Eye in the sky - Kein Spiel ohne Risiko - Celia Williams - E-Book

Eye in the sky - Kein Spiel ohne Risiko E-Book

Celia Williams

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Beschreibung

James Simons ist der Security-Chef des Skycity-Casinos in Reno und ein verdammt harter Hund. Jim tut sich allgemein schwer mit persönlichen Verstrickungen und vor allem bei der Arbeit meidet er sie wie die Pest. Komplikationen geht er gerne und auch gekonnt aus dem Weg. Eiskalt und beherrscht überwacht er sein kleines Reich und erobert dabei ungewollt das Herz des jungen, attraktiven Assistenten des Casino-Inhabers, Thomas Audley.

 

Als die Stelle des stellvertretenden Sicherheitschefs vakant wird, nutzt Tom die sich bietende Gelegenheit, um seinem Schwarm nicht nur beruflich, sondern auch privat näherzukommen.

Kann es ihm tatsächlich gelingen, den unterkühlten Sicherheitsexperten aufzutauen?

Kein Spiel verläuft ohne Risiko, aber wie hoch darf das Risiko sein, wenn das Herz involviert ist?

 

Die zweite Runde der Skycity-Reihe: Kein Spiel ohne Risiko.

 

Dieses Buch enthält homoerotische Handlungen und ist für Leser unter 18 Jahren und für homophobe Menschen nicht geeignet.

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Celia Williams

Eye in the sky - Kein Spiel ohne Risiko

Gay Romance

Dieses Buch kann nur an den Start gehen, weil meine Freundinnen Jessica und Iris sich erneut mit meiner mangelhaften Rechtschreibung und Grammatik beschäftigt haben und meine Fehler verbessert haben. Danke, danke, danke! Ein dickes Danke auch an meine Familie, sie ermutigen mich immer, weiterzuschreiben und nicht locker zu lassen. Zum Schluss noch ein "Herzlichen Dank" an alle Leser meiner Geschichten. All dies würde ohne Euer Interesse wenig Sinn machen. Eure Celia WilliamsBookRix GmbH & Co. KG81371 München

Hinweise

 

Sämtliche Personen dieser Geschichte sind frei erfunden und Ähnlichkeiten daher nur zufällig.

 

E-­Books sind nicht übertragbar und dürfen auch nicht kopiert oder weiterverkauft werden.

 

Dieses Buch enthält homoerotische Handlungen und ist für Leser unter 18 Jahren und für homophobe Menschen nicht geeignet. Im wahren Leben gilt ein verantwortungsbewusster Umgang miteinander und Safer‐Sex!

 

 

 

 

Weiter Bücher der Skycity-Reihe:

 

Band Eins der Skycity-Reihe: Rien ne va plus - Nichts geht mehr

Band Zwei der Skycity-Reihe: Eye in the Sky – Kein Spiel ohne Risiko

Band Drei der Skycity-Reihe: Texas Rodeo – Die Würfel sind gefallen

Band Vier der Skycity-Reihe: Reno Nights

Bonusbände der Skycity-Reihe: Einsam an Valentin und Reno Summer Nights (Kostenfrei bei BookRix lesen)

Spiel mit Fallstricken

Endlich ging das Besetzungskarussell in die nächste Runde. Thomas Audley wartete schon seit Monaten auf seine Chance. Nicht, dass er in seiner aktuellen Position als Michael Coles Assistent unzufrieden wäre. Ihm gefiel es, die rechte Hand des Casino-Chefs zu sein, doch sein Herz schlug für einen anderen Tätigkeitsbereich und einen anderen Mann. Tom, wie ihn seine Freunde nannten, hatte ursprünglich Mathematik studiert, sattelte aber nach seinen eher negativen Erfahrungen mit diversen zwielichtigen Gestalten auf Betriebswirtschaft um. Ohne seinen jetzigen Boss wüsste er nicht, was aus ihm geworden wäre. Er verdankte ihm alles: vom sicheren Einkommen bis hin zur intakten Gesundheit. Trotzdem wollte er seinen Hut in den Ring werfen, wenn die Stelle des stellvertretenden Security-Chefs neu besetzt werden sollte.

Tom erfüllte es immer wieder mit Scham, wenn er darüber nachdachte, wie er Mike damals kennengelernt hatte. Als Student fehlten ihm immer die passenden Barmittel. Mit seinem Nebenjob in einer Anwaltskanzlei kam er gerade so über die Runden. Seine Begabungen für Zahlen und Zusammenhänge luden regelrecht zum Blödsinn ein. Anfangs zählte er beim Black Jack Karten, erkannte jedoch schnell, dass das Risiko erwischt zu werden hier verdammt hoch war. Daher verlagerte er sich auf Poker und Baccara. Leider fiel sein Erfolg den falschen Leuten auf und ohne Michael Coles Hilfe hätte ihn das Ganze damals vermutlich sein Leben – oder zumindest seine körperliche Unversehrtheit – gekostet. Doch der Besitzer des Skycity, eines außergewöhnlichen Casinos in Reno, hatte ihn gerettet und ihm zusätzlich noch einen Job versprochen. Daher wechselte Thomas umgehend das Studienfach, da er als Mikes Assistent mit BWL besser bedient war.

Jetzt bot sich ihm die einmalige Chance, seine Fähigkeiten im Verwaltungsbereich mit den mathematischen zu kombinieren. Als rechte Hand von James Simons benötigte man ein Auge für Betrug und Verrat, zumindest im Bereich der Spieltische. Ansonsten verlangte dieser von seinen Kollegen und Untergebenen absolute Loyalität dem Casino gegenüber. In diesem Bereich benahm er sich geradezu fanatisch, aber Tom verstand ihn, ihm ging es da nicht anders. Für ihn bedeutete das Skycity Leben, Erfolg und Familie. Seit die Kündigung von Harvey Riddel, dem bisherigen stellvertretenden Security-Chef, auf Mikes Schreibtisch gelandet war, wartete Tom auf das Pokerspiel – die Chance, seine Qualifikation für diese Stelle unter Beweis zu stellen. Ein zusätzlicher Anreiz stellte für den jungen, schwulen Mann natürlich die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitschef dar. Seine Schwärmerei für ihn konnte er nur schwer unter Verschluss halten. Es kostete Tom alles, damit es nicht zu offensichtlich wurde. Nur Michael wusste von seiner Obsession für James Simons. In einem schwachen Moment hatte er ihm gestanden, dass er Jim extrem anziehend fand und es ihn sehr betrübte, dass dieser nur etwas mit Frauen hatte. Mike hatte dazu nur gemeint, dass Jim Simons für kein Geschlecht wirkliche Präferenzen hätte, sondern es bei ihm immer nur um Triebbefriedigung ginge. Tom sollte, falls er ihn herumbekommen sollte, nicht mit mehr rechnen, denn sonst würde er unweigerlich verletzt und enttäuscht werden. Tom hatte die Worte gehört und auch verstanden, aber sein dummes Herz glaubte sie einfach nicht. Was sollte man machen? Wo die Liebe eben hinfiel!

Endlich hatte Michael Cole einen Termin anberaumt. Heute, pünktlich um acht Uhr, sollte es losgehen. Außer ihm hatten sich noch sechs weitere Kollegen beworben und in zweien sah Thomas wirkliche Konkurrenz, die anderen vier dachten wohl, sie könnten es ja mal versuchen. Tom ging diese Sache wie alles andere in seinem Leben an: mit vollem Einsatz und optimal vorbereitet. Am Vorabend hatte er es geruhsam angehen lassen und für ausreichend Schlaf gesorgt. Den heutigen Tag begann er mit einer ausgiebigen Dusche und einem guten Frühstück. Topfit verließ er seine Wohnung, wenn auch drei Stunden früher als gewohnt. Als Assistent des Chefs musste er seine Arbeitszeit an dessen anpassen, was für ihn bedeutete, dass er erst am späteren Vormittag mit der Arbeit begann, dafür aber bis mindestens um acht am Abend ranmusste. Dies machte Tom wenig aus, da er in Reno keine Familie hatte und fast alle seine Freunde hier im Casino arbeiteten. Seine Freizeitgestaltung plante er nach seinem Dienstplan, so einfach ging das. Für die abendliche Zerstreuung gab es das Darkhaven oder das Gay-Lords. Im ersten tummelte sich ein buntes Publikum und im zweiten nur Gleichgesinnte.

 

Tom durchquerte die Lobby und begrüßte den diensthabenden Concierge, Adrian Dobbs, ein älterer, aber sehr gewissenhafter Mann. Im hinteren Bereich der Spielhalle hatte James für das Pokerspiel der Bewerber einen Raum reserviert. Neben den sieben Spielern sollten sich nur noch drei weitere Personen im Raum befinden: der Geber, außerdem James Simons, der Chef der Casino-Sicherheit, und Michael Cole, der Inhaber des Skycity. Als Thomas das Separee betrat, erwarteten ihn dort bereits sein bisheriger Boss und hoffentlich sein zukünftiger, der Sicherheitschef. Freundlich grüßend trat er an die beiden heran. Unbewusst scannte er begierig den Körper des Sicherheitschefs, der in einem eleganten, dunklen Anzug steckte. Mit einem kleinen Lächeln registrierte er die dunkelblonde Haarsträhne, die Jim Simons ungeniert in die Stirn fiel. Die breiten Schultern des 1,80-m-Mannes kamen in dem Sakko gut zur Geltung und die langen Beine wurden durch den feinen Hosenstoff vortrefflich betont. Das einzige Manko dieser Bekleidung bestand in der Tatsache, dass der knackige Hintern von den Schößen des Jacketts verdeckt wurde. Tief durchatmend konzentrierte er sich wieder auf die aktuelle Situation.

„Und Tom, gut vorbereitet?“, erkundigte sich Michael Cole bei seinem Noch-Assistenten.

Dieser nickte lächelnd und meinte lapidar: „Ein gutes Frühstück nach einer durchschlafenen Nacht – besser geht es nicht.“

Für diesen Kommentar erntete er vom Sicherheitschef eine hochgezogene Augenbraue. „Etwas Ahnung von der Materie wäre ebenfalls sinnvoll.“ Nach dieser unverhohlenen Rüge drehte er ihm den Rücken zu und inspizierte den Spieltisch für die Veranstaltung.

Michael sah seine rechte Hand neugierig an, wartete auf seine Reaktion. Anfangs hatte es ihn etwas gewundert, dass Tom sich um die Stelle des zweiten Manns bei der Casino-Sicherheit bewarb, aber nach ihrem Gespräch verstand er dessen Beweggründe. Natürlich verfügte Thomas Audley über die erforderliche Qualifikation, auch wenn James Simons dies anzweifelte. Nun, er kannte ihn auch nur als Mikes Assistenten und hatte ihn nie in Las Vegas in Aktion erleben dürfen. Niemals hätte Mike damals gedacht, dass aus dem gewieften Betrüger so eine verlässliche rechte Hand werden würde. Heute noch könnte er sich für diesen gelungenen Schachzug auf die Schulter klopfen. Herz und Verstand vereinten sich in Thomas Audley und er wusste beides passend und im rechten Maß einzusetzen. Ob sein Herz jedoch mit der unweigerlichen Ablehnung durch James Simons klarkommen würde, wusste Mike natürlich nicht, und es sah tatsächlich so aus, als lehnte der Sicherheitschef Tom schon aufgrund seiner vermeintlich fehlenden Qualifikation ab. Interessiert beobachtete Michael das Gesicht seines Assistenten.

Tom sah dem sich entfernenden Mann hinterher. Tief durchatmend und die Zähne zusammenbeißend zählte er innerlich bis zehn. Immer wieder musste er sich vor Augen führen, dass Jim keine Ahnung davon hatte, dass er durchaus mit den Tücken des Glücksspiels und den jeweiligen Betrugsmöglichkeiten bewandert war. Wie sollte dieser auch ahnen, dass sich Thomas vor seinem Wirtschaftsstudium auf der anderen Seite der Gleichung befunden hatte. Kopfschüttelnd sah er seinen Boss an.

Michael lächelte sachte und zuckte leicht mit den Schultern. Bei ihm blieb die latente Sorge bestehen, dass Thomas mit der vorprogrammierten Ablehnung nicht zurechtkommen könnte. Trotzdem wollte er seiner rechten Hand diese Möglichkeit lassen. Er sollte sein Glück versuchen. Nickend grüßte er ihn und wünschte ihm viel Erfolg: „Alles Gute, Tom, obwohl ich nicht weiß, ob ich dir das wirklich wünschen soll. Solltest du in die Security wechseln, wirst du mir fehlen.“

 

Nach und nach trudelten die restlichen internen Bewerber um die Stelle ein. Die Vielfalt der Kandidaten erstaunte den Sicherheitschef, er hatte mit höchstens ein oder zwei Anwärtern gerechnet und nicht mit einer vollständigen Pokerrunde. Nachdenklich musterte er die Angestellten. Da nur einer die Chance auf die Stelle bekam, hatte er beschlossen, sich noch nicht mit deren Personalakten und ihrem Hintergrund zu beschäftigen. Es genügte, wenn er den Gewinner des Pokerspiels durchleuchtete. Um die Qualifikation der Spieler besser beurteilen zu können, hatte Jim auf einen Kniff seiner Branche zurückgegriffen. Er hatte einen Maulwurf eingeschleust, zusätzlich hielt er seinen eigenen Mitarbeiter auch für den Bestqualifizierten für den ausgeschriebenen Job. Doch er musste abwarten. Erneut glitt sein Blick über die Männer und Frauen, mittlerweile waren alle anwesend. Es konnte losgehen. Sein Augenmerk richtete sich nochmals auf Mikes Assistenten. James Simons irritierte es immer wieder, wie Thomas Audley ihn immer betrachtete, als hätte er einen Fleck auf der Krawatte oder als hinge sein Hemd aus der Hose. Doch diese Verstimmung ließ er sich nicht anmerken, sondern folgte der Unterhaltung zwischen Tom und den anderen Spielern mit neutralem Gesichtsausdruck. Schade nur, dass er nicht verstehen konnte, über was sie sprachen. Zu Tom Audley hatte er bezüglich dessen Bewerbung nichts gesagt, aber bei Mike hatte er seine Bedenken offen angebracht. Eine „Büromaus“ als stellvertretenden Sicherheitschef hielt er für die vollkommen falsche Besetzung. Dementsprechend nichtssagend fiel auch dessen offizielle Begrüßung aus. Er schüttelte Tom nur kurz die Hand, wobei er sich schon den anderen internen Bewerbern zuwendete.

Thomas musste ein wohliges Schaudern krampfhaft unterdrücken. Die Wärme der starken Männerhand breitete sich in seinem Unterarm aus. Er sah James hinterher und seufzte leise. Der grobe Kerl bemerkte nicht einmal, dass er sich nicht nur extrem unhöflich verhielt, sondern ihn mit diesem kalten Verhalten sogar verletzte. Erneut musste er sich selbst bewusst machen, dass Jim gar nicht klar sein konnte, was er für ihn empfand. Dieser hatte keinerlei Ambitionen bezüglich des eigenen Geschlechts, folglich reagierte er auch nicht auf schmachtende Blicke oder eine leichte Anmache. Wenn man eine Reaktion erreichen wollte, musste man schon aggressiv baggern, doch so weit war Tom noch nicht. Sicher konnte er den älteren Mann von einem One-Night-Stand überzeugen, aber da er mehr wollte, musste er es langsam angehen. Tief durchatmend schöpfte er neuen Mut und begab sich zum Spieltisch.

Als er sich setzte, fuhr er mit der Hand über den grünen Filz und atmete den typischen Geruch des Casinos ein. Wehmütig dachte er an das berauschende Gefühl zurück, als er vor einer gefühlten Ewigkeit saftige und große Gewinne eingestrichen hatte, doch gleichzeitig erinnerte er sich auch an das beängstigende Gefühl, im Fokus von dubiosen Gestalten zu stehen. Diese Empfindung verpasste ihm heute noch eine mordsmäßige Gänsehaut – der eher unangenehmen Art.

Thia, eine gute Freundin von Thomas und die erste Concierge des Casinos, kam mit einem Tablett voller Getränke in den Raum. Freundlich lächelnd stellte sie ein Glas Ginger Ale neben Tom ab, ebenso platzierte sie auf den Plätzen der restlichen Mitbewerber deren bevorzugtes Getränk. Die elegante Frau kannte ihre Kollegen. Sie interessierte sich für die Menschen ihres Umfelds und merkte sich oftmals Details, die nicht einmal enge Freunde kannten. Für sie war es ein Klacks herauszufinden, was jemand gerne trank und ihn dann damit zu versorgen.

Der Geber betrat mit dem Set den Raum. Routiniert und souverän ging ihr Kollege auf den Spieltisch zu und richtete sich ein. Die Spannung stieg und die meisten begannen, nervös auf ihren Stühlen herumzurutschen – alle, außer Thomas Audley. Tom war die Ruhe selbst. Er schaltete einfach auf Geschäftsmodus. Hier spielte er nicht gegen Profis, sondern gegen Kollegen aus dem Casino. Keiner von ihnen hatte seine Fähigkeiten, daher sollte das hier für ihn ein Heimspiel werden. Nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten, eröffnete der Geber die Partie, indem er erklärte, was gespielt wurde und welche Regeln galten. Dann gab er das erste Blatt.

Sorgfältig nahm Thomas seine Karten auf, betrachtete die aufgedeckten Karten und beobachtete seine Konkurrenten. Nach dem Call kalkulierte er, wie seine Chancen standen und setzte entsprechend. Er wusste, dass er am besten risikoarm spielen konnte, da ihn dies hundertprozentig ans Ziel bringen würde. Aber es bestand immer die Gefahr, dass ein Mitbewerber durch Zufall eine super Starthand erhielt und zockte. Auch als besserer Spieler konnten ihm dann die Felle davonschwimmen. Wie erwartet reihte sich Spiel an Spiel und nur einer tat sich durch besondere Risikobereitschaft hervor. Mittlerweile hatte Tom eine große Menge Chips vor sich angehäuft und erkannte, dass ihn nur noch etwa eintausend Dollar vom zu erreichenden Ziel trennten. Michael hatte diese Vorgaben gemacht. Die Partie endete, wenn ein Teilnehmer die anderen an die Wand gespielt hatte oder jemand Chips im Wert von mehr als zwanzigtausend Dollar vor sich liegen hatte. Als Startkapital hatte jeder Jetons für tausend Dollar erhalten und sollte damit zeigen, was er konnte. Durch die festgesetzte Gewinnhöhe wollte Mike verhindern, dass sich das Spiel über den ganzen Tag hinzog.

Es ging auf zehn Uhr zu und Thomas stand kurz vor dem Sieg. Der Geber teilte aus. Thomas checkte sein Blatt und überprüfte die aufgedeckten Karten auf dem Tisch. Nach der zweiten Geberrunde machten alle ihren Einsatz. Tom ließ sich nichts anmerken, aber hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Ihm schräg gegenüber saß ein Angestellter der Sicherheitsabteilung – ein direkter Untergebener von James Simons –, der ebenfalls auf diese Beförderung scharf war. Er spielte riskant, oft grenzte es haarscharf ans Zocken und trotzdem schien ihm Fortuna immer hold zu sein. Seine Barschaft rangierte nur ganz knapp unter der von Thomas, doch bei dessen Spielstrategie konnte das eigentlich nicht sein. Hier war etwas faul. Der dunkelhaarige, junge Mann rechnete noch einmal nach, überlegte, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass jemand bei einem dermaßen hohen Risiko solches Glück hatte. Die Chance war astronomisch gering, also sehr unwahrscheinlich. Konzentriert achtete er auf alle Spielzüge, merkte sich alle abgeworfenen Karten und beobachtete unauffällig den verdächtigen Spieler.

Die Runde endete und der Typ von der Security strich erneut einen beträchtlichen Gewinn ein. Wieder huschten Thomas’ Augen über die abgelegten Karten. Diese Partie hätte nur einen derartigen Verlauf nehmen können, wenn es eine Absprache zwischen dem Geber und dem Spieler gab. Thomas hatte nun die Gewissheit, die er brauchte, und fixierte den entsprechenden Casino-Angestellten. „Ich bestehe auf einem Geber-Wechsel.“ Toms Stimme klang weich und wenig bedrohlich, aber man hörte ganz deutlich die schneidende Schärfe heraus.

Im Hintergrund erklang ein harsches Einatmen, doch ob es von Mike oder von James Simons kam, konnte Tom nicht ausmachen. Im Prinzip interessierte es ihn auch nicht, denn ihn beschäftigte mehr die stumme Kommunikation am Tisch. Der aufstehende Geber blickte kurz zu dem Typ von der Sicherheit und verließ dann kommentarlos den Raum. Der Stuhl wurde wieder herangerückt und Michael Cole saß nun selbst auf dem Platz des Gebers.

Mike sah seinen Assistenten mit einem Zwinkern an. Erst kurz vor dem Spiel hatte ihn James Simons informiert, dass er einen Falschspieler in die Partie eingesetzt hatte und dadurch das Können der Bewerber testen wollte. Tom hatte ihn wesentlich früher enttarnt, als von Simons vermutet. Dieser gab seinem Mann bis Mittag, doch die Uhr zeigte erst kurz nach zehn und Thomas hatte bereits erkannt, dass etwas nicht korrekt zuging, und ebenso gemerkt, dass es eine Absprache zwischen einem der Spieler und dem Geber geben musste. Nicht schlecht! Routiniert mischte Mike die Karten und gab das erste Blatt aus.

Tom studierte kurz sein Blatt und entschied sich für zwei neue Karten. Blitzschnell ratterten die Berechnungen durch seinen Kopf und er setzte entsprechend. Diese Partie würde die letzte sein, alle Einsätze waren gemacht und Tom strich den Gewinn ein. Er hatte die Zwanzigtausender-Marke überschritten. Grinsend sah er Michael Cole an und erklärte: „Meine Chance.“

Nickend bestätigte sein Boss und erhob sich vom Tisch. Sein Blick schweifte über die Teilnehmer: „Danke für Ihre Teilnahme. Jeder von Ihnen hat gut gespielt und ich hoffe, wenn erneut eine Stelle ausgeschrieben wird, werfen Sie Ihren Hut erneut in den Ring.“

Leise schwatzend entfernten sich seine Kollegen und verließen den Raum. Aus den Gesprächen hörte man deutlich heraus, dass den meisten der Grund für den Geber-Wechsel entgangen war. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, erwies sich diese Methode als erfolgreich.

 

Der falschspielende Security-Mann, Tom, Mike und James blieben als einzige im Raum zurück.

Simons erkundigte sich in ruhigem Ton bei Tom: „Warum haben Sie einen neuen Geber verlangt?“

„Während der ganzen Partie konnte ich beobachten, wie sich die Chancen immer mehr zugunsten Ihres Angestellten verschoben. Diese Möglichkeit bestand nur, wenn er Hilfe vom Geber hatte. Also musste ich handeln. Den Falschspieler zu enttarnen, war fast unmöglich, aber dass der Geber zum Vorteil einer Person gab, konnte man deutlich erkennen. Da meiner Forderung nach einem Ersatz sicher stattgegeben werden würde, habe ich mich dazu entschlossen, diese Lösung zu bevorzugen. Hätte ich nichts unternommen, hätte ich mit Sicherheit verloren. Ich wollte mich aber auf jeden Fall für diese Stelle qualifizieren“, erklärte Thomas ruhig, aber trotzdem mit einer gehörigen Portion Nachdruck. Da er den Umgang mit namhaften Persönlichkeiten gewohnt war, schüchterte ihn auch James’ kalter und abschätzender Blick nicht ein. Er nahm ihn gelassen hin und erwiderte ihn ohne mit der Wimper zu zucken. Rückgrat musste man als rechte Hand eines Casino-Chefs schon besitzen.

Nickend akzeptierte James diese Aussage und meinte zu Michael: „Ihm fehlt trotzdem die Qualifikation.“ Nach diesen Worten drehte er sich einfach um und verließ ebenfalls das Separee. Von Simons’ Untergebenem erhielt Tom ein aufmunterndes Augenzwinkern und ein breites Grinsen, bevor er seinem Chef folgte.

Tom sah seinem zukünftigen Boss blinzelnd nach und glaubte einfach nicht, was er da hörte. Krampfhaft versuchte er, den aufkommenden Schmerz zu unterdrücken. Tief durchatmend nahm er sich vor, alles zu tun, um den Kerl nicht nur von sich zu überzeugen, sondern ihn regelrecht umzuhauen. Dann sah er Mike fragend an.

Dieser seufzte und erklärte: „Er kennt deine Vorgeschichte nicht. Es gibt keine Akten. Du bist polizeilich nicht bekannt, folglich ahnt er gar nicht, was du auf dem Kasten hast. Nun ist es deine Aufgabe, ihn davon zu überzeugen, dass du genau das mitbringst, was er sucht. Aber noch ein Rat am Rande, wenn du gestattest?“

Thomas begegnete dem eindringlichen Blick seines Chefs und nickte zögerlich. Er war sich nicht sicher, ob er es wirklich hören wollte, aber sein Verstand sagte ihm, dass er es hören musste.

„Jim ist ein sehr reservierter Mensch. Er neigt weder zum Überschwang, noch zu herzlichen Gefühlen. Er wird nicht umsonst oft mit einem Eisblock verglichen. Versprich dir nicht zu viel von der ermöglichten Nähe. Ich bin sicher, dass du ihn von deinen beruflichen Fähigkeiten überzeugen kannst, denn eine seiner besten Eigenschaften ist seine Objektivität. Aber privat hast du vielleicht nicht die Möglichkeit ihn aufzutauen. Wenn es nicht funktioniert, lass es sein. Du holst dir ansonsten nur eine blutige Nase, sinnbildlich gesprochen“, erklärte Mike in besorgtem Ton.

Mit geschürzten Lippen und leicht zusammengekniffenen Augen bestätigte Tom diese Aussage und sie verließen gemeinsam die Spielarena. Die Karten lagen vom letzten Spiel noch verstreut auf dem grünen Filzbezug und die Chipstapel warteten scheinbar auf Abholung. Da es sich nur um ein fiktives Spiel gehandelt hatte, ging es nur um imaginäre Werte. Die Chips landeten einfach wieder in der Ausgabe, doch der Einsatz hatte alle Teilnehmer gleichermaßen gereizt. Die Möglichkeit, sich auf so eine Stelle zu bewerben, erhielt man nicht oft im Leben. Tom beschloss, alles Menschenmögliche zu tun, um zu beweisen, dass er genau der Richtige für diesen Job war. Ob er Jim privat ebenfalls überzeugen konnte, das würde die Zeit zeigen.

„Was hatte es mit diesem Betrugsversuch auf sich?“, erkundigte sich Tom neugierig, während sie mit dem Fahrstuhl in den Turm hinauffuhren. Das Skycity hatte Michael Cole aufgrund des integrierten ehemaligen Fernsehturms so benannt. Dieser stellte das Zentrum des Casinos dar und beherbergte ein erstklassiges Restaurant, zudem Büros der Abteilungsleiter und des Casino-Chefs.

Mike schmunzelte und erklärte: „Simons wollte die Spreu vom Weizen trennen und hielt dies für den einfachsten Weg. Er kann niemanden gebrauchen, der nicht in der Lage ist zu erkennen, dass er betrogen wird. Du warst übrigens sehr schnell, er hatte seinem Mann vier Stunden gegeben.“

Tom kommentierte dies nur mit einem Grinsen. Diesen Test hatte er schon einmal bestanden.

Neue Aufgaben

Als sich die Lifttüren öffneten, stand Maria, James Simons’ Assistentin, davor und begrüßte die beiden Ankommenden. Dann folgte sie den Männern den Gang entlang.

Mike lächelte nur sachte und verschwand in seinem Büro, während Thomas all seine Sachen zusammensuchte, um ins Büro der Sicherheit umzusiedeln. Die ganze Zeit stand Maria Calvas regelrecht hibbelnd neben ihm und machte ihn ganz nervös. Irritiert sah er seine Freundin an und erkundigte sich bei ihr: „Was ist los? Warum bist du so aufgeregt?“

Als erste Reaktion kam ein glockenhelles Lachen von der rassigen Latina, dann erst antwortete sie: „Das ist wieder einmal typisch für dich! Ich freue mich, jetzt enger mit dir zusammenzuarbeiten. Es ist total toll, dass du diese Chance ergattern konntest.“

Grinsend sah er die um wenige Jahre ältere Frau an. Maria trug wie immer ihr Herz auf der Zunge, was Tom einerseits Sorgen machte, aber andererseits freute es ihn, dass man bei ihr nie raten musste, sondern immer genau wusste, woran man war. Sie hielt nie mit ihrer Meinung hinter dem Berg und reagierte immer offen und ehrlich. Wahrscheinlich schätzte James Simons sie aus diesem Grund so ungemein. Sein zumindest vorläufiger Vorgesetzter hatte ein eher unterkühltes Wesen, schien keinerlei Humor zu besitzen und reagierte oft brottrocken auf Situationen, bei denen sich andere bereits ausschütteten vor Lachen. Ein harter Hund mit einem Hang zur Pedanterie – und trotzdem sehnte sich Tom danach, ihn besser kennenzulernen und enger mit ihm zusammenzuarbeiten. Sein Verstand sagte ihm immer wieder, dass hier wahrscheinlich Hopfen und Malz verloren war, aber er wollte es unbedingt versuchen. Aufzugeben, bevor er seine Chance ergriffen hatte, kam gar nicht in Frage. Thomas peilte ein Ziel an und setzte alles daran, es zu erreichen. Dies war eine seiner herausragenden Charaktereigenschaften. Energisch ging er seinen Weg und versuchte, alles zu erzielen, was er wollte. Genauso hatte er auch die Casinos in Vegas ausgetrickst, indem er so lange suchte, bis er alle Schwachstellen gefunden hatte. Manchmal scheiterte er, aber eher selten.

Gemeinsam gingen sie zum Büro der Security hinüber. Maria verschwand hinter ihrem Pult, checkte die Telefonanlage und kündigte dann Tom an.

Dieser stand vor der Bürotür und wartete. Die Tür war durch einen Kartenscanner gesichert und nur Personal mit entsprechender Karte konnte den Raum betreten. Alternativ konnte man eingelassen werden, wenn innen jemand den Türöffner betätigte. Wie strikt die Sicherheitsbestimmungen eingehalten wurden, erkannte man daran, dass Maria ebenfalls keine Karte besaß und somit auf Einlass warten musste. Tom ging davon aus, dass auch er keine Passkarte erhalten würde. Als temporäres Mitglied des Teams stand ihm keine zu, was ihn wenig störte. Er sah darin kein fehlendes Vertrauen, denn die Sicherheit der Überwachungsanlagen musste oberste Priorität haben, ansonsten wäre seine zweite Heimat furchtbar angreifbar. Da Tom schließlich genau wusste, wie man diverse Sicherheitsbeschränkungen und -vorkehrungen umgehen konnte, unterstützte er solche strengen Maßnahmen aus vollstem Herzen.

Das Summen erklang und Tom schob nachdrücklich die Tür auf. Zügig durchschritt er den Eingang und balancierte dabei den Karton unterm Arm. Leise schloss er die Sicherheitstür hinter sich und achtete darauf, dass sie auch vollständig ins Schloss fiel. Dann wandte er sich seinem neuen Boss zu. Was für ein Anblick! Der große Männerkörper thronte hinter dem massiven Schreibtisch und wurde durch das einfallende Licht im Hintergrund gut beleuchtet. Ein brennendes Kribbeln flutete Toms Körper. Am liebsten hätte er den Mann nach hinten geschoben, wäre vor ihm auf die Knie gesunken und hätte dessen Männlichkeit ausgepackt, um sie mit den Lippen und der Zunge zu liebkosen. Schnell verbannte er diese Vorstellungen in den hintersten Winkel seines Gehirns und beschloss, sich mit dieser Fantasie heute Abend unter der Dusche nochmals zu beschäftigen.

James Simons saß auf seinem lederbezogenen Schreibtischstuhl, stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und blickte seiner neuen ‚Nummer Zwei’ mit recht neutralem Gesichtsausdruck entgegen. Wieder schien ihn der schlanke, junge Mann geradezu mit den Augen zu vermessen. Was das sollte, wusste er nicht, aber es störte ihn auch wenig. Dann deutete er mit dem Kinn auf den Schreibtisch, der im rechten Winkel zu seinem eigenen angeordnet stand, und meinte: „Das ist Ihr Arbeitsplatz, Tom. Für eine bessere Zusammenarbeit möchte ich Sie bitten, mich James oder Jim zu nennen.“

Tom sah Jim erstaunt an. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Hatte er vorhin nicht erklärt, dass er ihn für eher untauglich hielt, diesen Job zu erledigen? Vielleicht wollte er ihm aber auch nur eine Chance geben, oder mochte er ihn vielleicht? „Danke. Ich hoffe, ich kann Sie davon überzeugen, der Richtige für den Job zu sein“, antwortete Tom ruhig und gelassen.

„Mhm“, kam als erste Reaktion zurück. Dazu gab es einen langen, nachdenklichen Blick.

Tom hielt dieser Musterung problemlos stand. Als Assistent des Chefs begegnete er Diplomaten, Promis und Sternchen und er hatte im Laufe der Zeit festgestellt, dass alle auch nur mit Wasser kochten. Keiner dieser Reichen und Schönen hatte ihn davon überzeugen können, dass sie besser waren als andere. Höflich und freundlich begegnete Tom jedem, ob Finanzmogul oder Fensterputzer.

Toms gelassenes Abwarten beeindruckte Jim wider Willen, weswegen er seine eher skeptische Einstellung erklärte: „Meiner Vorstellung nach sollte ein Spezialist mit Kenntnissen in der Entdeckung von Betrügern und Falschspielern diese Stelle bekommen, keine ‚Büromaus’. Nichts gegen Ihre Fähigkeiten, Tom, aber hier hätte sich ein ehemaliger Aufklärungsoffizier des Militärs, ein Ex-Cop oder ein Mathe-Genie angeboten, und kein BWL-Student. Daher rührt meine ablehnende Haltung.“

Nickend bestätigte Tom das Gehörte und erwiderte: „Ich verstehe, aber ich möchte Sie um eines bitten: Beurteilen Sie mich fair, dann bin ich auch zufrieden. Wenn Sie nach dieser Woche zu dem Schluss kommen, dass ich hier vollkommen fehlbesetzt bin, kehre ich gerne wieder auf meinen alten Posten zurück. Dort war ich nicht unglücklich, doch ich habe auch Ambitionen, die ich mir mit dieser Stelle erfüllen könnte. Aufstiegsmöglichkeiten gibt es für mich ansonsten nur in Richtung Buchhaltung und Verwaltung, und beides sind extrem trockene Beschäftigungsbereiche. Ich mag es dagegen etwas abwechslungsreicher.“ Eindringlich erwiderte er den fragenden Blick von James und ergänzte: „Welcher Sechsundzwanzigjährige kann schon von sich behaupten, dass er stellvertretender Leiter der Casino-Security ist?“ Dann grinste er schelmisch und zuckte mit den Schultern. Innerlich triumphierte Tom über die Titulierung „Büromaus“. Er beschloss, dies positiv zu nehmen. So würde ein Mann eine attraktive Sekretärin nennen und nun hatte Jim ihn so genannt.

Jim blinzelte angesichts des Anblicks, den der junge Mann bot. Es fehlte nur noch, dass er wie ein Lausbub die Hände in die Hosentaschen steckte. Mit seiner schlanken und nur 1,75 m großen Gestalt wirkte er eh immer sehr jugendlich, trotz der Tatsache, dass er dem Schulalter schon lange entwachsen war.

„In Ordnung. Wir werden sehen, wie die Zusammenarbeit läuft.“ Mit diesen Worten setzte sich Jim wieder an seinen Schreibtisch und holte eine Akte aus der Schublade. Mit ausgestrecktem Arm reichte er sie an Tom weiter, der sie interessiert entgegennahm.

Neugierig blätterte er in den Unterlagen. Eine russische Regierungsdelegation hatte für das kommende Wochenende mehrere Suiten gebucht und zusätzlich ein Poker-Separee. Schnell las Tom alle Infos durch und sah Jim anschließend fragend an.

„Ich möchte, dass Sie sich um die Sicherheitsabläufe im Zuge des Besuches kümmern. Mike hat Rachel für die Betreuung engagiert. Sie kümmert sich um die gesellschaftlichen Belange der Delegation: Theater, Bars, Clubs – was so alles ansteht an diesem langen Wochenende“, erläuterte der Sicherheitschef.

Tom schluckte und bewahrte seine neutrale Miene. Einerseits mochte er Rachel, Mikes Schwester, sie hatte eine nette, offene Art, aber andererseits ging sie jedes Mal mit Jim essen, wenn sie in der Stadt war. Er empfand sie als Konkurrenz und kam einfach nicht gegen das Gefühl der Eifersucht an. Mit einem leichten Neigen des Kopfes signalisierte er, dass er verstanden hatte, und erkundigte sich dann: „Wie sehen die Abläufe bezüglich der Sicherheit aus?“

Jim deutete auf einen Ordner in der obersten Reihe eines Regals.

Schnell holte Thomas den entsprechenden Ordner herunter, machte es sich an seinem Schreibtisch bequem und studierte den Inhalt. Hinter jedem Trennblatt fand er verschiedene Szenarien und Abläufe. Seine Aufgabe bestand also darin, das passende Konzept für die Abordnung herauszusuchen oder Kombinationen zu planen und das Vorgehen mit Rachel abzustimmen. Doch dazu benötigte er noch einige Informationen, die in der Akte nicht angegeben waren. Mit einem leisen Knall schloss er den Ordner und sah Jim aufmerksam an. Jetzt, nachdem er die Infos gelesen und verinnerlicht hatte, erlaubte er sich wieder, im Anblick des großen, durchtrainierten Mannes zu schwelgen.

„Fragen?“, kam es lapidar von James, während dieser noch in seinen eigenen Unterlagen blätterte. Er rechnete nicht mit solchen, denn die würden Know-how voraussetzen.

Tom riss sich aus seinen Fantasien und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. „Einige. Wie viele der Delegierten kommen in Begleitung ihrer Frauen, Freundinnen oder Freunde? Bringen sie eigene Bodyguards, Sekretäre oder Assistenten mit? Warum stehen nicht hinter allen Namen Berufsbezeichnungen? Bestehen Allergien, Abneigungen, Phobien, Vorlieben? Welcher der Politiker ist der wichtigste, welcher der zweitwichtigste? Kommen sie rein zum Vergnügen vorbei oder hat das Ganze einen diplomatischen Hintergrund?“ Wie aus der Pistole feuerte Tom diese Fragen auf Jim ab.

Dieser blinzelte zuerst erstaunt und erwischte sich dann tatsächlich dabei, wie seine Mundwinkel zuckten. Normalerweise fand er fast nichts erheiternd. Doch dieser junge Mann hatte es geschafft, ihn zu überraschen. Zielsicher stellte er genau die richtigen Fragen und erhielt zumindest einen Teil seiner Antworten, indem Jim seine Schublade erneut öffnete und eine weitere Akte hervorholte, welche er weiterreichte.

Wieder senkte Tom seinen Kopf über das Dokument und fand darin fast alle seine Fragen aufgeführt mit der entsprechenden Antwort darunter – nicht jede, aber ziemlich viele.

„Was noch fehlt, müssen Sie sich selbst beschaffen. Es bleiben immer Lücken, aber es ist sinnvoll, so viele wie möglich zu stopfen“, erläuterte Jim. „Es vermindert das Risiko, Dinge zu übersehen.“

„Alles klar. Ich denke, ich beginne mit einer Internetrecherche. Vielleicht erhalte ich auch noch verschiedene Informationen bei der Botschaft“, überlegte Thomas nachdenklich.

Jim nickte und erklärte: „Die meisten Infos stammen direkt vom russischen Konsulat. Einen Teil habe ich von meinen Kontakten erhalten. Ein Versuch kann nicht schaden. Aber wenn Sie nicht sicher sind, dass sie korrekt sind, müssen Sie das markieren. Optimal wäre es, wenn Sie zweifelhafte Infos einfach gelb hinterlegen.“

„In Ordnung, wird gemacht.“ Danach stürzte er sich auf seine Aufgabe. Scheinbar hatte er Jim bereits beeindruckt und er wollte dies gerne wiederholen.

Eye in the sky

Nach dem Mittagessen beschloss Jim, seinen neuen Stellvertreter mit dem Rest der Abteilung bekannt zu machen. Nicht, dass nicht jeder im Hause Thomas Audley kannte, aber jedem von der Security musste klar sein, dass er, zumindest vorübergehend, zu ihrem Team gehörte.

Mit dem Fahrstuhl fuhren sie abwärts zur Sicherheitszentrale. Diese befand sich, wie die Spielräume des Casinos, ebenerdig, damit in Notfällen sofort eingegriffen werden konnte. Das Sicherheitspersonal kümmerte sich um eine Vielzahl von Aufgaben: Sie überwachten die Geldtransporte, beaufsichtigten die Spieltische und schlichteten Streitigkeiten. Mit seinem Sicherheitspass öffnete James die Sicherheitstür und begab sich in die Schleuse dahinter. Erst als die äußere Tür fest ins Schloss gefallen war, konnte er mit seiner Chipkarte die innere Tür öffnen. Dies war zudem nur möglich, weil sein Gesicht biometrisch erfasst worden war. James legte gesteigerten Wert auf absolute Sicherheit im Casino und da zählte auch der Bereich der Security dazu. Nur zwei Bereiche überwachte man noch stärker: den Kassenbereich und die EDV-Abteilung.

Diesbezüglich erhielt Tom genaue Erläuterungen und Hinweise, während sie das Schleusensystem passierten. Da sich aber der kleinere Mann durchaus mit Spielbetrug in all seinen Facetten auskannte, brauchte er darin keine weitere Unterweisung mehr. Doch er beschloss, Jim darauf noch nicht hinzuweisen, sondern ihn erst besser kennenzulernen. Wer wusste denn schon, wie dieser auf die Eröffnung reagieren würde, dass er Seite an Seite mit einem ehemaligen Betrüger arbeitete.