1,99 €
Die vierundzwanzigjährige Lenja hat gerade einen furchtbaren Schicksalsschlag hinnehmen müssen: Die geplante Hochzeit mit ihrem Verlobten ist einen Tag vor der großen Feier geplatzt. Seitdem scheint sich ihr Leben in einen Albtraum verwandelt zu haben.
Um sich von ihrem Kummer ein wenig abzulenken, beschließt die junge Frau, für einige Zeit nach München zu ihrem Großvater zu ziehen. Dort kann sie ihm in seiner Buchhandlung helfen und ihre Gedanken hoffentlich wieder auf erfreulichere Dinge richten.
In München angekommen, lernt sie auch Manuel kennen, einen sympathischen Mann mit einem offenen Lächeln, der in der Nachbarwohnung lebt. Er sucht offenbar ihre Nähe, aber für Lenja ist klar, dass sie sich nicht noch einmal auf eine Beziehung einlassen wird. Die Enttäuschung, die hinter ihr liegt und ihr immer noch das Herz schwer macht, war einfach zu groß. Von romantischen Zukunftsträumen hat sie sich endgültig verabschiedet. Doch diese Rechnung hat Lenja ohne ihren attraktiven Nachbarn gemacht ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 128
Cover
Impressum
Auch im Herbst kann die Liebe erblühen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Syda Productions/shutterstock
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5498-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Auch im Herbst kann die Liebe erblühen
Als sie schon nicht mehr daran glaubte, fand Lenja ihr großes Glück
Die vierundzwanzigjährige Lenja hat gerade einen furchtbaren Schicksalsschlag hinnehmen müssen: Die geplante Hochzeit mit ihrem Verlobten ist einen Tag vor der großen Feier geplatzt. Seitdem scheint sich ihr Leben in einen Albtraum verwandelt zu haben.
Um sich von ihrem Kummer ein wenig abzulenken, beschließt die junge Frau, für einige Zeit nach München zu ihrem Großvater zu ziehen. Dort kann sie ihm in seiner Buchhandlung helfen und ihre Gedanken hoffentlich wieder auf erfreulichere Dinge richten.
In München angekommen, lernt sie auch Manuel kennen, einen sympathischen Mann mit einem offenen Lächeln, der in der Nachbarwohnung lebt. Er sucht offenbar ihre Nähe, aber für Lenja ist klar, dass sie sich nicht noch einmal auf eine Beziehung einlassen wird. Die Enttäuschung, die hinter ihr liegt und ihr immer noch das Herz schwer macht, war einfach zu groß. Von romantischen Zukunftsträumen hat sie sich endgültig verabschiedet. Doch diese Rechnung hat Lenja ohne ihren attraktiven Nachbarn gemacht …
Das musste der zweitschlimmste Tag ihres Lebens sein! Lenja blinzelte in den stahlgrauen Herbsthimmel. Eine Schar Krähen kreiste über ihr, als wären sie auf der Lauer. Der dunkle Schwarm stieß unheilvolle Laute aus, bei dem sich die Härchen auf Lenjas Armen aufrichteten.
Lenja lag auf dem Rücken. Laub raschelte unter ihr, als sie ihren Arm hob und eine Bewegung machte, als wolle sie die Vögel vom Himmel wischen. Ein Ahornbaum breitete sein kahles Geäst über ihr aus und ließ ein einzelnes Blatt auf Lenja herabsegeln.
Benommen grübelte die Vierundzwanzigjährige, was an diesem Bild nicht stimmte. Warum lag sie bei gefühlten fünf Grad über Null auf einer Wiese? Und weshalb tat ihre rechte Seite so furchtbar weh? Was war denn nur mit ihr passiert?
Ihre Gedanken stoben davon wie aufgeschreckte Spatzen, als sie versuchte, sie festzuhalten und zu ordnen. Eine dunkle Erinnerung klopfte an ihrem Verstand an, aber sie kam noch nicht darauf, welche es war.
Sie befand sich in einem Park, irgendwo im Münchner Süden, so viel wusste sie noch. Nebel tastete sich zwischen den Bäumen hindurch wie knochige Finger. Er verschluckte das Licht der Parklampen und dämpfte jedes Geräusch. Es fühlte sich an, als hätte Lenja Watte in den Ohren. Unangenehm!
Fetzen von Erinnerungen blitzten in ihrem Kopf wie Schlaglichter. Jemand hatte sie entführt … sie bewusstlos geschlagen und eingesperrt. Und dann … der Kampf! Sie war in das Messer gestürzt … Diese Erinnerung fühlte sich seltsam an. Unwirklich. So etwas geschah in Fernsehkrimis oder Romanen, aber nicht im wahren Leben! Oder?
Sie führte ein behütetes Dasein. Warum sollte ihr jemand so etwas antun? Dafür gab es doch überhaupt keinen Grund! Sie war Bibliothekarin. Die einzige Gefahr, der sie tagtäglich ins Auge blicken musste, bestand darin, von einem aus dem Regal herabstürzenden Buch getroffen zu werden. Das war alles.
Oder auch nicht. Jemand hatte etwas gegen sie, sonst würde sie nicht hier liegen – allein in der Dunkelheit. Der Oktober neigte sich allmählich dem November zu. Die Luft war bitterkalt und zwickte in ihre Wangen. Vermutlich würde es nicht mehr lange dauern, bis es schneite.
Die Kälte kroch unter Lenjas Garderobe. Ihre Hände und Füße wurden allmählich taub. Sie musste hier weg, sonst würde sie sich den Tod holen. Falls dieser nicht ohnehin schon auf der Schwelle stand.
Vorsichtig setzte sie sich auf. Dabei explodierte ein heftiger Schmerz in ihrer rechten Seite, der sie wimmern ließ. Sie blickte an sich hinunter und bemerkte einen dunkelroten Fleck, der sich auf ihrer grauen Wolljacke ausgebreitet hatte. Ein fingerlanger Schlitz verunzierte den Stoff, wo die Klinge eingedrungen war. Warm und klebrig sickerte das Blut aus ihr heraus. Es roch metallisch.
Ihr Magen verkrampfte sich. Jede Bewegung, ja, jeder Atemzug, verschlimmerte die Blutung noch! Hilfesuchend sah sich Lenja um. Im Dunst waren nur vage die Umrisse von Büschen und Bäumen zu erkennen. Die Isar rauschte in der Nähe. Menschen waren nicht zu sehen. Vermutlich mochte niemand bei diesem Wetter ins Freie gehen.
Plötzlich raschelte irgendwo rechts von ihr etwas, aber als Lenja den Kopf drehte, war niemand zu sehen. Vermutlich war nur ein Igel auf dem Weg zu seinem Unterschlupf.
Sie brauchte Hilfe, das spürte sie deutlich. Ihre Glieder wurden mit jedem Herzschlag schwerer, und ihre Gedanken drifteten davon wie ein Stück Treibholz auf dem offenen Meer. Sie verlor zu viel Blut. Nicht mehr lange und sie würde sich nicht mehr helfen können. Doch was sollte sie machen?
Ihre Tasche war ebenso verschwunden wie ihr Telefon. Ihre Kleidung war zerrissen. Sie hatte weder Papiere noch Schlüssel bei sich. Alles war ihr genommen worden.
Wie hatte alles so schiefgehen können?
Vor wenigen Monaten noch hatte eine glänzende Zukunft vor ihr gelegen. Und jetzt? Jetzt war es fraglich, ob sie die kommende Nacht überstand.
Ich muss in ein Krankenhaus. Wenn ich hierbleibe, werde ich verbluten.
Mit verzweifelter Entschlossenheit stemmte sich Lenja vom Boden hoch. Der Schmerz war kaum auszuhalten. Sie biss sich auf die Lippen, um einen Schrei zurückzuhalten. Das Stechen in ihrer Seite trieb ihr trotz der Kälte Schweißperlen auf die Stirn. Ihre Beine zitterten, als sie endlich stand.
Suchend schaute sie sich um und bemerkte die Umrisse einer Brücke, die sich undeutlich vor ihr im Nebel abzeichneten. Sie taumelte darauf zu. Die Isar sprudelte unter dem Bauwerk hindurch. Der Regen hatte den Fluss anschwellen lassen. Zweige und Blätter trieben auf dem Wasser und wurden mitgerissen, kaum, dass der Blick sie erfasste.
Unter der Brücke war eine karierte Decke festgeklemmt, wie eine Trennwand. Dahinter lag ein Bündel Decken und Zeitungen. Ein Lager? Leere Flaschen und Konservendosen lagen herum und verströmten einen Geruch, von dem sich Lenja der Magen umdrehte. Trotzdem taumelte sie mit letzter Kraft dorthin. Vor ihren Augen flackerte es, und ihre Beine fühlten sich taub an. Sie musste sich ausruhen. Nur ganz kurz …
Lenja stürzte auf die dicke Polsterung zu und sank darauf nieder. Erleichtert schloss sie die Augen. Zumindest von unten war sie nun vor der Kälte geschützt. Den scharfen Geruch von Urin und Alkohol nahm sie nur am Rande wahr. Sie war längst zu geschwächt, um sich daran zu stören. Mit jedem Herzschlag schien mehr von ihrer Kraft aus ihr herauszusickern.
Ich mache nur eine kleine Pause, dann gehe ich gleich weiter, nahm sie sich vor und lehnte matt den Kopf gegen den Beton der Brücke. Ihre Lider schlossen sich, aber sie fuhr sogleich wieder in die Höhe, als sie in der Nähe jemand schimpfen hörte.
„Das ist mein Unterschlupf! Such dir deinen eigenen!“
Ein hagerer Mann beugte seinen bärtigen Kopf zu ihr herunter. Es grenzte an ein Wunder, dass ihm seine Kleidung noch nicht vom Körper rieselte, so morsch wirkte der Stoff. Ein beißender Geruch ging von ihm aus. Seine grauen Augen waren gerötet. Er schien Schwierigkeiten zu haben, seinen Blick auf Lenja zu fixieren.
Die Schuhe schienen ihm zwei Nummern zu groß zu sein. Der Abstand zwischen seinen Fersen und dem Leder war mit zerknülltem Zeitungspapier ausgestopft. Er ballte die schrundigen Fäuste.
„Mein Unterschlupf“, wiederholte er grantig. „Also mach, dass du von hier weg … Warte mal!“ Er starrte auf das Blut an ihrer Taille. „Herrje, haben sie dich erwischt? Armes Ding.“ Seine Hände öffneten sich, und sein Blick wurde weicher. „Du lebst noch nicht lange hier draußen, oder?“
„Ich …“ Lenja wollte etwas erwidern, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Die Worte kamen ihr nicht über die Lippen.
„Du zitterst ja. Die verdammte Kälte macht einen fertig. Warte, ich habe etwas, was dich wärmen wird.“ Er zog eine Flasche aus seinem Mantel und hielt sie ihr hin. „Trink! Das hilft auch gegen die Schmerzen.“
„Danke, ich möchte … lieber nicht.“
„Wie du meinst. Bleibt mehr für mich.“ Er schraubte die Flasche auf, setzte sie an die Lippen und nahm einen Schluck.
„Wie … heißen Sie?“
„Namen sind nicht von Belang. Wirst du noch lernen, wenn du so lange auf der Straße lebst wie ich. Wirst du noch lernen.“ Er kramte in den Lumpen, die neben Lenja aufgeschichtet waren, und brachte einen schmalen Streifen Stoff hervor. „Hier, das sollte gehen. Es muss aufhören, zu bluten.“ Er drückte einen Lappen auf ihre Wunde und wickelte den Stoff darum. Behutsam machte er einen Knoten.
In diesem Augenblick bellte in der Nähe ein Hund.
Der Kopf des Mannes ruckte herum. Er fuhr in die Höhe und murmelte etwas, was Lenja nicht verstand. Es hörte sich an wie: „Die dürfen mich auf keinen Fall kriegen!“ Jäh wirbelte er herum und stürmte mit langen Sätzen davon. Wenig später hatte ihn der Nebel verschluckt wie einen Geist.
Lenja blieb allein zurück. Sie drückte den Verband auf ihre Wunde. Vorerst würde der Stoff die Verletzung verschließen, aber damit waren nur ein paar Minuten gewonnen. Sicherlich nicht mehr. Ihr war so kalt. So entsetzlich kalt. Sie musste in ein Krankenhaus, aber den Weg würde sie wohl nicht schaffen.
Matt sank sie zurück auf das stinkende Lager.
Ja, das hier musste der zweitschlimmste Tag ihres Lebens sein. Daran gab es keinen Zweifel. Der allerschlimmste Tag lag bereits hinter ihr. Zwei Monate war das inzwischen her.
Es war an einem milden Sommerabend gewesen, als ihre ganze Welt ins Wanken geraten war …
***
Gemächlich plätscherte der Chiemsee gegen sein Ufer. Die Sonne ließ das Wasser glitzern wie einen kostbaren Edelstein. Der Wind war warm und lind wie ein Streicheln. Nur das Quaken der Enten im Schilf durchbrach die Stille. In der Ferne holte ein weißes Passagierschiff die Urlauber von der Herreninsel ab. Sie standen an der Reling und machten Fotos von der Kampenwand, dem See und den weißen Segelyachten.
Lenja räkelte sich auf der Sonnenliege. Ein hellgrüner Sonnenschirm schützte sie vor der Hitze. Sie konnte kaum glauben, dass es tatsächlich geschafft war: Alle Hochzeitsvorbereitungen waren abgeschlossen. Ihr großer Tag konnte kommen!
Trotzdem überlegte sie sich angestrengt, ob sie auch wirklich nichts vergessen hatte: Der weiße Pavillon am Seeufer war aufgebaut und mit zahllosen weißen Nelken für die Zeremonie geschmückt. Mit dem Caterer war alles abgesprochen. Die Haarstylistin würde in aller Frühe kommen und sich um ihre Frisur und das Make-up kümmern.
Ihr Brautkleid hing bereit: ein Traum aus champagnerfarbener Spitze, schulterfrei und mit einem wunderschönen langen, mehrlagigen Rock. Der Hochzeitsplaner hatte jedes Detail des Tagesablaufs festgelegt und hielt auch Notfallpläne bereit, falls etwas nicht nach Plan verlaufen sollte. Für jede Eventualität war also vorgesorgt. Sogar ein Arzt würde unter den Gästen sein, für den Fall, dass sich jemand nicht wohlfühlte.
Trotzdem hatte sie Magendrücken.
Das sind keine kalten Füße, sagte sie sich selbst. Nur die Aufregung! Immerhin werden morgen zweihundert Gäste dabei sein, wenn Raphael und ich uns das Jawort geben. Himmel, ich wünschte, er hätte einer kleineren Hochzeit zugestimmt!
Lenja und ihr Verlobter bewohnten eine Villa am Ufer des Chiemsees. Eine breite, mit Kies bestreute Auffahrt führte zu dem zweigeschossigen weißen Gebäude. Der parkähnliche Garten wurde von einer mannshohen Hecke umgeben, die vor neugierigen Blicke schützte. Sandsteinskulpturen bildeten reizvolle Blickfänge. Raphael hatte sie einem Künstler abgekauft, mit dem er befreundet war.
Der Sommer war in diesem Jahr eine abenteuerliche Mischung aus Regen und Sonnenschein, aber für den kommenden Tag waren wolkenloses Blau und angenehme Temperaturen vorhergesagt. Perfekt!
Lenjas Verlobter schlenderte mit einem Weinglas in der Hand heran. Er war von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet: weißes Armanihemd, weiße Leinenhosen und weiße Sandalen aus Rom. Seine Sonnenbrille hatte er in seine blonden Haare geschoben. Er bewegte sich mit dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der seine Ziele kannte und wusste, wie er sie erreichte.
Sein Studium hatte Raphael sich mit zahlreichen Nebenjobs finanziert. Nach seinem Abschluss hatte er sich als Anlageberater selbstständig gemacht und sich hochgearbeitet. Er arbeitete gern und viel, ließ Lenja jedoch nie vergessen, wie wichtig sie ihm war. Mit kleinen Geschenken und Einladungen zeigte er ihr immer wieder aufs Neue seine Gefühle.
Ein inniges Funkeln blitzte in seinen blauen Augen, als er sich nun zu ihr setzte und sie in seine Arme zog.
„Nur noch vierundzwanzig Stunden, dann bist du nicht mehr Lenja Stadler, sondern Frau von Schwarzach“, sagte er mit rauer Stimme. „Na, wie fühlt sich das an?“
„Frag lieber nicht“, erwiderte sie, nahm seine Hand und drückte sie auf ihr Herz. „Mein Herz klopft zum Zerspringen!“
„Ich fühle es. Bist du glücklich, mein Liebling?“
„Und ob. Ich bin so glücklich, dass es mir beinahe Angst macht.“
„Angst? Warum denn das?“
„Weil jedes Glück zerbrechlich ist. Was, wenn etwas schiefgeht?“
„Nicht bei uns. Du musst dich nicht fürchten. Ich werde immer an deiner Seite sein und du an meiner. Nichts und niemand darf sich jemals zwischen uns stellen, das verspreche ich dir. Ab morgen sind wir eine Familie, wir zwei.“
Eine Familie, hallte es in ihrem Kopf wider, und ein sehnsüchtiges Ziehen breitete sich in ihr aus. Lenja schmiegte sich an ihren Verlobten, der sie näher an sich zog und zärtlich küsste. Seine Lippen versprachen ihr den Himmel auf Erden, und Lenja schmolz dahin.
„Oben steht ein riesengroßer Rollkoffer in unserem Schlafzimmer“, stellte Raphael nach einer Weile fest und löste sich von ihr. „Wir würden locker beide hineinpassen – und noch ungefähr die Hälfte unseres Hausrates dazu. Du hast nicht zufällig etwas damit zu tun, oder?“
„Das ist mein Gepäck für unsere Flitterwochen.“
„Warte mal: Willst du verreisen oder auswandern?“
„Ich bin nur gern für alle Eventualitäten gerüstet. Wir fliegen zum Wandern nach Schottland. Dort weiß man nie, wie das Wetter ist. Es kann warm sein oder kalt, trocken oder regnerisch. Ich werde die Sachen alle brauchen.“
„Nicht unbedingt. Wenn es nach mir geht, werden wir unser Hotelzimmer zwei Wochen lang nicht verlassen.“ Er strich ihr vielsagend über die Taille und zwinkerte ihr zu.
„Raphael!“ Lenja lachte leise. „Ich möchte etwas von Schottland sehen: Loch Ness und die Berge. Lass uns durch Edinburgh schlendern und Culloden besuchen. Es gibt zahlreiche Orte, die ich mir gern anschauen möchte.“
„Pack wenigstens das Nachthemd wieder aus. Das wirst du garantiert nicht brauchen.“ Ihr Verlobter gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze, und etwas in Lenja wurde weit. Raphael machte sie so glücklich, dass ihr Herz schier überfloss.
Es gab nur einen Wermutstropfen in ihrem Glück: Ihre Hündin mochte ihn nicht. Auch jetzt saß Pica kerzengerade aufgerichtet und ließ Raphael nicht aus den Augen. Ihr Nackenfell war gesträubt, und sie knurrte. Dabei war der kleine Foxterrier sonst eine Seele von Hund.
Lenja hatte die Hündin vor drei Jahren von einer Freundin übernommen, die schwer krank geworden war und sich nicht um Pica kümmern konnte. Ihre Freundin hatte nicht überlebt, und so hatte die kleine Hündin bei Lenja ein dauerhaftes Zuhause bekommen.
„Sie schaut mich an, als wollte sie mich jeden Moment in die Wade beißen“, seufzte Raphael. „Aber ich werde sie schon noch herumkriegen.“
„Und wie willst du das anstellen?“
„Mit meinem Charme natürlich. Unterstützt von einer großen Packung Würstchen.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Immerhin hast du einen Plan.“ Lenja schmunzelte.
„Den habe ich immer.“ Seine Augen verrieten, dass er jedes Wort ernst meinte. Raphael plante gern alles voraus und überließ nichts dem Zufall. Das war eines der vielen Dinge, die sie an ihm liebte. Er war verlässlich, weil er nicht spontan handelte, sondern gut überlegt. Das gefiel ihr.