Eater - Gregory Benford - E-Book

Eater E-Book

Gregory Benford

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Beschreibung

Die Erde am Abgrund

Als Wissenschaftler im selben Abschnitt des Weltraums kurz hintereinander zwei Gammastrahlen-Blitze beobachten, sind sie sicher, dass sie von einem Schwarzen Loch von der Masse unseres Mondes verursacht werden, das einen Stern nach dem anderen verschlingt. Berechnungen zufolge wird dieser unersättliche "Eater" auch der Erde gefährlich nahe kommen. Und das Befremdliche an diesem Objekt ist, dass irgendjemand - oder irgendetwas - es zu steuern scheint. Ist es eine Waffe? Oder ein außerirdisches Raumschiff? Spekulationen, die Wissenschaftler und Militärs ebenso auf den Plan rufen wie Weltuntergangspropheten ...

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Seitenzahl: 542

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GREGORY BENFORD

EATER

Roman

Für

Mark Martin,

Jennifer Brehl,

Ralph Vicinanza

und

Vince Gerardis

Der Mensch ist so klein

und die Nacht ist so groß

und voller Wunder.

LORD DUNSANY

INHALT

Teil Eins – Der Burster

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil Zwei – Wissenschaft auf Hochtouren

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Teil Drei – Ein wahnsinniger Gott

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil Vier – Die magnetische Sanduhr

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil Fünf – Ein Ding, das denkt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Teil Sechs – Ultimata

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Teil Sieben – Keine Leiche in der Kiste

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Teil Acht – Eine Art Himmel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Nachwort

Glossar

TEIL EINS

Kapitel 1

Es fing ganz harmlos an.

Amy Major kam in Benjamins Büro und legte ihm demonstrativ langsam ein Blatt vor die müden Augen. »Ich habe da was Komisches für Sie.«

Benjamin starrte auf den Graphen. Mitten auf der Seite zeigte die Kurve einen plötzlichen starken Anstieg und fiel dann langsam wieder ab. Mit einem Blick auf die horizontale Achse, auf der die Zeit aufgetragen war, stellte er fest: »Er ist also in wenigen Sekunden erloschen. Was ist daran so ungewöhnlich?«

Amy schenkte ihm jenes schiefe Grinsen, mit dem sie sich als abgebrühte Skeptikerin zu präsentieren suchte. Er hatte darin immer nur Trotz gesehen, aber sie waren schließlich oft verschiedener Meinung. »Da ist der zweite.«

»Der zweite?« Vielleicht war das Grinsen ja berechtigt.

Mit verhaltenem Lächeln reichte sie ihm ein weiteres Blatt. Ebenfalls ein starker Ausschlag, der innerhalb von vier Sekunden im Hintergrundrauschen verschwand. »Hm hm.« Er zog fragend die Augenbrauen hoch, was seine Untergebenen inzwischen als: Warum vergeuden Sie meine kostbare Zeit? zu deuten wussten.

»Könnte ein ganz gewöhnlicher Burster sein, richtig?«

»Genau.« Amy kostete das alberne Spiel voll aus.

»Aber es ist schon der zweite Ausbruch, ein Repeater.«

»Aha. In welchem Abstand?«

»Räumlich an der gleichen Stelle. Nach der vorläufigen Messung ist die Position mit der des Vorgängers identisch.« Dramatische Pause. »Der Zeitunterschied beträgt 13.45 Stunden.«

»Was?« Sie wollte ihn wohl auf den Arm nehmen. »Dreizehn Stunden?«

»Genau.«

Diese Gammastrahlen-Ausbrüche waren die gewaltigsten kosmischen Explosionen, die die Schöpfung hervorgebracht hatte. Sie zeigten sich im obersten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, der harten, energiereichen Strahlung, die beim Zerfall von Atomkernen auftritt. Das häufigste Modell zur Beschreibung der Quelle eines solchen Bursts war ein großes Schwarzes Loch, das eine ebenfalls beachtliche Masse, etwa einen großen Stern, verschluckte. Die Bursts waren wie das Aufstoßen nach einer besonders üppigen, astrophysikalischen Mahlzeit. Jeder Rülpser verwüstete einen Abschnitt der betroffenen Galaxis.

Aber ein einmal verschlungener Stern konnte nicht dreizehn Stunden später noch einmal verspeist werden.

Auf den abwegigen Verdacht hin, es könnte sich doch um einen Scherz handeln, sagte Benjamin bedächtig: »Das ist wirklich interessant.« Anfangs immer positiv reagieren, sonst kamen die Leute gar nicht mehr. Er lächelte matt.

»Aber die vorläufige Position befindet sich in einem großen Rechteck.«

Das war nicht nur ein vernünftiger Einwand, sondern wahrscheinlich die Erklärung. Sicher würde sich herausstellen, dass beide Phänomene von verschiedenen Stellen am Himmel ausgingen.

Das Instrument, das den Burst entdeckt hatte, lieferte auch eine grobe Ortsbestimmung – es zeichnete ein Rechteck auf die Himmelskarte, in dem sich irgendwo die Strahlungsquelle befand. Für eine genauere Lokalisierung brauchte man andere, eigens darauf spezialisierte Instrumente. Das Gleiche galt für die Position des zweiten Bursts. Wenn man erst genau wusste, wo die zweite Explosion stattgefunden hatte, stellte sich bestimmt auch heraus, dass sie von der ersten weit entfernt war, und dann würde sich die Aufregung legen. Aber das brachte er Amy besser in kleinen Schritten bei. »Hoffen wir trotzdem, dass es etwas Neues ist.«

»Äh … ich hielt es nur für angebracht, es zu erwähnen, Dr. Knowlton.« Das schmale Gesicht wurde verschlossen, der Mund kräuselte sich, als hätte man eine Schnur durch beide Lippen gezogen. Sie hatte Benjamin den Spitznamen Dr. Know-It-All-ton – Dr. Allwissend – verpasst, der unter den Mitarbeitern kursierte und ihn mehr getroffen hatte, als er sich anmerken ließ.

»Ganz richtig. Sie haben beim Space Array eine schnelle Ortung angefordert?«

»Sicher, und ich habe über das Gamma Net Großalarm gegeben.«

»Super.«

Die skeptische Maske verrutschte ein wenig. »Es ist wirklich ein Repeater. Irgendwie spüre ich das.«

»Hoffentlich haben Sie Recht.« Im Gegensatz zu Amy hatte er schon Dutzende von Fehleinschätzungen erlebt. Sie war eine fähige Astronomin, die den Datenstrom, der ununterbrochen durch das High Energy Astrophysics Center floss, sehr zuverlässig, aber für seinen Geschmack ein wenig zu verbissen durchforstete.

»Ich weiß, ein Repeater mit dieser Verzögerung ist uns bisher noch nicht untergekommen«, sagte sie.

»Um Minuten ja. Um Stunden nein.«

»Aber die vorläufigen Spektren sehen sich sehr ähnlich.«

»Wie viele Datenpunkte im Spektrum?«

»Äh … vier.«

»Für eine gesicherte Aussage viel zu wenig.«

»Ich habe es aber im Gefühl.«

»Und ich habe einen vollen Terminplan.«

»Ich finde wirklich …«

»Wieso die Eile? Können Sie mir das erklären?«

»Falls es wichtig ist, müssten wir gleich einige von den anderen Teleskopen benachrichtigen.«

Nur nicht die Geduld verlieren. »Verstehe.«

»Das volle Spektrum des ersten Bursts müsste jeden Augenblick hereinkommen«, fuhr sie fort und fing an, auf und ab zu marschieren. Er begriff, dass sie sich bis jetzt zurückgehalten hatte. Begeisterung ist immer gut, ermahnte er sich, sie muss nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden.

»Ich rufe Attilio an. Mal sehen, ob sich die Sache beschleunigen lässt«, sagte er und tippte auf seiner Schreibtischtastatur einen Code ein.

»Großartig, Dr. Knowlton.« Ein strahlendes Lächeln.

Das war der eigentliche Grund, warum sie ihn so früh informiert hatte, dachte Benjamin. Sie brauchte seine Unterstützung. Er fühlte sich unwillkürlich geschmeichelt, weniger, weil sie ihm damit indirekt seine Machtposition bestätigte, sondern weil er wieder in den Forschungsprozess mit einbezogen wurde.

Ab und zu durfte er doch noch Rohdaten analysieren. Vielleicht sogar eine Erklärung erfinden und sie ausprobieren. Seine Arbeit als Ganzes sehen. Ab und zu.

Amy wandte sich zum Gehen, während er im integrierten Telefonverzeichnis die Nummer suchte. Er winkte sie zurück. »Nein, bleiben Sie.«

Er kam sofort durch und rief ein paar anzügliche Bemerkungen in das Vierfachmikro auf seinem Schreibtisch. Attilios Stimme war klar und deutlich zu hören, obwohl sich der schlaksige, stets elegant gekleidete Mann im Schatten der Alpen befand. »Sie wussten natürlich, dass ich heute Morgen hier sein würde«, sagte Attilio. »Wir arbeiten beide zu viel.«

»Wir sind süchtig.«

»Wissenschaftssüchtig, jawohl. Ein seltenes Laster.«

Benjamin bat ihn, Aufbereitung und Überprüfung der beiden Ereignisse ›ein klein wenig voranzutreiben‹. Das dauerte etwa fünfzehn Minuten, die sie fast ausschließlich verplauderten. Trotzdem wurde die Arbeit erledigt. Vielleicht hätte man mit einer E-Mail das gleiche Ergebnis erzielt, aber Benjamin hatte andere Erfahrungen gemacht. Wer ständig über Organisation und Systematisierung von Arbeitsabläufen redete, übersah gern, dass es ein menschliches Grundbedürfnis war, sich auch einmal mit Leuten zu unterhalten, die man nur selten sah.

Benjamin beendete das Gespräch, nachdem er Attilio versprochen hatte, sich bei seinem nächsten Europaaufenthalt auf jeden Fall mit ihm zu treffen. Ach ja, und ob er sich diese zweite Quelle vielleicht gleich ansehen könnte?

»Das hatte ich gehofft«, sagte Amy. Sie hatte während des ganzen Telefonats auf der Stuhlkante gesessen oder war so rasch auf und abgegangen, dass ihr langes Haar im Luftzug flatterte.

»Ich wollte, dass Sie mithören, Sie müssen allmählich lernen, wie man international die Rädchen schmiert.« Das Studium von Gammastrahlenblitzen war inzwischen nicht nur eine internationale, sondern sogar eine interplanetare Angelegenheit geworden, wenn man die vielen Robot-Teleskope mitrechnete, die im Sonnensystem kreisten. Raumschiffe verlangten wenigstens keine Seelenmassage. Und keine teuren Einladungen auf Kosten des Zentrums.

»Oh, ich verstehe mich schon recht gut darauf, die Fäden zu ziehen.«

»Schon, aber Attilio kennen Sie noch nicht. Großartiger Bursche. Wenn ich beim nächsten AAS-Meeting mit ihm essen gehe, nehme ich Sie mit. So viel ich gehört habe, hält er einen Gastvortrag.«

»Was bedeutet, dass Sie im Programmausschuss sitzen.«

Benjamin grinste. »Ertappt.« Wie überall war es auch in der Astrophysik wichtig, Freunde in den richtigen Ausschüssen, Gremien und Konferenzen zu haben, und Benjamin hatte das Spiel schon oft genug gespielt. »Übrigens vielen Dank, dass Sie gleich zu mir gekommen sind. Alle zwei bis drei Jahre tauche ich ganz gern mal aus meinem Papierkram auf und benehme mich wieder wie ein richtiger Astronom.«

»Keine Ursache.«

»Sie leisten hier sehr gute Arbeit. Glauben Sie ja nicht, dass mir das entgangen wäre.«

Sie arbeitete noch als Postdoc in seiner Forschungsabteilung, sollte aber in nächster Zeit eine Festanstellung erhalten. Eine kleine moralische Stärkung konnte nicht schaden, damit sie die Enttäuschung besser verkraftete, wenn Attilio zurückrief.

Die Astronomie war eine gnädige Lehrmeisterin. Sie stellte ihren Schülern viele Aufgaben, bei denen man mit solider wissenschaftlicher Arbeit zu beachtlichen Ergebnissen gelangen konnte. Das Universum war nach wie vor so ungenügend erforscht, dass man allenthalben auf Überraschungen stieß, besonders, wenn man neue Instrumente einsetzte, die stärker waren oder in bisher verschlossene Bereiche des Spektrums vordringen konnten. Moderne Teleskope waren meist ferngesteuert und wurden von einer Techniker-Mannschaft bedient, wobei die Techniker wiederum von den Astronomen über eine Netzverbindung ferngesteuert und immer wieder aufgefordert wurden, bestimmte Abschnitte des Nachthimmels ins Visier zu nehmen. Niemand schaute heutzutage mehr selbst durch ein Okular.

So war es auch bei den Gammastrahlenblitzen. Die seit langem bekannten, aber noch immer nicht völlig verstandenen Erscheinungen belohnten nur emsige Forscher mit immer neuen Erkenntnissen. Die unermüdliche Amy mit ihrer sorgfältigen Arbeitsweise war genau der richtige Typ, um die Datenfülle auszubeuten. Die Bursts waren nach wie vor von wissenschaftlichem Interesse, aber nicht mehr unbedingt eine Sensation. Benjamin leitete die Gruppe, die mit der Koordination nahezu aller Burster-Daten befasst war. Dass sie auf Hawaii saß, hatte eher politische als wissenschaftliche Gründe.

Burster traten am äußersten Rand des beobachtbaren Universums auf und gaben ihre Geheimnisse nur nach eingehender Untersuchung preis. Da niemand vorher sagen konnte, wo und wann ein Ausbruch stattfand, musste man den gesamten Himmel überwachen. Sobald ein Burster seine tödlichen, energiereichen Emissionen ausspuckte, ging ein ganzes Netz von Teleskopen in Betrieb und zeichnete sein kurzes Leben auf.

Zeigten sich dabei wesentliche Unterschiede, dann stürzte sich eine ganze Horde von erfahrenen Beobachtern auf die Daten, analysierte sie und lieferte mit E-Mail-Geschwindigkeit ihre Interpretationen.

Aber diesmal fiele das Verdienst der Entdeckung Amy zu – und Benjamin.

»Ich wünsche Ihnen viel Erfolg«, sagte er freundlich.

»Man sollte seinem Gefühl vertrauen, nicht wahr? Wenn Sie wollen, schicke ich Ihnen die VLA-Daten nach Hause.«

»Tun Sie das.«

Hatte er sie unnötig kurz abgefertigt? Er war schlecht gelaunt und sollte sich vor vorschnellen Urteilen hüten. Channings Zustand hatte sich in letzter Zeit so sehr verschlechtert, dass ihn unversehens Depressionen überfielen, wenn er müde wurde. Er musste sich zusammennehmen. Diese Anfälle häuften sich.

Amy kehrte an ihre Arbeit zurück, und er stellte fest, dass es bereits weit nach 18.00 Uhr war. Er hätte schon vor einer halben Stunde zu Hause sein sollen. Mit schlechtem Gewissen verließ er, eine Mappe voll ungelesenen Papierkrams unter dem Arm, sein Büro.

Als er sein Kabrio bestieg, hörte er über sich vom Felsen einen lauten Knall. Er zuckte zusammen und schaute zu der Antennenanlage auf dem Hochplateau empor. Vögel flatterten durch die dünne Luft. Jeden Tag bei Sonnenuntergang feuerte die Anlage mehrmals ihre ›Schrotflinte‹ ab, um die Vögel zu verscheuchen, die mit Begeisterung ihre Nester in die Schüsseln der Radioteleskope bauten. Das machte einen Heidenlärm, denn bei der Vorrichtung handelte es sich nicht um ein Gewehr, sondern um ein Rohr, in dem Benzin gezündet wurde. Der Knall hielt die Tiere auch von den großen Kuppeln der optischen Teleskope weiter oben auf dem Berg fern. Benjamin erschrak jedes Mal wieder zu Tode. Aber die ›Schrotflinte‹ war eben ein fester Bestandteil der Arbeit in den Observatorien, dem Herzstück der Astronomie. Er empfand es immer noch als großes Glück, dass man ihm den Posten hier am Zentrum für Hochenergie-Astrophysik angeboten hatte. Eine Anstellung an der Universität wäre nicht so aufreibend, aber auch nicht so spannend gewesen. Auch wenn er heutzutage hauptsächlich Papierberge bewegte.

Hier konnte man als Astronom noch im weitesten Sinne praktisch arbeiten. Inzwischen waren alle trockenen Hochplateaus auf dem Erdball bepflastert mit Teleskopen, die von Radio- bis Gammastrahlung – mit vielen Zwischenstufen – in sämtlichen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums das Weltall beobachteten. Obwohl die Daten zwischen den einzelnen Observatorien mit Lichtgeschwindigkeit hin und her geschickt werden konnten, war es doch etwas ganz anderes, an Ort und Stelle mit den Leuten zu reden, die diese Daten gesammelt hatten, und mit eigenen Augen zu sehen, wie sich die neuen Bilder auf den Bildschirmen aufbauten. Die schärfsten Bilder lieferten natürlich die Robot-Teleskope direkt aus dem All. Und von ihnen würde Amy höchstwahrscheinlich in den nächsten vierundzwanzig Stunden erfahren, dass ihr zweiter Burster mit dem ersten nichts zu tun hatte.

Benjamin fuhr durch die kühle, dünne Höhenluft bergabwärts, hinein in die beklemmend feuchte Wärme in den tieferen Regionen der größten Hawaii-Insel. Von den schroffen, nie zur Ruhe kommenden Felshängen des Mauna Kea boten sich atemberaubende Ausblicke auf nebelverhangene grüne Weiten, aber er fuhr viel zu schnell und hatte keinen Blick für das Panorama. Er war spät dran, und das war ihm peinlich. Channing war beim Arzt gewesen, sie war sicher schon zu Hause und fing an, das Abendessen vorzubereiten, und das wollte er nicht. Wenn er schon nicht selbst kochen konnte, würde er mit ihr ausgehen. Die Besuche bei Dr. Mendenham pflegten ihr empfindliches seelisches Gleichgewicht zu erschüttern, und hinterher war sie meist in sich gekehrt.

Ein gutes Essen im Reefman, das war es. Und anschließend ein Tanzlokal, falls sie sich kräftig genug fühlte. Als er den schwierigeren Teil der Straße hinter sich hatte und die üppige tropische Ebene erreichte, die zum Meer führte, hatte er Amys Objekte bereits vergessen.

Kapitel 2

Als das mechanische Geplauder des Röntgenassistenten schlagartig verstummte, wusste Channing, dass etwas nicht stimmte. Es war wieder so weit.

Sofort fiel ihr ein, wie alles angefangen hatte, einst im strahlenden Mai ihres Lebens, als sie noch vor Energie sprühte und fest überzeugt war, unsterblich zu sein. Damals hatte sie bei ihrem Arzt die gleiche Reaktion gespürt und in klassischer Manier sofort die Gegenargumente aller braven Mädchen angeführt: Nein, weder Alkohol, noch Zigaretten, kein Kaffee, nicht einmal Tee, jedenfalls nicht im Übermaß. Sie hatte viel Sport getrieben, sich geradezu zwanghaft fettarm ernährt und sogar jedes Mal den Atem angehalten, wenn sie am Auspuff eines laufenden Busses vorbeiging. Das muss ein Irrtum sein, Doc!

Wie kam sie also dazu? Es ist so unfair!, hatte sie verbittert gedacht, bis sie sich klar machte, dass sie auf die Große Statistiklüge hereingefallen war. Sie hatte tatsächlich geglaubt, es gäbe keine Schwankungen, keine Standardabweichung, keine Zufälle, obwohl ihr systematisch geschärfter Astronautenverstand doch wusste, dass es in dieser Welt von unvorhersehbaren Wendungen nur so wimmelte.

Und dann waren die Worte bleischwer von den Lippen des Arztes getropft: Solider Tumor mit Lymphknotenbefall, schlechte Blutwerte, die ganze Palette.

Na schön, mir wird das Haar ausfallen. Aber ich habe nichts gegen Hüte. Und mit einer Perücke kann ich endlich ausprobieren, ob nicht doch irgendwo eine Tummeltrine in mir steckt.

Als der Chemo-Doktor im Brustton der Überzeugung erklärte: »Wir werden gute Freunde werden«, war sie sofort in Deckung gegangen.

Sie hatte sich aus den bekannten Symptomen eine Checkliste zusammengestellt wie für eine Weltraum-Mission. Der Haarausfall setzte auf den Tag genau zwei Wochen nach der Chemotherapie ein. Sie hatte eine kleine Party gegeben und eine Performance daraus gemacht. Tolles Mädchen! Für die Erschöpfung hielt sie neue Kissen und seidige Laken bereit; die Prospekte raunten etwas von unvergesslichem Schlafgenuss. Schwieriger war die Übelkeit: sie konnte sich nie damit anfreunden, sich ständig übergeben zu müssen. Potenzielle Unfruchtbarkeit? Das war längst kein Thema mehr. Verlust der Libido: ein ernst zu nehmendes Problem; vielleicht sollte sie sich einen Vorrat an Pornofilmen zulegen? Gewichtszunahme: unerfreulich. Wenn sie mit ihrem kahlen Schädel unsicher die Straße entlang watschelte, würde kein Mensch denken: Die macht sicher gerade 'ne Chemo durch, sondern jeder würde sagen: Wie kann man sich nur so gehen lassen?

An Anrufen herrschte kein Mangel: Astronautenkollegen, Freunde, die Zimmergenossin aus dem College, noch hielt das soziale Netz – sie bekam die dringend benötigten Streicheleinheiten. Sie kaufte sich eine Perücke, wie sie die Revuetänzerinnen in Vegas trugen, und veranstaltete damit nächtliche Verführungsszenen. Ließ sich eine freche Kurzhaarfrisur schneiden, um die Menge an ausgefallenem Haar in Grenzen zu halten. Besorgte sich eine Bibel, nachdem sie echt schockiert festgestellt hatte, dass sie keine im Haus hatten. Benjamin hatte nie den gläubigen Christen gespielt, und bei ihr war es mit der Frömmigkeit wohl auch nicht allzu weit her, aber vielleicht war der liebe Gott ja gnädiger, wenn man den Schein wahrte? Die Bibel hatte – wie Tolstoj – immer zu den Büchern gehört, die sie irgendwann einmal lesen wollte, wenn sie viel Zeit hatte. Bei einem dreimonatigen Weltraumeinsatz mit langweiligen Experimenten hatte sie sich tatsächlich Krieg und Frieden vorgenommen, weil das Buch in der kleinen Bibliothek der Raumstation stand und sie vergessen hatte, sich selbst etwas einzupacken. Der Wälzer hatte ihr überraschenderweise so gut gefallen, dass sie ihn tatsächlich zu Ende gelesen hatte. Na schön, dann wäre jetzt Dostojewski an der Reihe.

Doch das hatte sie sich natürlich verkniffen; zu deprimierend. Düstere Zwangsvorstellungen produzierte sie selbst schon genug, vielen Dank.

Dem Gesichtsausdruck des Röntgentechnikers nach zu urteilen, bekam sie diesmal womöglich keine Chance mehr.

Dann war der Techniker plötzlich verschwunden, ohne dass sie es bemerkt hätte, und an seiner Stelle stand der gute alte Dr. Mendenham neben ihr. Sie hatte wohl wieder einen ihrer kleinen Zeitsprünge gemacht, eine besondere Fähigkeit ihres Gehirns, die sie erstmals beim Astronautentraining entdeckt hatte. Angst löschte das Kurzzeitgedächtnis. Um also die endlosen Trainingsphasen durchzustehen, hatte sie gelernt, sich nur etappenweise – Punkt-Punkt-Punkt – zu konzentrieren und über die Ängste einfach hinweg zu gleiten. Doch hier funktionierte das offenbar nicht.

»Legen Sie sich hin, damit ich Sie abtasten kann«, sagte einer der Spezialisten, die Mendenham mitgebracht hatte.

»Sie haben ja keine Ahnung, wie oft die Männer das von mir verlangen«, sagte sie tapfer, aber die Kehle war ihr wie zugeschnürt, und der Scherz klang gekünstelt. Sie hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass diese Männer ihre Brüste berührten, nur dass sie es so betont gleichgültig taten, störte sie noch immer. Ein klein wenig Nervosität wäre ihr lieber gewesen, hätte sie ihr doch gezeigt, dass sie sie sich zumindest einen Rest ihrer einstigen Attraktivität bewahrt hatte.

Dann waren sie fertig und sie stellte sich eine Checkliste zusammen wie für einen Weltraumflug, dessen Ziel sie gar nicht erreichen wollte. Der Krebs hatte sich in einer Weise ausgebreitet, mit der niemand gerechnet hatte. Trotz der letzten Therapie, die sich, wie man sie erinnerte, noch im Versuchsstadium befand, gab es kaum Anzeichen für eine Verlangsamung des Wachstums.

Wieder ein Zeitsprung. Sie hatte die Klinik verlassen, saß im Wagen und rollte über die kurvenreiche Straße heimwärts. Punkt-Punkt-Punkt, wozu in die Unfallstatistik eingehen, wenn man einen stilvolleren Abgang haben konnte?

Hawaiis feuchte Düfte rissen sie aus ihren Gedanken, die laue Luft liebkoste ihre Lungen und machte ihr bewusst, dass die Welt auch harmlose Freuden zu bieten hatte. Selbst wenn manche Pflanzen versuchten, die Tiere mit Krebs erregenden Giften abzuwehren und ein solcher Stoff in ihren Körper gekrochen war.

Channing bog mit quietschenden Reifen so schnell in die Auffahrt ein, dass der Kies spritzte, und kam knapp vor Copernicus, der faul in der Sonne lag, zum Stehen. Als sie ausstieg, war sie mit einem Mal so überglücklich, ihn zu sehen, dass sie ihn umarmte und zärtlich auf ihn einredete. Er wedelte sich fast den Schwanz ab. Wenn sie mit Copernicus spielte, konnte sie so närrisch sein wie ein Kind, und er reagierte darauf, indem er sich noch närrischer benahm. Trotzdem war seine Bewunderung nicht unbedingt ein Beweis für die eigene Großartigkeit. Den musste ihr schon Benjamin liefern, und wo blieb der?

In diesem Moment kam er wie aufs Stichwort in die Auffahrt gerollt. Sein Sportwagen passte kaum in die Lücke. Als er das taubenblaue Kabrio damals kaufte, hatte sie ihn scherzhaft bezichtigt, dem Testosteronschub der Männer Mitte Vierzig erlegen zu sein, aber bei offenem Verdeck sah er in dem Wagen tatsächlich umwerfend aus. Als er ausstieg, traf sie sein besorgter Blick wie ein warmer Sonnenstrahl. Dann lag sie in seinen Armen, die Schleusen öffneten sich und die Tränen flossen, aber das war ihr schon lange nicht mehr peinlich. Sie klammerte sich an ihn. Er drückte sie fest an sich. Wie zwei turtelnde Schimpansen, aber es half.

Mit weichen Knien ließ sie sich von ihm ins Haus führen. Die vertraute Umgebung umfing sie. Er erkundigte sich nach der Untersuchung, und plötzlich brach alles aus ihr heraus, ein ganzer Schwall von kitschigen Gefühlen ergoss sich über den blanken Astronautenpanzer. Am Ende schluchzte sie nur noch leise vor sich hin. Danach fühlte sie sich sehr viel besser. Jetzt war sie auch etwas verlegen, doch das war immer so.

»Ich glaube, du brauchst die Mahi-Mahi-Therapie«, flüsterte ihr Benjamin ins Ohr.

»Ein Bett wäre mir lieber, vielen Dank der Herr, aber du hast Recht, mir knurrt der Magen.«

»Ich dachte schon, das sei ein Flugzeug gewesen.«

»Vielleicht schlottern mir auch nur die Knie.«

»Du bist der tapferste Mensch, den ich jemals kennen gelernt habe.« Diesen sanften Ton schlug er immer an, um sich an das Schlimmste heranzutasten.

»Was macht man, wenn man zwei Mal zu Tode erschreckt wird?«

»Die Blutwerte …?«

»Schlechter geworden, ja.« Knapp und cool, Astronautenstil. »Auch der physiologische Befund.«

»Hast du den Ausdruck? Ich möchte …«

Sie löste sich von ihm und bat mit erhobener Hand um eine Auszeit. »Lass mich erst mal mit der Puderquaste über mein Gesicht gehen.«

Sie sah bei den Schönheitsreparaturen so wenig wie möglich in den Spiegel, das hatte sie sich angewöhnt, seit ihr die Haare ausgefallen waren. Die medizinischen Befunde wanderten zusammen mit der Tagesausbeute an Faxnachrichten in ihren Aktenkoffer. Sie bewegte sich rasch, jeder Handgriff saß, sie vermied es sorgfältig, dabei zu denken. She's stepping out, sang sie vor sich hin, eine alte Nummer des Electric Light Orchestra. Der schmissige Sound tat seine Wirkung. Steppin' out. Falsche Fröhlichkeit war immer noch besser als gar keine.

Auf dem Weg zum Reefman fuhr er sehr vorsichtig, obwohl er hinter dem Steuer ganz in seinem Element war. Es war windstill, ein Himmel wie aus Stanniolpapier, davor vereinzelt ein paar weiße Hitzewölkchen. Die pompöse Auffahrt führte zu einem weitläufigen Gebäude, das aussah, als sei es aus der Asche des Inselvulkans gebaut. Die Wirkung war etwas zu aufdringlich. Von der geräumigen Terrassenbar schallte Musik herüber, über den Motorhauben der parkenden Autos flimmerte die Hitze, die Luft war geschwängert mit den Düften des ewigen Sommers.

Sie schlenderten über den Gartenweg zu den Tischen am Strand. Channings Schlapphut fiel hier gar nicht auf. Ihr Haar war inzwischen fast fünf Zentimeter lang und näherte sich allmählich einer annehmbaren Frisur, war aber noch nicht ganz angekommen. Der Park mit seinen kunstvoll geschnittenen Sträuchern und den fröhlich plätschernden Springbrunnen und der Strand, der so weiß war, dass man ihn kaum zu betreten wagte, taten ihr Bestes, um sie aufzuheitern. Sie wurden an einen Tisch geführt, und Channing fiel wieder ein, dass dies eins jener neumodischen Restaurants mit ›häuslicher Küche‹ war. Einige ›gute Geister‹ verteilten die Vorspeisen auf den Tischen. Sie und Benjamin lebten schon so lange hier, dass sie verfolgen konnten, wie die zwanglose hawaiianische Gastfreundschaft immer mehr vom gehobenen Tourismus verdrängt wurde. Die Helfer wurden einfach übersehen, niemand verschwendete einen Gedanken daran, wer die Bettwäsche der zahlenden Kundschaft wechselte.

Benjamin stieß sie an. »Ein Glas Wein?«

»Eigentlich sollte ich nicht.«

»Ich weiß. Ein Grund mehr.«

»He, das ist mein Text.«

»Ich klaue immer nur aus den besten Quellen.«

»Ich sehe wohl so aus, als hätte ich's dringend nötig?«

»Sagen wir, ich halte es für angebracht.«

Sie lachte und bestellte ein Glas Fumé Blanc, genug, um dem Tod eine lange Nase zu drehen, aber selbst in ihrem angeschlagenen Zustand nicht genug, um von Bacchus mit einem Kater bestraft zu werden.

»Okay, und jetzt raus mit den Untersuchungsergebnissen«, sagte Benjamin energisch. Wenn sich das Leben von seiner unerfreulichen Seite zeigte, kehrte er manchmal den Vorgesetzten heraus. Sie wusste, dass er sich dessen nicht bewusst war, und nahm es ihm deshalb auch nicht übel, sondern fand es sogar liebenswert, ohne sagen zu können, warum. Als sie fertig war, klang seine Stimme noch härter. »Verdammt. Wollen sie operieren?«

»Nein, sie wollen abwarten, ob der neue Medikamentencocktail nicht doch wirkt.«

»Und wie lange?«

»Danach habe ich nicht gefragt. Ich hatte den Eindruck, ich würde sowieso keine klare Antwort bekommen.«

»Die Therapie befindet sich eben noch im Versuchsstadium.« Er versuchte, einen munteren Tonfall anzuschlagen und etwas Optimismus in das Gespräch zu bringen, aber da sie das Manöver beide durchschauten, gelang es ihm nicht.

»Und einer weiteren Operation fühle ich mich sowieso nicht gewachsen.«

»Natürlich«, nickte er unglücklich. »Verdammt, es ist unerträglich, so ohnmächtig zu sein.«

Typisch Mann, ein sympathischer Zug. Männer wollten handeln, während Frauen angeblich eher sein wollten. Auch die Astronautin in ihr drängte zur Tat, doch hier waren sie beide völlig hilflos. Technisch wie emotional.

Channing sah, wie er die Fäuste ballte. Sie lächelten verkrampft, wechselten einen langen Blick. Zeit für einen Themenwechsel, sagte ihre Intuition.

Sie öffnete ihren Aktenkoffer. Sie hatten schon immer beim Essen ihren Papierkram erledigt, viele Paare legten sich solche Angewohnheiten zu und wurden irgendwann dadurch charakterisiert: ein arbeitswütiges Liebespaar. Sie schob die medizinischen Befunde beiseite; sie musste ihn auf andere Gedanken bringen. »Hier, das sieht nach Arbeit aus.«

Er riss ihr das Blatt fast aus der Hand. »Von Amy, die Ergebnisse vom VLA.«

Sie erkannte das Standard-Display des Very Large Array-Observatoriums, eine Rasterkarte im Mikrowellenbereich. Als ihr der ständige Konkurrenzkampf im Astronautenmilieu endgültig zum Hals heraus hing, hatte sie alles daran gesetzt, eine respektable Astrophysikerin zu werden. Die Rolle des skeptischen Datenjongleurs kam ihr besonders entgegen. Sie legte großen Wert darauf, dass sie den Posten hier nicht dem verblassten Glanz ihrer Raumfahrerkarriere zu verdanken hatte, sondern ihrer neu erworbenen Qualifikation.

Benjamin fuhr mit den Finger die gezackten schwarzen Linien entlang. »Hmm, ein linearer Bereich. Das muss ein Fehler sein.«

»Warum?« Er berichtete kurz von Amys vermeintlichem Repeater. Dann zog er ein Deckblatt mit einem handschriftlichen Vermerk heraus: HABEALLESNACHGEPRÜFT – KOORDINATENSTIMMEN. EINTREFFER. AMY.

»Sie hat etwas entdeckt?« Channing trank einen Schluck Wein. Er schmeckte angenehm herb.

»Hmm. Das hat sie nur geschrieben, weil sie wusste, dass ich verflucht misstrauisch sein würde. Dieses Filament ist viel länger als es bei einem Burster je der Fall sein könnte. Wahrscheinlich eine zufällige Überlagerung mit einem normalen Phänomen. Sieht mir eher nach einem galaktischen Jet aus.«

Sie nickte. Galaxien im Frühstadium emittierten aus ihrer Kernregion oft Fontänen von strahlenden Elektronen. Channing hatte sich nie eingehender mit Galaxien beschäftigt – Astronauten pflegten sich auf Objekte innerhalb von Sonnensystemen oder auf das Studium der Erde vom All aus zu spezialisieren – aber sie erinnerte sich, dass solche Jets ziemlich häufig vorkamen. Durchaus möglich, dass einer in dem Rechteck um den Standort des Bursters auftauchte. Trotzdem … »Und wenn nicht?«

»Dann fällt dieser Burster völlig aus dem Rahmen.«

»Aber so etwas liebst du doch – etwas ganz Neues.«

Er betrachtete das lange Filament mit skeptischem Blick. »Ich liebe das Neue, aber ich mag keine Fehler.«

»Du weißt doch noch gar nicht, ob es ein Fehler ist.« In letzter Zeit hatte er sich angewöhnt, alles in Zweifel zu ziehen. Vielleicht hatte es mit ihrer Krankheit zu tun; im Umgang mit Medizinern lohnte es sich immer, skeptisch zu sein und sachkundig zu protestieren. Das hatte er in ihrem Interesse aufs Loyalste getan.

»Ich wette, dass das Ding morgen wieder verschwunden ist.«

»Ich halte dagegen«, sagte sie angriffslustig.

»Wie viel?« Er grinste lüstern.

»Irgendetwas Abgefahrenes.«

»Klingt so, als könnten wir nicht verlieren.«

»Genau.« Sie hatten keinen guten Start gehabt, aber nun kamen sie doch noch in die Gänge. Nur eine Untiefe galt es noch zu umschiffen. »Ich fahre morgen mit ins Zentrum und sehe mir diesen Burster an.«

Sie sah, wie die alte Besorgnis in seinen Zügen aufflackern wollte, doch er kämpfte sie nieder. Der Gute drängte sie immer, zu Hause zu bleiben und sich auszuruhen, aber er hatte ja keine Ahnung, wie ihr dort manchmal die Decke auf den Kopf fiel. Sie hatte immer noch ihren Job und im Zentrum stand ein Schreibtisch für sie, auch wenn beides allmählich Spinnweben ansetzte.

»Ich finde nicht …«

»Wenn die Sache wichtig ist – aber wahrscheinlich hast du natürlich Recht, und sie ist ohne jede Bedeutung – möchte ich mit von der Partie sein.«

»Es wird sicher keine besonders aufregende Erfahrung.«

In letzter Zeit machte sie ihre Erfahrungen immer erst kurz nachdem sie sie gebraucht hätte. »Auf jeden Fall besser als das Nachmittagsprogramm im Fernsehen.«

Sie hatte eine Spur zu viel Verzweiflung in ihre Stimme gelegt, und das war ihm gegenüber nicht fair, aber vielleicht war es auch nur ihr momentaner Zustand. Er rang lange mit sich, doch endlich sagte er widerwillig: »Na schön, meinetwegen.«

»Du willst doch immer, dass deine Leute Ehrgeiz zeigen und Ausschau nach neuen Erkenntnissen halten.«

»Schon, aber …«

Er wurde schon wieder zu ernst, die schlechten Nachrichten bedrückten ihn. Wie ließ sich der Abend noch retten?

»Die Standardpredigt aller Vorgesetzten: Folgt euren Träumen.« Sie lächelte und sah unter gesenkten Lidern zu ihm auf – ein todsicheres Mittel, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, die Sorte Aufmerksamkeit, die sie in diesem Moment dringend nötig hatte. Wobei du natürlich nicht den Traum meinst, vor der International Astronomical Union in Reizunterwäsche ein Referat zu halten.

Kapitel 3

Die Astronomie, überlegte Benjamin, hatte viel Ähnlichkeit mit einem Kriminalroman, der zuerst alle Spuren lieferte und erst später wenn überhaupt mit der Leiche herausrückte. Dass Pulsare und Quasare, Leuchtsignale, die durch den ganzen Kosmos strahlten, ihre Energie aus kleinen Klümpchen komprimierter Materie bezogen, hatte man erst Jahrzehnte, nachdem ihre Emissionen sie sichtbar gemacht hatten, herausfinden können. Die Spuren waren nicht zu übersehen gewesen, doch die Ursachen lagen im Dunkeln. Dieser neueste Krimi entwickelte sich ganz ähnlich.

Channing war am nächsten Morgen doch zu erschöpft, um mit ihm ins Zentrum zu fahren. Benjamin dehnte die rituelle Frühstücksplauderei über die neuesten Nachrichten so lange aus, bis sie ihn endlich aus dem Haus scheuchte. »Mein Bett winkt«, sagte sie. Als dann die nimmermüden Computer die ›bereinigte‹ Radiokarte ausspuckten, war er doch sehr froh, sich sofort mit Amy an die Arbeit machen zu können. Die Karte sah aus wie ein Messtischblatt und zeigte die Intensität der Radioemissionen. Der lang gezogene, schmale Plot erinnerte an einen Höhenkamm.

»Eindeutig ein Schweif«, sagte Amy. »Ein gerichteter Strom.«

»Ein galaktischer Jet?«

Zu seiner Überraschung schüttelte sie den Kopf. »Das dachte ich zunächst auch. Aber ich habe mir die alten Radiokarten dieser Region angesehen. Das Ding war vor fünf Jahren noch nicht da.«

»Was?« Seiner Stimme war nicht anzuhören, dass er ihr kein Wort glaubte. Das musste ein Fehler sein. Eine Überschlagsrechnung ergab, dass ein Jet aus einer fernen Galaxis in wenigen Jahren unmöglich diese Größe hätte erreichen können. Es ein Fehler sein. »Es ist zu groß …«

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