1,99 €
Süß wie die Liebe - Bezaubernder Adelsroman um das Geheimrezept zum Glücklichsein
Gut Andernach ist bekannt für seinen erfolgreichen Landmarkt mit verschiedensten regionalen Produkten. Fürst und Fürstin von Andernach führen die Geschäfte mit strengem Regiment, aber nun soll auch Prinz Florian - gemäß der Familientradition - mit einsteigen.
Als dieser von der fantastischen "Mimis Marmelade" hört, die gleich mehrere Kunden auf dem Markt vermissen, ist seine Neugierde geweckt. Er spricht seine Eltern auf die fehlende Marmelade an, doch das Fürstenpaar reagiert mehr als merkwürdig. Florian ist schnell klar, dass hier irgendetwas faul ist. "Mimis Marmelade" scheint regelrecht verpönt.
Der Prinz entscheidet sich, selbst zu recherchieren. Im Internet wird er schnell fündig und ist überrascht: Gut Andernach und das "Marmeladen Paradies" auf dem Meldorf-Hof liegen nur wenige Kilometer auseinander. Wie kann es sein, dass er noch nie von diesem Hof gehört hat? Er beschließt, noch am nächsten Tag dorthin zu fahren, und als er tags darauf den kleinen Hofladen betritt, traut er seinen Augen kaum ...
***
"Fürsten-Romane" entführen in die Welt des Hochadels und lassen die Herzen der Leserinnen und Leser höherschlagen. Die Romanzen der Prinzessinnen und Prinzen spielen auf herrlichen Schlössern, erzählen von Mut und Hoffnung, von Glück und Tränen, Glanz und Einsamkeit - und von der ganz großen Liebe! Welche geheimen Wünsche, Träume und Sehnsüchte bewegen die Reichen und Adeligen?
Seit mehr als 50 Jahren bilden die Fürsten-Romane den Inbegriff für Geschichten aus der Welt des Hochadels. Tauchen Sie ein in eine ebenso aufregende wie glamouröse Welt!
Fürsten-Romane - Luxus zum Lesen
Alle 14 Tage erscheint eine neue Folge.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 116
Cover
Impressum
Süß wie die Liebe
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Wavebreakmedia / iStockphoto
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-7288-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Süß wie die Liebe
Bezaubernder Adelsroman um das Geheimrezept zum Glücklichsein
Von Clarissa von Lausitz
Gut Andernach ist bekannt für seinen erfolgreichen Landmarkt mit verschiedensten regionalen Produkten. Fürst und Fürstin von Andernach führen die Geschäfte mit strengem Regiment, aber nun soll auch Prinz Florian – gemäß der Familientradition – mit einsteigen.
Als dieser von der fantastischen »Mimis Marmelade« hört, die gleich mehrere Kunden auf dem Markt vermissen, ist seine Neugierde geweckt. Er spricht seine Eltern auf die fehlende Marmelade an, doch das Fürstenpaar reagiert mehr als merkwürdig. Florian ist schnell klar, dass hier irgendetwas faul ist. »Mimis Marmelade« scheint regelrecht verpönt.
Der Prinz entscheidet sich, selbst zu recherchieren. Im Internet wird er schnell fündig und ist überrascht: Gut Andernach und das »Marmeladen Paradies« auf dem Meldorf-Hof liegen nur wenige Kilometer auseinander. Wie kann es sein, dass er noch nie von diesem Hof gehört hat? Er beschließt, noch am nächsten Tag dorthin zu fahren, und als er tags darauf den kleinen Hofladen betritt, traut er seinen Augen kaum …
»Nicht noch höher! Bitte, Tante Mimi, es reicht jetzt!«
Svenja Meldorf legte den Kopf in den Nacken und sandte flehende Blicke zum bedrohlich weit entfernten Blätterdach des Birnbaums hinauf. Gleichzeitig umklammerte sie mit beiden Händen die betagte Holzleiter, auf deren oberster Sprosse ihre Tante Mimi mit unfassbarer Sorglosigkeit balancierte, um auch noch die letzte Birne vom Ast zu pflücken.
»Das ist zu gefährlich! Bitte, komm runter!« Svenja seufzte und blies sich eine Strähne ihrer rotblonden Locken aus dem Gesicht.
Die junge Frau spürte, wie ihr immer wärmer wurde. Nicht genug, dass die waghalsigen Erntemethoden ihrer Tante sie ins Schwitzen brachten – noch dazu war es ausgesprochen heiß an diesem Wochenende im August. Ein Spätsommertag, wie er im Buche stand – woran sich Svenja im Moment allerdings nicht erfreuen konnte.
»Gleich!«, rief Mimi unbekümmert. »Der Korb ist fast voll. Oder kannst du etwa die Leiter nicht mehr halten?«
»Das ist nicht das Problem«, gab Svenja zurück und starrte auf die rundliche Rückansicht ihrer Tante.
Miriam Meldorf, vermutlich schon seit ihrer Geburt von allen nur »Mimi« genannt, war einst ebenso schlank und sportlich gewesen wie ihre Nichte. Inzwischen, mit Anfang sechzig, hatte sie jedoch einige Pfunde zugelegt. In puncto Sportlichkeit ließ sie aber weiterhin keine Wünsche offen – leider, wie Svenja in diesem Augenblick dachte.
»Ich fürchte nur, dass du fällst und ich unter dir begraben werde«, fuhr Svenja fort.
»Ach, hab dich nicht so«, erwiderte Mimi und lachte.
Dann setzte sie einen Fuß zurück und begann langsam mit dem Abstieg, wobei sie mit der linken Hand scheinbar mühelos einen großen Korb voller leuchtend gelber Birnen neben der Leiter baumeln ließ.
»Wenn ich falle, werde ich dafür sorgen, dass ich neben dir aufpralle«, erklärte Mimi vergnügt. »Dann kommst du unbeschadet davon und schneller an dein Erbe, als du dachtest.«
»Haha.« Svenja schüttelte den Kopf und musste lächeln. »Als wenn ich das wollte.«
»Ist ja auch noch einmal gut gegangen.« Mimi hüpfte von der untersten Sprosse auf den Boden und stellte den Korb ab. Sie stemmte die Hände in die Hüften und blickte sich zufrieden um. »Ist es nicht herrlich heute?«, meinte sie und funkelte Svenja mit ihren tiefgrünen Augen an – Augen, die denen Svenjas exakt glichen.
Überhaupt ähnelten sich Svenja und die ältere Schwester ihres Vaters auf verblüffende Weise: Svenja und Mimi waren beide mittelgroß, hatten zarte Gesichter mit unzähligen Sommersprossen und den gleichen leichten, sportlichen Gang. Selbst die üppige, rotblonde Haarpracht war bei Tante und Nichte zu finden, wobei Mimis Locken mittlerweile eher graublond waren, während Svenjas Mähne in der Sonne in allen denkbaren Kupfertönen schimmerte.
»Ein toller Tag«, stimmte Svenja ihrer Tante zu. »Wir haben großes Glück mit dem Wetter. Und ich wüsste nicht, wo ich jetzt lieber wäre.«
Das war die reine Wahrheit. Für Svenja war Tante Mimis Resthof mit dem riesigen Obstgarten schlicht das Paradies. Mimi, einst eine erfolgreiche Unternehmensberaterin, hatte sich mit Ende fünfzig zur Ruhe gesetzt und diesen zauberhaften Flecken Erde am Stadtrand gekauft. Das ehemalige Bauernhaus – ein urgemütliches Backstein-Gebäude mit Fachwerk, Reetdach und hellgrau gestrichenen Türen und Fensterrahmen – hatte sie gründlich renovieren lassen.
Um alles, was grünte und blühte, kümmerte sich Mimi jedoch am liebsten selbst. Im Bauerngarten baute sie Gemüse an: Karotten, Salat, Bohnen, Fenchel und Kartoffeln. Herzstück des Hofes war der Obstgarten mit seinen schier endlosen Reihen an Bäumen und Sträuchern. Hier wuchsen Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und Quitten sowie Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren und Brombeeren, so weit das Auge reichte.
»Na, eine junge Frau wie du wäre doch jetzt sicher lieber am Badesee, am besten mit einem knackigen Kerl in Badehose, anstatt mit der alten Tante Obst zu pflücken, oder?«, neckte Mimi ihre Nichte.
»Ach Unsinn.« Svenja machte eine wegwerfende Handbewegung und griff nach dem Korb mit den Birnen. »Du weißt doch, wie gern ich hier bin.«
»Ja, Schätzchen, ich weiß ja.« Mimi nickte ihrer Nichte zu und setzte sich Richtung Bauernhaus in Gang. »Aber so bekommen wir dich nie unter die Haube.«
»Wenn du sonst keine Sorgen hast …« Svenja lachte und schritt neben ihrer Tante her. »Ich komme gut allein zurecht, das müsstest du doch nachvollziehen können.«
»Das kann man nicht vergleichen«, entgegnete Mimi.
»Warum nicht?«, fragte Svenja.
Sie hatte ihre Tante stets für ihr unabhängiges Leben bewundert: Mimi hatte selbstständig gearbeitet und gutes Geld verdient. Sie war viel gereist und hatte in schönen, großzügig geschnittenen Stadtwohnungen gelebt. Immer allein, ein Mann hatte im Leben der attraktiven, intelligenten Miriam Meldorf nie eine Rolle gespielt – soweit Svenja wusste.
»Du willst doch sicher einmal Kinder haben, oder nicht?«, sprach Mimi weiter, ohne auf Svenjas Frage zu antworten. »Dann wird es allmählich Zeit.«
»Also bitte!« Svenja musste schon wieder lachen. »Ich bin noch keine dreißig! Meine biologische Uhr tickt noch lange nicht. Außerdem habe ich zwanzig entzückende Kinder, und zwar jeden Tag bis vierzehn Uhr. Das reicht mir erst mal.«
»Denkst du wirklich, dass das ein Ersatz ist?«, fragte Mimi.
Dabei war sie im Grunde stolz auf Svenjas Berufswahl. Ihre Nichte hatte sich voller Leidenschaft ihrem Pädagogik-Studium und ihrem Referendariat gewidmet und arbeitete seit zwei Jahren als Grundschullehrerin – mit großer Freude und Engagement, wie Mimi zufrieden bemerkte. Svenja liebte ihren Beruf und ihre Schüler – und die Mädchen und Jungen aus der 2a beteten ihre hübsche Lehrerin regelrecht an.
»Ach, Mimi, lass uns das Thema beenden.«
Svenja und ihre Tante betraten die Kiesfläche vor dem Bauernhaus, das von blühenden Blumen in allen nur denkbaren Farben umrahmt wurde, über denen zahlreiche Insekten schwirrten. Der Himmel war von jenem tiefen Blau mit einem Hauch Gold, wie es typisch für diese Jahreszeit war.
»Du hast recht. Entschuldige bitte, das alles geht mich gar nichts an«, meinte Mimi. »Lass uns lieber in der Küche weitermachen. Ich kann es kaum erwarten, das neue Rezept auszuprobieren.«
»Ich auch nicht. Was hast du denn vor?«, erkundigte sich Svenja neugierig.
Als Ruheständlerin hatte sich Tante Mimi zu einer Marmeladen-Expertin entwickelt. Was zunächst als reines Hobby für den Eigenbedarf begonnen hatte, war mittlerweile ein recht einträgliches Geschäft.
Mimi kochte Marmelade, Gelee und Kompott wie eine Weltmeisterin, hatte ein todsicheres Händchen für die leckersten Rezepte und probierte unermüdlich Neues aus. Im Seitenflügel des Bauernhauses hatte sie vor zwei Jahren »Mimis Hofladen« eingerichtet, der eine stetig wachsende Kundschaft anzog. Ganz die professionelle Unternehmensberaterin, hatte Mimi von einem befreundeten Designer hübsche, nostalgisch anmutenden Etiketten entwerfen lassen, die zum Markenzeichen von »Mimis Marmelade« geworden waren.
»Birnenmarmelade mit einem Hauch Cognac«, verriet Mimi mit einem Schmunzeln. »Ich bin gespannt.«
»Klingt gut.« Svenja lächelte. »Aber bist du sicher, dass es nur ein Hauch wird? Wenn ich dich an die Erdbeer-Champagner-Marmelade vom Juni erinnern darf – da war wesentlich mehr als nur ein Hauch in …«
»Einen wunderschönen Tag, die Damen!«, unterbrach eine tiefe Stimme Svenjas kleine Ansprache.
Mimi und Svenja drehten sich um. Aus der – ebenfalls hellgrau gestrichenen – Holztür neben dem Hofladen war ein mittelgroßer, schlanker Mann getreten. Sein blondes Haar war akkurat geschnitten, und er blinzelte mit kühlen, grauen Augen ins Sonnenlicht. Er war etwas blass und trug zu einer offenbar teuren, sorgfältig gebügelten Jeans ein lachsfarbenes Polo-Hemd und eine edel wirkende, hellblaue Lederjacke.
»Hallo, lieber Herr Untermieter«, gab Mimi aufgeräumt zurück. »Warum, um alles in der Welt, hockst du bei diesem Wetter in deiner Bude?«
»Ich wollte ja gerade los«, erwiderte Niels Sommerfeld. Er lächelte Svenja an. »Hallo, Svenja. Hilfst du wieder bei der Ernte?«
»Hallo Niels«, entgegnete Svenja. »Ja, im Moment ist viel zu tun, aber das siehst du ja selbst.«
»Steht dir jedenfalls, dieser rustikale Look«, meinte Niels und blickte anerkennend an Svenja herab.
Sie trug ausgeblichene Stoff-Turnschuhe, eine alte Jeans und ein fleckiges, hellgrünes T-Shirt. Ihre dichten Locken waren zu einem unordentlichen Zopf zusammengebunden.
Du liebe Zeit, ging es Svenja durch den Kopf. Soll das ein Witz sein? Ich klettere bei dieser Hitze in Bäumen und Sträuchern herum. Was denkt er, was ich dazu anziehe?
»Tja«, gab sie schnippisch zurück. »Wer arbeitet, kann sich eben nicht in seinen feinen Sonntagsstaat werfen.«
»Ich habe das ernst gemeint.« Niels sah sie bittend an.
Mimi drehte sich zur Seite, um ihr Grinsen zu verbergen. Seit mindestens einem halben Jahr bemühte sich der erfolgreiche Anwalt, der die Einliegerwohnung auf ihrem Hof gemietet hatte, um die Gunst ihrer Nichte. Mimi hatte bislang allerdings nicht den Eindruck, dass Svenja darüber erfreut war.
»Darf ich dich zu einem Eis einladen? Ich chauffiere dich auch. Euch, meine ich natürlich«, ergänzte Niels hastig nach einem Blick auf Mimi.
Auffordernd schwenkte er einen Autoschlüssel vor den beiden Frauen hin und her. Er gehörte zu jener teuren, dunkelblauen Limousine, die stets vorne an der Auffahrt zum Resthof geparkt war und die nach Svenjas Empfinden optisch überhaupt nicht zum Reich ihrer Tante passte.
»Nein, danke«, lehnte Svenja ab. »Wir wollen jetzt einkochen. Wie gesagt: Im Moment ist viel zu tun.«
»Schade«, erwiderte Niels. »Vielleicht ein anderes Mal?«
»Ja, vielleicht.« Svenja wandte sich um und ging ihrer Tante hinterher, die gerade die Tür zur großen Hofküche öffnete.
»Mach’s gut, Niels«, sagte sie, dann fiel die Tür hinter ihr zu.
Niels sah ihr nachdenklich hinterher.
»Mach’s gut, Svenja Meldorf«, murmelte er leise.
Diese junge Frau machte es ihm wahrhaftig nicht leicht.
***
Der ungewöhnlich warme Spätsommer füllte nicht nur die Freibäder und die Eiscafés, er schien auch als eine Art Bremse für den gesamten Alltag zu fungieren. Alles lief ein wenig langsamer – selbst Balco, der wunderschöne Weimaraner-Rüde von Patrizia Fürstin von Anderbach, hatte offenbar einen Teil seiner straffen Dynamik eingebüßt. Deutlich träger als sonst trabte er neben seinem Frauchen die gekieste Auffahrt hinunter, die vom Herrenhaus von Gut Anderbach zum großen Torhaus führte.
»Und stopp.« Für Balco reichten leise, fest gesprochene Befehle.
Der Hund mit dem silbergrauen Fell und den bernsteinfarbenen Augen gehorchte der Fürstin aufs Wort. Patrizia war hochzufrieden mit den Erziehungserfolgen, die sie bei dem Tier erzielt hatte. Sie hielt nichts von lautem Geschrei oder gar Schlägen, um sich einen Hund gefügig zu machen. Eine klare Linie und unerbittliche Konsequenz: Mit diesen Mitteln zog die Fürstin seit Jahrzehnten ausgezeichnete Jagdhunde groß. Balco begleitete sie seit nunmehr fünf Jahren zur Jagd im nahe gelegenen Forst Anderbach – ein Hobby, dem sowohl die Fürstin als auch ihr Mann nachgingen.
Allerdings hatte Armin Fürst von Anderbach mit seiner Jagdhündin doch einige Probleme, wie Patrizia fand: Bonny, die aus demselben Wurf wie Balco stammte, war verspielt und übermütig. Ihr fehlten eindeutig Disziplin und eine strenge Hand. Doch der Fürst legte in puncto Hundeerziehung eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag, und so hatte Patrizia es längst aufgegeben, ihn diesbezüglich zu belehren.
Sich selbst gegenüber war Patrizia im Übrigen ebenso streng und konsequent wie bei ihren Hunden. Sie wich keinen Deut von ihrer gesunden Ernährung und ihrem Sportprogramm – laufen, reiten, schwimmen – ab. Weshalb sie auch mit Anfang sechzig gertenschlank, wenn nicht sogar ein wenig hager war. Ihren Körper hielt sie kerzengerade, aus ihrem dunkelsilbrigen Pagenschnitt lugte kein Härchen hervor, und ihre blauen Augen blickten klar und aufmerksam in die Welt. Patrizia war eine kühle Schönheit und kleidete sich elegant und teuer, was auf ihr Umfeld beeindruckend, aber auch einschüchternd wirkte.
Balco stand hechelnd neben seinem Frauchen. Die Fürstin blickte umher. Sie liebte diesen Anblick: Die gepflegte, sanft gewellte Rasenfläche, die sich vom hellbeige verputzten Torhaus am Anfang der Auffahrt bis hin zum mächtigen Herrenhaus von Gut Anderbach hinzog. Das Herrenhaus war ebenfalls hellbeige verputzt und schimmerte in der Augustsonne beinahe vanillefarben, was einen reizvollen Kontrast zum dunklen Walmdach bildete.
Links und rechts wurde das schmucke, zweigeschossige Gebäude mit den hohen Fenstern von den beiden ehemaligen Kavaliershäusern flankiert, die zusammen mit dem Hauptbau einen schlossartigen Innenhof umrahmten. Die gesamte Anlage inklusive des Barockgartens stand unter Denkmalschutz und galt als eines der schönsten Güter im Land.
»Auf«, kommandierte Patrizia gelassen und setzte sich wieder in Bewegung.
Balco folgte ihr Richtung Torhaus. Dort hatte die Fürstin vor mehr als einem Jahrzehnt den »Landverkauf« einrichten lassen – ein Geschäft für regionale Produkte, das ebenso Erfolgsgeschichte geschrieben hatte wie alles andere, was die Fürstin in ihre Hände nahm. Auf gut vierhundert Quadratmetern Verkaufsfläche bekamen die Kunden alles, was Bauern, Handwerker und auch Künstler in einem Umkreis von fünfzig Kilometern produzierten – und das war eine Menge.
Das Angebot reichte von Pullovern aus Schafswolle und handgenähten Ledertaschen über hölzerne Schalen und Teller bis hin zu kunstvoll geschmiedetem Silberschmuck und betäubend duftenden Seifen. Den größten Raum nahmen allerdings die Lebensmittel ein: Wurst und Käse, Brot und Kuchen, Marmeladen und Honig, Joghurt und Säfte, Liköre und Weine und vieles mehr reihten sich in den rustikalen Holzregalen dicht an dicht.