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Die hübsche Floristin Tanja ist erst seit drei Monaten mit ihrem Freund zusammen. Eigentlich müsste sie also noch im siebten Himmel schweben und alles durch eine rosarote Brille sehen. Doch stattdessen kommt sie immer öfter ins Grübeln, ob Anselm wirklich der Richtige für sie ist. Er engt sie furchtbar ein, will über jeden ihrer Schritte genauestens Bescheid wissen und verfolgt sie förmlich mit Kontrollanrufen. Wenn er dann anhand ihrer Reaktion bemerkt, dass er zu weit gegangen ist, entschuldigt er sich und erklärt sein Verhalten damit, dass er sie eben abgöttisch liebe. Das beschwichtigt Tanja dann meistens. Anselm hat in seiner vorigen Beziehung schlechte Erfahrungen gemacht, irgendwann wird er das sicher überwunden haben und ihr endlich vertrauen können.
Als sie dann jedoch bei einem Klassentreffen ihren früheren Mitschüler Florian wiedersieht und Anselm Wind davon bekommt, dass sich die beiden ausnehmend gut unterhalten haben, zeigt er mehr und mehr sein wahres Gesicht. Er rast vor Eifersucht. Trotzdem kann Tanja es nicht mal in Erwägung ziehen, die Beziehung zu beenden. Sie weiß nämlich seit ein paar Tagen, dass sie Anselms Kind unter dem Herzen trägt. Auch wenn sie immer wieder an Florian denken muss - Tanja ist bereit, sich ihrem Schicksal zu fügen ...
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Seitenzahl: 129
Cover
Impressum
Du gehörst nur mir
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Peoplelmages/iStockphoto
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5496-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Du gehörst nur mir
Plötzlich entpuppt sich Tanjas Freund als gefährlicher Stalker
Die hübsche Floristin Tanja ist erst seit drei Monaten mit ihrem Freund zusammen. Eigentlich müsste sie also noch im siebten Himmel schweben und alles durch eine rosarote Brille sehen. Doch stattdessen kommt sie immer öfter ins Grübeln, ob Anselm wirklich der Richtige für sie ist. Er engt sie furchtbar ein, will über jeden ihrer Schritte genauestens Bescheid wissen und verfolgt sie förmlich mit Kontrollanrufen. Wenn er dann anhand ihrer Reaktion bemerkt, dass er zu weit gegangen ist, entschuldigt er sich und erklärt sein Verhalten damit, dass er sie eben abgöttisch liebe. Das beschwichtigt Tanja dann meistens. Anselm hat in seiner vorigen Beziehung schlechte Erfahrungen gemacht, irgendwann wird er das sicher überwunden haben und ihr endlich vertrauen können.
Als sie dann jedoch bei einem Klassentreffen ihren früheren Mitschüler Florian wiedersieht und Anselm Wind davon bekommt, dass sich die beiden ausnehmend gut unterhalten haben, zeigt er mehr und mehr sein wahres Gesicht. Er rast vor Eifersucht. Trotzdem kann Tanja es nicht mal in Erwägung ziehen, die Beziehung zu beenden. Sie weiß nämlich seit ein paar Tagen, dass sie Anselms Kind unter dem Herzen trägt. Auch wenn sie immer wieder an Florian denken muss – Tanja ist bereit, sich ihrem Schicksal zu fügen …
„Grüß Gott, Herr Janfeld, mal wieder einen schönen Strauß für Ihre Frau?“
Tanja Grömer lächelte den elegant gekleideten älteren Herrn freundlich an, der den kleinen Blumenladen betreten hatte und sich suchend umschaute.
„Ja, Sie wissen doch, Fräulein Tanja, dass ich immer dafür sorge, dass frische Blumen bei meinem Ruthchen stehen. Sie fühlt sich dann wohler. Was können Sie mir heute anbieten?“
„Bei dem trüben Wetter würde ich Ihnen einen Strauß mit leuchtenden Blüten empfehlen. Das ist die beste Medizin für dunkle Tage. Wir haben heute wunderbare orangefarbene Rosen und ganz frisch hereingekommene Chrysanthemen. Soll ich Ihnen daraus etwas zusammenstellen?“
„Das hört sich gut an. Ich verlasse mich ganz auf Ihren ausgezeichneten Geschmack, Fräulein Tanja“, schmeichelte ihr Herr Janfeld.
„Dann wollen wir mal. Ich beginne mit drei Rosen und dann …“
Tanja murmelte leise vor sich hin, während sie aus den verschiedenen Vasen, die am Boden des Blumenladens standen, Rosen, Chrysanthemen, Ranunkeln, Nelken und chinesische Laternenblumen herauszog. Mit geübten Handriffen band sie die frischen Blüten mit dem Grün vom Frauenmantel zu einem ansprechenden Strauß.
„Was meinen Sie?“, fragte Tanja. „Ist es gut so?“
„Wunderbar.“
Die Türklingel kündigte an, dass ein weiterer Kunde den Laden betreten hatte. Tanja schaute kurz auf und sah, dass es ihr Freund Anselm war. Was machte er hier? Ob er sie abholen wollte und dabei vergessen hatte, dass sie heute noch einen Friseurtermin hatte?
„Ich bin gleich bei dir“, rief sie ihm zu. Dann wandte sie sich wieder ihrem Kunden zu. „Den Strauß nur in Papier einwickeln, nicht?“
„Ja, wie immer.“
Tanja schlug die Blumen ein und legte sie neben die Kasse.
„Das macht dann sechzehn Euro.“
Herr Janfeld reichte ihr einen Zwanzigeuroschein.
„Stimmt so“, sagte er.
„Das ist aber nicht nötig“, wehrte Tanja bescheiden ab.
„Doch, doch. Sie geben sich immer so viel Mühe, das muss belohnt werden. Vielen Dank.“
Der alte Herr griff nach ihrer Hand, verbeugte sich leicht und deutete einen Handkuss an.
Tanja lächelte über die charmante Geste. Sie verabschiedete Herrn Janfeld und öffnete ihm die Ladentür.
„Auf Wiedersehen. Bis bald.“
„Ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag, Fräulein Tanja.“
„Fräulein Tanja! Fräulein Tanja! Was war das denn?“, fragte Anselm mit spöttisch verzogenem Mund, als der alte Mann den Laden verlassen hatte. „Warum lässt du dich von dem Knacker betatschen?“
„Anselm, bitte! Herr Janfeld ist eben ein Kavalier der alten Schule. Er hat mich doch nicht betatscht!“, empörte sich Tanja.
„Ich kann es nicht leiden, wenn dich andere Kerle anfassen“, knurrte Anselm mürrisch.
„Herr Janfeld ist sicher fünfzig Jahre älter als ich. Er will bestimmt nichts von mir. Außerdem pflegt er ganz liebevoll seine bettlägerige Ehefrau“, versuchte Tanja ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen.
„Was du alles von dem weißt! Du scheinst ja doch ein großes Interesse an dem Kerl zu haben.“
Tanja ging einen Schritt auf Anselm zu und nahm ihn in den Arm.
„Ach, mein eifersüchtiger Geliebter“, sagte sie mit sanftem Spott und küsste ihn auf die Wange.
Anselm erwiderte die Umarmung nicht, sondern blickte seine Freundin nur missvergnügt an.
„Wenn ich dich jemals mit einem anderen erwische, dann …“
„Kannst du jetzt bitte damit aufhören? Ich habe dir schon hundert Mal gesagt, dass ich kein Interesse an anderen Männern habe“, sagte Tanja ärgerlich. „Ich muss noch aufräumen.“
Sie löste sich von Anselm und begann mit mühsam unterdrückter Wut, den Arbeitstisch zu säubern. Ihr Freund war wirklich ein großer Schatz und trug sie auf Händen, aber der Preis dafür war seine ständige Eifersucht, die darin gipfelte, dass er immer genau wissen wollte, was sie machte, wo sie hinging und mit wem sie sich traf.
Zu Beginn ihrer Beziehung, in der Euphorie der ersten Verliebtheit, war ihr Anselms Kontrollzwang nicht aufgefallen, aber inzwischen fühlte sich Tanja mehr und mehr davon belästigt.
„Du bist doch jetzt nicht sauer, oder?“, fragte Anselm versöhnlich.
„Doch. Warum unterstellst du mir immer, dass ich sofort etwas mit einem anderen Mann anfange, wenn du mal für fünf Minuten nicht weißt, wo ich bin?“, fragte Tanja und rieb heftig mit einem Schwamm über die Arbeitsplatte.
„Das tue ich doch gar nicht! Mich macht nur der Gedanke ganz krank, dass ich dich verlieren könnte. Weil ich dich eben so sehr liebe. Komm, mein Engel, sei mir wieder gut.“
„Ich bin ja gar nicht mehr böse, aber du musst bitte damit aufhören“, sagte Tanja milder, als sie Anselms zerknirschten Gesichtsausdruck sah.
„Ich verspreche Besserung“, sagte Anselm feierlich und hob die Hand wie zum Schwur.
Tanja lachte. „Was machst du eigentlich hier? Hast du vergessen, dass ich einen Friseurtermin habe?“
„Nein, ganz und gar nicht. Ich habe mir überlegt, dass ich dich gern zum Friseur begleiten würde.“
„Das ist doch Blödsinn. Ich will mir vielleicht ein paar Strähnchen machen lassen, das dauert sicher zwei Stunden. Willst du die ganze Zeit da rumsitzen?“
„Warum nicht?“
„Das ist doch langweilig für dich. Und außerdem … na ja, weißt du, ich finde es blöd, wenn mich mein Freund zum Friseur begleitet. Zum Friseur gehen wir Frauen gern allein.“
„Normalerweise haben Frauen ja auch Friseurinnen, aber du lässt deine Haare ja nur von Mike frisieren“, erwiderte Anselm in einem Ton, als ob das erklären würde, warum er sie begleiten wollte.
„Geht das schon wieder los? Mike steht nur auf Männer. Du brauchst also keine Angst zu haben, dass er mich verführt. Ich passe nicht in sein Beuteschema!“
„Ich würde dich aber trotzdem gern beglei …“
„Ich möchte das aber nicht“, unterbrach ihn Tanja heftig. „Bitte, akzeptiere das.“
„Aber ich bin doch extra nach München reingefahren, um dich abzuholen“, unternahm Anselm einen weiteren Versuch.
„Weißt du was? Dann nutze die Zeit und geh auf den Viktualienmarkt, um für ein schönes Abendessen einzukaufen. Ich komme nach dem Friseur direkt zu dir. Wir können dann zusammen kochen und machen es uns so richtig gemütlich. Was meinst du?“, fragte Tanja betont fröhlich, denn sie wollte ein für alle Mal die Diskussion darüber beenden, ob Anselm sie zum Friseur begleitete.
„Na gut“, gab sich Anselm widerwillig geschlagen. „Dann gehe ich jetzt auf den Markt.“
Aber kaum hatte er den Blumenladen verlassen, begann es in seinem Inneren zu brodeln. Ob ihm Tanja wohl die Wahrheit gesagt hatte? War Mike wirklich nicht an Frauen interessiert? Oder hatte sie ihn nur in Sicherheit wiegen wollen, damit sie die Zeit mit Mike allein verbringen konnte?
„Ich verschwinde dann jetzt, Frau Richter, ist das okay?“, rief Tanja in den hinteren Bereich des Ladens, in dem ihre Chefin an einer großen Bestellung für eine Hochzeit arbeitete.
„Ist gut, Tanja. Bis morgen. Und lass dich hübsch machen für dein Klassentreffen“, rief Frau Richter zurück.
Tanja machte sich auf den Weg zu ihrem Friseur. Obwohl sie seit zwei Jahren in Grünwald wohnte, war sie ihrem Stammsalon und ihrem Lieblingsfriseur Mike in der Münchner Innenstadt treu geblieben.
Normalerweise ließ sie ihr langes schwarzes Haar nur ab und zu in Form schneiden, aber heute wollte sie sich etwas mehr gönnen. Ein neuer, moderner Schnitt sollte her, zusätzlich könnte ihr Mike mit hellen Strähnchen vielleicht ein paar Lichtpunkte ins Haar setzen.
Schließlich war übermorgen das Klassentreffen in Bayreuth, da wollte sie gut aussehen. Es war immerhin zehn Jahre her, dass sie die meisten ihrer Klassenkameraden zuletzt gesehen hatte. Keiner sollte sie ansehen und denken: Na ja, die Tanja, die hat früher auch mal besser ausgesehen.
Mike war sofort Feuer und Flamme, als Tanja ihm sagte, sie wolle mal etwas anderes machen lassen. Jedes Mal versuchte er, sie davon zu überzeugen, mutiger zu sein.
„Aber Strähnchen? Das ist doch nicht dein Ernst!“, sagte Mike mit übertriebenem Entsetzen. „Nicht in dein schönes Haar, das von Natur aus glänzt wie schwarzes Pantherfell. Das wäre ein Frevel! Was hältst du denn von einem asymmetrischen Schnitt, Herzchen?“
Mike trat einen Schritt von Tanja zurück und betrachtete prüfend mit schräg gelegtem Kopf ihr Spiegelbild.
„Ich kann mir das ganz zauberhaft vorstellen bei deinem hübschen Gesicht. Ach, Herzchen, was würde ich dafür geben, wenn ich so eine Pfirsichhaut hätte wie du.“
Theatralisch hob Mike seine Hände. Dann griff er in ihr dichtes Haar und hielt es so, wie er sich die neue Frisur dachte.
„Ach, ich weiß nicht, Mike. Ich bin nicht so der asymmetrische Typ“, erwiderte Tanja lachend.
Plötzlich verzog sie ihr Gesicht; ein stechender Schmerz fuhr ihr in den Unterleib.
„Was ist Herzchen? Das sieht doch ganz hinreißend aus“, sagte Mike, der ihr schmerzverzerrtes Gesicht als Ablehnung seines Frisurvorschlags deutete.
„Ist alles gut, Mike. Ich hatte nur einen kleinen Bauchkrampf.“
„Ihr Mädels könnt einem echt leidtun. Jeden Monat diese unangenehme Sache …“ Mike nickte mitfühlend.
Tanja überlegte. Mike hatte vermutlich recht; sie hätte eigentlich schon vor zwei oder drei Tagen ihre Regel bekommen sollen. Aber vielleicht hingen die Krämpfe in den letzten Tagen auch noch mit der Magen-Darm-Grippe zusammen, die sie vor einigen Wochen erwischt hatte. Ob sie nachher einmal bei Dr. Frank vorbeischauen sollte?
***
„Wo warst du denn, Flo? Ich war schon dreimal in deinem Büro, immer gähnende Leere“, sagte Ludger Langenfeld vorwurfsvoll, als sein Kollege den Kopf durch die Tür steckte.
„Ich hatte doch den Termin bei der Firma Franzen – wegen der neuen Datenbank, die wir für sie erstellen sollen. Hast du das vergessen?“
Ludger schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
„Sorry. Ich dachte, der Termin wäre morgen. Und? Haben sie bestellt?“
„Ja, mein Lieber. Wir haben den Auftrag. Datenbank bauen, Schulung der Mitarbeiter, Wartung und Anpassung in den nächsten Jahren. Was sagst du jetzt?“
„Das sollten wir feiern! Das ist der Durchbruch für unsere kleine Firma, das sichert unser Überleben in den nächsten Jahren.“
„Noch ist der Vertrag nicht unterschrieben“, sagte Florian zurückhaltend. „Wir sollten erst feiern, wenn wir die Unterschrift haben. Ich habe dir hier die Eckdaten für den Vertrag zusammengestellt. Herr Reckmann, der Geschäftsführer von Franzen, hätte den Vertrag gern noch diese Woche. Schaffst du das?“
Ludger warf einen Blick auf die Unterlagen, die Florian ihm gereicht hatte, und pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Du hast ja sogar noch bessere Konditionen herausgeholt! Ich verstehe gar nicht, warum du immer sagst, du wärest nicht gut im Verhandeln.“
„Mir liegt das wirklich nicht. Aber Herr Reckmann ist sehr sympathisch und kompetent, das hat es mir leichter gemacht“, antwortete Florian und lächelte etwas verschämt über das Lob seines Geschäftspartners.
„Stell dein Licht nicht immer unter den Scheffel. Du bist gut“, ermunterte ihn Ludger.
„Jetzt reicht es aber. Genug gelobt“, sagte Florian und errötete. „Was ist nun? Kannst du den Vertrag noch heute oder morgen fertig machen? Herr Reckmann wartet auf eine Antwort von mir.“
„Klar, das schaffe ich. Ich setze mich gleich nach dem Mittag ran. Hast du Lust, mit mir rüber zu Luigi zu gehen? Der Mittagstisch verspricht heute Lasagne.“
„Es wäre nicht schlecht, eine Kleinigkeit zu essen. Ich war heute Morgen so aufgeregt wegen des Termins, dass ich keinen Bissen herunterbekommen habe.“
Eine Viertelstunde später saßen die beiden Freunde und Geschäftspartner im Luigi, einem italienischen Restaurant, das direkt gegenüber von ihrem Büro lag.
„Hast du dich entschieden, ob du am Samstag mit zum Klassentreffen fährst?“, fragte Ludger, nachdem die Getränke und der Vorspeisensalat serviert worden waren. „Ich muss heute dem Hotel Bescheid geben, ob wir ein oder zwei Zimmer buchen.“
„Ich weiß nicht“, begann Florian zögerlich. „Mich zieht es nicht unbedingt wieder zurück zu meinen alten Klassenkameraden. Es gibt da höchstens ein oder zwei Leute, die ich gern wiedersehen würde.“
Florian blickte gedankenverloren in seinen Salat und stocherte darin herum. Die alten Geschichten aus der Schulzeit waren plötzlich wieder ganz nah. Er war damals ein sehr schüchternes und dickliches Kind gewesen, das zu allem Überfluss auch noch eine starke Brille und eine Zahnspange tragen musste.
Als dann auch noch eine schwere Pubertätsakne dazugekommen war, war er für die meisten seiner Mitschüler ein willkommenes Opfer für Spott und Hänseleien gewesen. Nein, schöne Erinnerungen an die Schulzeit hatte Florian Seibold wahrlich wenige.
„Ich finde, du musst unbedingt mitkommen“, mahnte sein Freund eindringlich. „Schon als so eine Art Therapie. Ich weiß, dass du es damals nicht leicht gehabt hast, aber wir sind alle erwachsen geworden. Ich glaube, den meisten tut es inzwischen leid, dass sie so fies zu dir waren. Gib ihnen eine Chance – und dir auch!“, versuchte Ludger ihm Mut zu machen.
„Warum sollte ich? Außer dir und Tanja und vielleicht noch Katrina haben die anderen keine Gelegenheit ausgelassen, mich zu hänseln. Wenn sie jetzt ein schlechtes Gewissen haben, dann ist das nicht mein Problem.“
„Jetzt übertreibst du aber. Gut, einige waren wirklich schlimm, aber doch längst nicht alle. Und weißt du, was ich glaube? Die, die es damals so arg mit dir getrieben haben, waren doch nur neidisch auf dich, weil du schon immer ein schlaues Kerlchen warst. Du hast doch schon dem Mathe-Korthes in der zehnten Klasse was vorgerechnet!“
„Mathe-Korthes war ja eigentlich auch kein Mathelehrer, er ist nur eingesprungen.“
„Flo, es ist immer das Gleiche mit dir! Warum kannst du ein Lob nicht einfach mal stehen lassen?“
„Ich weiß gar nicht, warum du so scharf auf das Zehnjährige bist. Außer zu mir hast du keinen Kontakt mehr zu irgendeinem Mitschüler, und zum Fünfjährigen bist du auch nicht gegangen“, sagte Florian, um von sich abzulenken.
„Stimmt schon. Aber nach zehn Jahren interessiert es mich nun doch, was aus den anderen geworden ist. Wer hat welchen Job? Wer ist verheiratet? Wer hat schon Kinder? So was eben. Bist du denn gar nicht neugierig?“
„Nee, meine Neugierde hält sich in Grenzen. Meinetwegen kannst du für alle Zeiten der Einzige sein, der mir aus meiner Schulzeit geblieben ist.“
„Gibt es nicht doch irgendein Mädel, das du gern wiedersehen möchtest? Vielleicht die hübsche Tanja Grömer?“
Florian stieg eine leichte Röte ins Gesicht. Mit sicherem Gespür hatte sein Freund einen wunden Punkt erwischt. Tatsächlich dachte Florian manchmal mit einem warmen Gefühl an Tanja. Sie war eine der wenigen gewesen, die ihn damals wenigstens ab und zu verteidigt hatten. Aber Tanja war bestimmt längst verheiratet und führte ein glückliches Familienleben. So schöne, nette Frauen blieben nicht lang allein.