Dr. Stefan Frank 2797 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2797 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Für Dr. Leonie Haberlandt scheint die Übernahme der Praxis ihres Großonkels die perfekte Chance: ein Neuanfang fern von ihrer gescheiterten Beziehung. Sie verlässt Essen und zieht nach München. Doch die Realität holt sie schnell ein. Die Patienten sind skeptisch gegenüber der jungen Ärztin, das Wartezimmer bleibt leer, und die alte renovierungsbedürftige Villa, so charmant sie auch ist, wird zur Last statt zum Zufluchtsort. Immer wieder fragt sich Leonie, ob es das alles wert war. An Onkel Ferdinands Seite steht sein Sohn Ben, den Leonie bisher nur aus Erzählungen kannte. Nun erlebt sie ihn als liebevollen Helfer für ihren Großonkel, dessen Demenz ihm zunehmend das Leben erschwert. Doch je mehr Zeit Leonie mit den Männern verbringt, desto mehr bemerkt sie, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Ferdinand erzählt immer wieder verwirrende Geschichten aus der Vergangenheit, die nicht zusammenpassen, und Ben weicht ihren Fragen aus. Was verbirgt sich hinter seinen Erinnerungslücken?


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Seitenzahl: 123

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Rückkehr nach Grünwald

Vorschau

Impressum

Rückkehr nach Grünwald

Warum eine Hausärztin Dr. Franks Hilfe benötigt

Für Dr. Leonie Haberlandt scheint die Übernahme der Praxis ihres Großonkels die perfekte Chance: ein Neuanfang fern von ihrer gescheiterten Beziehung. Sie verlässt Essen und zieht nach München. Doch die Realität holt sie schnell ein. Die Patienten sind skeptisch gegenüber der jungen Ärztin, das Wartezimmer bleibt leer, und die alte renovierungsbedürftige Villa, so charmant sie auch ist, wird zur Last statt zum Zufluchtsort. Immer wieder fragt sich Leonie, ob es das alles wert war.

An Onkel Ferdinands Seite steht sein Sohn Ben, den Leonie bisher nur aus Erzählungen kannte. Nun erlebt sie ihn als liebevollen Helfer für ihren Großonkel, dessen Demenz ihm zunehmend das Leben erschwert. Doch je mehr Zeit Leonie mit den Männern verbringt, desto mehr bemerkt sie, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Ferdinand erzählt immer wieder verwirrende Geschichten aus der Vergangenheit, die nicht zusammenpassen, und Ben weicht ihren Fragen aus. Was verbirgt sich hinter seinen Erinnerungslücken?

»So, soweit ist erst mal alles in Ordnung«, sagte Dr. Leonie Haberlandt und hängte sich das Stethoskop um den Hals. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln und Medikamenten vermischte sich mit dem Winterparfüm ihrer Freundin – Vanille, Orange und Patschuli – und bescherte der nüchternen Praxisatmosphäre einen Hauch von Gemütlichkeit. Leonie lächelte. »Dein Blutdruck ist zwar etwas zu hoch, aber noch nicht bedenklich«, sagte sie zu Carla, die im sechsten Monat schwanger war. »Geh viel spazieren und treibe moderaten Sport. Achte darauf, genug zu trinken und lass dich auf keinen Fall stressen.«

»Sag das mal meinem Chef«, spottete Carla, doch die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben.

Eigentlich betreute ihre Frauenärztin die Schwangerschaft. Doch mit manchen Dingen fühlte sie sich bei ihrer besten Freundin wohler. Außerdem bekam sie hier auch kurzfristig einen Termin.

Leonie rang sich ein Lächeln ab. »Das kann ich gerne tun. Dann sage ich ihm aber auch, dass ich dich die nächsten Wochen krankschreiben werde, wenn er dich nicht etwas mehr schont.«

»Du bist eine wahre Freundin.« Carla lächelte schief und rutschte von der Behandlungsliege.

Ihr Blick fiel durch die Fenster im ersten Stock nach draußen. Unten eilten Menschen vorbei, eingehüllt in dicke Mäntel und Jacken, mit Mützen auf dem Kopf und Schals um den Hals, um sich vor der klammen, beißenden Kälte so gut es ging zu schützen. Westwinde brachten feuchte, kalte Luft von der Nordsee, oft begleitet von Nieselregen, der sich besonders schneidend anfühlte, wenn er zwischen den Häusern durch die Straßen fegte. Zum Glück war es an diesem Vormittag trocken.

»Hast du noch viel zu tun?« Carlas Augen blitzten. »Sonst lade ich dich gleich ein, dich mit mir zu bewegen und ein Café aufzusuchen.«

»Liebend gerne. Aber ich fürchte, ich muss meine Mittagspause damit verbringen, Befunde zu diktieren und anderen Papierkram zu erledigen.«

Leonies Tonfall irritierte Carla. Befreit von ihren Sorgen sah sie ihrer Freundin ins Gesicht. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie alles andere als glücklich aussah. »Stimmt was nicht?«

Im ersten Moment wollte Leonie abwinken. Carla hatte im Augenblick wirklich andere Dinge zu tun, als sich Sorgen um sie zu machen. Doch dann erinnerte sie sich an den Schwur, sich immer die Wahrheit zu sagen.

Sie saß auf dem Hocker und blickte auf ihre Hände in ihrem Schoß.

»Es ist wegen Theo«, seufzte sie. »Seine Bilder ... in letzter Zeit verkaufen sie sich einfach nicht mehr. Erst gestern kam wieder eine Absage von einer Galerie. Niemand will ihn ausstellen. Er steckt so viel Energie in seine Kunst, aber offenbar trifft er einfach nicht mehr den Nerv der Zeit.«

Eine Zeit lang hatte Carla selbst an der Folkwang Universität der Künste in Essen studiert, ehe sie sich dazu entschlossen hatte, doch lieber Ergotherapeutin zu werden. Sie kannte das Dilemma, in dem sich kreativ Schaffende befanden.

»Ich weiß, er ist Künstler, aber vielleicht wäre ein kleiner Job nebenbei seiner Kreativität sogar hilfreich«, schlug sie vor.

Leonie seufzte und zog ihren weißen Arztkittel enger um sich, als wollte sie sich vor der unbequemen Wahrheit schützen.

»Ich habe mich selbst umgehört und sogar mit meinen Patienten gesprochen. Es gab ein Angebot für einen Kinder-Kunstkurs hier im Viertel, eine Dozentenstelle an einer privaten Kunstschule, ein paar Auftragsarbeiten ... nichts Großes. Aber Theo meint, das sei nicht sein Weg.« Sie lachte bitter. »Ich fürchte, er ist einfach zu stolz.«

Das war nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich hatte sich Leonies fantasievoller, meist gut gelaunter Freund in den vergangenen Wochen dramatisch verändert. Statt singend und summend in seinem Atelier den Pinsel zu schwingen, suchte er immer öfter Leonies Gesellschaft, um seine schlechte Laune an ihr auszulassen. Danach entschuldigte er sich jedes Mal wieder und war selbst deprimiert über seine eigene Unzufriedenheit, über seine Unfähigkeit, an seinem Zustand etwas zu ändern. Aber das wollte sie Carla auf keinen Fall erzählen.

Es wurde still im Zimmer. Von draußen wehten Schritte und die Stimmen der Kollegen und Arzthelferinnen herüber, die neben Leonie in der Gemeinschaftspraxis arbeiteten.

»Vielleicht braucht er einfach etwas Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen.« Eine andere Idee hatte Carla auch nicht.

Leonie spürte ihre warme Hand in ihrer und erwachte aus ihren Gedanken. Sie kannte ihren Liebsten lange genug, um zu wissen, dass sich ihre Freundin irrte. Theo würde sich nicht ändern. Nicht für alles Geld der Welt. Aber auch das verschwieg sie. Auch so lastete schon das schlechte Gewissen auf ihr. Vor ein paar Minuten hatte sie ihrer Freundin noch erklärt, sie müsse sich unbedingt schonen. Und was tat sie selbst? Statt Rücksicht auf Carla zu nehmen, regte sie sie noch zusätzlich auf.

»Ach, wahrscheinlich bin ich heute mit dem falschen Fuß aufgestanden«, winkte Leonie ab. »Und dann dieses Wetter ... da muss man ja depressiv werden. Morgen sieht die Welt bestimmt wieder ganz anders aus«, versicherte sie und versuchte, sich ein optimistisches Lächeln abzuringen, was ihr sogar halbwegs gelang.

Carla überlegte kurz und nickte dann. In dieser Atmosphäre und mit einem Berg Arbeit vor sich, würde sie ihrer Freundin ohnehin keine Geheimnisse mehr entlocken. Die beiden Frauen umarmten sich zum Abschied. Ein wunderbares Gefühl, das diesen tristen Tag für einen kleinen Augenblick erhellte.

»Halte mich auf dem Laufenden«, bat Carla auf dem Weg zur Tür.

»Wir sehen uns spätestens beim Yoga am Donnerstag.«

Leonie drückte ihrer Freundin einen schmatzenden Kuss auf die Wange, ehe sie an den Schreibtisch zurückkehrte, um sich mit Befunden, Arztbriefen und Rechnungen von den trüben Gedanken an Theo abzulenken.

***

Mittagspause! Dr. Stefan Frank brachte den letzten Patienten des Vormittags zur Tür. Wieder einmal hatte ein altersbedingtes Zipperlein Gerhard Mahler in seine Praxis geführt. Der Senior hatte erst vor Kurzem von der Praxis des Kollegen Dietrich zu ihm gewechselt. Als Grund für den Wechsel hatte Herr Mahler das schlechte Gedächtnis seines Arztes angegeben, eine Bemerkung, die Dr. Frank amüsierte. Gerhard Mahler war gute fünfzehn Jahre älter als der rüstige Kollege und mit Sicherheit wesentlich gebrechlicher.

»Und vergessen Sie nicht, genug zu trinken!«, gab er ihm mit auf den Weg. »Dann wird Ihnen auch nicht mehr so schnell schwindlig.«

Gerhard Mahler versprach es und verabschiedete sich. Stefan Frank dagegen gesellte sich zu seinen Sprechstundenhilfen an den Tresen. Marie-Luise Flanitzer rumorte in der kleinen Küche. Ihre Kollegin Schwester Martha kehrte mit einer Dose an den Schreibtisch zurück.

»Hmmm, was gibt es denn bei Ihnen heute Leckeres zu essen?« Dr. Frank beugte sich neugierig über den Tresen. »Das sieht interessant aus.«

»Ick finde, det sieht nach Folter aus«, schimpfte Martha mit einem vernichtenden Blick auf die Gemüsesticks mit Kräuterquark. »Ick hätte jetzt viel mehr Lust auf Nudeln vom Chinesen oder eine Pizza. Heute früh gab es auch nur zwei Knäckebrote mit einer Messerspitze Marmelade drauf.«

»Warum tun Sie sich eine Diät an, wenn Sie so sehr darunter leiden?«, fragte Stefan Frank auf dem Weg zur Garderobe. Er war mit seiner Freundin Alexandra Schubert zum Mittagsessen verabredet und musste sich beeilen, wenn er pünktlich sein wollte. Doch auch die Sorgen seiner Mitarbeiter durften nicht zu kurz kommen. »Wenn Sie unbedingt abnehmen wollen, könnten Sie es mit Intervall-Fasten versuchen.«

»Wer spricht denn von Abnehmen?«, unterbrach Schwester Martha ihren Chef. Erst jetzt bemerkte er das lustige Funkeln in ihren Augen. »Ick spare nur die Kalorien für den Kuchen vom Eckcafé, den Sie auf dem Rückweg immer mitbringen.«

Daher also wehte der Wind!

Dr. Frank lachte. »Vielen Dank für die Erinnerung. Dann verzichte ich natürlich auch auf Tiramisu oder Panna Cotta zum Nachtisch.«

Immer noch lachend trat er hinaus auf dem Gehweg. Dort blieb er kurz stehen und sah auf die Uhr.

Die Augenarztpraxis, in der Alexa mit ihrer Partnerin Helene Braun arbeitete, lag am anderen Ende von Grünwald und dazwischen das italienische Restaurant, in dem sie verabredet waren. Obwohl es Winter war, herrschten halbwegs angenehme Temperaturen. Etwas Bewegung an der frischen Luft würde ihm mit Sicherheit guttun. Da noch genug Zeit blieb, beschloss Dr. Stefan Frank, zu Fuß zu gehen.

Mit den Händen in den Jackentaschen wanderte er den Gehweg entlang, vorbei an den altehrwürdigen Villen, die in dieser Jahreszeit durch die kahlen Äste der knorrigen Obstbäume und imposanten Kastanien gut zu sehen waren. Was für ein schöner Anblick! Und was für ein Glück er doch hatte, hier arbeiten und leben zu dürfen. Wieder einmal konnte er sein Glück nicht hoch genug schätzen.

Dr. Stefan Frank nannte nicht nur eine gutgehende Praxis für Allgemeinmedizin sein Eigen, sondern hatte obendrein zwei reizende und überaus kompetente Helferinnen. Und auch privat schien nach Jahren der Einsamkeit endlich wieder die Sonne vom Himmel. In Alexa hatte Stefan Frank noch einmal die ganz große Liebe gefunden. Um nur ja nichts von der kostbaren, gemeinsamen Zeit zu vergeuden, war sie zu ihm in die Villa gezogen. Trotzdem konnte er einfach nicht genug von ihr bekommen und nutzte gerne Gelegenheiten wie diese, um Alexa in die schönen, braunen Augen zu sehen.

»Herr Doktor Frank!«

Eine Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Stefan blickte auf und sah sich um.

»Hier drüben!«

Erst jetzt sah er das gelbe Auto, das neben ihm auf der Straße angehalten hatte. Der Postbote lächelte ihn aus dem offenen Fenster heraus an und hielt ihm zwei Briefe entgegen.

»Wollen Sie die bitte gleich nehmen? Mehr ist es heute nicht. Dann muss ich nicht extra bei Ihnen anhalten.«

Der Arzt nahm die Briefe und bedankte sich. Nach ein paar freundlichen Worten wanderte er weiter. Bevor er die Post in die Innentasche seiner Jacke schob, warf er einen Blick auf die Absender. Der eine Umschlag stammte von seiner KFZ-Versicherung, der andere von seinem Kollegen Dr. Dietrich.

»Was steht darin?«, wollte Alexandra wissen, als sie Stefan am Tisch des Italieners gegenübersaß.

»Ich wusste, dass du genauso neugierig bist wie ich«, lachte er und zog das Kuvert heraus. »Deshalb wollte ich ihn mit dir öffnen.« Er schob den leer gegessenen Nudelteller von sich und schlitzte den Umschlag mit dem Fingernagel auf. »Lieber Kollege Frank«, begann er zu lesen. Alexandra lauschte aufmerksam.

Am Ende des Briefes hatten beide Tränen in den Augen.

»Hast du gewusst, dass er an beginnender Demenz leidet?«, fragte sie und nahm dankbar das Taschentuch aus Stefans Hand.

»Einer seiner Patienten erzählte mir, dass ihm Doktor Dietrich zu vergesslich geworden sei«, gestand Stefan. Noch immer konnte er den Blick nicht von den krakeligen Zeilen wenden. »Aber dieser Patient ist Mitte Ende achtzig. Ehrlich gesagt habe ich ihn nicht ganz ernst genommen.«

»Ein Fehler«, murmelte Alexa, und Stefan nickte bekümmert. Zum Abschluss des Essens bestellten beide Espresso. »Glaubst du, Doktor Dietrichs Großnichte wird wirklich alles stehen und liegen lassen und die Praxis hier in Grünwald übernehmen?«

»Ich denke, das hängt ganz von ihrer Lebenssituation ab. Auf jeden Fall ist dieses Erbe eine große Chance.« Stefan nippte an dem schwarzen Muntermacher. »Manche Kollegen träumen ein ganzes Berufsleben von einer eigenen Praxis und erreichen dieses Ziel nie.«

»Anderen ist die Sicherheit wichtiger als die Unabhängigkeit. Und du weißt ja selbst, wie das Leben als Hausarzt so ist. Tag und Nacht erreichbar zu sein, wenig Freizeit und Privatleben ... das ist nicht jedermanns Sache.«

»Ich weiß und ich bin gespannt, wie sich die Kollegin entscheiden wird.« Stefan leerte seinen Kaffee, winkte dem Kellner und zückte das Portemonnaie, um die Rechnung zu begleichen. Wie immer war die Zeit mit Alexa viel zu schnell vergangen.

»Was würdest du ihr raten?«, fragte sie, und schon funkelte wieder der Schalk aus ihren Augen.

»Schwer zu sagen. Mit dir an meiner Seite ist die Arbeit ein Kinderspiel. Wie es ohne dich war, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.«

»Soso, dann leidest du auch schon an einer Art Demenz?«

Stefans Grinsen wurde breiter. »Du weißt doch, dass akute Verliebtheit aus klinischer Sicht alle Kriterien einer Psychose erfüllt. Denkstörungen gehören dabei zum Krankheitsbild.«

Alexa lachte. Hand in Hand verließen sie das Restaurant und trennten sich erst am Eck-Café voneinander.

»Und, Frau Doktor Schubert, wie beurteilen Sie meinen Zustand?«, fragte Stefan scherzhaft.

»Solange du den Kuchen für Martha und Marie-Luise nicht vergisst und auch für mich ein Stück einpacken lässt, habe ich keine Bedenken.«

***

Nach Ende der Nachmittagssprechstunde machte sich Leonie Haberlandt auf den Heimweg. Unterwegs machte sie Halt an einem Supermarkt. Dort kaufte sie alle Zutaten für ein schnelles Abendessen. Im Kühlschrank stand noch ein Rest Kürbissuppe, dazu kaufte sie ein großes Stück Käse und Stangenweißbrot. Aus dem Obstregal suchte sie zwei Birnen aus. Falls sie dann noch Hunger hatten, warteten noch Reste vom Weihnachtsgebäck in den Plätzchendosen. Sie würden also nicht verhungern.

Theo war noch nicht zu Hause, und Leonie verspürte Erleichterung. So blieb ihr etwas Zeit, sich gegen seine schlechte Laune zu wappnen. Denn dass sich daran im Laufe des Tages nichts geändert hatte, daran gab es keinen Zweifel.

Leonie legte die Einkäufe in die Küche und nahm eine heiße Dusche. Sie schlüpfte in ihre Lieblings-Jogginghose und einen warmen Pulli. Mit dicken Socken an den Füßen schlurfte sie in die Küche. Während die Suppe auf dem Ofen warm wurde, schrieb sie Theo eine Nachricht. Leonie drapierte gerade Käse und Birnen auf einem Teller, als sich der Schlüssel im Schloss drehte.

»Hallo, Süße!«, begrüßte Theo sie überraschend gut gelaunt und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. Was war denn das auf seinem Rücken? Erst auf den zweiten Blick erkannte Leonie den nagelneuen Rucksack, der über seine Schultern in die Höhe ragte.

»Hallo, Schatz.« Zum Glück begann in diesem Moment die Suppe zu brodeln. Leonie eilte an den Herd zurück. »Ist das ein Rucksack? Gehen wir etwa auf Reisen?«

Die Frage war nicht ernst gemeint, denn Theo wusste nur zu gut über ihre prekäre finanzielle Lage Bescheid.

Als Allgemeinärztin verdiente Leonie nicht schlecht, musste aber nicht nur die Kassenzulassung abstottern, sondern in letzter Zeit auch noch die Miete zahlen und für ihrer beider Lebensunterhalt aufkommen. Kein Wunder, dass ihr Konto am Ende des Monats regelmäßig ächzte.