Dr. Stefan Frank 2416 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2416 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Die engagierte Notärztin Sonja zieht ihre sechsjährige Tochter Nele allein groß. Neles Papa hat die beiden verlassen, als das Mädchen noch ganz klein war. Eine feste Bindung sei nichts für ihn, hat Marten damals erklärt und sich seitdem fast nie mehr blicken lassen. Lediglich seine Zahlungen treffen regelmäßig ein. Vergessen hat Sonja ihn jedoch nie. Er war ihre erste große Liebe, und sie hat die Trennung nie ganz überwunden.

Einen guten Freund hat sie mittlerweile in ihrem Kollegen Erik gefunden. Der attraktive Mann zeigt deutlich, dass er gern mehr für sie wäre, doch Sonja bleibt verhalten. Sie mag Erik sehr, weiß aber nicht, ob es für eine Beziehung reicht.

Als Sonja nach der Arbeit Opfer eines Angriffs wird, muss sie für einige Tage ins Krankenhaus. Da sie keine Verwandten in der Nähe hat, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Marten zu kontaktieren und ihn darum zu bitten, sich während ihrer Abwesenheit um Nele zu kümmern.
Doch als im Krankenhaus ein weiterer Anschlag auf Sonja verübt wird, ist plötzlich klar, dass Sonja noch ganz andere Probleme hat. Offenbar war sie kein Zufallsopfer - jemand trachtet der jungen Mutter nach dem Leben!

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Seitenzahl: 126

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Inhalt

Cover

Impressum

In eurer Mitte

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: oliveromg/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5465-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

In eurer Mitte

Am Ende eines schmerzvollen Weges fand Sonja das große Glück

Die engagierte Notärztin Sonja zieht ihre sechsjährige Tochter Nele allein groß. Neles Papa hat die beiden verlassen, als das Mädchen noch ganz klein war. Eine feste Bindung sei nichts für ihn, hat Marten damals erklärt und sich seitdem fast nie mehr blicken lassen. Lediglich seine Zahlungen treffen regelmäßig ein. Vergessen hat Sonja ihn jedoch nie. Er war ihre erste große Liebe, und sie hat die Trennung nie ganz überwunden.

Einen guten Freund hat sie mittlerweile in ihrem Kollegen Erik gefunden. Der attraktive Mann zeigt deutlich, dass er gern mehr für sie wäre, doch Sonja bleibt verhalten. Sie mag Erik sehr, weiß aber nicht, ob es für eine Beziehung reicht.

Als Sonja nach der Arbeit Opfer eines Angriffs wird, muss sie für einige Tage ins Krankenhaus. Da sie keine Verwandten in der Nähe hat, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Marten zu kontaktieren und ihn darum zu bitten, sich während ihrer Abwesenheit um Nele zu kümmern.

Doch als im Krankenhaus ein weiterer Anschlag auf Sonja verübt wird, ist plötzlich klar, dass Sonja noch ganz andere Probleme hat. Offenbar war sie kein Zufallsopfer – jemand trachtet der jungen Mutter nach dem Leben!

Die Gestalt verbarg sich zwischen den Bäumen.

Beobachtete alles ganz genau.

Der Englische Garten war an diesem Abend wenig besucht. Es regnete, und ein kalter Wind fegte von Norden heran und trieb feuchte Blätter vor sich her wie ein Schäfer seine Herde. Die Luft legte sich wie ein kalter Film über Gesicht und Kleidung. Wer nicht unbedingt musste, blieb bei diesem Wetter lieber daheim. Selbst die unermüdlichen Straßenmusiker, die oft hier im Grünen spielten, blieben fern.

Jemandem, der sehen, aber nicht gesehen werden wollte, kam das Wetter gelegen. Der dunkle Parka verschmolz mit den dicht beieinanderstehenden Bäumen. Niemand bemerkte das Augenpaar, das sich voller Abneigung auf die junge Notärztin richtete, die gerade um das Leben einer Patientin kämpfte. Die Leuchtstreifen an ihrer Einsatzjacke reflektierten das matte Licht der Laternen im Park.

Sonja Berwald beugte sich über eine grauhaarige Frau, die zusammengesunken auf einer der Parkbänke saß. Das Kinn der alten Dame war auf die Brust gesunken. Ein weißer Terrier stürmte vor ihnen hin und her, sodass Pfützenwasser unter seinen Pfoten aufspritzte. Er bellte, aber niemand kümmerte sich darum.

Die Ärztin richtete ihre Konzentration ganz auf ihre Patientin. Sie ahnte nicht einmal, dass sich Augen voller Abneigung in ihren Rücken bohrten.

Am Straßenrand stand ein Rettungswagen mit blinkendem Warnlicht. Zwei Sanitäter näherten sich und lagerten die Rentnerin auf der Trage. Regenwasser tropfte von der Kleidung der Sanitäter und von ihren Gesichtern.

Die Notärztin legte der Kranken eine Infusion an. Dabei wehte ihr der Sturm die Kapuze vom Kopf. Ihre blonden Haare waren im Nacken zu einem Knoten verschlungen. Der Regen durchnässte sie.

Plötzlich regte sich die Seniorin, sie blickte sich blinzelnd um. Schon nach wenigen Augenblicken wurde sie munterer und wollte von der Liege aufstehen, aber die Ärztin drückte sie zurück und sagte etwas, was ein erleichtertes Lächeln über das Gesicht der Patientin huschen ließ. Sie hatte es wieder geschafft: Sie hatte dem Tod ein Leben entrissen.

Die Gestalt zwischen den Bäumen ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass sich blutige Halbmonde auf ihren Ballen abzeichneten. Der Zorn. Oh. Dieser Zorn. Wie ein Feuerball war er. Er wütete und vernichtete jedes bessere Gefühl.

Der Zustand der Rentnerin stabilisierte sich sichtlich. Die Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück, und sie strahlte die Notärztin an. Sonja hob den Terrier auf und überließ ihn einem der Sanitäter. Dieser lächelte breit und sagte etwas, was die Notärztin hell auflachen ließ.

Sonja eroberte mit ihrem Charme und ihrer Natürlichkeit alle Herzen. Sie hatte alles. Schon immer gehabt.

Aber damit würde es bald vorbei sein.

Der Zeitpunkt war gekommen, um sich Genugtuung zu verschaffen. Sonja Berwald würde alles verlieren. Alles!

***

Oh, dieser Schreibkram bringt mich noch um!

Mit einem leisen Stöhnen rieb sich Sonja Berwald den schmerzenden Nacken. Seit einer gefühlten Ewigkeit saß sie in ihrem Büro in der ersten Etage der Waldner-Klinik und tippte Einsatzberichte. Dabei hätte sie sich lieber einer Zahnbehandlung unterzogen oder alle Fenster der Klinik geputzt.

Sie liebte ihre Arbeit als Notärztin, verabscheute jedoch den Papierkrieg mit den Krankenkassen. Die leidigen Berichte gehörten allerdings ebenso zu ihrer Arbeit wie das Setzen von Spritzen und das Intubieren. Also biss sie die Zähne zusammen und schrieb weiter.

Ihr letzter Einsatz an diesem Tag war eine Rentnerin gewesen, die mit Unterzuckerung im Englischen Garten zusammengebrochen war. Als Diabetikerin bekam sie Langzeitinsulin. An diesem Tag hatte sie kein Mittagessen gehabt, und das hatte ihr der Körper übelgenommen. Ihre Werte waren rasant in den Keller gefallen. Nur noch ein wenig länger, und sie wäre ins Koma gefallen.

Sonja hatte ihr eine Infusion gelegt und eine Glucoselösung zugeführt. Diese hatte rasch Wirkung gezeigt. Nun wurde die Patientin noch vierundzwanzig Stunden in der Klinik beobachtet – eine Vorsichtsmaßnahme.

Der Einsatz war Routine gewesen. Trotzdem hatte sich Sonja unwohl gefühlt. Beobachtet. Als würden sich unsichtbare Augen in ihren Hinterkopf bohren. Das war natürlich Unsinn.

Das Wetter macht mich verrückt, rief sie sich zur Ordnung. Seit Tagen regnet es. Im Radio häufen sich die Unwetterwarnungen und Meldungen von Überschwemmungen. Kein Wunder, wenn man anfängt, Gespenster zu sehen.

Sonja brachte ihren Bericht zu Ende und schaltete aufatmend den Computer aus. Geschafft!

Ihr knurrender Magen erinnerte sie daran, dass Stunden vergangen waren, seitdem sie das letzte Mal etwas zu sich genommen hatte. Kurz entschlossen verließ sie ihr Büro, fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf in die Cafeteria und nahm sich ein Stück Apfelstrudel aus dem Kuchenfach. Dazu füllte sie sich einen Becher mit Kaffee und suchte sich einen Tisch am Fenster.

An sonnigen Tagen hatte man von hier aus einen wunderbaren Ausblick auf den Englischen Garten. Dann zeigten Straßenkünstler ihr Können, Spaziergänger schlenderten umher, und Kinder spielten. Jetzt waberten Dunst und Regenschwaden zwischen den Bäumen, und der Wind riss die bunten Blätter ab.

Sonja tauchte ihre Gabel in den Strudel. Das Gebäck schmolz süß und fruchtig auf ihrer Zunge. Genießerisch schloss sie die Augen.

„Hey.“ Mit einem breiten Lächeln ließ sich Valentina Foerl auf den freien Stuhl ihr gegenüber fallen. Ihre weiße Arbeitskleidung und die Kochhaube verrieten, dass sie in der Cafeteria für das leibliche Wohl von Patienten, Besuchern und Personal sorgte. Sie zwinkerte ihr zu. „Du siehst aus, als wärst du kurz vor einer Ohnmacht.“

Sonja riss die Augen auf. Dann lachte sie.

„Dein Apfelstrudel ist aber auch ein Genuss.“

„So soll es sein.“ Valentinas Lächeln vertiefte sich. Äußerlich sah man ihr die Köchin nicht an. Sie war klein und zierlich. Ihre braunen Locken waren unter einer Haube verborgen, aber einige vorwitzige Strähnen hatten sich darunter hervorgemogelt und ringelten sich um ihr schmales Gesicht. Ihre mädchenhaft schlanke Gestalt ließ sie deutlich jünger als Ende zwanzig wirken. „Was machst du heute Abend?“

„Mir überlegen, wie ich mich vor der Hochzeit meiner Cousine drücken kann. Die Einladung ist heute gekommen.“

„Zurzeit geht es wirklich Schlag auf Schlag, was? Jeden Monat heiratet jemand in deiner Familie.“

„Da sagst du was. Ich fürchte, ich muss hingehen. Linda will Nele als Blumenmädchen und mich als Brautjungfer haben.“

„Wie nett. Deine Kleine wird in ihrer Aufgabe aufgehen.“

„Schon, aber ich werde wieder ohne männliche Begleitung bei der Feier erscheinen und zahlreiche Fragen beantworten müssen. Warum bin ich Single? Kriege ich keinen Mann ab? Verscheuche ich sie mit meinen hohen Ansprüchen?“ Sonja ließ ihre Kuchengabel sinken und seufzte verhalten. „Solche Feste erinnern mich immer an die Lücke in meinem Leben.“

„Du könntest leicht einen Mann finden, wenn du es darauf anlegen würdest.“

„Leicht? Eben nicht. Meine Verabredungen gehen immer schief. Oder besser gesagt: Es kommt meistens gar nicht erst dazu, weil ich in letzter Sekunde absagen muss. Entweder kommt mir der Job dazwischen, oder Nele ist krank. Ich war ewig nicht mehr aus. Siehst du das Tattoo auf meiner Stirn?“

„Welches Tattoo?“ Valentina blinzelte verwirrt.

„Das Wort ‚Niete‘!“

„Unsinn. Du hast eine süße Tochter und bist super in deinem Job. Du hast keinen Grund für solche Gedanken.“

„Das stimmt schon. Ich kann mich eigentlich nicht beklagen. Nele und mir geht es gut. Es ist nur … In letzter Zeit sehne ich mich immer öfter nach einem Partner. Nach jemandem, der abends auf mich wartet. Der dafür sorgt, dass der kaputte Herd repariert wird. Und der sich auf mich freut.“

Ihre Freundin krauste fragend die Stirn.

„Meinst du irgendeinen Partner? Oder einen bestimmten?“

Sonja erwiderte nichts, aber ihre Wangen begannen zu glühen. Nun, wo ihre Freundin so direkt fragte, wanderten ihre Gedanken zurück zum Vater ihrer Tochter. Marten war ihre erste große Liebe gewesen. Eine stürmische Beziehung voller Höhen und Tiefen, die schließlich an den Klippen des Lebens zerschellt war. Seitdem zog sie Nele allein groß.

Beruflich war sie erfolgreich, privat vermisste sie jedoch etwas Wichtiges in ihrem Leben. Sie träumte von einer großen Familie. Von Geschwistern für Nele. Und von einem Haus voller Leben und Lachen. Doch diese Wünsche schienen unerreichbar zu sein, denn ihr Herz hing noch an ihrem früheren Freund, und der wollte von Beziehungen rein gar nichts wissen.

Marten war Pilot und flog Rettungseinsätze mit dem Hubschrauber. Er lebte für seine Arbeit – und für sonst gar nichts. Seine Zahlungen trafen jeden Monat pünktlich ein, aber seine Tochter kannte ihn kaum, denn er kam nur äußerst selten zu Besuch.

„Was ist denn mit Erik?“, hakte ihre Freundin nach.

„Mit Erik?“ Sonjas Kopf ruckte hoch. „Was soll mit ihm sein?“

„So, wie er dich ansieht, empfindet er mehr für dich.“

„Da täuschst du dich. Wir sind nur Kollegen. Unser Verhältnis ist rein platonisch.“

„Und warum schaut er dich dann an, als wärst du das letzte Stück Schinken auf einer Platte voller Sülze?“

„Netter Vergleich.“ Sonja rollte die Augen, aber ihre Freundin deutete vielsagend hinter sie. Als Sonja den Kopf drehte, stand ihr Kollege tatsächlich in der Tür der Cafeteria und blickte nachdenklich herüber.

Erik Eichberger war Neurologe – jung und ehrgeizig und obendrein war er so attraktiv wie ein hoch bezahltes Unterwäschemodel. In seiner Freizeit holte er täglich mehrere Hunde aus dem Tierheim und ging mit ihnen joggen. So bekamen sie Zuwendung und Bewegung. Seine Arbeitszeiten erlaubten es ihm nicht, ein Tier für immer zu sich zu nehmen, aber das hinderte ihn nicht daran, zu helfen, wo er konnte.

„Er steht auf dich“, murmelte Valentina. Sie stand auf und zwinkerte Sonja zu, ehe sie an ihre Arbeit zurückkehrte.

Sonja schüttelte den Kopf. Unsinn. Erik und sie waren nur Kollegen. Oder etwa nicht? Im selben Augenblick kam er herüber und deutete auf den frei gewordenen Stuhl.

„Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir setze?“

„Gar nicht.“ Sie betrachtete ihn genauer und musste zugeben, dass er ein attraktiver Mann war. Seine dunkelblonden Haare waren leicht gewellt und vermittelten zusammen mit seiner gebräunten Haut den Eindruck, er käme geradewegs vom Surfen an einem sonnigen Strand. Dazu passte das jungenhafte Funkeln in seinen braunen Augen.

Am Kragen seines Kittels blitzte ein Tattoo hervor. Der Flügel eines Phönix, wenn sie sich nicht täuschte. Er war ein hervorragender Arzt. Und sein Lächeln verriet, dass er sich ehrlich freute, sie zu sehen. Warum nur klopfte ihr Herz dann nicht schneller?

„Möchtest du etwas essen?“, fragte sie ihn. „Der Apfelstrudel ist ganz hervorragend.“

„Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du heute Abend mit mir essen gehen würdest. Ich weiß, das ist knapp, aber ich habe kurzfristig einen Tisch im angesagtesten Lokal von München ergattert. Der Laden ist neu. Ich würde ihn gern mit dir testen.“

„Sag bloß, du redest von dem Italiener drüben am Isarufer, von dem alle schwärmen?“ Sonja sah ihren Kollegen nicken und überlegte. „Warum eigentlich nicht? Ich komme gern mit.“

„Prima. Dann hole ich dich später daheim ab. Sagen wir, um sieben? Ich habe den Tisch ab neunzehn Uhr dreißig. Das sollten wir schaffen.“

„Einverstanden.“

„Wunderbar. Ich freue mich.“ Seine Augen leuchteten voller Wärme in ihre wie zwei Fackeln in der Nacht.

„Ich freue mich auch. Wir sehen uns dann nachher.“ Sonja leerte ihre Tasse, verabschiedete sich und holte ihre Umhängetasche aus ihrem Büro. Anschließend verließ sie die Klinik durch den Seiteneingang.

In Gedanken plante sie den Ablauf der kommenden Stunden: Sie würde Nele etwas zum Abendessen zubereiten. Alles, bloß keinen Spinat. Die Reste ihres letzten Versuchs, ihr Kind gesund zu ernähren, klebten noch in den Ritzen der Küchenfliesen. Nele konnte ziemlich energisch sein, wenn sie etwas nicht mochte.

Im Freien schlug der jungen Notärztin ein Schwall Regen entgegen. Hastig zog sie ihre Kapuze über den Kopf und strebte mit langen Schritten zwischen den Hecken hindurch zum Parkplatz. Kalte Tropfen trommelten auf sie herab.

Und erneut kribbelte es in ihrem Nacken!

Wieder spürte sie die unsichtbaren Augen auf sich ruhen.

Verflixt! Was bildete sie sich da eigentlich ein? Das war doch albern. Bei diesem Wetter trieb sich bestimmt niemand herum und beobachtete sie. Warum auch? Sie hatte keine Feinde.

Trotzdem beschleunigte sie ihre Schritte. Es war bereits dunkel, und der kräftige Niederschlag schluckte das Licht der Lampen rings um den Parkplatz des Krankenhauses. Sonjas Wagen stand am Rand der Fläche. Sie kramte den Schlüssel aus ihrer Umhängetasche und achtete sekundenlang nicht auf den Weg.

Als sie wieder hochblickte, bemerkte sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Jemand stürmte auf sie zu! Eine dunkel gekleidete Gestalt, kaum erkennbar unter dem unförmigen Parka. Einen Arm hoch erhoben, einen Knüppel umklammernd, bereit zum Schlag!

Sonja reagierte instinktiv. Ohne darüber nachzudenken, wich sie nach links aus. Und keinen Augenblick zu früh! Etwas Schweres sauste auf sie nieder, verfehlte ihren Kopf, traf sie jedoch am Hals. Ein heftiger Schmerz explodierte an der Stelle und raste mit der Wucht eines Flächenbrandes durch ihren Körper hindurch.

Durch die Wucht wurde Sonja zur Seite geschleudert, und sie stürzte mit einem Wehlaut zu Boden. Sie schrammte sich die Hände blutig auf dem Asphalt.

Sterne flammten vor ihren Augen auf. Sekundenlang konnte sie sich nicht rühren, nicht atmen, nicht einmal denken.

Als sie sich wieder aufrappelte, war sie allein.

Ihr Herz wummerte mit der Kraft einer Dampfturbine gegen ihre Rippen. Benommen blinzelte sie, aber es war niemand mehr zu sehen. Der Angreifer war im Dunkel dieses Herbstabends verschwunden. Vorerst jedenfalls.

***

Die Ereignisse hingen Sonja noch Stunden später nach. Sie zitterte am ganzen Leib und konnte sich kaum konzentrieren. Selbst die Worte ihrer Tochter rauschten an ihr vorbei wie das Fauchen des Sturms draußen im Freien.

„… darf ich, Mami? Darf ich?“ Nele sprang von einem Fuß auf den anderen. Ihr hellblonder Zopf wippte fröhlich mit.

„Entschuldige, was hast du gesagt?“

„Darf ich heute bei Lotte übernachten? Bitte, bitte.“

„Heute? Ich habe noch eine Verabredung und wollte die Babysitterin fragen, ob sie am Abend auf dich aufpassen kann. Die nette Studentin von neulich.“ Sonja hängte ihre Wetterjacke daheim an den Haken im Flur. Regenwasser rann herab und tropfte auf den Boden.