Doppelter Verrat! - Amy Taylor - E-Book

Doppelter Verrat! E-Book

Amy Taylor

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Nina konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war. Es konnte ihr gar nicht schnell genug gehen, nach Hause zu ihrer Mutter zu kommen, um ihr von ihrem fantastischen Erfolg zu berichten. Sie hatte zwar selbst keinen Moment daran gezweifelt, dass sie ihre Gesellenprüfung zur Floristin bestehen würde, aber dass sie als Jahrgangsbeste sogar eine Auszeichnung vom Fachverband der Floristen erhalten hatte, kam auch für sie völlig überraschend. Ihr Ausbildungsleiter in der Gärtnerei, in der sie die vergangenen drei Jahre ihre Lehre absolviert hatte, war sehr stolz auf sie. Er kündigte an, ihr schon morgen einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten zu können. Nina war überglücklich. »Hey, Nina!«, hörte sie von der anderen Straßenseite. Die vertraute Stimme ihrer besten Freundin Corinna riss sie aus ihren Gedanken. »Wie ist es gelaufen?« »Warte, ich komm rüber«, rief Nina. Ihr locker nach hinten gebundener Pferdeschwanz wippte fröhlich, als sie eine Lücke im fließenden Verkehr nutzen konnte und leichtfüßig die Straße überquerte. »Mit Auszeichnung bestanden! Ich bin sogar Jahrgangsbeste!« Nina strahlte über das ganze Gesicht. Die Mappe mit ihrem Zeugnis hielt sie wie eine Trophäe vor ihrer Brust. »Das muss gefeiert werden!«, beschloss Corinna. »Keine Widerrede!

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Chefarzt Dr. Norden – 1188 –

Doppelter Verrat!

Kann Nina ihre Existenz retten?

Amy Taylor

Nina konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so glücklich gewesen war. Es konnte ihr gar nicht schnell genug gehen, nach Hause zu ihrer Mutter zu kommen, um ihr von ihrem fantastischen Erfolg zu berichten. Sie hatte zwar selbst keinen Moment daran gezweifelt, dass sie ihre Gesellenprüfung zur Floristin bestehen würde, aber dass sie als Jahrgangsbeste sogar eine Auszeichnung vom Fachverband der Floristen erhalten hatte, kam auch für sie völlig überraschend. Ihr Ausbildungsleiter in der Gärtnerei, in der sie die vergangenen drei Jahre ihre Lehre absolviert hatte, war sehr stolz auf sie. Er kündigte an, ihr schon morgen einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten zu können. Nina war überglücklich.

»Hey, Nina!«, hörte sie von der anderen Straßenseite.

Die vertraute Stimme ihrer besten Freundin Corinna riss sie aus ihren Gedanken.

»Wie ist es gelaufen?«

»Warte, ich komm rüber«, rief Nina. Ihr locker nach hinten gebundener Pferdeschwanz wippte fröhlich, als sie eine Lücke im fließenden Verkehr nutzen konnte und leichtfüßig die Straße überquerte.

»Mit Auszeichnung bestanden! Ich bin sogar Jahrgangsbeste!« Nina strahlte über das ganze Gesicht. Die Mappe mit ihrem Zeugnis hielt sie wie eine Trophäe vor ihrer Brust.

»Das muss gefeiert werden!«, beschloss Corinna. »Keine Widerrede! Für einen Piccolo im Café Werner wirst du schon Zeit haben«, setzte sie nach, als sie Ninas Zögern bemerkte.

»Ich möchte eigentlich gleich heim zu meiner Mutter«, wandte sie ein. »Können wir uns nicht heute Abend treffen und feiern?«

»Klar. Heute Abend sowieso. Aber jetzt stoßen wir erst mal an. Komm schon, es dauert nicht lange«, drängte Corinna. Um ihrem Vorschlag Nachdruck zu verleihen, griff sie nach Ninas Arm und dirigierte sie ein paar Meter weiter. Die beiden jungen Frauen kannten das Café Werner. Sie trafen sich dort regelmäßig. Corinna fand, dieses Café sei der einzig richtige Ort, um auf die abgeschlossene Ausbildung ihrer Freundin anzustoßen – und erst recht auf das gute Ergebnis.

»Na gut«, gab Nina nach. »Du gibst ja doch keine Ruhe.«

Sie hatten Glück, der kleine Ecktisch war frei, an dem die Freundinnen immer am liebsten saßen. Corinna bestellte zwei Piccolos und lehnte sich dann erwartungsvoll zurück. »Erzähl’, was hast du jetzt vor?«

»Du wirst es nicht glauben, aber mein Betrieb gibt mir morgen einen Arbeitsvertrag. Die übernehmen mich!«

Nina strahlte. »Und die Chefin hat sogar gemeint, sie unterstützen mich, wenn ich meinen Meister machen will.«

»Und – willst du?«

»Na, du kannst fragen. Klar will ich! Du weißt doch, das ist mein Traumberuf. Die Fortbildung ist wichtig, damit ich noch mehr Theorie lernen kann. Rechtliches, Betriebswirtschaftliches und so … schließlich will ich später mal unser Blumengeschäft übernehmen.«

»Deine Mutter ist aber doch noch nicht so alt, sie wird den Laden bestimmt noch etliche Jahre selbst betreiben wollen. Wenn nicht Jahrzehnte«, wandte Corinna ein.

»Schon. Aber irgendwann ist es mal so weit, und dann bin ich vorbereitet. Jetzt lass uns aber endlich anstoßen.«

Der Kellner hatte die beiden Piccolos und zwei Sektgläser längst gebracht. Nina schenkte ein und strahlte ihre Freundin an. »Heute ist der erste Tag in meinem neuen Leben! Prost!!«

»Ich bewundere dich … oder soll ich sagen, ich beneide dich ein wenig?« Corinna lächelte zwar, aber der Schatten in ihren Augen war nicht zu übersehen. »Du bist noch so jung, erst 23 und weißt schon ganz genau, was du aus deinem Leben machen möchtest.«

»Naja, so ganz genau weiß ich das nicht, Corinna. Nur beruflich. Privat sieht es ja eher flau aus, wie du weißt.«

»Ja, stimmt, der Richtige hat sich bei dir noch nicht vorgestellt, aber ich habe keine Zweifel daran, dass sich das bald ändern wird. Ich dagegen …«, sie seufzte. »Ich habe weder einen Mann noch einen Beruf.«

»Das mit dem Beruf wird sich auch bald ändern. Du bist so kreativ, daraus muss sich doch was machen lassen. Hast du schon was von der Kunstakademie gehört? Wurde dein Antrag auf Aufnahme schon entschieden?« Nina biss sich auf die Zunge. Wenn ihre Freundin schon einen Studienplatz erhalten hätte, wäre sie die erste gewesen, die davon erfahren hätte.

»Nein, leider nicht. Ich hoffe noch …«, antwortete Corinna resigniert. »Aber das ist ja noch nicht alles, was schiefläuft in meinem Leben. Du weißt doch, Anton …«

»Ach, hör auf«, munterte Nina ihre traurige Freundin auf. »Andere Mütter haben auch schöne Söhne. Dem Anton brauchst du gar nicht nachzutrauern. Wer fremdgeht, hat einen schlechten Charakter. So einen hast du gar nicht nötig.«

»Wahrscheinlich hast du recht. Aber weh tut es trotzdem. Meine Mutter sagt dasselbe wie du. Und außerdem meint sie, mein Herzschmerz sei mit einem Schlag vorbei, sobald sich eine neue Liebe einstellen würde.«

»Recht hat sie! Ich kann zwar nicht aus Erfahrung sprechen, aber genauso stelle ich mir das vor. Neue Liebe, neues Glück!«

»Hast du noch mehr Sprüche auf Lager?«, fragte Corinna amüsiert. »Falls ja, dann wende sie doch gleich mal bei dem dort drüben an.« Sie machte eine leichte Kopfbewegung in Richtung eines der hinteren Tische. »Unauffällig rübersehen«, zischte sie.

»Wow.« Nina nickte anerkennend. »Toller Typ. Und so allein.« Sie grinste. »Na los, worauf wartest du? Sprich ihn an«, forderte sie ihre Freundin auf.

»Zu alt für mich. Der wäre doch eher was für dich.« Corinna zwinkerte Nina zu.

»Hey, du weißt schon, dass wir gleich alt sind?«, flüsterte Nina über den Tisch. Sie wollte nicht, dass der gutaussehende Mann bemerkte, dass sie über ihn redeten.

Corinna nippte an ihrem Sektglas. »Du weißt doch, ich stehe auf den jugendlichen Beach-Boy-Typ. Das hier ist eher ein Latinlover. Sehr männlich. Muskulös. Dunkle Haare, markante Gesichtszüge. Und das Hemd spannt dermaßen an seinen Oberarmen, dass ich mir nicht sicher bin, ob er so gut trainiert ist oder nur das Hemd eine Nummer zu klein. Nun schau ihn doch mal richtig an. Der ist perfekt für dich. Einen Ring trägt er auch nicht.«

»Das heißt gar nichts«, antwortete Nina. Sie wagte trotzdem einen Blick hinüber. Der attraktive Mann saß vor einem Cappuccino, blätterte in irgendwelchen Unterlagen und machte sich Notizen. Offensichtlich hatte er den Kaffeehaustisch zum Schreibtisch umfunktioniert. Es schien sich um Berufliches zu handeln, jedenfalls war er so vertieft in seine Lektüre, dass er keinerlei Notiz von seinem Umfeld nahm.

»Na siehst du, habe ich also doch recht«, flötete Corinna. »Er gefällt dir. Du kannst ja gar nicht mehr wegschauen.«

»Ach was.« Jetzt erst wurde Nina bewusst, dass sie den Mann zu lange angestarrt hatte. Erschrocken wandte sie sich ab. Zum Glück hatte er es nicht gemerkt. »Ich muss jetzt sowieso gehen. Meine Mutter wartet.« Eilig verabschiedete sie sich von Corinna. Beim Hinausgehen warf sie noch einmal einen Blick auf den Unbekannten. Erstaunt stellte sie fest, dass ihr Herz dabei ein wenig schneller schlug.

Als sie kurz danach vor dem Blumenladen ihrer Mutter stand, wunderte sie sich. »Vorübergehend geschlossen« stand auf dem handschriftlich verfassten Zettel, der an der verschlossenen Eingangstür hing. Nina schaute angestrengt durch die Schaufenster ins Ladeninnere. Niemand war da. Es brannte kein Licht, und es gab auch sonst keinen Hinweis darauf, dass der Laden heute schon einmal geöffnet hatte. War ihre Mutter plötzlich krank geworden? Heute früh war sie doch noch munter und frisch wie immer gewesen! Nina wohnte mit ihr zusammen im selben Haus, in dem sich im Erdgeschoss der Laden »Blumenherz« befand. Beides – Wohnung und Laden – waren im Besitz von Petra Herz, Ninas Mutter. Sie hatte die schmucke Eigentumswohnung und das Ladengeschäft schon vor mehr als 15 Jahren gekauft. Nachdem Ninas Vater unerwartet gestorben war, wurde eine kleine Lebensversicherung ausgezahlt. Das Kapital war in der schweren Zeit nur ein kleiner Trost gewesen, aber es reichte immerhin, um der jungen Witwe mit ihrem Kind die Lebensgrundlage zu sichern.

Nina war außer Atem, als sie die Wohnungstür aufsperrte. Sie hatte nicht genug Geduld gehabt, auf den Aufzug zu warten. Voller Sorge war sie die zwei Stockwerke nach oben gerannt.

»Mama!!«, rief sie in den Flur. Beinahe wäre sie über einen Koffer gestolpert, der mitten im Weg stand. Aufgeregt eilte sie von Zimmer zu Zimmer, in der Hoffnung, die Mutter gesund und munter vorzufinden. Die Mappe mit ihrem Ausbildungszeugnis presste sie fest an ihre Brust. Sie achtete nicht darauf, ob es dabei verknittert wurde. Das war jetzt unwichtig. Wo war nur ihre Mutter geblieben?

»Da bist du ja endlich, du kommst spät.« Nina war erleichtert. Petra Herz kam soeben von draußen herein und lieferte auch gleich eine Erklärung für ihr seltsames Verhalten. »Ich war im Keller, meine Wanderschuhe holen. Die muss ich mitnehmen. Ich hätte sie fast vergessen. Aber nun sag schon, du hast bestanden, nicht wahr?«

Nina sah ihre Mutter verständnislos an. »Wanderschuhe? Wieso ist der Laden geschlossen, und was soll der Koffer?«, brachte sie mühsam beherrscht hervor. Das war wieder einmal typisch für ihre Mutter. In Bezug auf Spontaneität und verrückte Einfälle hatte sie mit ihrer Tochter nicht viel gemeinsam. Nina war immer diszipliniert, ernsthaft, zielstrebig und vernünftig. Petra dagegen war jedem Vergnügen aufgeschlossen, ließ nichts aus, was ihr Freude machte. Sie führte einen Lebenswandel, der Nina in der Vergangenheit schon öfter in Verlegenheit gebracht hatte.

»Was soll das alles bedeuten, fährst du in den Urlaub?«

»Urlaub? Nein, mein Kind. Aber nun sag du mir erst, ob du deine Ausbildung bestanden hast. Das ist jetzt das Wichtigste.« Ninas Mutter stellte den Karton mit ihren Wanderschuhen ab, klopfte ihre Handflächen mehrmals gegeneinander, als ob sie sie von einer Staubschicht befreien wollte. »Du glaubst gar nicht, wie schmutzig es im Keller ist. Da musst du unbedingt saubermachen … später … also, nun sag schon, was ist mit deiner Prüfung?«

»Ja, natürlich habe ich bestanden. Aber nicht nur das. Ich bin die Jahrgangsbeste, und stell dir vor, morgen kann ich meinen Arbeitsvertrag unterschreiben.« Endlich konnte sie ihrer Mutter stolz von ihrem Erfolg berichten.

»Gut! Sehr gut! Dann komm mit ins Wohnzimmer, ich habe dir etwas zu sagen.«

Nina hatte ein ungutes Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte. Irgendetwas stimmte nicht. Wenn ihre Mutter spontan verreisen würde, wäre das zwar überraschend, aber in Ordnung. Eine Vertretung für den Laden hätte sie bestimmt organisiert, und Nina war alt genug, um alleine zurechtzukommen. Aber instinktiv spürte sie, dass es sich bei den gepackten Koffern nicht um Reisegepäck handelte. Ihre Knie zitterten, als sie sich auf das Sofa fallen ließ. Was würde sie jetzt erfahren?

»Nina, du weißt, dass du mein Ein und Alles bist«, begann ihre Mutter. Sie hatte sich den einzig freien Stuhl genommen und sich gesetzt. Die anderen Stühle, das zweite Sofa, der Sessel und sogar der Fußboden waren in wilder Unordnung mit diversen Kleidungsstücken und anderen Utensilien übersät.

Nina schwieg. Seit dem Verlust ihres Vaters hatte ihre Mutter alles getan, um sie behütet aufwachsen zu lassen. Aber Nina erinnerte sich auch an Momente, in denen die Lebenslust ihrer Mutter größer gewesen war als das Verantwortungsgefühl für ihr Kind. Es gab Nächte, in denen sich die kleine Nina verängstigt in ihrem Kinderbettchen an ihren Teddy klammerte und betete, dass ihre Mama bald nach Hause kommen möge. Meistens war es schon gegen Morgen, wenn sie die Wohnungstür ins Schloss schnappen hörte. Oft genug saß dann am Frühstückstisch ein fremder Mann. Jedes Mal ein anderer. Keiner war unfreundlich zu ihr, und trotzdem fühlte sie sich nicht wohl in deren Gegenwart. Ihre Mutter trug bei solchen Gelegenheiten meistens ein dünnes, durchsichtiges Nachthemd. Nina war es peinlich, dass man durch den Stoff alles sehen konnte, was ihrer Meinung nach nicht für die Augen der fremden Männer bestimmt war. Später, als Nina etwas älter war, wusste sie, dass sie in solchen Situationen am besten aufs Frühstück verzichtete, stattdessen ein eilig zusammengestelltes Pausenbrot für die Schule einpackte und möglichst schnell die Wohnung verließ.

Petra sprach ungerührt weiter. »Jetzt bist du erwachsen, und ich bin sehr stolz auf dich. Deine Ausbildung ist abgeschlossen, und du kannst auf eigenen Beinen stehen.«

»Schmeißt du mich etwa raus?«, unterbrach Nina ihre Mutter geschockt.

»Was? Aber nein!« Ninas Mutter warf ihren Kopf in den Nacken und lachte. Ihre braunen schulterlangen Locken standen kringelig und ungebändigt in alle Richtungen. Die geröteten Wangen und das Leuchten in ihren Augen ließen keine Zweifel an ihrer Aufregung. »Ich wandere aus!«

»Du … machst was???« Nina war fassungslos. Das konnte doch nicht wahr sein! Ihre Mutter erlaubte sich anscheinend einen Scherz mit ihr. Spontane Reisen – ja, das würde Nina nicht weiter wundern. Aber Auswandern? Davon war doch nie die Rede gewesen!

»Genau, mein Herz.« Nina hatte das Wortspiel rund um ihren Nachnamen »Herz« noch nie besonders lustig gefunden. Erst recht nicht jetzt, in diesem Moment, wo sie tief in ihrem Bauch fühlte, dass sich ihr Leben gerade in diesem Augenblick, innerhalb einer Sekunde, vollkommen ändern würde.

»Ich wandere aus«, wiederholte ihre Mutter. »Nach Teneriffa. Mit Manuel. Warte, ich hole dir einen Tee, du bist ganz blass um die Nase geworden. Es ist mir klar, dass du das jetzt erst einmal verdauen musst. Ich bin gleich wieder da.« Wie ein Teenager hüpfte Petra fröhlich in die Küche und werkelte geräuschvoll mit Tassen und Wasserkocher.

Nina nutzte die wenigen Minuten, um sich von ihrem Schock zu erholen. »Und der Laden?«, fragte sie, als ihre Mutter mit zwei Tassen strahlend zurückkam.

»Der Laden – ja, weißt du, ich dachte, du übernimmst ihn.«

»Hast du noch mehr Einfälle, die mein Leben gerade völlig durchein­ander wirbeln?« Ninas Laune war in den Keller gesunken.

»Na gut, dann gestehe ich dir am besten gleich alles. Viel Zeit haben wir sowieso nicht zum Reden. Morgen früh geht mein Flugzeug. Von München Franz-Josef-Strauß nach Teneriffa Süd. Wahnsinn! Nur viereinhalb Stunden Flug in ein neues Leben. Freust du dich für mich?«