Geschichten und Sagen vom Rhein - Manfred A. Wagenbrenner - E-Book

Geschichten und Sagen vom Rhein E-Book

Manfred A. Wagenbrenner

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Beschreibung

Geschichten und Sagen vom Rhein Wer kennt ihn nicht, den Rhein, von seinem Ursprung bis hinab nach Basel, umgeben von der Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland und Frankreich? Doch wer kennt die alten Geschichten von Burgen, Schlössern, Klöstern, von Dörfern und Städten. Wer kennt die Erzählungen über seine Fischer und Bauern. Wer hat schon von den Fürsten, Rittern und Mönchen, die am Flussufer lebten, gehört. Geschichten, die diese Landschaft und die Menschen prägten? Geschichten aus einer Region, mit einer grossartigen Vergangenheit, die noch heute an vielen Orten sichtbar ist. Man muss nur genau hinschauen. Über 90 Geschichten habe ich in diesem Buch aufgeschrieben und durch, dazu passende, fantasievolle Illustrationen, ergänzt. Was liegt da näher, als auch die Speisen aus dieser Region in einigen Beispielen vorzustellen. Land und Leute prägen nicht nur den Menschen, sondern auch seine Esskultur. Ihr Manfred A. Wagenbrenner

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Mit jeder Quelle werden auch Landschaften und ihre Geschichten geboren Manfred A. Wagenbrenner

Inhalt

Vorwort/Karte

Der Rhein

St. Gotthard

Sedrun/Splügen

Disentis/Schams

Fardün/Domleschg

Ilanz

Thusis/Rhäzüns

Chur

Landqart

Mels

Sargans

Bad Ragaz

Wartau

Buchs

Rüti

Oberriet

St. Margrethen/Au/Dornbirn

Thal/Rorschach/Steinach/Goldach

Romanshorn

Güttingen

Münsterlingen

Kreuzlingen

Konstanz

Gottlieben

Ermatingen

Insel Reichenau

Gaienhofen

Höri/Wangen

Öhningen

Stein am Rhein

Diessenhofen

Schaffhausen

Neuhausen/Rheinfall

Waldshut-Tiengen/Hasel

Lauffenburg

Bad Säckingen

Rheinfelden

Basel

Basel/Lörrach/Mühlhausen

Kulinarisches aus der Region

Über den Autor

Vorwort

Wer kennt ihn nicht, den Rhein, von seinem Ursprung bis hinab nach Basel, umgeben von der Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland und Frankreich?

Doch wer kennt die alten Geschichten von Burgen, Schlössern, Klöstern, von Dörfern und Städten. Wer kennt die Erzählungen über seine Fischer und Bauern. Wer hat schon von den Fürsten, Rittern und Mönchen, die am Flussufer lebten, gehört. Geschichten, die diese Landschaft und die Menschen prägten?

Geschichten aus einer Region, mit einer grossartigen Vergangenheit, die noch heute an vielen Orten sichtbar ist. Man muss nur genau hinschauen und hinhören, denn viele Dialekte prägen die Menschen am Rhein (Beispiel Seite 34).

Über 90 Geschichten habe ich in diesem Buch aufgeschrieben und durch, dazu passende, fantasievolle Illustrationen, ergänzt.

Was liegt da näher, als auch die Speisen aus dieser Region in einigen Beispielen vorzustellen. Land und Leute prägen nicht nur den Menschen, sondern auch seine Esskultur.

Ihr Manfred A. Wagenbrenner

Der Rhein

Der Rhein besteht aus zwei Quellflüssen. Dem 75 km langen Vorderrhein, dessen Quelle der Tomasee, nahe dem Oberalppass bei Sedrun im Gotthardgebiet ist und dem 64 km lange Hinterrhein, der im Hochtal des Rheinwalds unter dem Rheinwaldhorn entspringt. Beide befinden sich im schweizerischen Kanton Graubünden.

Ab dem Zusammenfluss der beiden Quellflüsse bei Tamins-Reichenau, führt er den Namen Rhein.

Im weiteren Verlauf folgen der Alpenrhein, der Bodensee, bestehend aus Obersee, Seerhein und Untersee, den er durchfliesst, dem Hochrhein, dem Oberrhein, dem Mittelrhein, dem Niederrhein und dem Rhein-Maas-Delta.

Bei Bonaduz vereinigen sich Vorder- und Hinterrhein zum Alpenrhein. Auf der 86 Kilometer langen Strecke, fällt er von 599 auf 396 Meter Höhe. Der Rhein knickt bei Chur, der Hauptstadt Graubündens, nach Norden ab. Unterhalb von Chur ist sein Westufer schweizerisch und im Osten grenzt er an Liechtenstein und dann an Österreich.

Das in den Bodensee hineinreichende Rheindelta ist zwischen dem Alten Rhein im Westen und dem unteren Rheindurchstich im Osten, mehrheitlich Natur- und Vogelschutzgebiet.

Die Hauptströmung des Rheins verläuft entlang dem nördlichen, deutschen Bodenseeufer bis Hagnau, biegt dann nach Konstanz ab und wird im Konstanzer Trichter zum Abfluss in den Seerhein geleitet. Der vier Kilometer lange Seerhein verbindet den Obersee mit dem etwa 30 cm tiefer gelegenen Untersee, den der Fluss nun, begrenzt vom deutschen und schweizerischen Ufer, an der Reichenau vorbei, bis nach Stein am Rhein, durchfliesst.

Bei Stein am Rhein, am Westende des Untersees, beginnt der Hochrhein. Er fliesst im Gegensatz zu Alpenrhein und Oberrhein vor allem nach Westen und fällt dabei von 395 m auf 252 m ab.

Der Hochrhein bildet nun zwischen den schweizerischen Gebieten von Stein am Rhein, Schaffhausen und dem Zürcher Rafzerfeld bis zum Kanton Basel-Stadt, auf der ganzen Länge die Grenze zwischen der Schweiz im Süden und Deutschland im Norden.

Unterhalb von Schaffhausen liegt der Rheinfall, er ist der zweitgrösste Wasserfall Europas. Bei Rheinfelden erreicht der Rhein im St.-Anna-Loch eine Tiefe von 32 m.

Im Zentrum von Basel, der ersten Grossstadt am Laufe des Stroms, liegt das «Rheinknie», hier endet der Hochrhein.

Der Rhein

St. Gotthard: Vom deutschen Rheinstrom

Quelle: Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch.

Heilige Wasser rinnen von Himmelsbergen, singt die «Edda*», das uralte Götterlied, so auch der Rhein, des deutschen Vaterlandes heiliger Strom, rinnt vom Gottesberge (St. Gotthard), aus Eispalästen, aus dem Schosse der Alpen nieder, als Strom des Segens.

Schon die Alten sagten von ihm: die Donau ist aller Wasser Frau, doch kann wohl der Rhein mit Ehren ihr Mann sein.

Die Urbewohner der Stromufer erachteten seine Flut für als so wunderbar, dass sie ihr neugeborene Kinder zur Prüfung echter oder unechter Geburt übergaben. Rechtmässige Abkömmlinge trug die Stromflut sanft zum Ufer, unrechtmässige aber zog sie mit ungestümen Wellen und reissenden Wirbeln als ein zorniger Rächer und Richter der Unreinheit unter sich und ersäufte sie.

Durch Hohen Rätiens Alpentalschluchten stürzt sich der Rhein mit jugendlichem Ungestüm, frei und ungebunden, umwohnt von einem freien Bergvolk, das in Vorzeittagen hart lastende, schwer drückende Fesseln brach. Da zwang ein Kastellan auf der Bärenburg die Bauern, mit den Schweinen aus einem Trog zu essen, ein anderer zu Fardün trieb ihnen weidende Herden in die Saat, andere übten noch schwerere Frevel aus. Da traten Hohen Rätiens Männer zusammen, Alte mit grauen Bärten und hielten Rat im Nachtgrauen unter den grauen Alpen.

Auf einer felsenumwallten Wiese unfern von Tavanasa will man noch Nägel in den Felsenritzen erblicken, an welche die «Grauen», die Dorfältesten, ihre Brotsäcke hingen. Und dann tagten sie in Trun vor der St. Annenkapelle** unter dem freien Himmel, unter der grossen Linde, nach der Väter Sitte und beschwuren den Bund, der dem alten Land den neuen Namen gab, den Namen «Graubünden» und dass der Bund solle bestehen, solange Grund und Grat steht.

Kaiser Maximilian nannte scherzweise den Rheinstrom die lange Pfaffengasse, wegen der zahlreichen und hochberühmten Bistümer und Hochstifte an seinen Ufern und nannte Thur das oberste Stift, Konstanz das grösste, Basel das lustigste, Strassburg das edelste, Speier das andächtigste, Worms das ärmste, Mainz das würdigste und Köln das reichste.

*Die Texte der Edda sind die Vorlage fast aller überlieferten, germanischen Göttersagen.

**Die «Kapelle der heiligen St. Anna» ist eine Kapelle in der Gemeinde Trun in der Surselva im schweizerischen Kanton Graubünden.

Sedrun: Die Teufelsbrücke

Der enge Felsriegel oberhalb Göschenen versperrte seit jeher den Zugang zum Gotthard und damit den Übergang Richtung Süden. Immer wieder versuchten die Urner einen Saumweg durch die enge Schöllenenschlucht anzulegen und eine Brücke über die wilde Reuss zu schlagen, doch allzu oft waren die Säumer mit ihren Maultieren und Waren an den senkrechten Felswänden in die Tiefe gestürzt. Schliesslich rief ein Landammann ganz verzweifelt aus: «Do sell der Tyfel e Brigg bue!» (Da soll der Teufel eine Brücke bauen!) Kaum ausgesprochen, stand dieser schon vor der Urner Bevölkerung und schlug ihnen einen Handel vor. Er würde die Brücke bauen und als Gegenleistung wolle er die Seele desjenigen, der als Erster die Brücke überquere. Die Urner sagten zu und nachdem der Teufel die Brücke gebaut hatte, schickten die schlauen Urner einen Geissbock über die Brücke. Der Teufel war über diesen Trick sehr erbost. Voller Zorn zerriss er den Ziegenbock und holte einen haushohen Stein, mit dem er die Brücke wieder zerstören wollte. Da kam ein altes Mütterchen des Weges, erkannte ihn und ritzte ein Kreuz in den Stein. Als der Teufel das Zeichen Gottes sah, verwirrte ihn das so sehr, dass er sein Ziel verfehlte und der Stein landete im Tal, unweit von Göschenen, wo er seither als «Teufelsstein» liegt.

Splügen: Die Fenggin Madrisa

Auf den Saaser Alpen am Fuss des Madrisahornes hatte ein reicher Bauer eine Alp und schickte seinen Sohn hinauf, um dort im Winter mit den Kühen zu bleiben, solange der Heuvorrat reichte. Der junge Mann liess nichts von sich hören, so dass der Vater fürchtete, es möge ihm etwas schlimmes zugestossen sein und sich bei tiefem Schnee aufmachte, um nachzusehen. Er fand den Sohn mit der Sennerei beschäftigt und staunte über den reichen Vorrat an Milch, Butter und Käse und über das stattliche Aussehen des Viehs. «Wie kommt es», fragte er, «dass die Kühe so glatt und schön sind und Milch geben wie im hohen Sommer?» «Das macht meine Madrisa», sagte der Jüngling, «die hat Wurzeln und Kräuter gesucht, davon wird das Vieh so glatt und gibt so viel Milch.» «Wer ist das, deine Madrisa?» Der Bursch deutete in die halbgeöffnete Tür der Kammer, da lag auf dem Bett schlafend, ein Mädchen von wunderbarer Schönheit, dessen helle Haare bis zur Erde herabfielen. Ein Ruf des Erstaunens entfuhr dem Vater. Das Mädchen, das eine Fenggin war, erwachte, erhob sich und schritt auf die beiden zu: «Hättet ihr mich unerkannt und in Frieden gelassen, wäre es besser gewesen für euch und eure Herde. Ungern kehre ich aus der warmen Hütte zurück zu Wald und Fels, aber ich muss.» Leichtfüssig schritt sie über den Schnee hinweg und verschwand zwischen den Felsen.

(Fenggen sind hilfsbereite, liebe kleine Wesen, die Bauern und armen Leuten in der Not helfen.)

Disentis: Der Berggeist

Der Berggeist, Meister Hämmerling, allgemein Bergmönch genannt, zeigt sich zuweilen als Riese in einer schwarzen Mönchskutte. In einem Bergwerk erschien er oft und war besonders an Freitagen, sehr geschäftig und schüttete das ausgegrabene Erz von einem Eimer in den andern. Als einmal ein Arbeiter, zornig über dieses vergebliche Hantieren, den Geist schalt und verfluchte, fasste ihn dieser mit so grosser Kraft, so dass er ihm den Kopf verdrehte. In einer Höhle mit dem Namen Rosenkranz, hat er zwölf Bergleute während der Arbeit angehaucht, wovon diese tot liegengeblieben sind und die Grube ist, obgleich silberreich, nicht weiter abgebaut worden. Einmal hat er sich in Gestalt eines Pferdes mit langem Hals und furchtbar blickend gezeigt . Ein andermal ist er als ein schwarzer Mönch in der St.-Georgen-Grube erschienen, hat einen Bergknappen ergriffen, von der Erde aufgehoben und hoch oben in der Grube, die sehr silberreich war, so hart niedergesetzt, dass er diesem seine Glieder verletzte.

Schams: Johannes Chaldar

Im Bündnerland, im weidenreichen Tal Schams, sollen einst die Schlossherren der Bärenburg und von Fardün unmenschliche Bösewichte gewesen sein. Sie quälten das Volk, wie es ihnen beliebte und behandelten es aufs schändlichste. Aber die armen Leute nahmen es hin und duldeten es schweigend.

Doch einer war unter ihnen, der sich nicht alles gefallen lassen wollte. Er hiess Johann Chaldar.

Als der Herr von Fardün eines Tages zwei Rosse in seine Saat treiben liess, ergrimmte der Bauer so sehr, dass er die Rosse erschlug. Dafür musste er in Ketten im Burgverliess so lange schmachten, bis es den Seinen gelang, ihn mit einem grossen Lösegeld zu befreien.

Als nun Chaldar wieder friedlich bei seinen Lieben wohnte und eben in seiner Hütte mit ihnen zu Mittag ass, trat der Herr von Fardün herein. Alle begrüssten ihn ehrerbietig. Er aber sah hochmütig über sie hinweg, trat näher an den Tisch heran und spuckte ihnen in den Brei.

Da flammte Chaldars Zorn gewaltig auf. Er packte den Freiherrn im Nacken und stiess seinen Kopf in das heisse Mus hinein. «Nun friss den Brei, den du gewürzt hast»! rief er und schlug ihn nieder. Darauf rannte er aus der Hütte und rief das Volk auf, sich gegen die Tyrannen zu erheben.

Männer und Frauen bewaffneten sich darauf mit allem was sie hatten, rotteten sich zusammen und zogen schwer gerüstet mit Spiessen, Heugabeln, Sensen und Äxten, gegen die Burgen der übermütigen Regenten los. Die Raubhorste wurden eingenommen, zerstört und verbrannt. Die Edelleute wurden davongejagt und so hatte deren Herrschaft für immer ein Ende.

Der Berggeist

Fardün: Untergang von Plurs

Wenn man aus dem felsigen graubündnerischen Bergellertal hinaustritt und die Strasse nach Cleven nimmt, kommt man an der denkwürdigen Stelle vorbei, wo das Städtchen Plurs unter einem Bergsturz begraben liegt. In noch früheren Zeiten stand dort die Ortschaft Beifort, welche ebenfalls verschüttet worden war.

Plurs war ein reiches Städtchen und wo viel Geld und Gold liegt, da pflegt der Satan sich niederzulassen und seine Schlingen auszuwerfen. So kam es, dass sich die Einwohner von Plurs, dem Wohlleben und der Schwelgerei hingaben. Auch der Hochmut kehrte bei ihnen ein und die Eitelkeit und Ruchlosigkeit machte das Mass voll.

Es war an einem schönen Sommertag als eine Hochzeit in Plurs gefeiert wurde. Alle Eingeladenen erschienen in Samt und Seide und das Brautpaar war mit goldenen Ketten und mit Edelsteinen behängt und die Strasse bis zur Kirche war mit samtenen Teppichen belegt, über welche das Brautpaar zum Altar schritt. Nach der Trauung wurde von silbernen Tellern gespeist und aus goldenen Bechern getrunken. I m Saal erstrahlten die Wände von lauter Kostbarkeiten und aufden Tischen brannte Zimtrinde.

Nach der Tafel spazierte die hochzeitliche Gesellschaft längs der Maira entlang. Am Ufer hüpfte ein schneeweisses Lämmlein um seine Mutter. Da hatte einer aus der Gesellschaft die Idee, zur Ergötzung der Zuschauer, dem Lämmlein sein silberlockiges Fellchen abzuziehen. Gedacht, getan und in wenigen Minuten stand das blökende Lämmlein mit nacktem Fleisch da, taumelte noch einige Schritte vorwärts und fiel dann tot nieder.

Nicht einer aus der Gesellschaft versuchte die ruchlose Tat zu verhindern. Man kehrte zurück in das Städtchen und tanzte bis in die Nacht. Der Tanz war noch nicht zu Ende, da begrub der nahe Berg, unter furchtbarem Donner, das Städtchen mit Mann und Maus.

Domleschg: Der tote See

Im Domleschger Tal sieht man um einen ruhigen, stillen See von geringem Umfang, Reste von alten Mauern, Höhlen und Grotten, die ganz mit Schilf und Wasserpflanzen bewachsen sind und so den Anblick eines schwarzen und gleichsam ausgestorbenen Sees noch schauerlicher machen.

Hier stand einst ein reiches Zwingherrenschloss, dessen Bewohner die Gegend umher beraubten und die Menschen tyrannisierten. Einst liessen sie in den unterirdischen Gemächern einen Greis unschuldig schmachten. Dieser verfluchte die Ruchlosen und alsbald ist das Schloss mit den Tyrannen untergegangen und die Stätte hat sich in diesen See verwandelt.

Ilanz: Die Vuivra

Die «Vuivra» ist ein fliegendes Ungetüm, das eine Krone auf dem Haupt trägt, Feuer als Flügeln hat und am Körper einem Drachen gleicht.

Sie ernährt sich von Goldsand, den es auf dem Grund der grösseren Bergseen aufwühlt und verspeist.

Ist die Grundfläche des einen Sees ausgebeutet, erhebt sie sich aus dem Wasser in die Luft und eilt in schauerlichem Flug einem anderen See zu, um da wieder den Goldsand aufzufressen, den das Wasser, während ihrer Abwesenheit erneut ansammelte.

Es kann passieren, dass das gefrässige Ungeheuer, während einem kalten Winter, unter einer dicken Eisdecke eingeschlossen ist. Wenn ihr der Winter zu lange dauert und sie nur noch wenig Goldsand findet, wird sie böse. Sie schlägt dann vor Wut und mit unbändiger Kraft so heftig gegen das harte Eis, dass es unter lautem Donnern zerbirst und ringsum Berg und Tal davon erzittern.

Anstelle von Augen trägt eine Vuivra einen grossen Diamant oder Rubin auf ihrer Stirne, der sie sehend macht und durch die Luft führt. Sie entfernt ihn nur beim Baden und ist währen dessen blind und vor Dieben ungeschützt.

Besitzt ein Dieb den Augenstein einer Vuivra, erlangt er Reichtum und Glück.

Der Rat des wilden Mannes

Einst fing man einen grossen Bären, der viel Schaden verursacht hatte. Man wollte ihn dafür grausam bestrafen, um an dem wilden Brummer für immer ein Exempel zu statuieren.

Da trat ein wildes Männlein unter die Versammlung und sagte: «s grusigst ist, lant e hürotha» (das grausamste ists, wenn ihr ihn heiraten lasst). Das verursachte ein grosses Gelächter unter den Versammelten, der Bär wurde dennoch bestraft, doch die Aussage des wilden Männleins, wurde von nun an im Munde des Volkes ein Sprichwort.

Die Zwerge auf dem Felsstein

Es war der Zwerglein Gewohnheit, nachdem sie im Haus und Hof alles geputzt und im Stall das Vieh gefüttert hatten, sich auf einen grossen Felsstein zu setzen und von da aus, den Bauersleuten beim Heumachen, zuzuschauen.

Aber ein paar Knechte, denen der Schalk im Nacken sass, machten, bevor die Zwerglein kamen, Feuer auf dem Stein, liessen ihn glühend werden und fegten dann alle Kohlenreste hinweg.

Als nach getaner Arbeit, das winzige Volk zum Stein kam, setzte sich darauf und verbrannten sich jämmerlich. Voller Zorn riefen die Zwerglein: »O böse Welt, o böse Welt!« und verschwanden auf ewig.

Thusis: Der Schatz auf der hohen Rialt