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Mit Zuversicht das Wagnis des Glaubens eingehen
- Kraft schöpfen aus einem Glauben, der den Verhältnissen unserer modernen Welt entspricht
- Ein bibliophil anmutendes Lesebuch
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Seitenzahl: 54
Vor einigen Jahren habe ich das Buch »Wer glaubt, kann vertrauen« herausgebracht. Die Diskussion darüber ging inzwischen weiter. Dabei kam die Meinung auf, ich solle doch Dasselbe noch einmal sagen, gekürzt und mit der Zuspitzung auf den geistlichen Gewinn, den es bringen könne, wenn einer es mit dem christlichen Glauben versucht. Dabei sei vor allem an die zu denken, die sich mit dem Glauben schwer tun, um zu zeigen, was dem Verfasser im Laufe seines langen Lebens hilfreich gewesen sei. So wird nun an Stelle einer weiteren Auflage jenes ersten Buches eine veränderte Neufassung und im Kern ein neues Buch angeboten. Ein Teil des Textes ist in Verszeilen gesetzt; das sind die Stücke, die sich für ein langsames Meditieren besonders eignen.
Vielen geht es so. Und es mag sein, dass es auch dir unbehaglich wird, wenn einer vom Glauben spricht. Es mag sein, dass du es vorziehst zu sagen: Ich halte mich an das, was ich sehe. Glauben ist mir zu unrealistisch.
Aber könnte es nicht sein, dass viel in unserer Welt wirklich ist, das du nicht sehen kannst? Und heißt denn »glauben«, dass einer etwas Unvernünftiges für vernünftig hält, weil er seinen Verstand nicht gebrauchen will? Oder dass er etwas Ungewisses hinnimmt, weil er nicht genau denkt? Oder heißt es nicht eher: dass er weiterdenkt, wenn andere zu denken aufhören?
Er träumt ja nicht von einer jenseitigen Welt, weil er mit der hiesigen nicht zurecht kommt, er sucht vielmehr nach dem Zusammenhang dessen, was er sieht, und dem, was er nicht sehen und wissen kann, nach dem Ganzen des Daseins also und seinem Sinn.
Er klammert sich nicht deshalb an Ereignisse und Meinungen von gestern, weil er mit der heutigen Welt nicht zurecht kommt. Er hat aber verstanden, dass wir Heutigen keineswegs alle Wahrheit neu erfinden müssen, und nimmt ernst, was Menschen vor ihm erfahren und gedacht haben und was sie vermutlich in einer fernen Zukunft noch finden und denken werden. Und er nimmt dabei das auf, was wir heute neu finden und denken – und glauben – müssen.
Wenn du bereit bist zu glauben, wird deine Welt größer, und im Vertrauen auf viele Kräfte, von denen du weißt, kannst du vertrauen, auch wo du nichts siehst. Du kannst deiner Sache sicher sein, auch wenn du keine Beweise hast. Du siehst offenen Auges in eine Welt der unübersichtlichen Tatsachen und weißt dabei, dass du geführt wirst. Du kannst darauf vertrauen, dass dein Leben gelingen und zu einem guten Ende führen wird, auch wenn du das nicht erzwingen kannst. Denn dein Glaube ist nicht der Traum, der dir dein Leben leichter macht, sondern die Grundlage für ein Leben, das diesen Namen verdient. Glauben heißt, im Schutz einer Macht zu stehen, die wir Gott nennen.
Vielleicht erlebst du irgendwann, dass alle deine Hoffnungen scheitern, dass dir alles, was dir wert und lieb ist, zwischen den Fingern zerrinnt, dass dir alles misslingt, was du doch so gut gemeint hattest. Dann heißt glauben darauf vertrauen, dass es neue Anfänge gibt, auch für ein gescheitertes Leben.
Wenn du glaubst, gehst du deinen Weg und machst deine Erfahrungen. Und du bewahrst sie. Du schaust auf das schon gegangene Stück deines Weges dankbar zurück. Du schaust mit Vertrauen auf das kommende. Du weißt, dass der ganze Lauf deines Lebens in einer guten Hand bewahrt ist. Du lässt dir von Sorgen und Ängsten nicht den Mut abkaufen. Du bewahrst deine Leichtigkeit und deinen Humor, wenn du sagen willst, was groß und was klein ist, wichtig und unwichtig.
Glauben ist eine Kraft, die alles weckt, was das Leben lebendig macht. Mir ist einfach wichtig, ob in mir etwas Lebendiges ist. Ob sich in mir noch etwas sehnt. Ob ich noch Träume und Hoffnungen und Zukunftsbilder habe. Ob in mir noch etwas brennt wie ein Feuer. Oder anders gesagt, ob meine Seele noch Flügel hat. Ob ich mich noch freuen kann, ob ich staunen, ob ich von Herzen an etwas teilnehmen kann. Ob ich mich frei fühlen kann und tun, was jetzt getan werden muss. Mir ist wichtig, wie und was und an wen ich glaube.
Das war, als ich zwanzig war. Damals war ein Krieg. Eine Zeit, in der alles vor die Hunde ging, was wir als ein gutes bürgerliches Leben kannten, meine Freunde und ich. Und in der wir gezwungen waren, darüber nachzudenken, was denn an dem christlichen Glauben »dran« sei, den wir gelernt hatten. Wer steht denn dafür gerade, so dachten viele in der damaligen Zeit, dass das wahr ist, was wir glauben sollen? Dass das alles nicht unsere Phantasie ist, unsere Wunschvorstellung? Denn damals wie heute steht fest: Was wir über Gott und die Welt, über Leiden und Katastrophen, über die Zukunft und ihren Sinn denken und glauben wollen, können wir nicht einfach den Meinungen unserer Zeit entnehmen, und wir können es auch nicht selbst und allein erfinden. Wer das meint, überschätzt sich. Was wir uns an der Grenze zu den unsichtbaren
Wirklichkeiten, zu den hintergründigen Kräften in unserer Welt ausdenken, wird immer schmal und ungenau sein, einseitig und wahrscheinlich falsch.
Wir bringen uns nicht selbst zur Welt. Wir erhalten uns nicht selbst am Leben. Wir lernen beinahe alles, was wir wissen und können müssen, von anderen. Was wir denken, knüpft fast immer an Gedanken an, die andere vor uns gedacht haben. Woher also nehmen wir die Gedanken, mit denen wir unserem Leben auf den Grund gehen wollen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, am Ende zu sehen: Wir sind hereingefallen?