Heilfaktoren im Sozialtherapeutischen Prozess - Ralph Melas Große - E-Book

Heilfaktoren im Sozialtherapeutischen Prozess E-Book

Ralph Melas Große

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Beschreibung

Beiträge zu einem betreuerisch und therapeutisch würdevollen und fachgerechten Umgangvon Betroffenen der Sucht- und Sozialtherapie unter meditativ-erarbeiteten menschenkundlichen Gesichtspunkten. Das Buch wendet sich insbesondere an Mitarbeiter humanistisch oder im Sinne der anthroposophischen Sozialkunde geführter Einrichtungen, Schulen und Bildungsstätten

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Beiträge zu einem betreuerisch und therapeutisch würdevollen und fachgerechten Umgang von Betroffenen der Sucht- und Sozialtherapie in anthroposophisch orientierten Helferzusammenhängen unter meditativ-erarbeiteten menschenkundlichen Gesichtspunkten

Aufsätze zur Suchtfrage unter meditativ-erarbeiteten menschenkundlichen Gesichtspunkten

Teil I : Die „Mission des Alkohols“, - oder „die Krankheit des Ich“ und das“Ich der Krankheit“

Teil II: Die komplementären bildschaffenden Übungen und Ausübungen des Therapeuten als Schritte zu einer angemessenen Beziehungsfähigkeit

Teil III: Heroin - und das menschliche Bewußtsein - auf dem Hintergrund der allgemeinen Suchtproblematik

Teil IV: Die drei moralischen Kreuzigungen des Sozialtherapeuten ...und eine vierte, - die Kreuzigung des Suchttherapeuten - und die Suche nach ihren makrokosmischen Urbildern

Teil V: Die „innere Auftragslage“ des Therapeuten

I.

in der Suchtarbeit

II.

in der Sozialarbeit allgemein

Nachwort(e)

Ralph Große,Berlin,HIRAM-HAUS,

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Die folgenden Arbeiten sind Ausarbeitungen von Referaten bzw Vorträgen, die anläßlich des intersektionären Drogenkolloquiums in Dornach (Teil I), in der Akademie für Sozialtherapie in Wuppertal (Teil II), anläßlich eines Treffens der Internationalen Vereinigung für anthroposophische Suchttherapie (IVEAS) in Montreux (Teil III) und im Hiram Haus in Berlin (Teil IV und V) gehalten worden sind.

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Die „Mission des Alkohols“, - oder „die Krankheit des Ich“ und das „Ich der Krankheit“

Eigene biographische und therapeutische Erfahrungen sowohl im Umgang mit Alkoholkranken als auch mit langjährigen Drogen-“usern“, veranlassen mich in bezug auf einige wesentliche Aspekte der Krankheitserfassung, des unmittelbaren therapeutischen Umganges und der gesundheitsorientierten Zielsetzung , bei der Alkoholtherapie Wege einzuschlagen und auch hinzudeuten auf therapeutisch auszubildende Fähigkeiten , die sich graduell oder sogar bedeutend unterscheiden können von jenen, die bisher erfolgreich in der allgemeinen Drogentherapie angewendet werden.

Bei fast allen Rauschdrogen, welche originär oder als Derivat aus dem Bereich der pflanzlichen und parasitären alkaloidhaltigen Naturwesen in den zeitgenössischen Gebrauch und Mißbrauch gelangen, können wir eine retrograde Wirkung auf das heutige sogenannte tageswache, gegenständliche Bewußtsein feststellen. Sowohl bei Drogen der Opiatgruppen, als auch bei den Halluzinogen, wird der Mensch „biochemisch aufgefordert“, eine Reise zu unternehmen in evolutiv lang-vergange Bewußtseinszustände. Dabei findet eigentlich immer eine Lockerung , ein Exkarnieren und „Verschieben“ einzelner oder mehrerer Wesensglieder statt und Erlebnisse treten auf, welche der Ich-Geschlossenheit, der Ich-Herrschaft und der Ich-Beziehungsfähigkeit sowohl gegenüber den eigenen Seelen- und Leibeskräften , als auch gegenüber den Weltverhältnissen entbehren.

Die Erlebnisse selber bezeugen jedoch, daß neben dem Sinnesbewußtsein, dem Traum- und Schlafbewußtsein, noch andere Arten der Selbst- und Weltbegegnungen möglich sind und daß die heutige „normale“ Bewußtseinskonstitution, die das menschliche Erleben in Sinnesanschauung und Begriffs- und Vorstellungsschaffen wie in zwei nicht durch sich selbst zueinander findende Weltgebiete teilt, nur ein Spezialfall aller Konstitutionen zu sein scheint. In diesem Sinne ist die Rauschdroge - solange selbstverständlich die Sucht- und Abhängigkeitsfrage unberücksichtigt bleibt - ein Indikator für übersinnliche Daseinserlebnisse. Als solcher ist sie auch unter sozio-kulturellen und anthroposophisch-menschenkundlichen Gesichtspunkten untersucht und ihre Phänomene beschrieben worden. Signifikant scheint dabei jeweils zu sein, daß die Rauschdroge den Menschen veranlaßt, seine gegenwärtige Inkarnation tendenziell zu verlassen in die Richtung eines Selbst- und Welterlebens, welches ihm in früheren Erdenzuständen angemessen war, ihn heute jedoch seinem Wesensgliederaufbau und seinem karmisch gerechtfertigten Wahrnehmungs-, Erkenntnis-und Wirkenskreis entfremden muß.

Das Alkohol-Wesen unterscheidet sich in grundlegenden Aspekten von vielem, was man vom Drogen-Wesen sagen kann. Wenn wir von der vielzitierten evolutiv-gerechtfertigten Mission des Naturalkohols sprechen, dann besteht sie ja hauptsächlich darin, daß für einen bestimmten menschheitsgeschichtlichen Zeitraum der einzelne Mensch und menschliche Gemeinschaften nach drei Richtungen hin von aller übersinnlichen Erlebnisfähigkeit abgeschnitten werden sollten :

von der Richtung des Gegenwartserlebens in Zeit-und-Raum nach jener zur Wahrnehmung der wiederholten Erdenleben und des Schicksals-Verlaufes

von der Richtung des punktuellen Ich-Erlebens nach jener zu der wahren „

Gestalt des Ich

“, die zwischen Geburt und Tod als geistige Realität west im gesamten Sinnes-Umkreis

Von der Richtung des „

Geworfenseins

“ in die existentiellen Abhängigkeiten leiblicher Verhältnisse nach jener zum wissenden Gewahrwerden der eigenen Geistigkeit und der Wirklichkeit der geistigen Wesenheiten , die in der Welt des Schlafes sowie in der vorgeburtlichen und nachtodlichen Welt des Menschen Genossen ebenso sind, wie während des Wachlebens die Wesenheiten der Naturreiche.

Wir können auch angeben, über welchen Zeitraum diese Mission notwendig war und warum mit ihr das möglichst vollständige „Vergessen“ aller geistigen Herkünfte und Beziehungen einhergehen mußte: Die Mission ging vom Jahre 3001 vor der Zeitenwende, dem Beginn des Kaliyuga bis zu dessen Ende, dem Jahre 1899, mit einer Übergangszeit von 1o Jahren, bis zum Jahre 1909, seit der Christus im ätherischen Gewande eines Engels sich sowohl dem sinnlichen und übersinnlichen Erleben des inkarnierten Persönlichkeitswesens , als auch der geistwesenden Entelechie als gerechtfertigter gemeinsamer „Schwerpunkt“ zur freien Verfügung stellt. Vorher war dieser Schwerpunkt kein gemeinsamer, sondern vielmehr ein solcher, der um so eindeutiger im außerleiblichen Erleben lag, desto weiter wir geschichtlich zurückgehen, und der umso eindeutiger im Leibverhafteten lag, desto weiter zur Gegenwart hin wir die Menschheitsgeschichte durch die Kaliyugazeit in Betracht ziehen.

In der „Hochzeit zu Kanaa“ dokumentiert der Christus-Jesus, daß er voll und ganz rechnet mit den menschenkundlichen Notwendigkeiten der damaligen Gegenwart und zelebriert die alchymische Umwandlung von „Wasser“, dem geistgeneigten Lebenselement, in den „Wein“, dem Element, was der Mensch aus den Sonnenkräften irdisch gemacht hat und was sein Selbst- und Welterleben aus den Geistzusammenhängen des Kosmos herausreißt. Dadurch zwingt er auch gewissermaßen die anwesenden Menschen, sich ihm unmittelbar so gegenüberzustellen, wie er anwesend ist ausschließlich durch seine leibliche Jesus-Gegenwart, ohne daß sie Rücksicht nehmen können auf die gewaltigen göttlichen Dimensionen seiner gesamten Christus-Wesenheit. Diesen nackten , geistunbekleideten Ich-Aspekt dokumentiert er auch in der direkten Ansprache an die „Mutter-Jesu“:

„Weib, beachte, was da wirket zwischen Dir und mir“, das heißt : „achte nicht auf das, was da war und sein wird, ob sichtbar oder unsichtbar, sondern nur, was von mir zu Dir in Dein Gegenwartsbewußtsein im Leibe durch die Sinne von mir eintritt. Finde Deinen Schwerpunkt in der Freiheit von allem Göttlichen, das Dich bisher getragen hat. Erkenne in der Intuition der Ich-Du-Begegnung inmitten unendlich mannigfaltiger Einsamkeits- und Todesmöglichlichkeiten, daß Du etwas im Ich impulsieren mußt, um Dich aufrechterhalten zu können im Bewußtsein des eigenen und des fremden Wesens.“

Im Zusammenhange mit dem Wein stellt er die Mutter-Jesu, die ja niemand anderes ist als das Realsymbol für die karma-tragende und karma-suchende Menschenseele, vor die Notwendigkeit, eine schöpferische Kraft aus sich selbst „wie aus dem Nichts“ zu gebären, welche in Freiheit fähig wäre, die Abgründe der geistentblößten Einsamkeit zwischen sich und ihm zu überbrücken. Das ist aber keine andere Kraft als die der Liebe. Die individualitätsimmanenten Kräfte der Freiheits- und der Liebefähigkeit konnten menschheitlich nicht anders von der Erdenpersönlichkeit errungen werden als durch die Hilfe, die der Alkohol bieten konnte.

Nur 3,3 Jahre später, unmittelbar vor seinem Tode, findet sich das prophetische Urbild - welches in der Gegenwart seit 1909 in die Abbildfolge getreten ist - im Abendmahlsgeschehen.

Der Christus-Jesus weist nunmehr ausdrücklich darauf hin, daß die Aufgaben, Freiheits- und Liebesfähigkeit auszubilden, vom Wein übergehen in die unmittelbare Vereinigung mit den Wesenskräften des ICH-BIN des Christus selbst. Der Wein, ohne diese Wesenskräfte, befreite den Menschen von der Göttlichkeit, der er seine Herkunft verdankt. Dadurch wurde der Wein als Repräsentant aller alkoholischen Getränke zum geeigneten Ferment der irdischen Persönlichkeitsentwicklung. Die Persönlichkeit lernte lieben, das was neben und unter ihr ist. Aber die Persönlichkeit vermochte nicht, durch die Gaben des Weines die Liebesfähigkeit in Freiheit nutzbar zu machen für die Zeit des Schlafes und der nachtodlichen Sphären, also nicht für das, was nicht neben und unter, sondern über ihr ist. Über ihr ist ja während der gesamten Abfolge der einzelnen Erdenläufe die Geistgestalt ihrer Entelechie, die darauf wartet, vereinigt zu werden mit den Resultatsfähigkeiten der Persönlichkeitsentwicklung. Die Keime für Manas, Buddhi und Atma werden jedoch mikrokosmisch entwickelt von „unten nach oben“. Das heißt, die Entelechie ist direkt darauf angewiesen, daß die Persönlichkeit freiwillig und selbsttätig die „Wahrheit erkennt, die sie frei macht“, daß sie die Wahrheit „freit“, welche in der Entelechie west. Liebes- und Freiheitsfähigkeit, die nicht anders als eine Zeit lang ohne diese Hinwendung an die Entelechie entwickelt werden konnten, waren und sind immer in der Gefahr, gebunden zu bleiben an das leibesgestalt-orientierte Bewußtsein zwischen Geburt und Tod.

Im Christus-Jesus tritt zum ersten mal ein Wesen in den irdischen Zusammenhang, das aus sich selbst heraus diese Fähigkeiten durch den Tod hindurch tragen kann. Und zwar zusammen mit der menschlichen Gestalt, die der Persönlichkeit gleichermaßen ein Haus sein kann, wie der Entelechie. Darauf wollte er beim Abendmahl hinweisen:

„Verbindet ihr Euch in Liebe und Freiheit mit dem ICH-BIN, dann werdet ihr Freiheits- und Liebefähigkeit aufrechterhalten können auch außer dem Leibe gegenüber der geistigen Wesenswelt.“

Er weist also durch Wein und Brot und durch Blut und Fleisch hindurch auf eine reine Intuition,die im ICH(Gottes)-BIN(Mensch) um genau das Maß eine ichverträgliche Einswerdung mit dem Göttlich-Schöpferischen bewirken kann, um das der Wein eine Abschnürung von demselben bewirken muß.

Konsequenzen für den therapeutischen Prozess

Wie der Begriff des „gemeinsamen Schwerpunktes“ nahelegt, muß dieser einer sein, der nur im Erreichen einer Gemeinsamkeit seine Wirklichkeit und seine Wirksamkeit findet. Daß der Alkohol, dem subjektiven fühlenden Erleben nach, Gemeinsamkeiten zwischen Menschen hervorruft, die ihn zur gemeinsamen Grundlage ihrer Begegnungskultur zeitweise und langfristig wählen, ist unbestritten. Bis in die physiognomischen und gestischen Ausdrucksformen hinein macht der Alkohol eine Ansammlung angetrunkener Menschen „gemein“. Es ist jedoch augenscheinlich, daß der ganze Mensch, als horizontales und vertikales Beziehungswesen, nicht in diese äthernolgetragene Begegnungskultur hineingelangen kann und daß er sich nicht neben diesen alkoholindiziertenGemeinsamkeitsmerkmalen seiner selbst bewußt bleiben kann.

Unter der Prämisse, daß es in der unmittelbaren zeitgeschichtlichen Gegenwart unbedingt notwendig für das volle menschenwürdige Darinnenstehen in den Weltverhältnissen geworden ist, seinen Wesensschwerpunkt physich-lebendig ebenso zu finden wie seelisch-geistig , muß ich das Wesen des Alkohols heute anders anschauen, als ich es mußte für die und während der Inkarnationen, welche von mir und meinen karmischen Genossen zwischen dem Beginn und dem Ende des Kaliyuga-Zeitraumes durchlebt wurden.

Das Wesen der vollständigen Gemeinsamkeit, das sich in-Beziehung-setzen-können vor, während und nach einer Begegnung, wird sich mit Hilfe des Alkohols nicht hervorbringen lassen, da die „horizontale“ Begegnung des inkarnierten Persönlichkeitswesens mit einem anderen sich „vertikal“ spiegeln will in dessen Höherem Wesen. Dieses wird jedoch verdunkelt durch die Äthernolwirkung und anstelle dieser Spiegelung tritt eine andere auf , die darin besteht, daß das „sterbliche Bild“ des Gegenübers, das Gewordene, das aus Vergangenheitskräften gewobene Resultatsbild mich unverwandelt und unerlöst zurückspiegelt. Unter Alkoholwirkung findet ein wechselseitiges „Einfrieren“ des leiblich-seelisch-geistigen Schicksalsprozesses bei der Begegnung statt. Anstelle von Gemeinsamkeit tritt eine Art „Verdoppelung“ der eigenen leiborientierten Persönlichkeit auf , die sich einkleidet in die Offenbarungsphänomene der anderen.

Bei aller Verschiedenheit der individuellen Mißbrauchs- und Abhängigkeitsentwicklung, die ja so mannigfaltig tatsächlich sein kann, so mannigfaltig es Stoffwechsel- und Temperaments-Einseitigkeiten, seelische Gründe, sozialisierungsbedingte Einflüsse und direkte karmische Impulse gibt, die den Weg in die Hingabe an den Alkohol bewirkten oder begünstigten, so eindeutig steht jedoch eine gemeinsame defizitäre Wirkung fast allen Erkrankten „an der Stirn geschrieben“ :

„Der Alkohol hat mir letztendlich nicht das gegeben, was er mir versprochen hat!“

Man kann bei jedem Klienten herauslesen, was das ist. Dem zu stark Exaltierten und Exkarnierten versprach er die Wärme-Höhle, den Ruhe- und Schutzraum, die wohlige Einsamkeit. Lange Zeit konnte er sein Versprechen halten. Bei Absetzen des Alkohols jedoch, etwa nach 3 ½ Tagen, trat das Empfinden auf, nun „keine Haut“ mehr zu haben und in ein eisiges Feuer gnadenloser Angriffe auf das Bewußtsein geraten zu sein. Dieses erlebt sich nun als eine einzige unendlich differenziert-schmerzende Wunde. Innen und Außen verlieren ihre Übergänge.

Dem Gehemmten und in-sich-Gefangenen versprach es manisches Einswerden mit Ideen, Menschen, Tätigkeiten und Prozessen. Auch dieses Versprechen wurde auf lange Zeit eingelöst. Wiederum, nach etwa 3 ½ Tagen bei Absetzen des Alkohols, trat jedoch das Empfinden auf : da draußen, irgendwo, weit im Raume und in der Zeit von mir entfernt, war ich selbst und waren die Menschen. Und das angstkonzentrierte Einsamkeitserlebnis wird nun begleitet von dem Zwangsgedanken, nur noch eine Erinnerung an sich selbst zu sein. Die Übergänge der verschiedenen Zeitgestalten - gestern - jetzt - zukünftig - gehen verloren, da sie nicht mehr auf das eigene Wesen bezogen werden können.

Im Wesentlichen reihen sich alle Klienten zwischen diesen Polaritäten ein. Der Alkohol ist ein Meister des „Mimikry“ bezüglich der passenden Primärwirkung auf die karmisch-biographisch-vorhandenen Wünsche des Menschen. Er ist jedoch ebenso ein Meister der Spätwirkung, durch die er seine eigenen Primärwirkung vollständig polarisiert und die Wünsche des Menschen, der glaubte mit Hilfe dieses Doppelmeisters sie erfüllen zu können für seine Daseinsbewältigung, vollständig demaskiert und ad absurdum führt.

Wird der Alkoholabhängige - wie man in Betroffenenkreisen sagt - nun „trockengelegt“ , dann ist er meist im geisteswissenschaftlich-aufgefaßten Sinne auch bezüglich seines ätherischen Gesamtorganismus geschädigt, denn der physische Leib wurde durch die Alkoholwirkung dehydriert. Damit wird er aber unfreiwillig an eine ähnlich existentielle Todesschwelle nahe herangeführt , wie freiwillig der Initiat der vorderasiatischen vorchristlichen Einweihung. Auch beim 3 ½ tägigen „Tempelschlaf“ bestand tendenziell und potentiell immer die Gefahr, daß das seelisch-geistige Wesen, welches sich außerhalb des Leibes befand, durch eine Unachtsamkeit des Initiators beim Überwachen der zwei unteren Leibeshüllen oder durch eine von diesem beim Initiaten übersehende Unreife, nicht wieder zurückkehren konnte, so daß der ätherische und physische Leib sich dann hätten zersetzen müssen.

Dieses Zersetzen ist auch dem Alkohol wirkungsgemäß. Wir sprechen nicht umsonst bei ihm von einem vorzüglichen „Lösungsmittel“. Ein Blick auf die anthropologische und psychologische Signatur der verschiedenen Verlaufsphasen der Abhängigkeitserkrankung unter Alkohol läßt ahnen, daß durch ihn grundlegende Veränderungen innerhalb des menschlichen Wesensglieder-Zusammenhanges hervorgerufen werden.

Wenn wir einem chronisch Alkoholkranken begegnen, den wir bereits aus der Zeit vor der Abhängigkeit kannten, und ihm in das Antlitz schauen, müssen wir feststellen: es hat sich 1) dieser uns bekannte Mensch und 2) das Menschliche überhaupt zurückgezogen aus seiner Physiognomie. Und diese Tatsache möchte bei uns selber die Schamröte in das Antlitz treiben.

Warum hat sich der menschliche Ausdruck zurückgezogen? Warum schämen wir uns? Diese Fragen sind nicht außerhalb einer meditativ zu übenden menschenkundlichen Auseinandersetzung mit dem Thema zu beantworten. Rudolf Steiner führt in dem 4.Vortrag des Zyklus „Anthroposophie“ vom 27.1o.1909 in Berlin dem Sinne nach aus :

Das menschliche Antlitz ist nicht anders zu verstehen, als daß es angeschaut werden müsse in seinem Zusammenspiel von Empfindungsseele, die von innen her strömend drückt und dem Empfindungsleib, der von außen dagegenbrandet. Daher ist es naheliegend anzunehmen : Würde einer von beiden über den anderen dominieren, oder durch eine außer ihnen liegende Ursache geschwächt bzw geschädigt, so würden wir beim Betrachten den Eindruck gewinnen : Es ist kein menschliches Antlitz mehr. Der Anblick wird entweder dämonisch oder maskenhaft sein. Dämonisch im Falle einer Prädominanz der Empfindungsseele. Maskenhaft, wenn der Empfindungsleib prädominiert. Physischer Leib und Ätherleib spielen im Hauptesausdruck individualisierender menschlicher Offenbarung nicht die eigenständige Rolle, die sie für die Form bestimmter Rumpforgane spielen, z.b. für das Herz, wo sie zusammen mit dem Astralleib alleine die 4 Herzkammern ausformen.

Der akut-äthanol Intoxikierte zeigt jedoch dieses Dämonische eindeutig. Wir können objektiv den Eindruck haben : die Persönlichkeit vermag sich nicht mehr selbst zu offenbaren im seelischen Ausdruck der Antlitzbildung. Die Haut wird gesprengt von innen. Eine unindividuelle emotionale Kraft beginnt einen Prozess der Entgrenzung, der ganz ähnlich in Erscheinung tritt, wie der Gärungsprozess in der Weintraube, die der Winzer vergessen hatte von dem Rebstock abzuernten. Bevor diese ganz astralisch und selbstempfindend werden könnte, ist sie zerstört. Ihre Form ist aufgebrochen, ihre Substantialität ist destabilisiert, und ihre Chemie ist aus dem Organischen in das Unorganische herabgestoßen. Sie ist ein un-unterscheidbarer Teil des gesamten Erdenleibes geworden.

Die Pflanze gibt Gelegenheit in der gärenden Frucht, Astralisches, aber auch Welten-Sonnen-Ich-Kraft im Licht und in der Wärme wirksam, hereinzuziehen in ihr Inneres. Der Mensch gibt Gelegenheit durch das Maß an zugeführtem Natur-Alkohol, das die Abwehr- bzw Überwindungskräfte der Leber gegenüber den metabolischen Giftstoffen übersteigt, sein bereits evolutiv hochwertig organisierendes Astralisches herauszustoßen und mit ihm die Lebensprozesse zu ertöten. Die „feindlichen Brüder“ : Leben und Bewußtsein, die seit dem Beginn des inkarnativen Erdenweges der Menschheit innerhalb der Gesamtorganisation des Leiblich-Seelischen aus höchster Weisheit in ganz bestimmter differenzierter Dynamik zueinander gehalten worden sind, werden „aufeinandergehetzt“, und zwar auf dem Schauplatz der einzelne Organe selbst. So wird z.B. die Leber gezwungen, sich selbst zu „entleben“, indem sie zum Zeugen ungerechtfertigter Bewußtseinsprozesse wird. Der Alkohol, der nicht abgebaut werden kann, wenn er quantitativ zu mächtig heranspült, „weiht die Leber ein“ mit Welten-Inspirationen und Welten-Imaginationen in natur-geistige Weltenmächte, die für außermenschliche Bildungen evolutiv gerechtfertigt sind, das Menschen-Innere jedoch sprengen müssen.

Die Frage nach dem Grund, warum „normal empfindsame„ Menschen sich schämen, wenn Sie - soweit sie selbst nüchtern sind - einem stark äthanol-intoxikierten Menschen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, muß moralisch und physiologisch zugleich beantwortet werden. In dem menschlichen Antlitz verkörpert sich mit der Empfindungsseele einerseits die jeweilige Persönlichkeit dieser Inkarnation, aber gleichwohl auch die gesamte Weltvergangenheit des Menschheit-Werdens. In der Dämonisierung des persönlichkeits-tragenden Antlitzes „schlägt“ der Alkohol ebenfalls dieser Weltvergangenheit und den kosmisch-göttlichen Opfer-Bilde-Kräften des Welten-Umkreises „ins Antlitz“. Der das fühlend wahrnehmende Mensch kann gar nicht anders, als selber seiner Ich-Organisation den Impuls zu geben, auf den Strömen der eigenen Empfindungsseele an die Perepherie seiner Hautblutgefäße hinzuströmen - eigentlich von der Richtungsgeste darüber hinaus zu strömen, hin zu dem sich entmenschlichenden Phänomen, um dort die Menschheit heilend zu etablieren. Die irdischen Gegenwartsverhältnisse lassen das jedoch nicht zu; der eigene Empfindungsleib bildet ja die Grenze; und so bleibt es beim subjektiven Schamgefühl und bei der objektiven Schamröte.

Beim Antlitz also verkörpert sich in der Empfindungsseele primär die Persönlichkeit. Durch dieses Seelenglied offenbart sich die Persönlichkeit in Blick, Mimik, Physiognomik. Im Inkarnat wird die besondere Verbindung des gegenwärtigen Persönlichkeits-Wesens mit der ewigen Entelechie einerseits und die Verankerung beider in der gegenwärtigen physisch-ätherischen Leiblichkeit andererseits offenbar. Wir sprechen von einem persönlichen Menschen jedoch nur, wenn sein Ausdruck „aktiv gehalten“ wird von der dahinterstehenden Individualität (Entelechie). Würde die Individualität gehindert werden an diesem „aktiven Halten“, müßte die Persönlichkeit sofort ihren Weg nehmen in die Richtung der mannigfaltigen räumlichen und zeitlichen Orte, aus denen heraus sie im Verlaufe ihrer gegenwärtigen Inkarnations-Biographie gebildet wurde. Sie würde - mit anderen Worten - „zum Gespenst ihrer selbst“ werden müssen, da die ehemaligen Bilde-Orte zwar einstmals waren, aber nun nicht mehr sind.

Mit unzähligen Bildemarken ist die Persönlichkeit wie magnetisch verbunden. Sie ist ja gewissermaßen das Kind von irdischer Biographie und himmlischer Entelechie. Aus der genetischen Fixierung, den Sozialisationsprägungen und den karmischen Ereignissen wird sie herausgeboren. Nicht jedoch einmal, wie der ganze physische Mensch bei der irdischen Geburt, sondern fortwährend in dem gesamten Lebens- und Erfahrungszeitraum der Tageswahrheiten seit dem Zeitpunkt um das 3.Lebensjahr herum, als das „provisorische Kindheits-Ich“ Besitz ergriff von der kindlichen Gehirnorganisation und die plötzliche Trennung zwischen Innen- und Außenwelt als Bewußtseinstatsache bescherte.

Wenn ich diesen Anteil als den „mütterlich-empfangenden“ bezeichnen wollte, so wäre der „väterlich-befruchtende“ die Direktive des eigentlichen Lebensauftrages aus der Entelechie in Richtung der geistempfänglichen Persönlichkeit. Wie bei den Tageswahrheiten haben wir hier ebenfalls ein relatives Kontinuum in der Reihe der Nachtdurchgänge: das nächtliche „Stehen vor dem Hüter“, die Schutzinspirationen durch den Individual-Angelos mit besonderen Intensiv-Zeiten während der Mondknoten-Transits innerhalb des 19., 38., 57. 76.... Jahres. Der Unterschied zwischen den zuerst genannten Persönlichkeits-Bildnern und den letztgenannten besteht eigentlich nur darin, daß erstere in den Phänomenen und Ereignissen des Sinnes-Scheines zwar unverhüllt dem tagwachen Bewußtsein sich zeigen, jedoch in ihrer karmageführten Anordnung, Abfolge und Sinnhaftigkeit wie eine gleichnishafte Sprache sich ausnehmen, die erst gelernt werden müßte, während die Imaginationen und Inspirationen der Nachtwelten dagegen unmittelbar in den tiefunbewußten Willen übergehen und zusammen mit den freien Handlungsmotiven der tagesbewußten Erkenntnis-Arbeit an dem individuellen Gepräge der Lebens-Willens-Taten beteiligt sind.

Der Natur-Alkohol, der Repräsentant der außermenschlich gerechtfertigten Welten-Ich-Kräfte, „verschattet“ den „väterlichen Anteil“, zerreißt den Gesprächsfaden zwischen Entelechie/Angelos/Hüter und der Persönlichkeit und schiebt sich mit ungeheurer Vollmacht dazwischen. Es ist schon mehr als interessant, daß der ägyptische Zeitraum dadurch real-symbolisch hinein sich webt in die Gegenwart. Denn Typhon, der Osiris (das ICH) zerstückelte und Isis (die SEELE) allein zurückieß, wird heute immer noch vom Alkohol im miniaturisierten Universum der menschlichen Einzelpersönlichkeit verifiziert. Mit dem Unterschied zur Mythe jedoch, daß das Kind Horus (die mündig gewordene PERSON) noch nicht seinen größtmöglichen Entwicklungsabschluß gefunden hat, sondern diesen erst wird finden können am Ende der irdischen Inkarnationsreihe. Das aber will der Alkohol verhindern. In einem unreifen Zustande wird das Kind durch ihn nicht nur der Mutter entrissen, nachdem der Vater zerstückelt wurde, sondern auch selber gezwungen, auf seine eigene Identitätsfindung zu verzichten. Unter Alkoholeinwirkung nimmt der Mensch die umgekehrte Inkarnationsrichtung ein : Zuerst verliert er sein logisches Denken und sein Kurzzeit-Gedächtnis wird durchlöchert, dann verliert er seine Sprachfähigkeit, er beginnt zu lallen, wie das zweijährige Kind. Und schließlich büßt er seine Aufrechte und die intentionalen Gliedmaßenbewegungen ein. Sie werden ataktisch. Er krabbelt „auf allen Vieren“ wie das Kleinstkind. Geht die aktuelle Intoxikation weiter, stirbt er an Atemdepression, wogegen bei der physischen Geburt der „erste Schrei“, das erste Einziehen der Erdenluft die Inkarnation firmte. Wie ein Zurückschieben vor die Inkarnation, wie ein Nichtdulden des Erdenweges ist die Geste des Natur-Alkohols, die aus dem Menschen heraus, aber gegen ihn, sich äußert. Das ist der eine, mehr zeitliche Aspekt. Der mehr räumliche ist : Anstelle der Entelechie (väterlicher Anteil), der geist-direktiv hinter dem Kreis der Sinnesphänome, Weltobjekte und Ereignisprozesse schicksal-tragend und schicksalführend waltet, tritt die eigen-dynamische physikalisch-chemische Direktive schicksals-neutraler Naturgesetze und Naturkräfte. In dieser waltet dieselbe Welten-Ich-Kraft, wie sie waltet für die tierische, pflanzliche und mineralische Welt. So berechtigt und wohltätig sie für diese ist, so zerstörerisch - besonders durch die Auslöschung der karma-tragenden und karma-führenden Kräfte der Entelechie - ist sie für den seelisch-geistigen Fortschritt des irdischen Menschen.

Menschenkundlich haben wir also folgende Destruktionsreihe im Falle einer intensiven akuten Alkoholvergiftung

Bei der chronischen Alkoholabhängigkeit zeigt sich folgende Signatur:

5.Astralleib „überschwemmt“ den oberen Menschen

Bei jahre-, manchmal jahrzehntelanger Chronifizierung der Abhängigkeit, kann die Persönlichkeitsveränderung des Betroffenen so weit gehen, daß eine Besessenheit von dem geistigen Wesen des Äthanols bis in den physischen Leib hinein erfolgt. Wir haben dann jene „Maya-Existenz“ einer menschlichen Gestalt, eines menschenähnlichen Antlitzes, einer persönlichkeits-nachahmenden Gestik und einer allgemeinen Verhaltens-Charakteristik, die dann im Volldelir - etwa 3 ½ Tage nach dem zwangsweisem Absetzen der Alkoholzufuhr - erst die Wahrheit durch ihre Täuschungsphänomene hindurch wird offenbaren müssen. Der Physische Leib war mit einem „Phantom“ durchsetzt, welches ich als „Anti-Phantom“ dessen bezeichnen möchte, was als Auferstehungsgestalt der Christus dereinst mit seiner himmlischen Ich-Organisation im Verlaufe des „Mysteriums von Golgatha“ aus dem Jesusleibe entheben konnte, um sie dem Tode zu entreißen. Äthananol konserviert, solange er chemisch-physiologisch anwesend ist, die Gestalt. Er ersetzt dadurch die wahre Geistgestalt des Menschen durch die molekulare „Bildsäule“ aus gewordener, dem Zeitenstrom und dem Stoffwechsel entrissener Substanz, welche eigentlich längst erneuert hätte werden müssen aus der menschengemäßen Umwandlungsmacht gegenüber der irdischen und der himmlischen Ernährung. Es verblüfft immer wieder den aufmerksamen Kollegen, Partner oder auch Arzt, daß „Spiegeltrinker“ oft über lange Zeiträume scheinbar nicht altern, sich nicht sonderlich verändern. Diese Wahrnehmung muß aus der eben geschilderten „Anti-Phantomisierung“, also aus dem „Alkohol-Phantom“ heraus verstanden werden.

Der Ätherleib zeigt sich sehr rasch als ein „Gespenst“ ehemaliger organisierender Lebensprozesse, die jedoch vollständig vom Wesen des Alkohols korrumpiert worden sind zu einem Organisationsgewebe von Lügen. Die substanziell und funktionell gewordenen „Lebenslügen“, die „Anti-Gewohnheiten“ , die auf die identifikatorische Verbindung mit dem Alkohol charakterologisch manifest gewordene Egozentrik aller Daseinsinteressen , war bio-chemische Bindungskraft geworden, ließ den Zellstoffwechsel funktionieren, regelte den Säftekreislauf, übernahm die Rolle der „Neurotransmitter“ für zentrale Hirnleistungen usw. Menschenkundlich unerforscht ist auch die Rolle des „menschengemäßen Eigen-Alkohols“, welcher von uns mit Hilfe bestimmter Bakterien im Darm normalerweise erzeugt wird und dem Blute einen mittleren Alkoholspiegel von o,oo15% beschert. Diese Produktion kommt beim Alkoholkranken vollständig zum Erliegen. Auch setzt sie nicht unmittelbar nach dem Absetzen des Fremdalkohols wieder ein, sondern wenn, dann oft erst nach einigen Wochen. In dieser Zeit - also zwischen abgeschlossener körperlicher Entgiftung und der Wiederaufnahme der Eigen-Alkoholproduktion wirkt der Entzogene stumpf, phantasielos, ich-verloren und absolut unfähig, Beziehungen zu sich selbst und zu anderen Menschen oder Naturwesen aufzubauen. Dann erfolgt, scheinbar ohne Übergang und ohne daß zwingende Außenfaktoren dafür verantwortlich gemacht werden könnten, die sogenannte „Honeymoon-Phase“. Der Betreffende ist plötzlich witzig, oder schreibt Gedichte, wird hyperaktiv, kontaktfreudig bis in Manische hinein, will von heute auf morgen nicht nur „nie mehr trinken“, sondern auch noch mit dem Rauchen aufhören und überhaupt „alles in seinem Leben“ sofort ändern. War das charakterologische Bild des Alkoholbesessenen geprägt von absoluter Egomanie, und des frisch Entzogenen von Ich-Verlorenheit, so dieses des dritten Zustandes von einseitiger empathischer Weltzugewandheit und Weltbezogenheit. Ich will es einmal wagen - obwohl ich mir bewußt bin, daß hier viel und exakte geisteswissenschaftliche Forschung noch geleistet werden müßte - die Rolle des „menschengemäßen Eigenalkohols“ zu beschreiben als das physiologische Korrelat jener „Brüderlichkeitskraft“, die wir entwicklen müssen in den 6.Kulturzeitraum hinein. Doch es ist eben kein chemischer Alkohol. Es ist ein chymischer Alkohol. Er ist für jeden inkarnierten Menschen von anderer ich-repräsentativer Qualität und ist ebenso innerhalb der menschlichen Organisationsgefüge gerechtfertigt, wie der Natur-Alkohol ungerechtfertig ist. Die chymische Qualität des Eigen-Alkohols wäre niemals naturwissenschaftlich nachzuweisen, weil das, worauf diese basiert. außerhalb dieser Gefüge sofort getötet würde von den Erdenkräften, wie andererseits der Natur-Alkohol - innerlich wirksam - die menschlichen Organisations-Gefüge töten muß , aber außerhalb den Naturreichen das Maß an Bewußtheit und Beziehungsfähigkeit verleiht, welches sie als Ferment ihrer eigenen zukünftigen Höherentwicklung benötigen. In diesem Sinne ist der Eigen-Alkohol unser Ferment der Höherentwicklung in Richtung des „Geistselbst“. Und damit wird einmal mehr verständlich Rudolf Steiners Wortprägung von dem „Anti-Ich“ des Natur-Alkohols, der alles konservieren will bis zu der Entwicklungshöhe des leibgebundenen „Ego“. Er will nicht die Tiefenentwicklung zur vollsten Ausgestaltung des ICH, die zuerst geschehn muß, bevor das wahre „Geistselbst“ erarbeitet werden kann.

Wie das physische Menschenwesen phantomisiert, das ätherische zombiisiert wird, so wird das astralische dämonisiert. Der Astralleib wird nach und nach herausgelöst aus seiner Nerven-Sinnesverankerung und er überwältigt „von unten her“, von der Leibesseite her die drei reinen Seelenglieder :

1. - Die Empfindungsseele fällt aus der „Waage“ der Zusammenarbeit mit dem sich zersetzenden Empfindungsleib - wie bereits oben beschrieben - und verliert die Fähigkeit, die Sinnesbilder seelisch mit dem Menscheninneren als Sinnesempfindungen dem vorstellenden und urteilenden Menschen zu überantworten.

2. - Die Verstandesseele verliert die Fähigkeit der Begriffsbildung und wird in Regionen des Außerseelischen hineingezwungen, die keine Begriffe in sich tragen. Dafür trifft die Verstandesseele hier auf „Zwangsbilder“ im Delir, oder auf „Zwangsgedanken“ im prädeliranten Zustande. Nicht mehr die Gehirnstruktur und das obere Nervensysthem können hier als Spiegel der gedanklichen Bewußtseinsprozesse genutzt werden, denn die Verstandesseele ist aus diesen, ihr „evolutiv-normal“-angestammten Spiegelungsheimaten, herausgestoßen worden, sondern die Organstrukturen der Lunge, der Leber, der Niere und anderer Organe oder aber die mannigfaltigen Welt-Strukturen der außermenschlichen Umgebung, in die der Alkohol die Menschenseele zwingt, sich wie in eine gleichsam erweiterte Leiblichkeit „hineinzuverseelen“, werden jetzt diese Spiegelfunktionen übernehmen. Da das urteilende Verstandesvermögen ausgeschaltet ist, wird, ähnlich wie bei einem Traumgeschehen, nur ungeheuer intensiver, die zwangsweise Identifikation mit dem Erlebten das Bewußtsein des Menschen erfüllen.

Die Welt der Sinneswahrnehmung - auch die der unteren Sinne (Lebens-, Gleichgewichts- und Eigenbewegungssinn ) - trägt die Begriffe nicht mehr in sich. Der Mensch ist darauf angewiesen, mit Hilfe seiner Verstandesseele rein durch geistige Tätigkeit als inner-seelisches Abspiegeln an der Gehirnstruktur, sich die Begriffe intuitiv zum Bewußtsein zu bringen und sie wahrgebend auf die entsprechenden Wahrnehmungen anzuwenden. Diese „Kommunion“ von inner-seelischer Wahrgebung und außenweltgewonnener Wahrnehmung nennen wir Erkenntnis. Bei akuter wie auch bei chronifizierter Alkohol-Intoxikation kann Erkenntnis jedoch nicht mehr stattfinden.

3. - Die Bewußtseinsseele schließlich wird gezwungen, einseitig die Zertstörungsprozesse des Gehirnes, des Organes, das sie selber gebildet hat, wahrzunehmen. Während der entgrenzenden und haluzinogenen Phase des Delirs erlebt sie diese Zerstörungen jedoch nicht als solche, das heißt, nicht unbedingt angst- oder leidvoll, sondern fängt die Imaginationsseite des Entwerdens ihrer irdischen Grundlage als grandioses und phantastisches Drama ab. Im Prädelir jedoch und dann wieder unmittelbar im Anschluß an das Volldelir, soweit dieses nicht erhebliche hirnorganische Zerstörungen hinterlassen hat, erlebt die Bewußtseinsseele oft mit ungeheurer Macht die „Osiris-Einweihung“. Sie erlebt sich, zwischen konzentrischer Angst und exzentrischer Ohnmacht hin und her geschleudert, als eine Welt, die sich atomisiert, sich zerstückelt. Hier wird sie auf seelische Art Zeuge der chaotisierenden Gehirnnervenverbindungen, die zu zerreißen drohen aufgrund der äthanolbedingten toxisch-metabolischen Stoffwechselprozesse.

Ihrer zweite Aufgabe dagegen vermag die Bewußtseinsseele vorerst nicht mehr gerechtzuwerden, nämlich den empfangenden Blick auf die Gaben des werdenden Geistselbstes zu lenken, das normalerweise die Früchte eines jeden nächtlichen Verweilens der Menschenseele und des Menschen-Iches als aufbauenden Heilstrom von hierrarchisch-getauften Imaginationen, Inspirationen und Intuitionen aus dem Schlaf ins Erwachen hinunterreicht. Die Bewußtseinssseele