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Jeden Morgen klettert König Buntbart aus dem Dreifarbenland auf die höchste Zinne seiner Burg und hebt seinen rot, gelb und blau geringelten Zauberstab. Dann löst sich ein dicker Farbstrahl aus seiner Spitze, der die Farben zu den Menschen bringt. Doch eines Tages stiehlt der Zauberer Grauschatten den magischen Zauberstab. Er kann bunte Farben nicht leiden und will, dass die ganze Welt grau aussieht. Sofort macht König Buntbart sich mit einem Heißluftballon auf den Weg, um den Zauberstab zurückzuholen. Schnell stellt er fest, dass sich drei Kinder aus dem Dreifarbenland in seinen Ballon geschmuggelt haben. Sie wollen dem König helfen, den Zauberstab zurückzubekommen.
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Seitenzahl: 65
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Für Charlotte und Jakob, für Leo, Lia und Max und für alle Enkelkinder, die mir noch geschenkt werden.
Erstes Kapitel, in dem die Welt bunt gemacht wird
Zweites Kapitel, in dem von roten, blauen und gelben Leuten erzählt wird
Drittes Kapitel, in dem ein Unglück geschieht
Viertes Kapitel, in dem König Buntbart eine Entscheidung trifft
Fünftes Kapitel, in dem der König eine Rede hält
Sechstes Kapitel, in dem es eine Überraschung gibt
Siebtes Kapitel, in dem es in der Wüste vor Tieren nur so wimmelt
Achtes Kapitel, in dem es Zitronenkuchen und Apfelschorle zum Frühstück gibt
Neuntes Kapitel, in dem gefräßige Möwen vorkommen
Zehntes Kapitel, in dem der Ballon im ewigen Eis ankommt
Elftes Kapitel, in dem von einer sprechenden Eule erzählt wird
Zwölftes Kapitel, in dem der König und die Kinder Sammy kennenlernen
Dreizehntes Kapitel, in dem Grauschatten Blitze schleudert
Vierzehntes Kapitel, in dem den Menschen alle Farben geschenkt werden
Vor langer Zeit gab es außer den Farben schwarz und weiß nur noch drei andere Farben auf der Welt, nämlich rot, blau und gelb.
Das lag an einem ganz besonderen Ort mit dem Namen Dreifarbenland. Der König des Landes hieß Buntbart, weil er einen langen, rot-, blau- und gelbfarbenen Bart hatte. Er war ein mächtiger Zauberer, der die drei Farben mithilfe der Magie seines Zauberstabes über die restliche Welt verteilte und sie auf diese Weise bunt machte.
An jedem Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, ging König Buntbart auf die höchste Zinne seiner Burg und schwang den rot, blau und gelb geringelten Zauberstab hoch über dem Kopf. Dann leuchtete der Stab ganz besonders prächtig.
Ein rot, blau und gelb gestreifter, dicker Strahl löste sich aus seiner Spitze, fast so wie ein Blitz bei einem richtig dollen Gewitter. Dieser Strahl schoss in die Höhe, bis fast in den Himmel. Von dort aus breitete er sich in alle Richtungen aus.
Wenn dann in der ganz normalen Welt die Sonne aufging, waren die Farben überall verteilt.
Während die Menschen davon nichts merkten, stand Buntbart immer noch auf der höchsten Zinne seiner Burg und lächelte zufrieden. Das konnte er auch sein, denn ohne ihn und die Magie seines Zauberstabes hätte es nur die Farben schwarz und weiß auf der Welt gegeben. Wenn das passiert wäre, hätten die Blumen ihre Köpfe hängen lassen, denn sie wollten gern bunt sein. Vor lauter Traurigkeit wären sie verdorrt. Auch den Bäume und Sträuchern wäre es so gegangen. Die Tiere und die Menschen wären in einer farblosen Welt ebenso unglücklich, denn auch die Sonne, der Himmel und die Wolken wären ja entweder schwarz oder weiß gewesen.
Das Dreifarbenland liegt ganz versteckt und ist deshalb schwer zu finden.
Um hinzukommen muss man zuerst durch die trostloseste aller Wüsten gehen. Dort gibt es nur besonders stachelige Kakteen und fiese Wanderdünen, die sich ständig woanders zeigen, um den Reisenden in die Irre zu führen und so zu verwirren, dass er nicht mehr weiß, in welche Richtung er gehen soll.
Hat man die trostlose Wüste durchquert, kommt man an den Fuß eines riesigen Gebirges. Die Berge scheinen am Himmel anzustoßen, so hoch kommen sie einem vor. Ein schmaler Pfad führt den Wanderer steil bergauf, bis zu einem glitzernden Gletscher. Den muss man überqueren und dann über den höchsten Gipfel klettern.
Hat man das geschafft, liegt es in einem lieblichen Tal vor einem:
Das Dreifarbenland.
Das Dreifarbenland bestand früher aus drei Teilen. Sie waren jeweils durch eine magische Grenze aus dicken Kreidestrichen voneinander getrennt. Diese Grenze überschritten die Leute nie. Es gab das Rotland, das Blauland und das Gelbland. In jedem einzelnen Land gab es nur eine einzige Farbe.
Im Rotland war alles rot. Es gab rote Blumen, vor allem Rosen. Rote Marienkäfer mit roten Punkten und Rotfüchse. Die Leute aßen am liebsten Erdbeermarmelade mit Rosenblätterbrot. Auch rote Nudeln mit Tomatensoße gab es und natürlich Kirschsuppe mit rotem Reis.
Die rote Sonne strahlte meistens vom wolkenlosen Himmel. Deshalb war es hier ziemlich warm. Schließlich ist rot eine warme Farbe. Die Leute waren freundlich und lustig, denn wenn es warm ist, hat man gute Laune. Die Mädchen malten mit ihrer roten Kreide meistens Herzchen und die Jungen rote Rennautos. Überhaupt fanden dort alle Leute, dass es nichts Besseres gab, als die Farbe rot.
Das nächste Land war das Blauland. Hier war natürlich alles blau und das fanden alle Kinder und alle Erwachsenen ganz besonders schön.
Es gab blaue Pfauen, die stolz ihre Federn spreizten und ein blaues Rad schlugen. Blaureiher und Blauhäher flatterten herum. Blaue Frösche quakten am See, in dem blaue Fische schwammen und an dem blaue Schwertlilien und Hyazinthen wuchsen. Am Ufer wuchsen Blautannen.
Das Nationalgericht in diesem Land war Pfannkuchen mit Blaubeeren. Auch blaue Knödel mit Pflaumenkompott aßen alle gern.
Im Blauland war es nicht so besonders warm, obwohl der Himmel strahlend blau war. Doch die blaue Sonne spendete einfach nicht so viel Wärme. Deshalb waren die Menschen eher ruhig und besonnen. Sie lächelten gern, aber sprachen nicht so besonders viel und lachten nicht so oft, aber sie waren immer freundlich und höflich. Die Mädchen malten mit ihrer blauen Kreide meistens Seen und Wolken und die Jungen Segelschiffe mit blauen Segeln.
Im dritten Land, dem Gelbland, war es nicht zu kalt und nicht zu warm. Deshalb waren die Leute hier nicht besonders lustig und nicht sehr traurig. Eben ganz normal.
Im Gelbland blühten vor allem Sonnenblumen und Tulpen. In den Goldregengebüschen saßen immer viele Gelbpapageien, sprachen miteinander und ließen sich von Zitronenfaltern umflattern. Hühner und Enten waren nicht nur als Küken gelb, sondern behielten die Farbe auch bei, wenn sie ausgewachsen waren. Die Schafe schenkten den Bewohnern des Gelblandes ganz weiche, gelbe Wolle, aus der man prima kuschelige Pullover stricken konnte. Zum Nachmittag gab es immer Zitronen- oder Bananenkuchen. Auch Maisbrot mit Mirabellenmarmelade mochten alle Kinder gern und Kürbissuppe mit gelben Kartoffelpuffern. Die Mädchen malten mit ihrer gelben Kreide meistens eine gelbe Wiese mit Sonnenblumen und die Jungen gelbe Postautos.
An der Stelle, an der alle drei Teile des Dreifarbenlandes zusammentrafen stand die Burg des Königs. Sie allein war dreifarbig, denn in den jeweiligen Landesteilen gab es immer nur eine Farbe.
Das war für die Bewohner des Dreifarbenlandes ganz in Ordnung, weil sie ihre jeweilige Farbe am allerschönsten fanden.
Niemals wäre es jemandem aus dem Rotland eingefallen, ins Blauland oder Gelbland zu gehen und umgekehrt. Schließlich gab es ja auch noch die Kreidestrich - Grenzen, die niemals überschritten wurden. Warum es diese Grenzen überhaupt gab, wusste niemand so genau, nicht einmal der König. Sie waren einfach vorhanden und jedermann hielt sich daran.
Manchmal dachte König Buntbart daran, die Kreidestriche einfach wegzuwischen, aber dann traute er sich das doch nicht, weil er nicht wusste, ob es den Leuten Recht war. Im Rotland sagte man nämlich: „Was sollen wir bei den schweigsamen Blauen oder den komischen Gelben. Lieber bleiben wir in unserem schönen Rotland, wo es so herrlich warm ist.“
Im Blauland hieß es: „Ach, lass mal. Im Rotland sind sie immer so albern und im Gelbland geschwätzig. Übrigens ist es da wie dort viel zu warm für uns Blauländer.“
Auch im Gelbland wollten die Leute nichts mit ihren Nachbarn zu tun haben. „Warum weg gehen aus unserem schönen Gelbland? Wohin auch. Im Rotland ist es zu heiß und im Blauland zu kalt“, sagten sie.
Alles hätte wunderbar sein können, wenn nicht eines Tages ein Unglück geschehen wäre.