu besuchen, aber wozu, solange sie sich nicht auf eine berufliche Laufbahn festgelegt hatte? Sie brauchte einen Job, hatte keine Berufung, und damit kam sie zurecht, denn damit war sie flexibler, statt sich nur auf eine Sache zu konzentrieren.

Jina war zappelig, stand immer wieder hinter ihrem Schreibtisch auf und setzte sich wieder, holte Carlin – und sich – ein paarmal Kaffee. Kurz vor Mittag sprang sie auf und kam in Carlins Nische. »Hast du dein Mittagessen mitgebracht?«

»Jaah. Ein Sandwich und eine Tüte Chips.« Kochen war nicht ihr Ding. Einige Frauen, die im Büro arbeiteten, brachten eigene kleine Behälter mit selbst gemachter Suppe oder Lasagne oder Auflauf mit, die sie in der Mikrowelle im Pausenraum aufwärmten. Carlin ersparte sich die viele Mühe und zog ein Sandwich jeden Tag vor.

Das angewiderte Gesicht, das Jina schnitt, war beinahe komisch, allerdings war sie Feinschmeckerin. »Das klingt nicht so gut. Ich gehe die Straße runter und hole eine vegetarische Pizza. Teilst du dir eine mit mir?«

Pizza klang gut, und Jina brauchte offenbar Gesellschaft, also stimmte Carlin zu. Sie schob sich von ihrem Computer weg, löste die Verspannungen im Nacken und griff nach ihrem Regenmantel. »Ich komm mit.«

Jina legte den Kopf schief und machte einen Schmollmund. »Irgendwie hatte ich gehofft, mir deinen Regenmantel ausleihen zu können. Ich habe meinen mitsamt Regenschirm zu Hause gelassen. Und ich muss das alles hier ein bisschen ablaufen ... nennen wir es überschüssige Energie.«

»Wie du meinst.« Irgendwie war es unfair, dass Jina den Regen allein aushalten sollte, um die Pizza zu holen, aber andererseits hatte Carlin vollstes Verständnis dafür, wenn jemand Bewegung brauchte, um Dampf abzulassen.

»Prima.« Jina schnappte sich den Regenmantel und zog ihn über, wobei sie anerkennend mit einer Hand über den Ärmel fuhr. »Hübsch. Ich wünschte, ich fände einen Regenmantel in der Farbe! Wenn du ihn je loswerden willst ...«

»Ich werde bis zu meinem Tod an dem Regenmantel festhalten – aber ich schaue am Wochenende ins Internet und versuche, einen für dich zu finden.«

»Ooooh, Shopping. Ich brauche dringend Frustshoppen, obwohl ein Einkaufszentrum eher nach meinem Geschmack ist als ein Computer. Das ist kommunikativer. Außerdem gibt es da Restaurants. Das sollten wir am Wochenende machen.«

»Klingt nach einem Plan.« Carlin lächelte, ganz froh, nicht in den Regen hinauszumüssen. Am kommenden Wochenende mit Jina shoppen zu gehen war keine schlechte Idee; auch sie könnte Frustshoppen brauchen. »Ich habe zwei Cola light im Kühlschrank, wenn es dir recht ist.«

»Yep. Bin gleich wieder da!« Jina eilte zum Aufzug und rief auf dem Weg dorthin die Pizzeria an. Carlin ging in den Pausenraum, um die Getränke zu holen, Pappteller und Servietten. Bei der Pizza könnte Jina ihr alles über diesen letzten Freund erzählen, wenn sie reden wollte. Vielleicht brauchte sie eine Unterkunft, bis sie ihre Wohnsituation geklärt hatte, falls es sich um einen ernsthaften Bruch der Beziehung handelte und nicht nur um einen Streit. Ihr das Angebot zu machen würde nicht wehtun, dachte Carlin.

Sie könnten Pläne für ihren Einkaufsbummel machen. Carlin setzte sich, streckte die Beine aus und entspannte sich. Ihr ging es besser, und sie stand kurz davor, über sich zu lachen. Na schön, das vielleicht nicht gerade, aber wenigstens würde sie nicht durchdrehen. Das war nicht Brads Toyota gewesen; Brad befand sich im Süden von Texas und hatte keine Ahnung, wo sie war. Sie hatte hier ein neues Leben und schloss Freundschaften, und nicht einmal Brad Henderson würde es ihr vermasseln.

Brad stand auf der anderen Straßenseite gegenüber dem Hochhaus und beobachtete den Eingang aus der Deckung einer grünen Markise vor einem Café. Er nippte an seiner zweiten Tasse, einem großen, heißen Milchkaffee, und fragte sich, in welchem Stockwerk Carlin wohl war. Wenn er genau wüsste, wo sie steckte, könnte er sie irgendwo im Gebäude in die Enge treiben, in einer Toilette oder einem leeren Büro, aber damit würde er sich zu sehr auf den Zufall verlassen. Vieles könnte schiefgehen; er kannte die Gepflogenheiten von niemandem in dem Gebäude, kannte den Grundriss nicht, wusste nicht, wie streng die Security war. Vorläufig gab er sich damit zufrieden, zu beobachten und abzuwarten.

Das war sein zweiter Ausflug nach Dallas, seitdem Carlin vor ihm davongelaufen war. Normalerweise war er kein geduldiger Mann, doch jetzt ungeduldig zu sein wäre ein Fehler. Diese Dinge brauchten ihre Zeit und sorgfältige Planung. Die Schlampe würde für das bezahlen, was sie getan hatte. Sie dachte wohl, sie könnte Beschwerde gegen ihn einreichen und einfach die Biege machen? Er hatte nicht einmal fünf Minuten gebraucht, um sie zu finden. Er hatte ihr gesagt, dass er sich mit Computern gut auskannte; sie hätte ihm glauben sollen.

Für wen hielt sie sich eigentlich, ihn einfach so zu verjagen? Er hatte geglaubt, sie hätten etwas ganz Besonderes. Stattdessen hatte sie plötzlich angefangen, ihm einen Korb zu geben, wenn er sie ausführen wollte, und als er versuchte, sie zu überreden, war sie ausgerastet und hatte eine Beschwerde wegen Belästigung gegen ihn eingereicht. Dank seiner Kumpels bei der Polizei hatte niemand die Beschwerde ernst genommen, aber sie war aktenkundig, und falls Carlin etwas zustoßen sollte, stände er ganz oben auf der Liste möglicher Verdächtiger.

Also hatte er sorgfältig geplant. Na ja, heute hatte er seinen freien Tag, aber daran konnte er nichts ändern. Stattdessen hatte er die Lage von allen Seiten betrachtet und war sich sicher, dass er ein wasserdichtes Alibi hatte.

Lächerlich, dass die blöde Schlampe glaubte, sie könnte ihn austricksen und ihm davonkommen. Sie hatte sich nicht einmal aus dem Scheiß-Bundesstaat herausbewegt. Wie einfach war das denn? Auch wenn sich diesmal keine Gelegenheit ergab, irgendwann wäre es so weit. Er musste einfach in Bereitschaft sein und dann sofort handeln. Sie würde sterben. Schade nur, dass er sie nicht packen, irgendwohin mitnehmen und zuerst ein bisschen Spaß mit ihr haben konnte, aber er konnte der Stadt nicht so lange fernbleiben, ohne Alarm auszulösen. Wenn er gefasst würde, wäre es ja kein Spaß mehr.

Die Waffe, die er bei sich trug, konnte nicht zu ihm zurückverfolgt werden; er hatte sie einem zwielichtigen Drogendealer abgenommen, der anschließend in die Bucht geworfen worden war, und die Seriennummer abgeschliffen. Außerdem hatte er seinen Computer so programmiert, dass er im Lauf des Tages immer wieder Aktivitäten aufzeigte: Chatrooms, Posts bei Facebook, Chats ... es würde so aussehen, als hätte er immer wieder am Computer gesessen, ohne eine mindestens achtstündige Pause für eine Fahrt nach Dallas und zurück.

Die Sicherheitsvorkehrungen in der Tiefgarage waren so eng, dass er Carlin dort nicht fangen konnte. Allerdings würde sie ja auch wieder herauskommen. Vielleicht würde sie in eins der Restaurants in der Nähe gehen, um zu Mittag zu essen, oder sie käme sogar auf ihn zu, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Wäre das nicht der Oberhammer? Er würde zu gern ihren Gesichtsausdruck sehen, wenn sie ihn erkannte, kurz bevor er ihr eine Kugel in den Kopf schoss.

Er musste nur abwarten und beobachten. Im Abwarten war er gut.

Kurz vor Mittag sah er sie. Am Morgen hatte sie einen roten Regenmantel getragen, als sie ihre Wohnung verlassen hatte, und sie trug ihn jetzt auch; er entdeckte sie sogar schon, bevor sie durch die Glastüren auf den Bürgersteig trat, obwohl es so stark regnete, dass man nur verschwommene Sicht hatte. Sie hatte die Kapuze aufgesetzt, eine seidige blonde Haarsträhne lugte hervor, als sie den Kopf gegen den peitschenden Regen senkte und die Straße entlangging.

Sie kam nicht über die Straße auf ihn zu. Na ja, das wäre auch zu viel verlangt gewesen. An die Möglichkeit zu denken war lustig gewesen, aber er hatte gewusst, dass es Spekulation war. Stattdessen wandte sie sich nach rechts und ging rasch durch den Regen.

Brad wollte schon den Rest seines Kaffees auf den Tisch neben sich stellen, besann sich aber eines Besseren. DNA war vertrackt. Er schüttete den Kaffee aus und steckte den Pappbecher in die Jackentasche.

Er zog sich seine dunkle Kapuze ins Gesicht, damit sein Gesicht nicht zu erkennen war. Dank des Regens würde sich niemand Gedanken über ihn machen, denn fast alle machten es genauso. Er verfolgte ihre Bewegungen auf der anderen Straßenseite und ging an der Ecke über die Straße, den Blick die ganze Zeit auf den roten Regenmantel gerichtet. Er wollte sie nicht verlieren, aber er müsste schon hundsmiserabel sein in der Verfolgung eines Menschen, wenn das passieren sollte. Die Umstände waren perfekt; alles wurde gut, als wäre diese Gelegenheit ein Geschenk. Der Regen hielt viele Leute davon ab, auf die Straße zu gehen, und alle, die draußen waren, hielten den Kopf gesenkt und konzentrierten sich auf ihre Füße. Das war kein Tag für einen müßigen Spaziergang, an dem man die anderen Fußgänger prüfend betrachtete. Bei dem dichten Regen und dank seiner hochgezogenen Kapuze würde man ihn nicht gut sehen, selbst wenn jemand in seine Richtung schauen sollte. Niemand wäre in der Lage, eine Beschreibung zu liefern. Augenzeugen waren notorisch unzuverlässig. Aber auch wenn ihnen eine vage Beschreibung gelänge, hatte er immer noch sein Alibi.

Seine Schritte waren länger als ihre und ebenso zielstrebig. Er war direkt hinter ihr, so nah – näher als seit Monaten. Im Stillen hätte er ihr gern in die Augen geschaut, während er den Abzug bediente, um sicherzugehen, dass sie wusste, wer sie umgebracht hatte, aber das ließ sich nicht machen. Er würde nehmen, was ihm zustand. Er hatte Carlin Reed seine Zuwendung angeboten und dafür nur Beleidigungen und Ablehnung geerntet. Sie hatte es verdient zu sterben.

Aha. Sie bog in eine Seitenstraße, und sie hatten einen langen Abschnitt des Bürgersteigs für sich. Ja, ein Geschenk, das war es. Eine fast perfekte Gelegenheit, die vielleicht nie wieder kam.

Er griff in seine Tasche nach der Automatik. Mit schnellen, geschmeidigen Schritten holte er zu ihr auf, seine Gummisohlen machten kein Geräusch auf dem nassen Bürgersteig. Als er nur noch ein, zwei Meter hinter ihr war, zog Brad die Waffe, zielte, schoss und steckte die Waffe dann sofort wieder in die Tasche.

Der Schuss saß, aber das hatte er gewusst. Er war der beste Schütze in seiner Truppe. Die Kugel drang knapp fünf Zentimeter über Carlins Genick in ihr Hirn. Ihr Körper zuckte zusammen, und sie fiel mit dem Gesicht nach vorn auf den Bürgersteig. Seiner Berechnung nach war sie schon tot, bevor sie auftraf. Das Loch hinten in ihrer roten Kapuze war sauber; der Anblick von vorn dürfte nicht ganz so reinlich sein, aber er konnte nicht bleiben und sie umdrehen, damit er sich den Schaden ansehen konnte. Der Schuss hatte die wenigen aufmerksam gemacht, die durch den strömenden Regen gingen, und zumindest ein Mann schaute ihn direkt an, doch Brad glaubte nicht, dass er die Pistole gesehen hatte. Zwischen ihm und dem Mann liefen Leute aus den nahe liegenden Firmen über den Bürgersteig. Er verlor den Zeugen aus den Augen, während er sich langsam entfernte, zuversichtlich, dass der Regen und die Kapuze und die Aufregung den Augenzeugen mehr oder weniger nutzlos machten.

Der Regen wurde stärker, anhaltender. Den Kopf gesenkt, ging Brad mit langen Schritten zu seinem Wagen. Es war sein Wagen, aber das amtliche Kennzeichen gehörte nicht ihm; er hatte es vorsichtshalber am Morgen von einem Schrottwagen gestohlen, der aussah, als wäre er schon jahrelang nicht mehr angelassen worden. Er hatte alle Möglichkeiten abgedeckt. Er hatte die Hände in den Taschen gelassen, die rechte Hand am Pistolengriff, falls der Mann, der ihn am Tatort gesehen hatte, sich zu einer Dummheit hinreißen ließ und ihm folgte. Aber niemand kam hinter ihm her, und er verlor sich im allgemeinen Durcheinander. In der Ferne ertönten Sirenen – er musste in seinen Wagen steigen und aufbrechen, bevor die Straßen blockiert waren. Er hatte Zeit. Nicht viel, aber er hatte Zeit. Er dachte schon voraus. Er würde den Kaffeebecher und die Waffe irgendwo zwischen Dallas und Houston wegwerfen. Außerdem würde er sich des gestohlenen Kennzeichens entledigen und das richtige wieder anbringen. Niemand wäre je schlauer.

Er fühlte sich gut. Leichter. Bestätigt. Carlin war tot, und er war glücklich. Tot. Sie hatte es sich selbst zuzuschreiben. Sie gehörte ihm, er hatte Anspruch auf sie erhoben, und sie hatte versucht fortzulaufen. Zuerst hatte sie ihm gefehlt, aber jetzt nicht mehr. Was war ihm denn anderes übrig geblieben? Nichts. Gar nichts.

Kein Grund, sich infrage zu stellen. Carlin hatte bekommen, was sie verdiente. Es war erledigt.

1

Zehn Monate später

Battle Ridge, Wyoming, sah nicht gerade berauschend aus. Carlin Reed steuerte ihren ausgeblichenen roten Subaru auf einen Parkplatz vor einem leeren Laden und schaute sich um. Hier würde es wahrscheinlich keine Jobs geben, aber sie würde sich trotzdem umhören. Sie hatte in den letzten Orten Arbeit gefunden und Tätigkeiten ausgeführt, die ihr vorher nie in den Sinn gekommen wären. Arbeit war Arbeit, Geld war Geld, und sie hatte gelernt, nicht wählerisch zu sein. Sie war sich nicht zu fein für Gartenarbeit, Geschirrspülen oder irgendetwas anderes, solange es nicht mit Prostitution zu tun hatte. Ihr erster Versuch, auf einem Aufsitzmäher einen Rasen zu mähen, wäre eines Clips auf YouTube wert gewesen, aber sie hatte dazugelernt.

Vom äußeren Anschein her machte Battle Ridge eine schwere Zeit durch. In ihrem Atlas wurde die Bevölkerung mit 2.387 angegeben, aber der Atlas war sechs Jahre alt, und soweit sie gesehen hatte, als sie in den Ort hineinfuhr, bezweifelte sie, dass Battle Ridge jetzt noch so viele Bewohner ernährte. Sie war an leer stehenden Häusern vorbeigekommen mit dem Schild »zu verkaufen«, das schon so lange dort hing, dass es schmutzig und verwittert war, und an leeren Läden mit dem Schild »zu verkaufen oder zu vermieten« im Schaufenster. Hier im Westen würde die Stadt noch immer als ziemlich große Stadt durchgehen, besonders in einem Staat von der Größe Wyomings mit einer Gesamtbevölkerung von einer halben Million. Dennoch, Realität war, dass die Hälfte der Gebäude ringsum leer standen, was bedeutete, dass sie wahrscheinlich weiterfahren würde.

Aber noch nicht sofort. Jetzt hatte sie erst einmal Hunger.

Viel Verkehr herrschte nicht, was nicht weiter verwunderlich war. Hunger hin oder her, Carlin saß im staubigen SUV und nahm durch die Sonnenbrille ihre nähere Umgebung in Augenschein, jedes Fahrzeug, jede Person. Vorsicht war ihr ins Blut übergegangen. Nur ungern verlor sie die unbewusste Freiheit und Spontaneität, die sie früher gekannt hatte, aber rückblickend konnte sie nur staunen, wie ahnungslos sie gewesen war, wie verwundbar.

Der Grad ihrer Verwundbarkeit könnte sich den Umständen entsprechend vielleicht ändern, aber sie würde um nichts auf der Welt in ihrer Wachsamkeit nachlassen. Sie hatte bereits bemerkt, dass die Kennzeichen der Pkws und Lastwagen, die auf beiden Straßenseiten parkten, aus Wyoming waren. Dass man ihre Aktivitäten hätte vorhersehen können, war eher unwahrscheinlich, da Carlin nicht gewusst hatte, dass sie hier anhalten würde, aber sie prüfte dennoch.

Zwei Häuser weiter auf der rechten Seite war ein Café, The Pie Hole. Drei Pick-ups standen davor, obwohl zwei Uhr mittags nicht gerade Essenszeit war. Den Namen des Cafés fand sie lustig, und sie fragte sich, wer wohl auf die Idee gekommen war, ob ein Sinn für schrulligen Humor oder eine völlig gleichgültige Haltung hinter der Wahl standen. Ihre Belustigung war jedoch nur von kurzer Dauer, dann setzte sie ihre Betrachtung fort.

Direkt hinter ihr war ein kleiner Baumarkt, vor dem auch ein paar Fahrzeuge abgestellt waren. Links war ein Gemischtwarenladen, ein Waschsalon und ein Geschäft für Futtermittel. Einen Häuserblock davor war sie an einer kleinen Bank vorbeigefahren, neben der sich die Post befand. Weiter hinten sah sie das Schild einer Tankstelle. Wahrscheinlich wäre auch eine Schule da, und vielleicht fuhren Leute aus einem Umkreis von fünfzig Meilen ihre Kinder hierher. War die Stadt groß genug, um einen Arzt oder Zahnarzt zu ernähren? In ihren Augen war es ein gutes Geschäft: tausend oder mehr Patienten und keine Konkurrenz. Man könnte es schlechter antreffen.

Nachdem sie ein paar Minuten beobachtet hatte, lehnte sie sich zurück und wartete auf ihre innere Stimme, die ihr sagte, wann sie lange genug geduldig war. Sie hatte gelernt, auf ihre eigenen Instinkte zu hören.

Die Normalität drang in ihre Knochen. Hier gab es nichts Beängstigendes, nichts Ungewöhnliches geschah. Sie nahm ihre Baseballmütze vom Beifahrersitz, setzte sie auf und schnappte sich ihre Straßenkarte und die Kapuzenjacke, bevor sie ausstieg. Die Luft war kalt, obwohl noch Sommer war. Die Jacke war sehr leicht, nur zwei Schichten Nylon, aber sie hatte so viele Taschen, dass Carlin wirklich tagelang gebraucht hatte, um alle aufzuspüren. Wenn sie das Weite suchen musste, war alles, was sie brauchte, in diesen Taschen: Ausweis, Geld, ein Wegwerfhandy, dessen Batterie entfernt war und in einer anderen Tasche aufbewahrt wurde, ein Taschenmesser, eine kleine LED-Lampe, sogar ein paar Ibuprofen und einige Eiweißriegel. Nur für alle Fälle. Neuerdings umgab sie sich mit Gegenständen und Szenarien »für alle Fälle«; sie war wachsam und vorbereitet.

Sie drückte auf den Verschlussknopf der Fernbedienung, ließ den Zündschlüssel mit der Fernbedienung in die rechte Tasche ihrer Jeans gleiten und begab sich auf den Weg zum kleinen Café; mit langen Schritten war die Entfernung rasch zurückgelegt, noch ein Detail, das sich im vergangenen Jahr an ihr verändert hatte. Früher war sie nie in Eile irgendwohin gegangen; jetzt sagte ihr Instinkt ihr, sich schleunigst von A nach B zu bewegen, zu erledigen, was sie vorhatte, und dann weiterzugehen. Es stimmte zwar, dass ein rollender Stein kein Moos ansetzte, aber ihr ging es nicht darum, kein Moos anzusetzen, aber ein Ziel, das sich bewegte, war schwerer zu treffen. Das kam der Sache schon näher.

Doch als sie die Tür zum Café erreichte, erschrak sie über ihr eigenes Spiegelbild. Baseballmütze, die langen blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden, Sonnenbrille. Wann hatte sie sich den Sarah-Connor-Terminator-Habitus zugelegt? Wann war sie so geworden, dass sie sich kaum wiedererkannte?

Die Antwort darauf war einfach: in dem Augenblick, als ihr klar geworden war, dass Brad versuchte, sie umzubringen.

Sie öffnete die Tür des Pie Hole, und über ihr bimmelte eine Glocke, als sie hineinging. Sie trat zur Seite und nahm sich kurz Zeit, eine rasche Einschätzung vorzunehmen, nach einem anderen Ausgang zu suchen – für alle Fälle –, die drei Männer in Augenschein zu nehmen, die gerade an der Bartheke rittlings auf den Hockern saßen, die Beine breit und die Stiefelabsätze in die Querstangen gehakt, als wären sie auf dem Rücken eines Pferdes – auch für alle Fälle. Von ihrem Standpunkt aus konnte sie keine als solche gekennzeichnete Hintertür erkennen, obwohl es dort eine Tür mit dem Schild »Eintritt verboten« gab. Könnte ein Lagerraum sein, oder ein Ausgang. Vermutlich gab es jedoch in der Küche eine Hintertür und vielleicht ein Fenster in der Toilette. Dabei würde sie beides während dieses kurzen Halts nicht brauchen.

Die drei Männer am Tresen musterten sie genauso, und sie stellte fest, dass sie sich anspannte. Sie lenkte nicht gern Aufmerksamkeit auf sich. Je weniger sie auffiel, desto unwahrscheinlicher war, dass Brad sie aufspüren könnte. Beruhigend war, dass ihr an den Männern nichts auch nur im Entferntesten bekannt vorkam und dass ihre Kleidung sie als ortsansässig auswies. Sie konnte inzwischen gut beurteilen, was ortsansässig war – wo immer »ortsansässig« auch sein mochte – und was nicht. Diese Männer passten, von ihren zerknitterten Hüten bis hin zu ihren abgelaufenen Stiefelabsätzen.

Sie hätte nicht hier reinkommen sollen. Zu spät wurde ihr klar, dass jeder Fremde auffallen würde in einem so kleinen Ort, in dem sich vielleicht nicht alle Einwohner persönlich kannten, aber bestimmt alle erkennen würden, wer dazugehörte und wer nicht. Sie gehörte nicht dazu. Carlin wollte schon gehen, aber damit hätte sie noch mehr Aufmerksamkeit erregt. Im Übrigen hatte sie Hunger. Am besten war wohl, wenn sie sich ganz normal verhielt, sich hinsetzte und bestellte. Sie würde essen, die Rechnung bezahlen und dann wieder gehen.

Das Café selbst war eher klein und machte einen guten Eindruck, grauer Linoleumboden, weiße Wände, eine waschechte Musikbox an der hinteren Wand, rote Nischen an der Fensterfront zur Straße und vereinzelt ein paar kleine runde Tische in der Mitte. Die Theke, auf der ein paar klarsichtige Kuchenformen und eine altmodische Registrierkasse standen, füllte die Längsseite des Raums aus. Eine hübsche Brünette in der rosa Uniform einer Kellnerin stand hinter der Theke und sprach mit den drei Männern so entspannt, als würde man sich schon lange kennen; wie die Männer schaute sie auf, als Carlin hereinkam, und selbst durch ihre Sonnenbrille fing Carlin den funkelnden Schimmer erstaunlich heller Augen ein, woraufhin sie das hübsche Aussehen der Kellnerin gleich aufwertete. Vielleicht lag es eher an den Augen, weshalb die drei Cowboys ihr Lager auf den Hockern aufgeschlagen hatten, weniger an dem verlockenden Essen. Gut. Wenn sie mit der Kellnerin flirteten, würden sie wahrscheinlich niemand anderem groß Aufmerksamkeit schenken.

Die letzte Nische befand sich vor einer Wand; Carlin wählte die aus und schlüpfte instinktiv so hinein, dass sie die Tür im Auge hatte ... für alle Fälle. Die Plastikspeisekarte steckte zwischen dem Serviettenhalter und den Salz- und Pfefferstreuern. Carlin setzte ihre Mütze und die Sonnenbrille ab und nahm die Speisekarte zur Hand, eher wohl aus Neugier, denn sie wollte nur Kaffee und Kuchen haben. Sie musste etwas essen und die Pause nutzen, um die Karte von Wyoming zu studieren und genau herauszufinden, wohin diese kleine Landstraße führte, um sich einen Ort auszusuchen, in dem sie eine Weile bleiben konnte.

Sie war sich so sicher gewesen, dass Brad es nicht für nötig halten würde, ihr nach Dallas zu folgen. Sie hatte sich geirrt, katastrophal geirrt. Wenn sie jetzt irgendwo anhielt, ergriff sie zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen. Niemand bekam ihre Sozialversicherungsnummer. Ein Konto durfte es nicht geben, keine Lohnsteuerbescheinigung, verdammt; irgendwie musste sie von der Bildfläche verschwinden, was im Zeitalter der Datenspeicherung zunehmend schwerer wurde. Er hatte mit seinen Computerkenntnissen geprahlt, und sie hatte gehofft, dass es nur Angeberei war, aber offensichtlich war das nicht der Fall. Sie wusste nicht, wie er sie in Dallas gefunden hatte, aber es war ihm gelungen, und sie hatte es gerade noch lebend überstanden. Jina nicht.

Wenn sie den Gedanken zuließ, was passiert war, verkrampfte sich ihr Magen vor Panik, und sie hatte dann das Gefühl, an ihrem eigenen Atem zu ersticken, daher hatte sie die Erinnerung beiseitegeschoben und sich darauf konzentriert, nach vorn zu schauen und zu tun, was notwendig war, um am Leben zu bleiben. Er würde es wieder versuchen, aber sie würde es ihm verdammt schwer machen. Irgendwie würde sie herausfinden, was sie tun musste, eine Möglichkeit, ihn zu überlisten, ihm eine Falle zu stellen – irgendetwas. So konnte sie nicht ewig leben.

Vorerst jedoch konnte sie nicht allzu lange an einem Ort bleiben. Leider hatte sie nicht genügend Bargeld, um ständig mit dem Auto durch das Land zu reisen, daher würde sie sich mit Arbeit hier und da über Wasser halten. Im Idealfall würde sie einen Ort finden, an dem sie über den Winter bleiben könnte, weshalb sie sich so weit in den Norden gewagt hatte. Menschen auf der Flucht neigten eher zu wärmerem Klima, größeren Städten. Sie hatte das Gegenteil gemacht.

Sie hatte Brad einmal erzählt, dass sie die Kälte nicht mochte, und im Scherz geäußert, dass sie sich eines Tages nach Florida zurückziehen werde. Wenn er sich an dieses Detail erinnerte, würde er vielleicht nicht auf die Idee kommen, in Wyoming nach ihr zu suchen.

Sie las die Speisekarte durch. Die Angebote waren schlicht: Eier, Burger und eine rätselhafte »Spezialität des Tages« – daneben natürlich die »Pie des Tages«. Heute war Donnerstag. Vielleicht war Donnerstag Apple Pie dran.

»Was kann ich Ihnen bringen?« Die Brünette in Rosa kam an die Nische. Sie hatte keinen Bestellzettel dabei, aber bei einer so übersichtlichen Speisekarte brauchte man wahrscheinlich auch keinen.

Carlin schaute auf. »Kat« war auf die Brusttasche der rosa Uniform gestickt, und die Augen der Kellnerin waren von Nahem noch verblüffender, eine Art elektrisierendes Grau, das zu Blau hin changierte, klar wie ein Bergsee.

»Welchen Kuchen gibt es heute?«

»Wir haben Kirsch- und Zitronenkuchen.«

»Ich hatte auf Apfel gehofft«, sagte Carlin, »aber Kirsch geht in Ordnung. Und Kaffee, schwarz.«

»Kommt sofort.«

Nachdem Kat gegangen war, legte Carlin ihren Atlas auf den Tisch und schlug Wyoming auf. Ihr Finger fuhr an der Straße entlang, die sie nach Battle Ridge geführt hatte. Sie verfolgte sie weiter bis zu anderen Namen von anderen Orten und anderen Straßen und Meilen über Meilen Niemandsland bis hinein nach Montana. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Kat mit ihrer Bestellung kam, und sie schob den Atlas zur Seite, um Platz zu machen.

Ein in eine Serviette eingeschlagenes Besteck und ein kleiner Teller, auf dem ein großes Stück Kirschkuchen lag, wurde vor sie hingeschoben, dann eine Untertasse und eine leere Tasse. Kat hob den Kaffeetopf von ihrem Tablett und füllte fachmännisch die Tasse. »Haben Sie sich verfahren?«, fragte sie und deutete mit einem Kopfnicken auf den Atlas.

»Eigentlich nicht.«

»Wohin wollen Sie denn?«

Das war die Vierundsechzigtausenddollarfrage. »Das habe ich noch nicht entschieden.«

»Das klingt nach Freiheit«, stellte die Kellnerin fest und ging ohne weiteren Kommentar.

Carlin griff nach ihrer Gabel und nahm den ersten Bissen. Der Nicht-Apfel-Kuchen war erstaunlich gut. Für eine Minute, vielleicht für zwei, vergaß sie ihre Sorgen und überließ sich einfach ihren Geschmacksnerven. Die Kruste war blättrig und gebuttert, die Füllung war perfekt gesüßt. Auch der Kaffee schmeckte gut. Sie holte tief Luft und stellte fest, dass sie zum ersten Mal seit Wochen ehrlich von sich behaupten konnte, entspannt zu sein. Das würde nicht so bleiben, aber vorerst würde sie es dankbar annehmen.

Während sie aß, kam ein Mann herein und wollte ein Stück Pie zum Mitnehmen. Allem Anschein nach war sie nicht die Einzige, die diesen Kuchen außergewöhnlich gut fand. Müßig hörte sie zu, wie er und Kat sich unterhielten, über Nachbarn, das Wetter. Ja, ohne jeden Zweifel war die Kellnerin ebenso ein Renner wie ihr Kuchen, zumindest was den männlichen Teil der Bevölkerung betraf.

Carlin schaute zum Fenster hinaus. Battle Ridge war nicht sehr ansehnlich, das stand fest, aber es hatte alles, was eine kleine Stadt brauchte, zumindest für Carlins Zwecke: ein Lokal, in dem man essen konnte, einen Waschsalon, einen Gemischtwarenladen. Die Menschen, die am Café vorbeikamen, schauten alle hinein und winkten, auch wenn sie nicht hereinkamen.

Carlin zog ihre Jacke zu sich, öffnete eine Reißverschlusstasche, um Geld für ihre Mahlzeit herauszuholen, und zählte instinktiv die Geldscheine. Oh, für den Kuchen und den Kaffee war wohl reichlich vorhanden, aber ansonsten nicht genug, nicht einmal annähernd. Das Leben auf Achse fraß ihre Ersparnisse schneller, als sie erwartet hatte.

Sie sammelte ihre Sachen ein und begab sich mit Geld in der Hand an die Registrierkasse. Der Mann, der sich ein Stück Zitronenkuchen gekauft hatte, verließ das Café, sein Blick blieb etwas zu lange an Carlin hängen. Da war es wieder; der Blick war neugierig, nicht bösartig – sie kannte den Unterschied –, aber eine weitere Person hatte sie zur Kenntnis genommen.

Kat nahm das Geld, tippte den Betrag ein und gab das Wechselgeld heraus. Carlin legte einen Dollar Trinkgeld auf die Theke. Das war nicht viel, aber vom Prozentsatz her war es großzügig, und ganz gleich, wie arm sie war, sie hatte nicht vor, eine nette Person zu betrügen, die ein Trinkgeld verdient hatte.

Carlin wusste, sie sollte ihren Atlas nehmen und gehen, machte es aber nicht. Vielleicht gab es ja eine Arbeitsmöglichkeit in der Stadt, aber wenn sie einfach wegfuhr, ohne zu fragen, würde sie es nie wissen. Sie rutschte halb auf einen Hocker. »Wie lange arbeiten Sie schon hier?«, fragte sie.

Kat verzog den Mund zu einem Lächeln. »Schon ewig, scheint mir. Der Laden gehört mir. Ich bin Köchin, Kellnerin und Mädchen für alles in einer Person.«

Dabei stach eine Eigenschaft besonders hervor. »Sie haben den Kuchen selbst gemacht? Der war toll.«

»Ja. Danke.« Kat grinste noch breiter. »Morgen ist Apfel dran, falls Sie noch hier in der Gegend sind.«

»Das hängt davon ab, ob jemand hier nach einer Hilfe sucht.« Carlin konnte sich vorstellen, dass es in einer Stadt zwei Orte gab, an denen so ziemlich alles bekannt war, den Schönheitssalon und das Café. Sie hatte vorgehabt, zu essen, den Subaru aufzutanken und weiterzufahren, aber ihre Pläne waren unklar, und sie würde jede Unterbrechung nutzen, die ihr über den Weg lief.

Kat schwieg eine Weile, ihr Blick noch immer klar, ließ sich aber nichts anmerken, während sie ihre eigene Einschätzung vornahm. »Schon möglich. Können Sie kochen?«

»Ich bin lernfähig.« Für den Alltagsgebrauch reichte ihre Kochkunst, aber sie war auf keinen Fall auf Kats Niveau. Wenn man sie je gefragt hätte, wonach sie im Leben strebte, hätte Kochen ganz weit unten auf der Liste gestanden. Okay, wahrscheinlich hätte es es nicht einmal auf einen Listenplatz geschafft. Allerdings hatte sich ihr Leben verändert, und sie war bereit, jede Arbeit zu tun.

»Haben Sie etwas dagegen, Geschirr zu spülen und Böden aufzuwischen?«

»Nöh.« Sie war nicht stolz; sie würde auf den Knien Böden putzen, wenn es nötig war, um Geld zu verdienen.

»Jemals gekellnert?«

»Ein bisschen. Das ist schon eine Weile her.«

»Manche Dinge ändern sich nie.« Kat spitzte den Mund. »Ich kann es mir nur leisten, Sie als Teilzeitkraft einzustellen, und die Bezahlung ist nicht gerade toll.«

Als sie sich nach vorhandenen Jobs erkundigte, hatte sie keineswegs damit gerechnet, hier in diesem kleinen Café einen zu finden. Sie hatte nicht vor, ihn abzulehnen, doch jetzt kam der schwierige Part. »Das geht schon klar. Es ist nur ...« Sie hielt inne, schaute zu den drei anderen Gästen hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie nicht mithören konnten, warf dann einen Blick aus dem Fenster und prüfte die Straße, bevor sie tief Luft holte und sich wieder an Kat wandte. »Ich muss bar bezahlt werden. Keine Meldung, keine Steuern, kein Papierkram.«

Kats entspanntes Lächeln erstarb, und in den klaren Augen blitzte etwas auf. »Haben Sie Probleme? Genauer gesagt, sind Sie ein Problem?«

Carlin neigte den Kopf, überlegte kurz und zuckte dann mit den Schultern. »Vermutlich können Sie es so oder so betrachten, aber ich würde sagen, ich habe ein Problem.«

»Welcher Art? Gesetzlich oder ein Mann? Eins von beiden muss es sein.«

»Wohl wahr«, murmelte Carlin. »Ein Mann. Stalker, um genau zu sein.«

Kleinstadt hieß nicht dumm. »Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?«

»Weil er einer von denen ist«, sagte sie rundheraus.

»Tja, das macht die Sache kompliziert, nicht wahr?« Kat kniff die Augen zusammen. »Es muss doch auch gute Cops geben, woher Sie auch kommen. Mir gefällt der Gedanke echt nicht, dass ein schwarzes Schaf einen zwingen kann, sich auf die Reise zu begeben. Vielleicht sollten Sie es noch einmal versuchen.«

»Zweimal hat mir gereicht.«

»Oh, Scheiße!« Kat starrte sie unentwegt an, ihr Blick war scharf wie eine Messerklinge. Carlin hatte keine Ahnung, was sie sah, aber was es auch sein mochte, ihre nächsten Worte waren forsch und entschieden. »Sie sind eingestellt. Nur Teilzeit, wie schon gesagt. Ein bisschen kochen, die leichteren Sachen, aber in der Hauptsache Putzen und Bedienen. Ich übernehme das Backen. Das Geschäft läuft gut, aber ich sahne nicht groß ab. Es soll sich allerdings für Sie lohnen. Noch interessiert?«

»Ja«, erwiderte Carlin, ohne auch nur einen Moment zu zögern.

»Haben Sie eine Unterkunft?«

Da Carlin gerade erst entschieden hatte – in der Sekunde, als Kat ihr Angebot unterbreitet hatte –, in der Gegend zu bleiben, war die Antwort hierauf ein deutliches Nein. Sie schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, wo es hier ein Zimmer gibt, das ich mieten kann? Nicht allzu teuer, nur ein Zimmer mit Bett.« Als sie in den Ort gefahren war, hatte sie kein Motel gesehen, aber bestimmt gab es jemanden in der Stadt, der ihr ein Zimmer vermieten würde.

Kat legte den Kopf schief und deutete auf die einzelne Toilettentür hinten im Café; daneben war die geschlossene Tür mit dem Schild »Kein Eintritt«. »Oben habe ich ein Zimmer. Da können Sie bleiben. Kostenlos für Angestellte«, fügte sie hinzu. »Eigentlich ist es eher ein Dachboden, aber im Winter bleibe ich da, wenn das Wetter so schlecht ist, dass ich nicht von zu Hause hin- und herfahren will«, sagte sie, als wäre das Angebot keine große Sache. Aber das war es, zumindest für Carlin. Sie war nicht so stolz, dass sie unbedingt über eine Miete diskutieren musste. Jeder Dollar, den sie sparte, vergrößerte ihre Chance, nicht umgebracht zu werden.

Im Übrigen wäre es nicht für lange. Sie würde ein paar Dollar einnehmen, zu Atem kommen, sich vielleicht einen dauerhafteren Plan ausdenken. »Danke.« Sie brachte ein Lächeln zustande. Nachdem die nächste Zukunft unter Dach und Fach war, fiel ein wenig Angst von ihr ab. »Ich kann sofort anfangen; sagen Sie mir nur, was zu tun ist.«

»Abgemacht.« Kat reichte ihr über die Theke die Hand. »Da wir zusammenarbeiten werden, sollte ich mich vorstellen. Kat Bailey.«

Carlin zögerte einen Moment, dachte kurz nach und schlug ein. Sie war nicht bereit, irgendjemandem ihren richtigen Namen zu nennen, bis sie genau wusste, wie Brad sie beim letzten Mal gefunden hatte. Dabei vertraute sie Kat, hatte aber einfach nur gelernt, dass sie nicht vorsichtig genug sein konnte. Ihr Blick schweifte über den Tresen. Ein Stück weiter stand eine volle Flasche Ketchup, und Carlin hatte eine Eingebung. »Hunt«, sagte sie rasch. »Carlin Hunt.«

Kat schnaubte, als sie den Händedruck beendete. »Na ja, wenigstens hast du nicht zu Boden geschaut und Linoleum als Nachname angegeben.«

Erwischt. Sie war keine gute Lügnerin, und das musste ein Ende haben. Ob sie wollte oder nicht, sie musste besser werden, wenn sie sich Geschichten ausdachte. Sie zog die Nase kraus und hielt es nicht für nötig, die Flunkerei zu leugnen. Carlin wartete darauf, dass das Angebot eines Jobs und einer Bleibe zurückgezogen wurde.

Aber Kat nickte ihr lediglich forsch zu, mehr nicht. »Hol deine Sachen; du kannst wenigstens auspacken, bevor du anfängst zu arbeiten.« Offensichtlich war ein erfundener Familienname nichts, was Kat Baileys Pläne über den Haufen werfen konnte.

Als Carlin hinaus zum Subaru ging, um ihren Rucksack zu holen, atmete sie erleichtert auf. Sie hatte eine Unterkunft und eine Möglichkeit, ein paar Dollar zu verdienen, die keinen Rasenmäher oder Rasentrimmer erforderte. Und morgen würde es sogar Apple Pie geben.

Zum ersten Mal seit Langem konnte sie an ein »morgen« denken, das nicht von Angst und Unsicherheit geprägt war.

2

»Es ist nicht viel«, sagte Kat munter, als sie vor Carlin die dunkle, schmale Treppe hinaufging. Eine einzelne Glühbirne mit schmucklosem Schirm beleuchtete die oberen Stufen; sie war nötig, weil das Treppenhaus innen lag und keine weitere Lichtquelle hatte. Die Holzstufen waren stabil, ihre Schritte hallten in dem beengten Raum wider. Carlin war ein wenig mulmig zumute. War das der einzige Zugang?

Als sie oben ankamen, schloss Kat die Tür auf und öffnete sie. Carlin folgte ihr in den Raum und schaute sich um. Kat hatte nicht gelogen, dachte Carlin, es war nicht viel. Rasch nahm sie mit einem Blick alles in sich auf. Ein Zimmer, spärlich möbliert, und ein Bad. Ein Fenster ging zur Straße hinaus, was ihr die Sorge nahm, hier oben in einer Falle zu sitzen. Sie ließ ihren Rucksack zu Boden fallen und trat ans Fenster.

»Die Aussicht ist ganz gut«, sagte Kat, und da erst dachte Carlin daran, weiter hinauszuschauen bis zu den prächtigen Bergen, die über der kleinen Stadt aufragten.

»Oh«, sagte sie leicht überrascht.

Eine Pause trat ein. »Das war dir nicht aufgefallen.« Eine Feststellung, keine Frage. Kat durchquerte den Raum und stellte sich neben sie, verschränkte die Arme und schaute auf die Straße hinunter, wie Carlin es gemacht hatte, dann hinüber zu den Bergen, als wollte sie eine Aussicht gegen die andere abwägen. Der Blick auf die Straße konnte nicht mithalten, das stand außer Zweifel. »Hältst du nach jemandem Ausschau?«

»Nein. Hab nur die Höhe überprüft.«

»Denkst du daran, runterzuspringen?«

»Nur wenn ich muss«, sagte Carlin geradeheraus. Sie wusste nie, ob es dazu kommen würde – und das war das Problem: Sie wusste es nie.

Kat schenkte ihr einen langen, eindringlichen Blick, den Carlin erwiderte, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hätte sich mit Geschwafel herausreden können, sie sei der vorsichtige Typ und prüfe in einem Hotel alles nach, aber da sie bereits in Grundzügen erzählt hatte, warum sie hier war, wieso sollte sie sich die Mühe machen? Sie hatte sich noch nicht entschieden, ob sie auch den Rest erzählen sollte, aber ungeachtet dessen konnte sie sich nur auf sich selbst verlassen. Sie musste ihrem Instinkt vertrauen, und nachdem Brad sie das letzte Mal gefunden hatte, sagte ihr Instinkt ihr, dass sie sich nie schlafen legen sollte, bevor sie einen Ausgang entdeckt und geplant hatte, wie sie dorthin und hinaus kam.

Aber Kat hatte etwas an sich, das Carlin veranlasste, ihr zu vertrauen, selbst nach einer so kurzen Bekanntschaft. Sie konnte es nicht genau benennen, hätte auf kein bestimmtes Detail den Finger legen können, das Vertrauen rechtfertigte, aber es war da. Wieder einmal Instinkt. Der hielt sie vielleicht am Leben. Auf andere zu hören mit ihren »Oh, das würde er doch nicht tun«, hatte weiß Gott nicht funktioniert, und dafür war sie allein verantwortlich. Sie hatte einfach nicht glauben wollen, dass Brad alles Erdenkliche tun würde, und jetzt war eine Unschuldige tot.

Sie wandte sich vom Fenster ab und betrachtete die anderen Einzelheiten des Raums. Ein Futon diente als Couch und Bett, ein Beistelltisch und eine kleine Leselampe auf der linken Seite. Vor einer Wand stand ein Kleiderständer auf Rädern sowie eine kleine Küchenzeile mit einer Mikrowelle und einer Kochplatte, das alles nahm nicht mehr als zwei Meter Wandbreite ein. Darüber hinaus gab es noch einen runden Bistro-Tisch, vielleicht fünfzig Zentimeter im Durchmesser, und einen Stuhl. Sie konnte ins Bad schauen: es bestand aus einer Toilette, einer nicht sehr geräumigen Duschkabine und einem Waschbecken, über dem ein altmodischer Medizinschrank hing.

Allein dieser Raum sagte ihr viel über Kat, vor allem, dass sie keine Männer hier oben empfing; sie war keine zimperliche Frau, die großen Wert auf leibliches Wohl legte, und sie sorgte zuerst für das Nötigste.

»Das genügt«, sagte sie nachdrücklich. Luxuriös? Nein. Doch die spärliche Unterkunft hatte alles, was sie brauchte, und auch ohne eigenes Bad war sie viel besser, als im Subaru zu schlafen, was sie mehr als ein Mal gemacht und was ihr nicht gefallen hatte.

»Hier oben ist kein Fernseher«, sagte Kat, »aber unten in der Küche steht einer. Außerdem gibt es unten einen Tischbackofen, falls du dir den hier raufholen möchtest. Du bekommst täglich zwei Mahlzeiten – das, was ich an dem Tag gerade anbiete. Ich mache Frühstück und Mittagessen, geöffnet ist von April bis September ab fünf Uhr, im Rest des Jahres um sechs Uhr, und ich schließe um drei – das heißt, du bist um eine günstige Zeit vorbeigekommen, denn nachdem du ausgepackt hast, kannst du mir helfen, den Laden zu schließen, und wir werden Zeit zum Reden haben.«

»Auspacken kann ich später. Stell mich ruhig an die Arbeit«, erwiderte Carlin, die ihr Glück kaum fassen konnte. Eine Unterkunft, Verpflegung inbegriffen? Damit war die niedrige Bezahlung mehr als ausgeglichen. Zwei Mahlzeiten am Tag, und wenn sie die richtig einteilte, brauchte sie überhaupt kein Abendessen. Sie würde mit einem späten Frühstück und einer Mahlzeit am Nachmittag, vielleicht kurz vor Schließung des Cafés, auskommen. Oder sie könnte die Hälfte ihres Mittagessens zu sich nehmen und die andere Hälfte für das Abendessen aufheben. Wie auch immer, damit würde sie viel Geld sparen.

»Na schön, fangen wir an«, sagte Kat, reichte ihr den Türschlüssel und ging wieder die Treppe hinunter. Carlin steckte den Schlüssel in die Tasche, schloss aber die Tür nicht hinter sich ab. Sollte sie schnell aufbrechen müssen, wollte sie keine verschlossene Tür im Weg haben. Sie wollte ihre Jacke schon auf das Futon fallen lassen, doch in letzter Sekunde gebot ihr die Vorsicht, sie in der Hand zu behalten. Auch wenn die Chance noch so gering war, dass sie die Flucht ergreifen musste, wollte sie die Jacke doch bei sich haben.

Die drei Stuhlreiter saßen noch immer auf ihren Plätzen an der Theke, aber sobald Kat wieder auftauchte, nahmen sie ihre Belege, rutschten von den Hockern, angelten Trinkgeld aus ihren Taschen und schlenderten zur Kasse, die am Ende des Tresens direkt beim Ausgang stand. Ein rascher Blick auf die Uhr an der Wand sagte Carlin, dass sie zehn Minuten vor dem Schließen aufbrachen. Kat gab zügig die Summen ein, ging über den Flirtversuch eines Gastes hinweg, und sobald der letzte gegangen war, drehte sie das Schild an der Tür herum, auf dem »geschlossen« stand, und schloss ab.

»Ich kann es nicht ausstehen, wenn einer auf die letzte Minute kommt«, erklärte sie brummig. »Das bringt dann meinen ganzen Zeitplan durcheinander.«