Gebrauchsanweisung für den FC Bayern - Helmut Krausser - E-Book

Gebrauchsanweisung für den FC Bayern E-Book

Helmut Krausser

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Beschreibung

Mia san mia Sommer 1974, Helmut Krausser durfte zum ersten Mal ohne elterliche Aufsicht ins Münchner Olympiastadion radeln. Der FC Bayern spielte gegen die Hertha aus Berlin, die in dieser Saison Vizemeister werden sollte. Das Spektrum der Fangesänge war noch überschaubar, es gab kaum eine Frau im Stadion, dafür viele ältere Zigarre rauchende Männer, die nie auf den Gedanken gekommen wären, Parolen zu grölen. Sechs Weltmeister spielten bei den Bayern, doch sie gewannen nur mit Mühe 2:1 - und trotzdem war es der Tag, an dem Helmut Krausser diesem Verein für immer verfallen sollte. Souverän und scharfzüngig zeichnet er dessen beispiellosen Siegeszug nach, von der Gründung im Jahr 1900 bis zum heutigen Höhenflug. Er lotet Innenleben und Breitenwirkung des Clubs aus, schreibt über Torjäger von Gerd Müller bis Thomas Müller, über Lichtgestalten, Lieblingsspieler und Hassfiguren. Über Fakten und Vorurteile, Trainerlaunen und Spielerfrauen, die Geheimnisse des erfolgreichen Torschusses und die erste Gelb-Rote Karte überhaupt.

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www.piper.de

Die Angaben im Text entsprechen dem Stand bei Konvertierung des E-Books Ende Januar 2015.

Dank an die Süddeutsche Zeitung für die Genehmigung zum Abdruck des Interviews mit Campino im Kapitel »Hass« (aus »Ich verzweifle fast am Glück der Deutschen«, Kurt Röttgen und Ludger Schulze im Gespräch mit Die Toten Hosen-Sänger Campino, 01.12.2007).

ISBN 978-3-492-96972-7

März 2015

© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015

Redaktion: Fabian Jonas, Berlin

Coverkonzeption: Büro Hamburg

Covergestaltung: Birgit Kohlhaas, kohlhaas-buchgestaltung.de

Covermotiv: Allianz Arena, München (Hermann Dobler/imagebroker/Okapia)

Litho: Lorenz & Zeller, Inning a. A.

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Vorwort

»Liebe machen und Tore schießen sind die schönsten Dinge, die Gott uns gegeben hat.«

Luca Toni

Es war 1974. Nach dem Weltmeisterschafts-Finale gegen Holland, das meine Familie am Fernseher verfolgt hatte (während wir aber vom Balkon des Hochhauses, in dem wir wohnten, den realen Lärm aus dem Stadion hören konnten, wenn ein Tor fiel – so nahe waren wir dem Olympiastadion), stürzten wir auf die Straße, um die Vorbeifahrt der Sieger zu bejubeln.

Vielleicht waren die Leute auf den Triumph nicht vorbereitet gewesen (Holland galt ja als klarer Favorit und hatte die Sonderbriefmarke zum eigenen Sieg bereits gedruckt), und sicher gab es noch keine Nationalflaggen- und Wimpelindustrie, die mit dem heutigen Merchandisingaufwand vergleichbar wäre, aber es lag wohl auch noch am nicht soo lang zurückliegenden Krieg, dass in jener Zeit, der kurzen Ära zwischen APO und RAF, ein Fahnenmeer schlicht undenkbar gewesen wäre. Doch die Leute wollten toben und ausgelassen sein, darum war aus tausenden Fenstern Klopapier auf die Straßen abgerollt worden. Das sah sehr lustig, aber auch ein wenig farblos aus. Ich habe seltsamerweise nie irgendwo ein Foto davon gesehen. Die frisch gekürten Weltmeister rollten in ihren offenen Wagen über den Bonner Platz, und ich sah sie nur aus der Ferne, denn das Getümmel auf der Fahrbahn sei, hieß es, nur etwas für Risikobereite. Egal, ich genoss meine Sommerferien weltmeisterlich, und dann – kam der Tag, der große ersehnte Tag.

Es war der 31. August 1974. Ich durfte zum ersten Mal mit dem Rad zum Olympiastadion fahren und mir ohne elterliche Aufsicht ein Spiel des FC Bayern München ansehen. Ich radelte, so schnell ich konnte, ließ das Rad am Eingang Nord irgendwo im Gras liegen (ich habe mein Rad während meiner gesamten Jugend nie abgesperrt), musste keine zwei Minuten anstehen, um – ich glaube, 5 DM, oder waren es sogar weniger? – für einen Stehplatz zu bezahlen. Und dann war ich drin. Zehn Jahre alt und stolz wie Bolle. Ich stellte mich in die Nordkurve, denn von der Südkurve hatte man mir von väterlicher Seite dringend abgeraten. Da stünden die »Wilden«, die Fanatiker, da werde viel gebrüllt und gerauft und gesoffen. Dem sollte ich mich nicht aussetzen. Und in der Nordkurve saßen kaum gegnerische Fans. Die Leute hatten damals einfach nicht so viel Geld, um zu weiten Auswärtsspielen ihrer Mannschaft zu reisen.

Bayern spielte gegen die Hertha aus Berlin. Ich zählte ungefähr vier oder fünf Hertha-Fahnen, und insgesamt war es im Stadion auffallend ruhig. Das Spektrum der Fangesänge war noch schmal, die Rituale waren noch nicht durchexerziert, es gab noch kaum eine Frau im Rund, dafür viele ältere Zigarre rauchende Männer, die nie auf den Gedanken verfallen wären, Parolen zu grölen.

Man kann im Almanach nachlesen, dass circa 38000 Menschen das Spiel live verfolgten. Fast die Hälfte der Plätze war also leer. Die Partie selbst verlief recht unspektakulär, die Bayern gewannen mit Mühe 2:1. (Hertha wurde in dieser Saison Vizemeister, Bayern nur Zehnter.) Und obwohl das Olympiastadion so weitläufig war, bekam man fast alles mit, was die Spieler ihren Kollegen zubrüllten. Ein ausländischer Tourist, ich glaube, ein US-Amerikaner, stand neben mir und fragte mich hin und wieder etwas, grundlegende Fragen zum Fußballsport an sich, und in meinem sehr begrenzten Englisch von damals konnte ich ihm nur bedingt Auskunft erteilen. Aber ich zählte die Namen der Weltmeister auf, die in der Mannschaft des FCB spielten, das waren sechs Stück: Sepp Maier, »Katsche« Schwarzenbeck, Franz Beckenbauer, Jupp Kapellmann, Uli Hoeneß und Gerd Müller.

Paul Breitner, der vorher sicher der Lauteste im Stadion gewesen war, fehlte der Mannschaft sehr. Sein Abgang zu Real Madrid wenige Wochen zuvor hatte mich erbost, ich empfand ihn beinahe als Verrat. Was heißt beinahe? Hochverrat, so kam es mir vor, wenn ich mich recht erinnere. Ich war jung und will nichts beschönigen. Es war nicht schön, dass wir in dieser Saison in der Bundesliga versagten, aber ehrlich: Wer erinnert sich heute noch daran, wie und wann und warum eine Mannschaft mit sechs Weltmeistern auf einem zweistelligen Tabellenplatz landen konnte? Ich empfand es ja dennoch als große Gnade, Münchner zu sein und den beispiellosen Siegeszug der Bayern in Europa miterleben zu dürfen. Dreimal hintereinander gewann ich mit dem FCB den Pokal der Landesmeister – es konnte überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass ich diesem Verein mein Leben lang verfallen sein würde.

Und was für Typen waren das! Ich erinnere mich, dass Sepp Maier, als er vor dem Anpfiff von der eigenen Abwehr warmgeschossen wurde, ein ganz besonderes Kunststück hinlegte. Der Ball kam hoch auf ihn zugeflogen – und sogar ziemlich scharf geschossen –, Sepp Maier springt nach vorne, macht einen Handstand und wehrt den Ball in zwei Metern Höhe mit den Schuhsohlen ab. Dergleichen hab ich nie wieder irgendwo gesehen. Und weil es wohl keine Fernsehaufnahme davon gibt, muss eben ich davon berichten. Als er 1979 den Autounfall hatte, der seine Karriere jäh beendete, war das eine niederschmetternde Nachricht für mich. Als Franz Beckenbauer zu Cosmos New York wechselte, brach die halbe Welt für mich zusammen. Ich war an den ständigen Wandel im Leben noch nicht so gewöhnt. Gerd Müller geht nach Florida und spielt WO? Fort Lauderdale? HÄ? Ich hab das einfach nicht kapiert, wusste noch nicht recht, dass es dem Einzelnen auch ums Geld geht, wusste noch nicht mal im Ansatz, wie schnell Fußballspieler altern, dass manche, wie Uli Hoeneß (den ich als Spieler nie so schätzte, wie er es verdient gehabt hätte), schon mit 27 in Rente gehen.

Seither ist viel Wasser die Isar hinabgeflossen. Das Spiel hat undenkbare und unheimliche Dimensionen erreicht – und nicht alles daran gefällt mir. Aber bis heute bin ich für eines außerordentlich dankbar: quasi neben dem Olympiastadion aufgewachsen zu sein in jenen großartigen Jahren, denn von daher benötige ich keine, aber auch nicht die geringste Erklärung oder gar Entschuldigung dafür, Fan dieses Vereins zu sein, der einen zur Ekstase wie zur Weißglut bringen kann, der polarisiert wie kaum sonst etwas auf der Welt, wir wissen das.

Und ich bin mir bewusst, dass der Siegeszug des Clubs – trotz allem, was später geleistet wurde – seinen Ursprung einem seltsamen Zufall zu verdanken hat, vielmehr einer äußerst seltenen Konstellation: Maier, Breitner, Beckenbauer, Müller – ohne die vielen anderen Spieler in ihren Leistungen schmälern zu wollen (wäre Beckenbauer z.B. ohne Schwarzenbeck denkbar gewesen? Wer hat je eine Ode für Bernd Dürnberger geschrieben?): DAS ist wirklich eine Rarität. Ich meine: Vier der besten Spieler aller Zeiten, und genau noch je einen in Tor, Abwehr, Mittelfeld (Beckenbauer, obwohl Libero, war für mich de facto immer ein Mittelfeldspieler) und Angriff in EINEM Verein zu finden, und einem Verein, der damals noch keineswegs reich war und sich diese Spieler etwa gezielt hätte zusammenkaufen können – das war Zufall oder Schicksal oder Glück oder was auch immer. In jedem Fall ein unvergleichlicher Zauber, der mich bis heute in seinem Bann hält.

Ich spiele nun seit vier Jahrzehnten bei den Bayern in der Außenposition als zwölfter Mann, habe zwar noch nie ein Tor erzielt, aber auch noch keines verschuldet und nie eine Gelbe oder Rote Karte bekommen, von daher verleihe ich mir die Eigenlob-mit-Eichenlaub-Medaille samt Fairness-Preis und Treueorden. Ich bin mit dem FCB durch dick und weniger dick gegangen, und einmal haben mich Anhänger eines anderen Münchner Fußballvereins, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, tätlich angegriffen, mit Platzwundenfolge und Blutverlust. Mögen sie in der Hölle schmoren. Oder wenigstens – ich bin weder nachtragend noch ein Unmensch – in der Zweitklassigkeit.

Es war höchste Zeit, mich auch einmal literarisch für diesen Club zu betätigen.

Ansprache

So, lieber Leser, Sie möchten in der Zukunft also mit dem FCB zu tun haben, sei es als Fan, Freund, Sympathisant oder als einer, der einfach mitreden und kompetent wirken möchte beim Thema? Dann bietet Ihnen dieses Buch einen Überblick, einen Almanach, einen Stichwortgeber zu allem Wissenswerten über den FCB sowie ein paar eher persönliche An- und Einsichten des Autors, die hier und da vielleicht ein wenig überspitzt formuliert sein mögen, aber den Ernst der Sache nicht gleich außer Kraft setzen.

Als Unterstützer des FCB sind Sie ein Freund der Sonne, aber Sie haben nicht automatisch auf der Siegerstraße geparkt, und es herrscht nicht immer Kaiserwetter. Viel Wind wird Ihnen entgegenwehen. Viel Kritik werden Sie einstecken müssen. »Zieht den Bayern die Lederhosen aus!« – diese in Deutschland erstaunlich verbreitete homoerotische Fantasie wird Ihnen vor allem bei Auswärtsspielen entgegenschallen. Im Gespräch mit Fremdvereinsanhängern, die Sie alsbald mit boshaften Vorwürfen konfrontieren, mit fiesen Unterstellungen drangsalieren werden, werden Sie gelegentlich den Drang verspüren, sich rechtfertigen zu wollen oder zu müssen. Drum lesen Sie bitte weiter. Wenn Sie auf der Seite des FCB stehen, dann liefert Ihnen dieses Büchlein Argumente, nüchterne Fakten, Richtigstellungen hartnäckiger Vorurteile bzw. Widerlegungen alberner Klischees.

Dieses Buch ist kein Fachbuch, es richtet sich nicht in erster Linie an jene, die über den FC Bayern bereits viel oder gar alles wissen, weil sie schon die Werke meiner zahlreichen Vorgänger verschlungen haben. Vielmehr bemüht es sich, jenes Basiswissen zu vermitteln, das zur Teilnahme an einer Diskussion über den FCB befähigt. Einiges habe ich natürlich eben diesen Vorgängern zu verdanken, und wann immer mein nachlassendes Gedächtnis mich unsicher werden ließ, habe ich Daten und Zahlen bei Wikipedia nachgesehen. Da dieses lexikale Medium durch die Vielzahl der an ihm Beteiligten immer detaillierter und präziser wird, kenne ich kein anderes Nachschlagewerk, dem ich ähnlich unbedingt vertrauen würde. Absolute Sicherheit kann es aber auch nicht bieten.

Vor- und Frühgeschichte

»Weiter, immer weiter!«

Oliver Kahn

Im Gegensatz zu England war Fußball auf dem europäischen Kontinent lange Zeit kein Phänomen der Arbeiterkultur, sondern eher beheimatet im neuen Milieu der bürgerlichen Akademiker und der Angestellten in kaufmännischen oder technischen Berufen.

Englisch oder britisch war zu jener Zeit ein Synonym für »modern«. Aus England wurden Werte wie Fairplay und Toleranz importiert.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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