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Was Friederike Prinzessin von Löwendorff nach ihrem Studium mit ihrem Leben anfangen soll, darüber gibt es genau zwei Meinungen: Ihre, die von Unabhängigkeit und einem aufregenden Job handelt, und die von Friederikes Bruder Carl, nach dem Tod des Fürsten Oberhaupt der Familie. Und Carl rückt keinen Millimeter davon ab, Friederike zu einer Verlobung mit seinem besten Freund, dem Grafen von Olbersleben, zu drängen. Dabei meint er es durchaus gut, schließlich will er seine kleine Schwester nur in einem sorgenfreien, gut versorgten Leben wissen. Doch hat er die Rechnung ohne das Schicksal gemacht: Denn das schickt Friederike einen äußerst attraktiven Mann über den Weg, den Meeresbiologen Torben Wagner! Das Herz der Prinzessin gerät in stürmische Gewässer: Familientradition oder die große Liebe? Friederike muss sich entscheiden ...
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Seitenzahl: 107
Cover
Impressum
SOS – Herz in Not!
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-3680-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
SOS – Herz in Not!
Prinzessin Friederike liebt die Wellen, den Wind und einen aufregenden Mann
Von Clarissa von Lausitz
Was Friederike Prinzessin von Löwendorff nach ihrem Studium mit ihrem Leben anfangen soll, darüber gibt es genau zwei Meinungen: Ihre, die von Unabhängigkeit und einem aufregenden Job handelt, und die von Friederikes Bruder Carl, nach dem Tod des Fürsten Oberhaupt der Familie. Und Carl rückt keinen Millimeter davon ab, Friederike zu einer Verlobung mit seinem besten Freund, dem Grafen von Olbersleben, zu drängen. Dabei meint er es durchaus gut, schließlich will er seine kleine Schwester nur in einem sorgenfreien, gut versorgten Leben wissen.
Doch hat er die Rechnung ohne das Schicksal gemacht: Denn das schickt Friederike einen äußerst attraktiven Mann über den Weg, den Meeresbiologen Torben Wagner! Das Herz der Prinzessin gerät in stürmische Gewässer: Familientradition oder die große Liebe? Friederike muss sich entscheiden …
Ein Zweig knackte. Augenblicklich hielt die berühmte Forscherin und Umweltschützerin Amalia »die Löwin« inne. Sie lauschte aufmerksam, doch es schien niemand in der Nähe zu sein. Die unerschrockene, tapfere Kämpferin für das Gute robbte entschlossen weiter, durch das dichte Grün des Regenwaldes. Irgendwo hier mussten sich die Wilderer versteckt halten, die die vom Aussterben bedrohten Sumatra-Nashörner töten wollten.
Da vorne, auf der Lichtung! Einer der skrupellosen Mörder hatte es sich offenbar in einem Liegestuhl gemütlich gemacht. Jetzt würde Amalia ihn schnappen! Mit wildem Geheul brach sie aus dem Dickicht hervor, schwang ihre Machete mit gekonnten Bewegungen im Kreis und setzte sie dem Unhold auf die Brust.
»Lia! Spinnst du?!« Der gewissenlose Wilderer hatte seinen Kaffee auf seiner hellen Bluse verschüttet. Dass er überhaupt eine Bluse trug, lag allerdings daran, dass es sich in Wahrheit um Amalias Tante Friederike handelte. Diese starrte ihre mit einem Holzschwert bewaffnete, zehnjährige Nichte jetzt entsetzt an.
»Wie kannst du mich so erschrecken? Guck mal, die Bluse ist hin, und ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen!«, rief Friederike.
»Du warst ein Wilderer, ein ganz gemeiner, du wolltest die Nashörner töten«, hielt Amalia unerschütterlich dagegen. »Ich musste dich überwältigen. Und für einen Herzinfarkt bist du doch viel zu jung, den bekommen nur alte Leute.«
Friederike seufzte und sah das Mädchen kopfschüttelnd an. Innerlich musste sie aber lächeln.
Amalia, die meist nur »Lia« genannt wurde, war vollkommen in ihrem Element. Sie trug fleckige Turnschuhe, eine ebenso fleckige und noch dazu zerrissene Jeans und ein ehemals vermutlich sehr schickes, jetzt aber weitgehend ruiniertes T-Shirt. Ihre roten Locken standen in alle Richtungen vom Kopf ab, und ihre blauen Augen blitzten vor Abenteuerlust.
»Trotzdem«, bemühte sich Friederike, ernst zu bleiben. »Du kannst andere Menschen nicht so überfallen. Das geht irgendwann schief.« Sie sah die Zehnjährige streng an, was Lia aber nicht beeindruckte.
»Na gut.« Lia zuckte mit den Schultern. »Aber ich muss doch üben. Wenn ich erst einmal wirklich eine berühmte Forscherin im Regenwald bin, muss ich kämpfen können.«
»Ja, vermutlich.« Friederike gab sich geschlagen. Sie nahm eine Serviette von dem kleinen Beistelltisch neben dem Liegestuhl und begann, an dem Kaffeefleck auf ihrer Bluse herumzutupfen. Wenn Lia so weitermachte, würde tatsächlich eine echte Urwald-Amazone aus ihr werden.
Dabei sah ihre Herkunft eigentlich etwas ganz anderes für Lia vor, genauso wie für Friederike. Beide trugen den Titel »Prinzessin von Löwendorff« – Friederike als Tochter des Fürsten und der Fürstin von Löwendorff, Lia als Tochter von Friederikes Bruder Carl Prinz von Löwendorff.
Carl hatte nach dem Tod des Fürsten sogar dessen Titel für sich beansprucht, mit Verweis auf das alte Adelsrecht und den Erstgeburtstitel. Bislang war sein Ansinnen von den Behörden jedoch abgewiesen worden, die ihrerseits auf die Aufhebung der diesbezüglichen adligen Standesvorrechte verwiesen.
Friederike stand auf und streckte sich. Ihr waren derlei Feinheiten und vor allem ihr Titel gleichgültig. Sie empfand ihre Herkunft derzeit eher als Last. Eine überaus beeindruckende Last, zugegeben.
Friederike ließ den Blick schweifen. Der üppige Rasen, auf dem sie stand, war von dichten Rhododendren umgeben – in deren Schutz sich eben noch Lia angepirscht hatte. Etwa dreißig Meter weiter erhob sich die mächtige Silhouette von Schloss Löwenau. Der zweistöckige Bau aus rotem Backstein, über dem das dunkle Walmdach thronte, war mit zahlreichen Sandstein-Elementen verziert, die auch die Reihe der hohen Fenster umfassten. Zwei Freitreppen führten neben dem säulenumrahmten Portal ins Innere, links und rechts schlossen sich die hübschen Kavaliershäuser an. Zusammen mit dem sorgsam gestalten Gartenviereck, in dessen Mitte ein dekorativer Brunnen plätscherte, galt Schloss Löwenau als eine der schönsten Barockanlagen im Land.
Friederikes Handy gab einen Piepton von sich – ein Zeichen dafür, dass eine Textnachricht eingegangen war. Sie tippte aufs Display, dann sah sie auf.
»Zeit zum Essen, Lia«, erklärte Friederike. »Deine Mutter hat eine Nachricht geschickt.« Eigentlich müsste deshalb ein livrierter Diener einen Gong schlagen, ging es ihr durch den Kopf, doch diese Bemerkung hielt Friederike zurück.
»Och nö. Keine Lust«, maulte das Mädchen.
»Na, jetzt komm schon.« Friederike reichte ihr die Hand, und gemeinsam gingen sie aufs Schloss zu.
Ich kann sie gut verstehen, dachte Friederike. Auch sie hätte den Abend lieber anders verbracht als bei einem aufwendigen Mahl im weißen Salon. Aber es wurde erwartet, dass sie sich den Gepflogenheiten der Familie anschloss, nachdem sie nach Beendigung ihres Studiums wieder ins Schloss gezogen war.
Friederike fiel es jedoch schwer, sich wieder in diese Welt einzuleben. Sie fühlte sich, als sei sie unfreiwillig in eine steife, ereignislose Vergangenheit zurückkatapultiert worden.
»Wer schneller ist!« Lia riss Friederike aus ihren Gedanken und rannte los.
»Na warte!«, gab Friederike lachend zurück und begann ebenfalls zu laufen. Rasch hatte sie ihre Nichte eingeholt, und nebeneinander spurteten sie auf das herrschaftliche Portal zu. Fast schienen sie in diesem Moment Schwestern zu sein: Lia mit den hüpfenden roten Locken und der zerrissenen Jeans – und daneben ihre nur fünfzehn Jahre ältere Tante, deren Gesicht die gleichen Sommersprossen zierten wie Lias.
Allerdings waren Friederikes Haare hellbraun und glatt und fielen ihr dicht und glänzend bis auf die Schultern. Sie war schlank, aber durchaus kurvig und hochgewachsen, hatte volle Lippen und eine eher blasse Haut. Gern trug sie, so wie heute, Jeans und ein schlichtes Oberteil, wenngleich Friederike auch eine Schwäche für bunte Sommerkleider hatte. Dabei wählte sie Farben, die ihre Augen betonten, die leicht schräg standen und deren schillerndes Grün schon so manchen Gegenüber fasziniert hatte.
Zeitgleich kamen Friederike und Lia an der Freitreppe an, stürmten hinauf und stürzten in die große, marmorgeflieste Eingangshalle des Schlosses.
»Lia!« Lias Mutter Paulina Prinzessin von Löwendorff stand mitten in der Halle und hielt an jeder Hand einen kleinen Jungen: die Zwillinge Johann und Julius, Lias dreijährige Brüder, die in entgegengesetzte Richtungen strebten.
»Wie siehst du denn wieder aus!« Paulina verdrehte die Augen.
Lia sah an sich hinunter und mühte sich um einen zerknirschten Gesichtsausdruck.
»Sie hat nur gespielt«, mischte sich Friederike eilig ein.
»Und du offenbar auch.« Paulina lächelte.
Jetzt sah Friederike an sich hinunter. Auf ihrer hellen Bluse prangte unübersehbar der große, braune Kaffeefleck.
»Das war ein Versehen«, sagte Friederike zögerlich.
»Also gut.« Paulina schüttelte den Kopf. »Johann, Julius, bitte! Hört auf, an mir zu zerren«, wies sie die Zwillinge zurecht. »Zieht euch schnell um«, sagte sie dann zu Friederike und Lia gewandt. »Ich werde Carl Bescheid geben, dass es fünf Minuten später wird.«
»Okay, Mami.« Lia gab sich brav. »Was soll ich denn anziehen?«
»Ach, lass dir von Friederike etwas heraussuchen. Machst du das, Friederike?« Fragend sah Paulina ihre junge Schwägerin an.
»Sicher, kein Problem.« Friederike nickte. Seit sie vor drei Monaten wieder ins Schloss gezogen war, kümmerte sie sich oft um Lia. Paulina war fast ausschließlich mit den Zwillingen beschäftigt, die ebenso wild und ungestüm zu werden schienen wie ihre ältere Schwester und ihre Mutter rund um die Uhr auf Trab hielten.
»Danke.« Erleichtert wandte sich Paulina um. »Ach ja, fast hätte ich es vergessen«, fügte sie hinzu. »Friederike, Carl möchte nach dem Essen mit dir sprechen. Er sagte, du wüsstest vermutlich, worüber.«
»Ja, ich kann es mir denken.« Entnervt ging Friederike auf die mächtige Treppe zu, die zur oberen Schloss-Etage führte. Lia folgte ihr auf dem Fuß.
»Papa will bestimmt wieder mit dir über Onkel Ed reden, nicht?«, fragte das Mädchen neugierig.
»Vermutlich, ja«, gab Friederike zurück, während sie den langen Flur entlang Richtung Südflügel schritten.
»Ich finde nicht, dass du ihn heiraten sollst«, erklärte Lia rundheraus. »Ich meine … Onkel Ed ist okay, wirklich. Aber er ist so laaangweilig!«, fügte sie mit solcher Inbrunst an, dass Friederike wider Willen schmunzeln musste.
Letztlich hatte ihre freche Nichte den Nagel auf den Kopf getroffen. Edmund Graf von Olbersleben war okay, wirklich – und langweilig, trotz seiner modischen Kleidung und seiner Attitüde des heiteren Lebemanns von Adel. Und auch wenn Friederike zurzeit nicht wusste, was sie wollte, wusste sie zumindest, was sie nicht wollte: sich mit Graf Edmund zu verloben, so sehr ihr älterer Bruder sich das auch wünschte.
***
Nicht nur einen »Schuss« hatte der Urlauber verlangt, sondern sogar »einen kräftigen«. Den hatte er bekommen, und das Ergebnis war so, wie es die Umstehenden an »Sörnsens Schlemmer-Kate« erwartet hatten: ein tiefer Schluck – einige Sekunden ungläubiges Verharren – dann ein heftiger Hustenanfall, tränende Augen und ein rotes Gesicht.
»Der ist gut, nicht?«, erkundigte sich Klaus Sörnsen scheinheilig und lächelte mild.
Selbst schuld, dachte er bei sich. Was bestellt er auch extra stark. Aber so lief es häufig mit den Gästen, die sich vor Ort nicht auskannten: Voller Abenteuerlust stürmten sie den Hafen und legten irgendwann eine Pause an der »Schlemmer-Kate« ein, die eigentlich nur ein schlichter Verkaufsanhänger war und bei den Einheimischen unter der Bezeichnung »bei Klaus« lief. Dort schenkte Klaus unter anderem seinen gefürchteten, selbst gebrannten Sanddorn-Schnaps aus, mit dem er gern auch Kaffee oder Tee anreicherte. Einen solchen Kaffee »mit Schuss« hatte sein Kunde soeben geordert – und war nun sichtlich bemüht, Haltung zu bewahren.
»Gar nicht übel«, krächzte der Mann, ein untersetzter Mittfünfziger in typischem Touristen-Dress: Sandalen, Bermudashorts, T-Shirt und Baseball-Kappe.
»Nachschlag gefällig?«, erkundigte sich Klaus liebenswürdig und griff nach der Flasche.
»Danke, nein, wirklich nicht«, winkte der Urlauber hastig ab. »Ich muss jetzt leider los. Bis zum nächsten Mal.« Er wandte sich um und eilte davon.
»Man sieht sich.« Klaus grinste und machte sich am Elektro-Wurstwärmer zu schaffen. Wenn der Chef in seiner »Schlemmer-Kate« wirkte, war für keinen weiteren Angestellten Platz. Klaus Sörnsen maß einen Meter neunzig in der Höhe und eine ebenfalls beachtliche Zahl in der Breite. Auf seinem fast kahlen Kopf sprossen nur noch wenige graue Haare, sein wettergegerbtes Gesicht durchzogen zahlreiche Falten, und seine Hände waren gewaltige Pranken.
Klaus’ tiefer, dröhnender Bass hatte zusammen mit seiner äußeren Erscheinung schon so manchen unvorbereiteten Besucher eingeschüchtert. Doch hinter der etwas ungeschlachten Schale verbarg sich ein freundlicher, hilfsbereiter Zeitgenosse, der für hungrige Stammgäste immer noch eine letzte Bockwurst in der Hinterhand hatte.
»Du hättest den Schuss auch eine Idee kleiner ausfallen lassen können«, merkte ein Gast an, der seitlich an der Getränkeausgabe stand und die Szene mit dem Urlauber verfolgt hatte.
»Er hat etwas Kräftiges bestellt, und er hat etwas Kräftiges bekommen«, gab Klaus achselzuckend zurück.
»Auch wieder wahr.« Der Gast stellt seinen Tee-Becher ab und streckte sich.
»Viel zu tun?«, fragte Klaus.
»Ja, es wird immer mehr«, antwortete Torben Wagner. »Was natürlich gut ist – aber auch anstrengend.«
»Tja. Eigentlich nicht zu glauben, dass einer mit Fische-Zeigen sein Geld verdienen kann«, neckte ihn Klaus.
»Ich geb dir gleich dein ›Fische-Zeigen‹.« Torben musste lachen. Der junge Meeresbiologe hatte vor zwei Jahren seine Ostsee-Station am Hafen eröffnet. Mit neunzehn großen Aquarien war er in eine der leer stehenden Bootshallen gezogen und hatte die Becken mit Leben gefüllt. Dort tummelten sich jetzt Stichlinge und Quallen, Seenadeln und Plattfische, Strandkrabben und Seehasen. Sogar drei der giftigen Petermännchen hatte Torben nach und nach von den Fischern bekommen, die mit ihren Kuttern im Hafen lagen. Möglichst alle Lebewesen vorzustellen, die sich in der Ostsee tummelten: Das war Torbens Ziel, und diesem war er schneller nahe gekommen, als er es sich erträumt hatte.
Die Ostsee-Station war nur in den ersten Wochen nach ihrer Eröffnung eher spärlich besucht gewesen. Rasch hatte sich das Angebot herumgesprochen, und der Strom der Neugierigen war stetig gewachsen. Torben hatte daraufhin einen kleinen Vortragsraum eingerichtet und für die Kinder Kescher-Nachmittage am Hafensteg organisiert, die auch für Geburtstagsfeiern gebucht werden konnten. Seither herrschte in der Ostsee-Station Hochbetrieb. Torben bot täglich sechs Führungen an und war froh, wenn er zumindest in der Mittagszeit eine kleine Pause bei Klaus einlegen konnte.
»War nicht so gemeint«, brummte Klaus. »Ist doch eine feine Sache, deine Station, vor allem für die Kinder.«